Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Talent

Ich halte es für unzulässig, jemandem zu sagen, er soll mit einer Sache aufhören, weil er kein Talent besäße (Eltern machen so etwas gerne!)
war wahrscheinlich Deine Aussage, Jamie, die dann in den Begriff "Talentraub" umgemünzt wurde - entschuldige die Ungenauigkeit.

ich finde es auch kein bisschen müßig über "Talent" zu diskutieren, sondern sehr wichtig. Es ist in der Tat eigentlich die politische Disskussion Genetik vs. Sozialisation
Und das "nicht gleich" hättest Du Dir auch schenken können
Warum sollte ich mir das schenken, wenn Zettel die Talentfrage gleich zur politischen Diskussion erklärt - was mir einigermaßen übertrieben erscheint.
Auch ein Statement, wie
Die erste hälfte des 20. Jahrhundert war geprägt vom Dogma der Genetischen Disposition
klingt eher nach Parole, denn auch ganz andere Strömungen in der Gesellschaft prägten die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, wenn man von der modernen Form des politisch nutzbaren Begriffsmissbrauchs seitens der Regierenden absieht.
Auch hier sind Genetik und Sozialdarwinismus nur adaptierte zeitgemäße Blaupausen für das, was seit, vermutlich, Menschengedenken als eine Geisteshaltung nach einem Bassin, also Artikulationsausdruck sucht. In diesem Zusammenhang wüßte ich gerne, was Du, Nick, mit
die kulturhistorischen Wurzeln für alle möglichen überkommenen Verhaltensweisen
meinst. Aus welcher Warte befindest Du Verhaltensweisen oder Haltungen als "überkommen". Auch Deine folgende Ausführung
Aber der Ursprung dieses Denkens stammt daher - nicht, dass das irgendeine tiefergehende weltanschauliche Aussage beinhalten wurde, aber hier wird etwas in den Ring geworfen, das mal vor vielen Jahrzehnten zum wissenschaftlichen Konsens gehörte, mittlerweile aber komplett widerlegt ist.
ist mir nicht verständlich. Sprichst Du von einem Mechanismus des Denkens, der sich den Begriff des "Talents" auf überkommene Weise als Argument erhält ? Was war jahrzehntelang wissenschaftlicher Konsens - sprechen wir nicht vom gesellschaftlichen, wenn überhaupt - und was genau wurde komplett widerlegt. Stehen wir heute denn für den Konsens der CDU/FDP Regierung oder für den naturwissenschaftlichen Konsens der modernen Quantenphysik.....ich bezweifle das. Aber Deinen Ausführungen nach, würden wir uns wohl im Rückblick aus 2060 so beschreiben lassen müssen....

Wenn jemand sagt: " Dafür habe ich wohl (noch) kein Talent ", dann könnten wir uns doch entspannt darauf einigen, daß dies die Aussage eines Menschen ist, der weniger ein Argument verwenden als zum Ausdruck bringen will, daß ihn (vermutlich) ein bestimmtes Thema lockt, in dem er sich bislang aber noch nicht auskennt oder gar heimisch fühlt. Vielleicht wünscht er sich sogar (je nach Bedürfnislage) eine Umgebung, also z.B. Menschen, die gleich einem Mentor bestenfalls, ihn konstruktiv ermutigen und mit Rat zur Seite stehen, wenn er sich auf den Weg macht.
Ich selbst war z.B. damals in der 9. Klasse in meine Klassenlehrerin verschossen, die uns in Mathe und Physik unterrichtet hat und - ich habe ein enormes Talent für diese Fächer entwickelt, das ich dann fast schlagartig, als sie von einem ollen despotischen Saftsack abgelöst wurde, wieder habe fallen lassen. Heute würde ich soweit gehen, zu sagen, Mathe und Physik finde ich zwar klasse, aber ein Talent habe ich nicht dafür...
sind wir und unser Verhalten also nicht alle nach wie vor etwas "überkommen" ? Und was ist eigentlich mit jenen, die "verkommen" sind ;-)
 

michelsausb

Laphroaig forever!!!
AW: Talent

Ich denke es ist hier wie überall anders auch: wenn man die grundlegenden Anlagen nicht hat, die man braucht um das Handwerk auszuüben, dann wird das eben schwer. Ob man das Talent nennt oder nicht, ist glaub ich wurscht.

