Sirius

Mitglied
Liebe Hörspiel-Community,

ich würde gerne einmal eure Meinung zu einem Thema hören, das mich schon länger beschäftigt.

Ich muss zugeben, ich habe mich die letzten Jahre ein wenig vom Hörspiel entfernt, aus dem Grund da sich mein ästhetisches Empfinden und die aktuellen Produktionen auseinander bewegt haben.
Und zwar aus folgendem Grund, die meisten professionellen Hörspiele sind mit guten SprecherInnen besetzt, allerdings habe ich den Eindruck, dass viel mehr Aufmerksamkeit auf eine 100% saubere Sprache, als auf das Spiel untereinander gelegt wird. Vieles wird überbetont und overacted, so dass man auch wirklich jede Silbe genau versteht. Dabei kleben die Sprecher extrem nah an einem Großmembran-Mikrofon, wodurch jegliche Perspektive fehlt.

Aber warum ist das so und stört das nur mich oder mögt ihr das alle und ich stehe mit meiner Meinung relativ alleine da?

Warum wird ein Hörspiel nicht wie ein Film inszeniert und aufgenommen? Warum sind es meist nur schon lange etablierte SprecherInnen die auch mit über 40 Jahren mitunter auch mal Jugendliche sprechen? Warum werden nicht verstärkt Schauspieler aus dem Filmbereich gecasted und Kinder auch wirklich mit Kindern besetzt. Und warum wird nicht mit Kleinmembran-Mikrofonen ohne Nahbesprechung aufgenommen, wenn es doch ein viel transparenteres Klangbild bietet?

Meine Überlegungen kommen auch nicht von irgendwo her, ich arbeite als Filmtonmeister (Fachgebiet Sound-Supervisor/Sounddesign/Mischung), beim Film machen wir das genau so und es funktioniert unglaublich gut.

Wie seht ihr das? Mögt ihr diesen besonderen "Charme" von Hörspielproduktionen oder findet ihr auch, dass diese Produktionweisen im Jahr 2019 so langsam überholt sind und neu überdacht werden sollten? Und würdet ihr auch ein Hörspiel kaufen, welches größtenteils nicht mit klassischen Hörspiel-/Synchronsprechern besetzt ist, sondern professionellen Schauspielern?

Edit:
Ich spreche natürlich in erster Linie von ernsten Erwachsenen-Hörspielen, dass bei einem Kinderhörspiel mitunter ein leicht überzogener Stil ziemlich gut funktionieren kann steht für mich außer Frage.
 
Zuletzt bearbeitet:

Kluki

Kann mich jemand hören? Hallooooo!
Sprechprobe
Link
Da muss ich dir leider Recht geben. Ich finde manchmal auch, das eine übertrieben saubere Aussprache wichtiger ist, als die Rolle zu leben oder nach aussen zu bringen. Ist vielleicht gerade der Zeitgeist.
 

Phollux

Robert Kerick
Sprechprobe
Link
Also mir geht es im Hörspiel und eine gute Story und Authentizität. Letzten Endes ist es mir egal wer gut schauspielert solange sie/er gut schauspielert. Insofern bin ich ganz bei Dir. Von den gängingen gefühlt 5 Sprechern, die immer und überall zu hören sind, bin ich mittlerweile tatsächlich echt übersättigt.
@Sirius , schwebt Dir da ein Konzept im Kopf herum? Ich meine wenn man sich die Interviews von den Mediapaten auf YT anschaut, erzählen ja viele, dass man damals eher gemeinsam und zusammen gespielt hat, wohingegen heutzutage (aus Kostengründen) hautsächlich separat aufgenommen (ge'x't) wird.
 

Sirius

Mitglied
Genauso ist es auch eigentlich richtig! Das getrennte aufnehmen von Sprechern ist für mich ein sehr unoptimaler Arbeitsweg, zum einen wegen der erschwerten Regieführen und eben der Gefahr, dass sie Sprecher von der Intonation her aneinander vorbeireden, aber auch da sich mehrere Sprecher/Schauspieler im Studio gegenseitig im Spiel pushen können, aufeinander eingehen, etc. und so viel schönere Aufnahmen entstehen.

In meiner aktuellen Produktion haben wir die Hauptrollen zusammen im Studio und aus Kostengründen einzelne Nebenrollen getrennt aufgenommen und es war im Schnitt ein deutlich höherer Aufwand da am Ende ein homogenes Resultat zu erzeugen.

