AW: CENTRALIA - Premiere am 3.6.12 um 21.00 Uhr
Ich habe Franjo bereits gratuliert, wollte aber nun gerne auch etwas zur öffentlichen Diskussion beitragen: ich finde Centralia toll!

Ich bin ebenso wie Franjo der Meinung, dass es SO ein Hörspiel noch nicht gegeben hat (naja, zumindest kenne ICH keins) und denke, dass es im humoristischen Bereich überhaupt viel zu wenig (gute!) Hörspiele gibt. Ich glaube eigentlich nicht, dass ich eine Person bin, die durch flache Comedy besonders leicht zu erheitern ist (Ja, ich hab mir die John Sinclair-Comedy auch gern angehört, weil ich irrsinnig gerne Hörspiele höre, hab aber etwa 3x (natürlich an den echt guten Stellen!

) gelacht und mich wahrscheinlich 20x geärgert - was in meinen Augen leider ein recht gutes Verhältnis ist, weil ich, in einer Welt, in der Oliver Pocher, Elton und Mario Barth ausverkaufte Hallen füllen, meine Erwartungen an Comedy wohl auch einfach ein bisschen zurück gesteckt habe). So, bevor ich nun aber zu sehr ausschweife (ich wollte Franjos Skript nicht mit der Sinclair Comedy vergleichen, hab mich nur erinnert, dass der Vergleich irgendwann wo fiel), meine Meinung zu Centralia:
ich finde das Hörspiel hat ein perfektes Tempo(!) (was für mich EXTREM wichtig ist), ist soundtechnisch top und die Sprecher machen ihre Sache fantastisch! Auch das Cover ist super und passend! Ich verstehe, die kritischen Stimmen zum Thema "oberflächliche Charaktere" und "zu viele Kalauer", denn normalerweise bin ich eigentlich die allererste die eine Story langweilig findet, weil die Charaktere farblos sind. Im Gegensatz zu vielen anderen, die tatsächlich mitfiebern können, ob irgendeine eigenschaftslose Nulpe nun die Welt retten kann oder nicht, finde ich es unter Umständen viel spannender, wenn ein "Held" zuhause staubsaugt, sofern sein Charakter gut und logisch gezeichnet wurde. Im Fall von Centralia muss ich sagen, dass die Charakterisierung der Personen für mich genau über diese "Kalauer"-Schiene läuft und dass es sich eben um "Oberflächlichkeit" als "Charaktereigenschaft" handelt, was man sich, meines Erachtens, zugunsten eines solchen Skriptes, durchaus mal leisten kann. Es ist ein "Stilmittel" für dieses Genre! (Tarantino - auf den ich später nochmal kommen werde - wird für sowas regelmäßig gelobt!

) Es würde mich wahrscheinlich bald langweilen, wenn Franjo jetzt auf die Idee käme eine Serie aus "Centralia" zu machen (wie das z.B. bei Jack Slaughter leider schon nicht funktioniert und ich mich jedesmal ärgere, weil Grundidee und Sounddesign so viel potential hätten(!!!), aber das Skript immer und immer wieder die selben Running-Un-Gags aufwärmt *brrrrrrr*), aber für ein Einzelhörspiel finde ich es wirklich eine witzige Idee! Und um mich damit gut unterhalten zu fühlen, muss ich nicht über jeden gebrachten Kalauer lachen. Ich rechne Franjo nämlich hoch an, dass er seine Witze in die Charakterzeichnung und Dialoge so eingebaut hat, dass man nie denken muss "Scheiße, jetzt wollte der Schreiberling schon wieder einen schlechten Witz machen, der so gar nicht funktioniert hat. Ich schäme mich fremd!" (wie das bei so vielen anderen Hörspielen der Fall ist...aktuell denke ich da z.B. an etwas kürzlich Gehörtes mit dem beliebten Kalkofe und Bernhard Hoecker

), sondern dass man es entweder als Charakterzug eines dämlichen Protagonisten wahrnimmt und lustig findet, dass es einfach unbewusst zum Tempo und der guten Stimmung beiträgt (es is ja nicht so, dass Marc Schülert dem Hörer im Schnitt viel Zeit lassen würde über einzelne Aussagen lang nachzudenken und sie zu zerpflücken, was auch genau das ist, was m. E. u. a. ein sympathisches Comedy-Hörspiel ausmacht - nämlich, dass nicht plötzlich ein vermeintlich(!) guter "Witz" im leeren Raum steht und vielleicht sogar nochmal wiederholt wird um sicherzugehen, dass ihn auch der dümmste Hörer noch rafft) oder dass es einen im schlimmsten Fall einfach "nicht stört" (weil den Kalauern eben genau NICHT diese Bedeutsamkeit eingeräumt wird, wie in schlechten Hörspielen, sondern das Ganze einfach beiläufig "spritziger" macht). So denke ich. Ganz unabhängig davon ob das "Setting" von Centralia nun ein Lieblingsgenre trifft oder nicht. Denn weil im Thread auch mal Quentin Tarantino erwähnt wurde und sich mir der Vergleich stellenweise (Grundsetting, Charakter, Gemetzel, MacGuffin) auch aufgedrängt hat, möchte ich zum Beispiel noch erwähnen, dass ich ein großer Tarantino-KRITIKER bin und mit den meisten seiner Filme/Ideen nicht besonders viel anfangen kann. Wenn ich mir also Centralia allein aufgrund seiner Inhaltsangabe vielleicht nicht sofort käuflich erworben hätte, wäre es doch kommerziell vermarktet worden, muss ich nun sagen, dass es - egal was ich nun sonst so höre - m. E. einfach "in sich" total stimmig ist. Und DAS ist seine große Stärke und ich ziehe meinen Hut davor, wie durch Dialoge, Sprache, Schnitt und Musik eine Atmosphäre geschaffen wird, die einen in eine verrückte, temporeiche Welt zieht. Ich für meinen Teil finde, dass die Dialoge (unabhängig davon, ob ich nun über ein einzelnes Wortspiel lachen muss oder nicht) durchaus intelligent geschrieben und durchdacht sind, was ich bei vielen anderen Produktionen vermisse. Gut, es geht um einen MacGuffin und man kann sich am Ende fragen: was war nun der Sinn des Ganzen??? Aber für mich ergibt sich der Sinn genau daraus, nämlich, dass ich sage: Wow, was war denn das jetzt? - Ein spritziges, schnelles, soundgewaltiges und äußerst kurzweiliges Audio-Feuerwerk, das mich gut unterhalten hat, weshalb es seine Berechtigung für mich hat, als das was es ist (auch wenn ich normalerweise kein Fan von "offenen Enden" bin. Aber hierbei geht es eben um was anderes). Franjo kann auch das! Und nächstes Mal schreibt er wieder was anderes! (Nicht etwa wie der kommerzielle Gabriel Burns, bei dem es 30 Folgen lang "um gar nichts" geht und bei dem die Macher vielleicht selbst gar nie wussten, auf was es in der Geschichte am Ende hinausläuft, nachdem die Serie nun eingestampft wurde??

) Und ich bin gespannt drauf! So long, and thanx for all the fish...