Wenn man nicht in der Lage ist mit nem Hammer auf nen Nagel zu treffen hat man ja auch kein "Talent" um Dachdecker zu werden, wenn man sich schwer tut zwei Sachen gleichzeitig zu machen ist Simultandolmetscher vielleicht nicht das Richtige, wer sich schwer tut mit anderen Menschen warm zu werden sollte überlegen, ob Altenpfleger oder Kindergärtner wirklich der richtige Beruf ist.

Letztendlich ist es einfach eine Frage nach den "Grundvoraussetzungen", ob die vorhanden sind, geweckt werden können. Den Rest kann man trainieren. Das dauert halt dann bei dem einen länger, der andere schüttelts intuitiv aus dem Ärmel. Aber das Aus-dem-Ärmel-Schüttel-Talent finde ich ist keine Gruncvoraussetzung, um Sprecher zu werden. Auch nicht für andere Berufe.

Vielen vielen vielen Dank!!!!!!!
Genau DAS ist es, was ich im Wesentlichen ausdrücken wollte....vor langer langer Zeit :)
 

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
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AW: Talent

@Dagmar: Genau diese Formulierungen finde ich extrem Problematisch. Woher kommen denn Deiner Ansicht nach solche "Grundvoraussetzungen". Was ist das? "Anlagen" klingt nach Genetik, wie "Talent" für mich letzten endes auch, aber gibt es wirklich das Gen, dass Dich befähigt einen Nagel auf den Kopf zu treffen?
 

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
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AW: Talent

@Xilef: Ich bin etwas verwirrt über Deine Wahrnehming des Wortes "Talent" im allgemeinen Sprachgebrauch. Nach meiner Erfahrung ist das Wort eben so definiert, dass es etwas ist womit man entweder geboren ist oder nicht. Wenn Ein Schüler zu mir sagt "Ich habe kein Talent" verstehe ich das so, dass er der Meinung ist, es sei ihm auf Grund seiner Anlagen gar nicht möglich Gitarre zu lernen. "unmusikalisch" ist genau der selbe Mist. Ich habe damit ein ethisches Problem, ins besondere im öffentlichen Raum, wenn gesagt wird, Talent sei eine Voraussetzung für irgendetwas, und damit ist dieses Thema für mich auch ein politisches. Das mag man überzogen finden, aber ich denke es ist auch gar nicht relevant, welchem Genre man den Diskurs jetzt zuordnen möchte. ich wollte sagen es ist für mich ganz klar eine ethische Frage. Darum läuft die Diskussion hier auch so Emotional ab. Ich empfinde dieses Talent-Denken tatsächlich als Menschenverachtend.

Ich will mich jetzt sicherlich nicht als Herr der Sprache aufführen und will jetzt auch keine Definitionen Nachschlagen, aber Das was Du "Talent" nennst nenne ich "Motivation" (s. Mathelehrerin), ist für mich erziehungswissenschaftlich gesehen das genaue Gegenteil von "Talent"
 

Dagmar

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AW: Talent

Ja, Nils, sehe ich so. Wenn du klein und dick bist wird das eben nix mit der Modelkarriere. Wenn du aus welchen Gründen auch immer trotz Anstrengungen nicht in der Lage bist, dich deutlich zu artikulieren und einfach ein Gespür für einen Text zu entwickeln dann wird das nix mit Sprechen. Da gehört mehr dazu als nur Handwerk. Nennen wir es nicht Talent, nennen wir es doch einfach Potential. Ist vermutlich genetisch, ja. Du bist ja auch ein Männchen geworden, ich ein Weibchen. Würdest du dich umoperieren lassen hättest du vielleicht die schöneren Brüste, aber femininer wärst du trotzdem nicht ;)
Jeder Mensch hat Potential. Aber nicht jeder Mensch hat für die selben Dinge das gleiche Potential. Es gibt Menschen die unglaubliches soziales Gespür haben, andere entwickeln gute Präsentationsfähigkeiten, wieder andere haben handwerkliches Geschick. Das lässt sich formen, herauskitzeln, verstärken.
Aber es gibt nunmal auch Menshcen, die haben das nicht. Und dann finde ich auch dass es n Schmarrn ist ihnen zu sagen: he, jeder kann das. Weil es nicht stimmt. Weil sie es eben nicht können. Und bevor die dann Unmengen an Fleiß und Blut und Tränen in was stecken wo sie auch nach jahrelangem Training niemals das nötige Grundlevel erreichen werden ist es dann doch viel klüger und befriedigender, einfach was zu machen wo man mehr Potential für hat.
Klar, Träume haben alle. Aber nicht jeder der DSDS-Freaks hat nunmal Potential, ein Sänger zu werden. Nichtmal wenn man sie nur HÖRT und nicht SIEHT. Da reichts halt einfach nicht, und da würden auch 20 Jahre Gesangsunterricht nix ändern.
Und so isses eben mit dem Sprechen auch.
 