Auch aus technischer Sicht ist es ein höherer Aufwand Aufnahmen aus unterschiedlichen Studios oder Aufnahmetagen miteinander zu verschneiden.
 

Sirius

Mitglied
daran verzweifle ich auch regelmäßig und weiß doch nie so recht wieso.

Ich denke vornehmlich aus dem Grund, dass man so nicht richtig Regie führen kann. Seit ich im Film arbeite habe ich erst so richtig erkannt was ein guter Regisseur aus Schauspielern noch so alles rauskitzeln kann, dass im Spiel untereinander eine Dynamik und Reibung entsteht, die man im Schnitt nur schwer nachbilden kann.
Und natürlich die technischen Klangunterschiede, die sind aber das wohl geringere Problem, da ich sowas mit ein bisschen Bastelei ganz gut ausgleichen kann, kostet dennoch mehr Zeit.

Aber warum eigentlich immer Großmembranmikrofone + Nahbesprechungseffekt? Kann mir jemand erklären warum das so seit Jahrzehnten praktiziert wird, obwohl es sich mir gestalterisch kein bisschen erschließt?
 

derFlüsterer

Sprecher
Sprechprobe
Link
Hi Sirius,

sehr interessantes Thema. Endlich mal einer, der das genauso sieht, wie ich! :)
Mich nerven diese bis ins letzte perfektionierten "Hollywood"-Produktionen tierisch. Der Raum trockener als trocken, die Stille zwischen den Wörtern ist unerträglich, jeder Satz geschliffen und perfekt gesprochen und artikuliert, meist zu viel Bass auf den Stimmen, a la Radio Station Voice, etc. pp.
Aktuell höre ich wieder sämtliche Paul Temple-Hörspiele aus den 50ern und 60ern. DAS sind Produktionen, da ist alles für mich dabei: Schauspieler, die mit Herzblut ans Spiel gehen, Regie, die ein Ausspielen zulässt und hier und da sogar Impro zulässt, ein unglaublich natürliches und realistisches Spiel der Darsteller, zu dem auch mal ein kleiner Verhaspler oder ein Huster dazugehört und eine Spielfreude, bei der man einfach heraushört, dass da jemand richtig vorm Mikro agiert und nicht nur ablesend spielt (vom gemeinsamen Spiel vor dem Mikro, statt ge-x-e ganz abgesehen).
Ich persönlich würde mir auf jeden Fall Hörspiele mit nicht bekannten Sprechern kaufen. Es kommt eben auf die Umsetzung an. Auch wenn ich viele bekannte Stimmen sehr schätze, es gibt auch solche, die sind als Hörspielsprecher ungeeignet. Auch von den ganz großen Namen.
In den letzten Jahren geht man da wohl auf Nummer sicher. In jede kleinste Rolle werden ganz bekannte Stimmen gesteckt - und das sind teilweise dann z.B. hervorragende Synchronsprecher; aber gib ihnen den Raum, eine Hörspielrolle frei auszugestalten und plötzlich gibt es da "nur" noch die markante Stimme, aber all zu viel Spielfreude ist nicht vorhanden. Kann vielleicht auch nicht jeder, beides. Aber das zeigt doch, dass es nicht die großen Namen alleine sind. Ich könnte Beispiele nennen, will hier aber auch keine Produktion schlecht reden. Es fehlt da vielleicht auch am Mut der Regie, auch bekannte Stimmen mal behutsam an der Hand zu nehmen, um da mehr rauszuholen, als die x-te Kopie ihrer bisherigen Rollen.
Ein weiterer Nummer-sicher-Aspekt ist dann auch der Klang. Was in Hollywoodproduktionen läuft, soll dann auch aufs Hörspiel übertragen werden. Tiefe, dröhnende BOOOM-Sounds, wie sie seit einigen Jahren in JEDEM Actiontrailer zu hören sind, tauchen inzwischen auch in etlichen Hörstücken auf, dazu die oben erwähnte absolute Stille des Raums und eine so satte Klangkulisse, das einfach jeder Charme verloren geht.
Ich persönlich würde mir wünschen, wieder mehr Produktionen im Stile der früheren Produktionen zu hören oder Teil davon zu sein. Es gibt allerdings auch immer wieder Produktionen, die den neuen Stil mit dem "alten" vereinen und die diese Gratwanderung meiner Meinung nach schaffen.

