Ganz offen gesagt: Für mich ist Gendern schwierig, denn es bremst mich in meiner Geschwindigkeit meine Gedanken auszudrücken. Zumal es ja nicht nur eine Form gibt, sondern auch noch mehrere um die Gunst des Publikums buhlen.
Und ich bin mir nicht sicher, daß es überhaupt den Effekt hat und haben wird, der intendiert ist. Aber einen ernsthaften Versuch ist es wert.
Sprache, gerade gesprochene und damit lebende Sprachen verändern sich. Permanent.
Oder würdet Ihr noch immer "Ik gehortahn dat Seggen, dat Ilti Hildubrand en du Hadubrand unterharion twain" sagen?
Ich finde es sehr wichtig, daß Frauen als gleichberechtigte MItglieder der Gesellschaft wahrgenommen und entsprechend behandelt werden. Und es erfüllt mich mit Scham, daß wir das noch immer nicht gelöst haben.
Es war auf einer Tour, als einer der 40t Trucks gekonnt und schnurgerade an die Rampe der Deutschland-Halle in Berlin ansetzte. Zischend entfuhr die Luft aus den Bremsen und der Truck stand wie eine Eins.
Dann flog schwunghaft die Trucktür auf und Miriam stieg vom Bock. Lockenkopf, sehr schlank, drahtig und bereit für den schweren Teil des Jobs. Auf dem Weg zu den Ladetüren holte sie die Handschuhe aus den hinteren Hosentaschen und kam auf die Stagehands zu, die mit offenen Mündern dastanden. Man sah ihren Gedanken in ihren Gesichtern. "Eine Frau auf'm Bock".
Ich war "Load-Master" und ging auf sie zu. "Hallo mein Name ist Thorsten. Herzlich willkommen und schön, daß Du so überpünktlich bist. Wir haben viel zu tun und hängen schon jetzt im Zeitplan. Wenn Du uns bitte die Türen ausschließen könntest, können wir schon mal anfangen. Trucker-Kaffee gibt es rechts im Büro und wenn Du magst auch ein paar Schnittchen." - "Hey Thorsten. Danke für das Willkommen. Aber Kaffee erst, wenn der Truck leer ist und auf'm Parkplatz steht."
Damit schloß sie die Türen auf und hat mit angepackt. Sie hat Kisten ausgeladen, daß mancher männlicher Kollege schon in die Tasten hauen mußte um mit zu halten.
Never judge a book by its cover, sagen unsere Freunde von der Insel.
Miriam hat sich schon damals in einer Welt behauptet in der (fast) nur Männer tätig waren. Mittlerweile gibt es zum Glück immer mehr Truckerinnen. Das führt zu einem "normaleren" Miteinander; noch nicht überall und immer, aber immer häufiger.
Miriam mochte es als Frau wahrgenommen zu werden und flirtete auch zurück. Aber sie bestand darauf beim Job eben NICHT als das "Frauchen" behandelt und wahrgenommen zu werden. Und der Kajal nach dem Duschen war für sie wichtig. Aber das passt alles gut zusammen.
Für mich ist das ein Weg aus der Thematik "Ehrliche Gleichberechtigung".
Nicht exakt so, aber als Beispiel mag er dienen.
Es erfordert ein umfassendes Umdenken und viel, viel Geduld und Verständnis auf beiden Seiten.
In der IT ist es mittlerweile schon häufiger anzutreffen, daß Frauen als gleichberechtigte Mitarbeitende angesehen und wahrgenommen werden. Doch leider ist auch da nicht alles Mouse au chocolate was braun ist und glänzt. Da gibt es noch so manchen Chauvi-Arsch, daß ich mich manchmal schäme zum selben Geschlecht zu gehören.
Es hilft nicht immer sofort etwas, aber wenn man diese Ewig-Gestrigen anspricht und ihnen die Rückmeldung gibt, daß ihr Verhalten nicht angemessen und von der Mehrheit nicht gebilligt wird, dann merken sie irgendwann, daß sie hier falsch sind und verlassen die Firma oder es setzt ein Umdenken ein. Beides hilft. Nicht viel, aber es ist ein weiteres Sandkorn am Strand einer besseren Welt.