Dagmar

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AW: Talent

Ergänzung noch: ich denke der Erfolg ist eine Mischung aus Anlage, Willen und Fleiß. Alles drei muss da sein, allerdings haben manche Leute halt so viel "Anlage" und so viel Vitamin B, dass sie Willen und Fleiß nicht mehr brauchen :p
 

Dorsch Nilson

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@Dagmar: Also ich finde nicht, dass man Körperliche Dispositionen wie Geschlecht oder Körperpropotionen mit Geistigen Voraussetzungen vergleichen kann. Ich bin überzeugt davon, dass letztere eben nicht Angeboren sondern erworben sind, vor allem in der Kindheit, je früher desto wirksamer. Aber für mich ist das auch ganz eindeutig eine Glaubensfrage. Das ist meine persönliche Weltanschauung und die Deine ist die Deine. Ich denke nicht, dass sich der eine oder der andere Standpunkt beweisen oder widerlegen lässt. Ich finde es interessant Weltanschauungen aneinander zu reiben und jede hat für mich ihre Berechtigung. Das soll hier von meiner Seite aus keinen Missionarsarbeit sein. Auch in der Erziehungswissenschaft herrscht da ein wahrer Glaubenskrieg.

In der Konsequenz bedeutet es aber auch fast das selbe: Zu jemandem der sich damit Quält ein Handwerk zu erlernen würdest Du vermutlich sowas sagen wir "Du solltest mal genau hinschauen ob Du dafür überhaupt Talent hast.", ich würde sagen "Finde heraus ob es das richtige für Dich ist, oder ob Du versuchst fremden Erwartungen gerecht zu werden die Du internalisiert hast." - ich finde aber letzteres sehr viel respektvoller und Einfühlsamer und glaube das es für die betroffene Person ein viel konstruktiverer Kommentar ist.
 
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Dorsch Nilson

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AW: Talent

Ergänzung: Auch von "Wille und Fleiß" halte ich gar nichts, ich bevorzuge dafür "Leidenschaft"
 

Karpatenhund

Karpatenhund
AW: Talent

Ergänzung: Auch von "Wille und Fleiß" halte ich gar nichts, ich bevorzuge dafür "Leidenschaft"

Vielleicht sind die Meinungen, die die vermeintlich gegensätzlichen Seiten hier so schön ausgeführt haben, gar nicht so weit voneinander entfernt.
Eventuell geht es auch hier eher um Wortwahl bzw. wie bewusst wir uns den Ober- und Untertönen sind, die mit manchen Worten mitklingen. Es ist sicherlich bemerkenswert, wie wichtig dir, Nils, eine faire Wortwahl auf Augenhöhe ist. Ich selbst beispielsweise bin da häufig wahl- und gedankenloser, bzw. einfach unachtsam. Es ist möglich, dass ein Mensch mit viel Achtsamkeit sich daran schnell stoßen kann.
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Talent