Ich bin gespannt, was uns da in naher Zukunft (hoffentlich) erwartet.
Grüße,

Philip
 

PeBu34

Mitglied
Sprechprobe
Link
Hallo @Sirius,

zur technischen Seite deiner Frage kann ich nichts sagen, was allerdings das "getrennte Aufnehmen" angeht, sehe ich das etwas anders, als du.
Das getrennte aufnehmen von Sprechern ist für mich ein sehr unoptimaler Arbeitsweg, zum einen wegen der erschwerten Regieführen und eben der Gefahr, dass sie Sprecher von der Intonation her aneinander vorbeireden,
Natürlich wäre es wohl anders, wenn die Leute in einem Studio stünden und miteinander "spielen" könnten. Das ist aber z.B. im Hörtalk ja auch nur ganz selten der Fall und sehr viele Dialoge, (oder sogar die meisten) die ich hier gehört habe, sind "auf den Punkt" gesprochen. Da höre zumindest ich nicht raus, dass sie nicht miteinander aufgenommen haben, egal ob z.B Streit oder Liebesgeflüster. Natürlich spielt da auch die Auswahl der Takes, die der Cutter trifft, eine große Rolle. Wenn er Takes zusammensetzt, die nicht passen, geht die Stimmung den Bach runter. Zumindest bei uns lässt sich diese Arbeitsweise aber nicht vermeiden.

In kommerziellen Hörspielen ist das wahrscheinlich auch eine Kostenfrage. Wer lässt eine/n Sprecher/in für drei oder vier Takes durch die halbe Republik reisen, obwohl z.B. auch eiine Mail mit Anhang, ein Dropboxlink o.ä. grundsätzlich den Zweck erfüllen. Hinzu kommt, dass es auch im Internet die Möglichkeit gibt Livesessions zu machen. Dabei ergibt sich allerdings auch die Frage, ob alle Beteiligten zum festgelegten Zeitpunkt am Mikro und im Netz sein können. Das ist ja schon bei uns schwierig und ich denke mir, dass das bei professionellen Sprechern oder Schauspielern noch schwieriger ist, weil die teilweise in mehreren Produktionen im selben Zeitraum arbeiten. Wenn die sich überschneiden, ist die Frage, welche Priorität gesetzt wird.

Was ich fast noch vergessen hätte: Was das "Zusammenspiel" der Sprecher angeht, spielt auch der Autor für mich eine große Rolle. Wenn ich ein übersichtliches, verständliches Skript mit gutem Text und guten Regiie- und Sprechanweisungen sowie Charakterdarstellungen vorlege, fällt es den Sprecher/innen m.E. leichter daraus etwas zu machen, als wenn es oberflächlich dahingeschrieben ist. Ein guter Sprecher kann aber auch von sich aus einen Text deutlich beleben - nämlich mit seiner Spiel- und Improvisationfreude! Was ja auch @derFlüsterer grade erwähnt - und mir "neben" vielen anderen auch schon bewiesen hat. Ich hab mich grade in letzter Zeit - im positivsten Sinne - darüber gewundert (und gefreut), was die Sprecher/innen, Cutter und Musiker aus meinen Texten gemacht haben. Ich saß mehr als einmal vor den Lautsprechern und hab mir gedacht: "Das hast du geschrieben?"o_O:D

Liebe Grüße von
Peter :)
 

Bene

Sprecher, Produzent, Komponist, Sounddesigner
Sprechprobe
Link
Sehr interessantes Thema!!!
Ich besetze tatsächlich die Rollen für Kindermit meinen eigenen (Vorrausgesetzt sie haben die Lust und Zeit)
Allerdings muss ich auch sagen dass mir auch die Autentizität der Rolle mehr Priorität zu spreche als der Aussprache. Wenn jemand die Rolle grandios spielt kann auch mal das ein oder andere Wort genuschelt sein. Allerdings muss ich sagen ich erwarte diesen sauberen Klang eines Großmembrans ;-)
 

Bene

Sprecher, Produzent, Komponist, Sounddesigner
Sprechprobe
Link
OK o_O

Aber ein Kleinmembraner nimmt die Stimme viel natürlicher auf. Und das klingt sicher auch viel besser als ein Großmembraner, was der Stimme schmeichelt ;)

Dem stimme ich dir nur zum Teil zu. Kleinmembraner haben ihre Stärken im Regelfall vorallem in den Höheren Frequenzen(weswegen man sie auch im Aufnahmebereich von Instrumenten oft wiederfindet) während die Großmembraner mehr die Allrounder sind.
Was für Klein und Großmembraner hast du denn zum Vergleich gehabt?
 

