Also, <hüstel> ...
Zu dem Thema könnte ich eine Menge schreiben und es ist leider nicht nur komplex, sondern auch wirklich kompliziert.
Deswegen versuche ich es mit ein paar Vereinfachungen und das wird dadurch hoffentlich etwas verständlicher, aber leider wird das dadurch technisch an der ein oder anderen Stelle etwas unpräzise.
Der Trick, wieso man dem Ohr, genauer gesagt dem Gehirn, vormachen kann, daß es auf zwei Lautsprechern, (damit sind auch die Hörer eines Kopfhörers gemeint) auch Höheninformationen von Schallquellen wahrnehmen kann, hat mit den Laufzeit, Inentsitäten, Klangfärbungen und noch ein paar anderen Dingen zu tun, die ich hier aber mal weg-abstrahiere.
Ein Signal, daß wir als in der Horizontalebene als links von uns wahrnehmen, erreicht zuerst unser linkes Ohr und ein bißchen später das rechte Ohr.
Dazwischen ist der Kopf und da der Schall somit nicht direkt zum rechten Ohr gelangen kann, wird er um den Kopf herum gebeugt. Das führt zu einer leichten Veränderung des gesamten Klangs des Signales.
Aus den gelernten Erfahrungen weiß das Gehirn, wenn das so klingt, ist das Signal links von uns und zwar im rechten Winkel. Würde das Signal von halb links kommen, wären die Intensitäten, die Laufzeiten und eben der gebeugte Klang ein anderer => Das Gehirn interpretiert: Signal von halblinks.
Das ist alles keine Überraschung und läßt sich mit einfachsten Mitteln realisieren und ist langjährige Praxis.
Nun zu den Höheninfomartionen.
Schon in Stereo läßt sich durch eine Anpassung des Klangs des Direktschalls (leichte Absenkung der Höhen) eine sog. "Tiefenstaffelung" erzielen, inkl. der entsprechenden längeren Laufzeiten der Reflexionen. (auch hier kräftig abstrahiert)
Nun kommen die Höheninformationen hinzu: (Ihr merkt schon jetzt wird es komplex und kompliziert)
Wenn ein Signal von halbrechts und auf halber Höhe hinzukommt, haben wir folgende Situation:
Der Direktschall braucht eine Weile bis er am Ohr ankommt. Dort kommen nun kurze Zeit später nicht nur die Reflexionen von den Wänden (=Hall) sondern auch noch die Reflexionen von Boden und Decke. Diese haben typische Klangveränderungen und unterschiedliche Laufzeiten. Bei "halbhoch" sind sie annähernd gleich und das ist der einfachste Fall. .
Nun nimmt das Ohr nicht nur die ganzen Veränderungen im Vergleich zum Direktschall wahr. Also Laufzeiten, Intensitäten und Klangverfärbungen (= Stereo), sondern auch noch die zusätzlichen Informationen für oben bzw. unten.
Nun verwenden wir seit ein paar Jahrzehnten digitale Hallgeräte und das funktioniert nach ein paar komplexen und komplizierten Algorithmen. Da es mittlerweile gut verstanden und erforscht ist, haben wir das gut im Griff.
Die mathematischen Modelle für die Simulation von Links| Rechts | Oben | Unten | Hinten | Vorne (und alle zusammen!) sind SEHR viel komplexer und komplizierter, aber mittlerweile recht gut erforscht und verifiziert.
Das Verfahren ist mit HRTF (Head Related Transforming Functions) umschrieben. Weil ein Signal, daß von hinten zu kommen scheint, einen eigenen Klang hat (also ziemlich wenig Höhen und matschige Mitten) kann man das mit der heute verfügbaren Rechenpower der CPUs simulieren. Dazu gibt es Algorithmen, die das ermöglichen.
Jeder Punkt im Raum läßt sich durch einen sog. Vektor beschreiben. Also einen Ursprung (Hörposition), eine Richtung in der Horizontalen, der durch einen Winkel in Bezug auf die 0° Achse (direkt geradeaus nach vorne) definiert wird.
Dasselbe passiert nun mit der Position in der Hinsicht Vorne bzw. Hinten. Im Grunde wie in der Horizontalen, nur um 90° gekippt.
Jetzt macht's gleich Peng im Kopf, denn jetzt kommt noch die Z Ebene hinzu, denn um einen Punkt im Raum zu definieren brauchen wir drei Koordinaten (x,y,z).
Durch diese sog. Vektorgeometrie sind wir also nun in der Lage jeden Punkt im Raum zu bestimmen.
Abhängig von der Position dieses Punktes verändert sich der Klang.
Direkt von vorne - Keine Veränderung.
Direkt von links - Laufzeit- und Intensitätsunterschiede, sowie leichte Beugung in Bezug auf das rechte Ohr.
Direkt von hinten - Kaum Höhen, matschige Mitten
Direkt von oben - Keine Laufzeit- bzw. Intensitätsunterschiede für beide Ohren, mehr Höhen als Bässe ....
....
Jetzt werden diese verschiedenen Klangbeeinflussungen abhängig von der gewünschten Position anteilig zusammengemischt. Denn als Cutter legt man mit den Tools die Position im Hör-Raum entsprechend fest.
Der Computer errechnet daraus die entsprechenden Anteile der Klangbeeinflussungen und mischt sie so zusammen, daß der gewünschte Eindruck entsteht.
Mit Kopfhörern (auch Headsets von Mobiltelefonen) funktioniert es besonders gut, weil es eine sehr gute Trennung von linken und rechten Anteilen gibt.
Bei Stereo-Boxen ist das NICHT so. Da ergibt sich eine weniger scharfe Trennung und ein verstärktes Mischen von linken und rechten Signalen => der binaurale Effekt funktioniert nicht mehr so gut.
Bei Mehrkanal-Systemen (5.1, 7.1 .... 22.4) ist das wieder eine andere Geschichte, denn da wird die Lokalisierung wieder besser, weil das Ohr es leichter hat die Schallquelle zu lokalisieren. Das ist ja auch ein anderes Prinzip und ein Stück näher an den gewohnten Hörsituationen.
Damit wollen wir es erst einmal gut sein lassen, sonst gibt das noch gordische Knoten im Hirn.

Wer es noch genauer wissen möchte kann Herrn Google mal nach "Zotter Springer Ambisonic" fragen. Da gibt es einen freien Download von einem ganzen Buch, wo das alles (inkl. der Mathematik) sehr ausführlich erklärt wird.
Aber VORSICHT! Für etwaige gordische Knoten im Hirn seid Ihr selbst verantwortllich!