Lieber Zettel
Wenn Du schreibst:
Das ist meine persönliche Weltanschauung und die Deine ist die Deine. Ich denke nicht, dass sich der eine oder der andere Standpunkt beweisen oder widerlegen lässt. Ich finde es interessant Weltanschauungen aneinander zu reiben und jede hat für mich ihre Berechtigung
, dann ist das für mich insofern paradox, als das ich mal unterstelle, daß Du hier nicht von einer Art metaerotischer Reibung sprichst. Falls das stimmt, kann ich mir das "Reiben" dann aber nicht vorstellen: ist es dann soetwas, wie bei zwei Spaziergängern, die mit ihren Hunden Gassi gehen und wenn sie einander begegnen, dann ihren Vierbeinern erlauben sich gegenseitig gründlich zu beschnüffeln - bis sie schliesslich Herrchen oder Frauchen wieder an der leine folgen müssen ?
Wie begründest Du denn die Nicht-Vergleichbarkeit - Du hättest ja auch von "eingeschränkt vergleichbar" etc. sprechen können. ist Dir Begründung und das gegenseitige "schleifen" der Argumente in einem Diskurs so zuwider, daß Dir eine esoterische Umgangswelt angenehmer ist - denn darauf liefe es hinaus - so schätzte ich Dich bei Deiner Meinungsfreude garnicht ein.
Auch würde mich interessieren, warum Du
"Finde heraus ob es das richtige für Dich ist, oder ob Du versuchst fremden Erwartungen gerächt zu werden die Du internalisiert hast."
für besonders respektvoll hältst, denn immerhin legst Du ihm subtil nahe, seine Entscheidung, sich zu quälen dochbesser dahingehend zu qualifizieren, ob sie wirklich seine eigene oder eigentlcih eine fremde sei. In anderen Worten hieße das:" Überprüfe bitte ob Du willst was Du willst ! " Hm ? Vielleicht ist es respektvoll, nicht die beweggründe des anderen zu hinterfragen sondern ihn zu begleiten, kennenzulernen und sich nach seinen Beweggründen zu erkundigen, vielleicht ihn sogar gewähren zu lassen, es sei denn, er möchte seine Entscheidung von Deiner Meinung abhängig machen.
 

michelsausb

Laphroaig forever!!!
AW: Talent

Leute, sorry, ihr geilt euch so dermaßen an Begrifflichkeiten auf, dass es keinen Spaß mehr macht.
Bin froh, dass ich feststellen kann, mit Dagmar wenigstens EINE Person zu haben, mit der ich inhaltlich konform gehen kann.
Ich klink mich jetzt aus. Schönen Abend noch! :)
 

Dagmar

I'm not weird, I'm gifted
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AW: Talent

irgendwie reden wir doch auch aneinander vorbei.
Frage 1 ist: gibt es so was wie "Talent". Meine Meinung: ja. Ob man das dann Potential, Gen, Göttliche Fügung oder hrnklpfrmpf nennt kann ja jedem persönlich überlassen bleiben.

Punkt 2 von Zettel: was ist sinn-/respektvoll, einem anderen Menschen zu sagen, wie er damit umgehen soll. Ich find auch dass Aussagen wie "du hast da eh kein Talent für" eher destruktiv sind. Das sollte der Betreffende schon selber rausfinden und entscheiden dürfen. Aber diese Kuschelpädagogikscheiße von wegen: "du kannst alles, die ganze Welt bemerkt das nur nicht" find ich auch Hühnerkacke. Ich denk nicht dass man nem Kind einen Gefallen tut und es respektiert, wenn man es ständig auf die Fresse fallen lässt, weil dem armen Würstel keiner sagt, dass seine Qualitäten vielleicht lieber woanders liegen. Wenn jemand unbedingt WILL (leidenschaftet - falls das Wort hier so wichtig ist), dann sollte man ihn nicht bremsen, aber dann muss der auch mit Rückschlägen klarkommen. Nur irgendwann ist halt auch mal ne ehrliche Ansage vielleicht einfach angebracht. Stell dir doch mal vor, jemand hat ganz viel Leidenschaft, bewirbt sich überall und ständig und sowieso, und kriegt dauernd das Feedback: "Tut uns leid, für wen anderen entschieden" oder gar "sie sind ja so was von ein ungeschliffener Diamant blablabla" obwohl er eben einfach total und absolut untalentiert/unbegabt/unfähig/zu blöd/körperlich nicht in der Lage/intellektuell nicht genug entfaltet (such dir ein passendes Wort raus) ist. Wäre es da nicht viel respektvoller zu sagen: "Wir fanden Sie nicht gut genug, ich denke Ihr Potential ist nicht ausreichend, denn Sie haben schon seit 20 Jahren 40 Stunden die Woche Unterricht aber Leute mit 2h Unterricht sind besser als Sie". Dann hat doch der Mensch mal ein faires, ehrliches Feedback und kann sich einen neuen Weg, eine neue Aufgabe oder Leidenschaft suchen, für die er dann auch wirklich geeignet ist, wo er gut sein kann, seine Stärken einsetzen kann, was positives Feedback und damit auch Zufriedenheit bringt.