Heavy

Sprecher und Cutter
Sprechprobe
Link
Ich habe im Moment nur mit Großmembraner aufgenommen (habe hier ein Shure SM7B).

Ich wollte mir aber noch das HAUN MBC 440 holen. Die Meinungen in paar Leute, fand ich recht interessant und wollte es mal ausprobieren.


Das 440 klingt einfach kaum noch nach Mikro, sondern eher als hätte man das Fenster aus der Wand genommen, einfach ehrlich.
Jedenfalls tendiert man bei MBHO wohl grundsätzlich zu einer zurückhaltenderen Höhenanhebung, weshalb der erste Eindruck die eigentliche Qualität nicht widerspiegelt: es fehlt der HiFi Effekt der bei einigen Konkurrenten zu finden ist, dafür lernt man die realistische Abbildung jedoch sehr bald schätzen.

Vielleicht kann ja @Erdie noch einiges zu den MBHO sagen?
 

Bene

Sprecher, Produzent, Komponist, Sounddesigner
Sprechprobe
Link
Also es gibt eine Regel die besagt wichtig ist, dass es am Ende auf allen Boxen gut klingt.
Daher sage ich immer ausprobieren, probe hören, hören lassen, analysieren und dann in die Welt verbreiten ;-)
 

Sirius

Mitglied
@PeBu34 Produktionen wie hier im Hoer-Talk meinte ich auf keinen Fall! Hier ist ja vollkommen klar, dass an einem unkommerziellen Hörspiel gearbeitet wird und der hier praktizierte Workflow ist dafür super, da so jedem, auch ohne Super-Studio, etc., die Möglichkeit gegeben wird an Hörspielproduktionen mitzuwirken :)

Mir geht es tatsächlich eher um kommerzielle Hörspiele wo Leute Geld in die Produktion investieren und ich frage mich ob die Budgets, so wie sie aktuell verteilt werden, optimal eingesetzt werden.

Bei vielen Hörspielformaten kann es bei guter Regieführung auch durchaus möglich sein mit getrennten Aufnahmen wunderbare Ergebnisse zu erzielen. Ich denke aber, dass das nur bei Genres möglich ist, bei welchen das Sounddesign einen größeren Stellenwert hat und maßgeblich das Timing der Sprache mitbeeinflusst, wie bsp. Fantasy, Sci-Fi oder Abenteuer/Action.
Bei dialoglastigen Genres wie Drama, Komödie oder Thriller bin ich jedoch schon der Überzeugung, dass eine gemeinsame Aufnahme bessere Endergebnisse liefert und sich der Kostenmehraufwand durch geringere Kosten im Schnitt relativiert. Denn wenn schon in der Aufnahme von den Sprechern ein gutes Timing zueinander erzielt wird muss man es nicht erst in der Postproduktion basteln.

Dem stimme ich dir nur zum Teil zu. Kleinmembraner haben ihre Stärken im Regelfall vorallem in den Höheren Frequenzen(weswegen man sie auch im Aufnahmebereich von Instrumenten oft wiederfindet) während die Großmembraner mehr die Allrounder sind.

Das stimmt meiner Ansicht nach nicht, bzw. habe ich im Studium genau gegenteiliges gelernt. Nur ein gutes Kleinmembranmikrofon kann einen nahezu komplett ausgewogenen Frequenzganz erzielen, während ein Großmembraner immer Abweichungen hat.

Beispielsweise hier die Frequenzverteilung zweier häufig verwendeter Großmembranmikrofone (Neumann U87, Rode NTG1A):
6_Frequenzen.jpg

0376.png



Und zum Vergleich hier die Frequenzdiagramme zweier Kleinmembraner mit Nierencharakteristik, die ich sehr gerne verwende (Sennheiser MKH40, Schoeps MK4):
MKH40-freq.png

FG_MK4_CCM4.jpg
 

Grissom

Mitglied
Sprechprobe
Link
Ich persönlich kann mit dem Originalton bei Filmen oder Serien nichts anfangen, bei ausländischen Produktionen finde ich das noch einigermaßen erträglich, aber deutsche Produktionen stoßen mich akustisch total ab. Sei es der Sprachduktus oder auch der Klang der Tonaufnahmen. Aber das ist wie oben schon erwähnt nur mein eigener Geschmack.
 