Und auch das Bewerten was "eine bessere Welt" ist unterliegt auch einem steten Wandel. Denkt nur mal 20 Jahre zurück. Oder versucht Euch mal vorzustellen, was die Menschen vor rund 90 Jahren für eine "bessere Welt" gegeben haben, die wir heute aufs Schärfste bekämpfen. Hoffentlich.
Neulich sah ich mal wieder "Hidden Figures" und es schien wie aus einer anderen Welt zu sein, daß man farbige Frauen behandeln konnte wie ... wie man es damals tat.
Auch wenn sich schon einiges verbessert hat, auch in den USA, so ist noch sehr, sehr viel zu tun und es wäre vermessen und arrogant sich auf dem Erreichten auszuruhen.
Oder warum wird darüber überhaupt noch diskutiert, ob Frauen als Ärtzinnen angesprochen werden sollen und warum mißachten viele Kollegen der Exekutive ihre Kolleginnen, zum Teil ganz offen? In Wort und Taten. Habe ich selbst direkt miterlebt, als ich mit zwei Hauptkommissaren Musik gemacht habe und wir nach dem Konzert noch einen Schlummertrunk genommen haben. Das war nicht mehr alles durch die aktuelle Version unserer Verfassung gedeckt.
Es führt zum Teil zu obskuren Überkompensationen, daß Frauen noch härter arbeiten, noch mehr Einsatz zeigen, noch regider durchgreifen ... Das ist auch ein Irrweg.
Der wird auch erst verschwinden, wenn es "reicht" gute Arbeit zu leisten und nicht noch den "Makel" Frau überkompensieren zu müssen.
Da liegt für mich der Hase im Pfeffer.
Wenn wir als Gesellschaft es geschafft haben, daß dieser Unsinn abgeschafft wurde, dann ist schon viel erreicht. Und Alt-Chauvinisten und Feministinnen können gemeinsam daran arbeiten diese Welt vor dem Untergang zu bewahren.
Wir haben so große Aufgaben und ja .. Probleme vor unseren Haustüren und manche haben schon weder Haus noch Türe mehr, das wir uns schleunigst darüber einigen sollten, wie wir dieses eher weniger dramatische Problem final lösen. Denn wenn die Fluten die Städte und Häuser weggerissen haben, stehen alle Menschen in derselben "Eimerkette" und schaffen den übel stinkenden, zum Teil giftigen und schier nicht enden wollenden Schlamm aus den Häusern, bzw. das was davon übrig ist. Egal welchen Alters, Geschlechts, Ethnie oder sexuellen Identität.
Nicht falsch verstehen, ich marginalisere das Thema Gleichberechtigung in der Gesellschaft nicht einmal im Ansatz.
Aber bei vollem Licht betrachtet, sollten wir das mit ein bißchen Vernunft, Kompromissbereitschaft und Einsatz hinbekommen. Denn die Probleme, die den Fortbestand des gesamten Lebens auf der Welt (nicht nur das der Menschheit) bedrohen, kümmern sich einen Schei.. darum, ob sie gegendert werden oder nicht.
Also, von mir aus alles gendern, mit Sternchen oder Doppelpunkt oder Unterstrich ... mit einer kleinen Pause von 0,2235 Sekunden gesprochen ... einigt Euch, wie auch immer, aber bitte schnell!
Dann treffen wir uns und überlegen alle gemeinsam, ob man Ahrweiler an derselben Stelle wieder aufbauen sollte oder nicht. Wie man mit der Furche durch Erfstadt umgehen soll, ob man wirklich Kryptomining machen sollte und ob der Weg zum Bäcker wirklich mit dem Auto zurückgelegt werden muß. Und last, but not least, wo die Millionen von Banglanesen leben werden, wenn der Meeresspiegel um weitere 30 cm gestiegen ist und was wir tun werden, wenn die Jet-Streams immer schwächer werden und uns allen mehr Extrem-Wetterverhältnisse bringen und unsere Wälder zur Hälfte vertrocknet sind.
Das sind für mich die Probleme mit denen wir uns befassen sollten und zwar alle Menschen; egal welchen Geschlechts, Alters, Nation, Ethnie oder was auch immer man als Gemeinsamkeit definiert.
Es eilt und es eilt sehr; liebe Mit-Erdenbürger * / : / _ innen.
P.S.: Kennt jemand das deutsche Wort für "gendern"? Ich hasse es wenn Kollegen etwas "geuploaded" oder "geupdatet" haben.