Aber ist glaub ich jetzt weg vom Thema. Thema ist ja: braucht man so was wie Talent.
 

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
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AW: Talent - Eine Voraussetzung?

Lieber Felix, irgendwie fühle ich mich von Dir missverstanden, vielleicht hab ich auch kein Talent mich klar auszudrücken ;) Aber irgendwie kommt immer nur die Hälfte an. Ich gebe Dir vollkommen recht, dass es am Respektvollsten ist, den Gegenüber in seinem Bestreben zu respektieren und nach kräften zu fördern. Meinen Satz den Du kritisiert hast war eine imaginäre Antwort auf eine Extremsituation wie Dagmar sie jetzt mehrfach beschrieben hat, und auch da stimme ich mit Dagmar über ein - wir reden wirklich aneinander vorbei - das es in so einem Fall nur fair ist klartext zu reden. Mir geht es eben nur um dieses kleine Detail im Klartext, was die Ursache des Scheiterns betrifft. Man kann die Ursache natürlich auch weg lassen. Aber vielleicht kann man auch helfen, dass die Person wieder einen Weg findet, der gut für sie ist. Nur aus biologistischer Sicht ist der Weg vorherbestimmt, ich denke hingegen, er begründet sich aus einer guten Selbstwahrnehmung eigenverantwortlichem Handeln. Ist der Weg vorherbestimmt löst das oftmals Trotzgefühle aus - zurecht wie ich finde - z.B. Meine Mutter, ich zitiere: "Es ist eigentlich unfair, ich singe so gerne, aber ich habe einfach kein Talent. Ich treffe die Töne nicht. Meine ganze Familie hat kein Talent, und als ich zur Schule kam hat mein Lehrer mich vorsingen lassen, alle haben gelacht, und der Lehrer hat gesagt, setz Dich, Du brauchst nie wieder zu singen, Du bist ein Hoffnungsloser Fall, einfach kein Talent." - Sie hat recht, so gesehen ist das total unfair, und darum geht es mir. Sie hat es von ihrer Mutter gelernt, die von ihrer "In unserer Familie konnte noch nie jemand singen". Aber sie singt gerne, sie hat nur Angst sich zu blamieren. Ich glaube sie könnte heute viel sauberer singen, wenn ihr nicht mit der Muttermilch beigebracht worden wäre, sie hätte kein Talent.
ist Dir Begründung und das gegenseitige "schleifen" der Argumente in einem Diskurs so zuwider, daß Dir eine esoterische Umgangswelt angenehmer ist - denn darauf liefe es hinaus - so schätzte ich Dich bei Deiner Meinungsfreude garnicht ein.
Ich bin eigentlich der Meinung, dass ich im Laufe dieses Threads bis zum Abwinken Begründungen für meine Weltanschauung hervorgebracht habe. Ich habe von Lebenserfahrungen berichtet und mich auf eine Strömung der Erziehungswissenschaftlichen Literatur bezogen, die mir einleuchtet und sich mit diesen meinen Erfahrungen deckt. Weiterhin scheint mir, ich bin - und hier Folge ich einer anerkannten Strömung der Philosophie - erstens nicht in der Lage die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen als der Meinen, auch wenn ich versuche Blickwinkel anderer Menschen einzunehmen, so bin doch immernoch ich das, der das tut. Darum halte ich es für vermessen meine Weltanschauung mit wahrheit gleich zu setzen, würde ich niemals tun. Deshalb spreche ich von Glauben, weil ich glaube das ich recht habe, mehr nicht. Ich finde das überhaupt nicht esotherisch. Die zwei gegensätzlichen Ansichten um die es hier geht sind beide empirisch kaum zu belegen und leicht zu widerlegen, da hat es sogar die Quantenphysik leichter. Aber nach der Definition einer Wissenschaftlichen Theorie muss sie widerlegbar sein, und sie überlebt nur so lange, bis sie durch eine abgelöst wird die das beobachtete besser beschreibt. Nur gibt es in unserer Frage überhaupt keine objektiven Maßstäbe - oder zumindest kann ich mir keine Vorstellen - nach denen man hier was Messen könnte. Also was soll diese Veralberung meiner Metapher Weltanschauungen aneinander zu reiben? Genau das ist es doch, was wir hier tun, oder nicht?
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Talent

Nein, Dagmar, wir kommen ja richtig voran im Thema.
zunächst: also Du hast wirklich ein Talent, Deine Meinung so zum Ausdruck zu bringen, dass mensch schmunzeln muß; das meine ich jetzt total respektvoll, aber gleichzeitig: jetzt mach maln Punkt, wir reden doch hier nicht von den megabegriffsstutzigen Supermehlhirnis, die sich penetrant einreden, zum Entsetzen der anderen "Dichter" sein zu müssen, um damit eigentlich nur die Anhalter in der Galaxis foltern zu können - wobei: gerade das wäre ja auch schon wieder eine Art Talent - aber mal im Ernst, wirst Du nicht etwas unscharf in der Sache, wenn Du als Beispiel nur die überkandidelten Extremfälle heranziehst. Eigentlich gehe ich davon aus, daß die meisten von selbst merken, wenn sie auf dem falschen Dampfer fahren.
 

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
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AW: Talent

aber mal im Ernst, wirst Du nicht etwas unscharf in der Sache, wenn Du als Beispiel nur die überkandidelten Extremfälle heranziehst. Eigentlich gehe ich davon aus, daß die meisten von selbst merken, wenn sie auf dem falschen Dampfer fahren.

Ich glaube, Dagmar, ich und auch einige andere hier sind unbewusst davon ausgegangen, dass das der einzige Fall ist, wo die Ausgangsfrage "Talent - eine Voraussetzung?" in der Praxis überhaupt vorkommt oder Sinn macht, wenn jemand seit Jahren auf dem falschen Dampfer ist und es einfach nicht wahrhaben will. Nenn mir einen anderen.
 

Rosarotekatze

Jessica von Haeseler
AW: Talent - Eine Voraussetzung?

Als Sozialpädagogin aus der Theater-Impro-Ecke würde ich soweit gehen, diese Diskussion als völlig absurd zu bezeichnen. 'Talent', etwas zu tun, was wir wirklich von Herzen wollen, haben wir alle, wir wurden auf unserem Weg nur mehr oder minder verstümmelt und dabei sind einige dieser Anlagen zu kurz gekommen oder gänzlich zugedeckt worden, was allerdings nicht heißt, sie seien für immer verloren. Wir müssen NUR an uns und unsere Fähigkeiten glauben, um dieses 'Können' zu reaktivieren - wohl die schwerste aller Übungen, in einer Welt voller Bewertungswütiger, die ihrerseits gelernt sind bewertet zu werden und den Wertungen von Expert/innen, Lehrer/innen, Eltern, Gurus, Freund/innen, etc... zu vertrauen...
 

joe adder

Karsten Sommer
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AW: Talent - Eine Voraussetzung?

Vor allem ist es doch vollkommen unerheblich darueber zu streiten, woher Talent ueberhaupt kommt oder, vor allem, was es genau ist. Sich dabei auf die "erste Haelfte des vergangenen Jahrhunderts" zu beziehen, ist wieder sp typisch deutsch, dass mir fast was aus der Hose faellt.
ohnmacht.gif

Wir alle haben nicht nur EIN Talent sondern eine Vielzahl, und es ist an uns, diese nutzbar zu machen oder nicht. Lernen kann man vieles. Eine natuerliche Begabung in einem bestimmten Bereich haben wir alle, genauso wie eine natuerliche Unbegabung in andere Bereichen. Dabei muessen wir unsere Talente gar nicht in dem Bereich anwenden, von dem wir glauben, dass es unsere "Bestimmung" sei. Der Grossteil von uns ist sich sogar nicht mal darueber im Klaren, was unsere Talente sind. Bin ich deswegen eifersuechtig, weil mir in frueheren Jahren angeraten wurde, Schauspieler zu werden und ich bin es nicht geworden? Nein! Mir ist es vollkommen ausreichend, vor einer Gruppe Neuanfaengern zu stehen und waehrend einer thematisch langweiligen Induktion einigen von den Zuhoerern ein Lachen rauszukitzeln. Dieses Talent funktioniert nicht bei jedem, aber ich versuche immer mein Bestes zu geben.
Man kann sich Faehigkeiten aneignen, sie erlernen, sie bewaeltigen, aber sein Talent allein laesst einen erst unbefangen, losgeloest und frei arbeiten, so dass das Resultat am Ende ein einfaches und erfuelltes ist. Ein Talent ist eine natuerliche Gelassenheit gegenueber einer Sache, einem Handeln und Tun. Etwas das einem mit wahnsinnig einfachem Geschick von der Hand geht. Etwas bei dem man den Kopf frei hat von beengenden und zweifelnden Gedanken. Aber auch dies kann man lernen, und so kann man sich ein Handwerk aneignen, selbst wenn man kein Talent dazu gehabt hat.
Es gibt in der Welt seeehr viel zu lernen und seeeehr viel zu üben und damit kann man seeehr weit kommen.
Talent ist für mich ein Begriff, der so alleine nicht stehen bleiben kann, da er nur ein Element ist, der zu einem Werdegang oder Ergebnis beiträgt. Es ist immer auch der Umgang mit dem Talent. Was die Musik betrifft ist das für mich klar, ich kann fast jedem Menschen Singen beibringen, in dem ich ihm das Handwerk beibringe. Dieser Mensch kann dann am Ende die Töne treffen, sauber intonieren, kennt verschiedene Möglichkeiten, eine Melodie zu gestalten. Was ich einem Menschen allerdings nicht beibringen kann, ist ein gewisses Gefühl für eine Sache. Ob man das jetzt Telent nennen will, weiß ich nicht.
Ich habe Menschen erlebt, die viel zu Beginn viel Talent besaßen, es dann aber einfach in die Ecke gestellt haben, weil sie entweder zu vorzeitig zuviel gelobt wurden und dann dachten, sie hätten es nicht nötig, weiter an sich zu arbeiten oder aber auch , weil sie nicht aufhören konnten ständig an sich zu zweifeln.
Und ganz ganz viele Menschen haben letztendlich dann noch soetwas wie eine Bremse im Kopf, die Angst, erfolgreich zu sein! Und dann kommt man kurz bevor man am Ziel ist, trotzdem einfach nicht mehr weiter. Aus meiner Gesangsarbeit mit meinem eigenen Körper und mit anderen Menschen, die ich gecoacht habe, weiss ich, wieviele innere Blockade einem Menschen im Weg stehen können. Schauspieler werden den Prozess kennen. Und dann geht es darum, an sich und seiner eigenen Haltung zu arbeiten, um diese nach und nach , Stück für Stück und eventuell über einen sehr langen Zeitraum hinweg aufzulösen. Das ist eine ständige, immer wiederkehrende Arbeit.
Für mich ist es immer wieder spannend festzustellen, was alleine ein wachsendes Selbstbewußtsein aus einem machen kann und das mit dem wachsenden Selbstbewußtsein plötzlich auch die Fähigkeiten wachsen. Ich halte es für unzulässig, jemandem zu sagen, er soll mit einer Sache aufhören, weil er kein Talent besäße (Eltern machen so etwas gerne!), denn soweit können wir alle niemals in einen anderen Menschen hineingucken, um das zu beurteilen. Das kann jeder nur für sich selbst beantworten. Was wäre ich denn auch für ein Lehrer, wenn ich zu meinen Schülern sagen würde: "OK, bis hierhin kannst du etwas lernen, und ab da bist du dann für alles weitere zu blöd!" Andere stärken heißt doch die Devise! Und ansonsten kann ich jedem einzelnen nur raten, seine eigenen Vorstellungen und Ziele weiter zu verfolgen, egal was drumherum geredet wird! Man kann sich das anhören, man kann drüber nachdenken, aber man muss sich nicht ins Boxhorn jagen lassen!
Schoen geschrieben, Jamie, ich bin da ganz bei dir! :i-m_so_happy:
 

Dagmar

I'm not weird, I'm gifted
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AW: Talent - Eine Voraussetzung?

@Xilef: ich hab die Extrembeispiele wegen Beipackzettel herangezogen, weil die Diskussion sich sonst wieder in Begrifflichkeiten erschlöpft hätte und die Grenzen so fließend sind. Weil er schrieb, dass es so was wie Talent für ihn nicht gibt.
Ich selbst bin da eh anderer Ansicht. Ich arbeite derzeit mit jugendlichen Zusammen in einem Projekt, das sich Potentialanalyse nennt. Da gehts genau um so was: rausfinden, wo die gut sind, und wo sie Defizite haben. Um sagen zu können: pass auf, handwerklich tust du dich echt schwer, du bist deutlich unter der Leistung von anderen was die Hand-Auge-Koordination angeht, was darauf schließen lässt dass du in einem handwerklichen Beruf dich echt schwer tun würdest. - wenn die dann trotzdem Tischler werden wollen ist das denen ihre Sache, aber sie wundern sich dann vielleicht nciht, wenn sie ständig angemosert werden dass die Qualität nicht passt.
 

Jamie

Jamie Leaves
AW: Talent - Eine Voraussetzung?

Puhhhh, wenn ich mal meinen eigenen Werdegang so betrachte, dann finde ich es hochproblematisch jungen Menschen zu sagen, wo ihre Schwächen und Stärken liegen. Ich verkneif mir als Lehrerin konsequent Aussagen über die Schwächen meiner Schüler und Schülerinnen und ich finds blöd genug, dass ich sie früher oder später per Note oder Bericht in ein Raster packen muss. Meine Schülerinnen und Schüler kennen mich und wissen gottseidank, was ich von diesen Beurteilungen halte und dass ich stets versuche, sie zu ermutigen, über den Tellerand hinwegzugucken.

Warum trifft ein Mensch in einem Zwei-Wochen Kurs den Nagel nicht, obwohl er Tischler werden will? In welcher Lebensphase befindet er sich? Ist er 16 jahre alt? Streiten sich die Eltern zu hause nur und lassen sich gerade scheiden? Hat sein Vater ihn mit Nägel reinhauen immer aufgezogen? Wie viele Nägel durfte er bisher in seinem Leben reinschlagen? Hat er sich letzte Woche beim Fussbaltunier den Arm verstaucht? Oder hat er sich gestern mit seinen Kumpels an der Tankstelle mit einer Flasche Wodka zuviel vergnügt? Vielleicht ist er in die Kursleiterin verknallt! Es gibt so viele verschiedene Gründe, einen Nagel nicht zu treffen. Da maße ich mir keine Aussage über Fähigkeiten und nicht Fähigkeiten an. Ich sehe nur einen Zwei-Wochen-Ausschnitt aus dem Leben eines Menschen bezogen auf eine bestimmte Thematik.
Und natürlich kann ich ihm meine Wahrnehmung bezogen auf zwei Wochen und eine bestimmte Thematik wiedergeben, damit er damit etwas anfangen kann. Das genau ist dann ja auch mein Job! Aber ich kann ihm doch nicht sagen, werde dies nicht, sondern nimm lieber einen anderen Beruf.
 
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Karpatenhund

Karpatenhund
AW: Talent - Eine Voraussetzung?

Festzuhalten bleibt doch, dass - völlig unabhängig davon, welcher Experte auch immer einem in diesem Leben etwas von irgendwelchen Talenten ein- oder ausgeredet hat - es in jedem Lebensalter möglich ist, dass man plötzlich diesen Kitzel in sich spürt, diese Lust, diese Inspiration, diesen Impuls
-> diese Begeisterung, von der Nils spricht
-> diesen machmal fast erotischen Funken, wie Felix ihn in seiner Geschichte von der Mathe- und Physiklehrerin erzählt hat
nämlich etwas zu tun und zu machen, was man bisher noch nicht getan und gemacht hat.
z.B. für Hörspiele zu sprechen

Und dann ist es eigentlich auch egal, ob man bereits so alt ist, dass man realistischerweise nicht mehr Germany's next David Nathan werden kann. Das will man ja vielleicht auch gar nicht, sondern vielleicht erstmal bloß Hörspielsprechen und daran Freude haben.
 
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