schaldek

Mitglied
Teammitglied
deutsche Produktionen stoßen mich akustisch total ab. Sei es der Sprachduktus oder auch der Klang der Tonaufnahmen.
... oh, da gehe ich absolut mit. So unglaublich viele SprecherInnen scheinen echt die Lizenz zum Nuscheln zu haben, und es mit einer tiefgründigen Darstellung ihrer Figur gleichzusetzen; das macht mich regelmäßig kirre.

Was große, kommerzielle Produktionen und ihre Produktionsweise betrifft, muss ich sagen: hey, genau dass man sich darüber nicht aufregen muss, gibt es doch das Forum. Wir können selbst entscheiden, wieviel Wert, Liebe und Arbeit wir investieren wollen. Und allein das "Wollen" hat dem Forum schon eine Menge Hörspiele beschert, die m. M. n. weit über dem Durchschnitt bei vielen kommerziellen liegt.
Das, was viele hier machen, ist für mich kein "Versuch" an kommerzielle Produktionen heranzukommen, sondern
die Hörspiele zu machen, die man selbst hören möchte. Und das gilt auch für die Art der Produktion.:)
Also ran! :cool:
 
Zuletzt bearbeitet:

Bene

Sprecher, Produzent, Komponist, Sounddesigner
Sprechprobe
Link
@PeBu34
Das stimmt meiner Ansicht nach nicht, bzw. habe ich im Studium genau gegenteiliges gelernt. Nur ein gutes Kleinmembranmikrofon kann einen nahezu komplett ausgewogenen Frequenzganz erzielen, während ein Großmembraner immer Abweichungen hat.

Beispielsweise hier die Frequenzverteilung zweier häufig verwendeter Großmembranmikrofone (Neumann U87, Rode NTG1A):
6_Frequenzen.jpg

0376.png



Und zum Vergleich hier die Frequenzdiagramme zweier Kleinmembraner mit Nierencharakteristik, die ich sehr gerne verwende (Sennheiser MKH40, Schoeps MK4):
MKH40-freq.png

FG_MK4_CCM4.jpg

Hey ich habe es nicht studiert und kann nur aus Erfahrungen und belesenem sprechen und lasse mich gern besseren belehren ;-)
Aus welchem Grund hast du denn den Hochpassfilter auf - 10 HZ gesetzt?

Ist es bei beiden Signalen derselbe Sound?

Ich nutze die Großmembraner einfach hauptsächlich weil sie zumeist den Stimmenklang ins Wärmere setzen und bei Instrumenten Aufnahmen wie z.B. Gitarre nutze ich ein Klein und ein Großmembraner.
 

Dagmar

I'm not weird, I'm gifted
Sprechprobe
Link
Ich glaube das wird auch stark aus dem Synchronbereich beeinflusst. Da empfinde ich es genauso, insbesondere wenn man ne weile eine Serie im Original geschaut und dann zwischendrin mal auf die Sychronspur gewechselt hat: das Deutsche ist immer viel näher, präsenter, cleaner, da wird weniger geatmet, geschmatzt, weniger Raum und Distanz bespielt. Ich finde das auch sehr schade.
Wenn ich dann alte Radiohörspiele höre fällt mir immer sofort auf dass die zwar ggf. etwas "theatraler" gespielt sind, aber trotzdem irgendwie oft mehr Leichtigkeit haben. Da wird auch mal genuschelt und geschmatzt, weil der Durchlauf halt so war, und es gut passt. Da wird über Distanzen gespielt, in unterschiedlichen Räumen aufgenommen, durch den Raum gegangen, und das überträgt sich dann irgendwie auch aufs Spiel, das kann man nachträglich nur schwer mit technischen Mitteln imitieren.
Durch das X-en das heutzutage ja fast immer der Fall ist, nimmt man ja jeden Satz eh einzeln auf, dann kann man den "nochmal schön" machen wenn er unsauber war. Und am Ende ist eben ALLES supi schön sauber. Viele Sprecher sind dann ja auch noch total viel im Synchron unterwegs und haben da halt auch ihren Synchrosprech noch drin, der ja auch ok und nach Spiel klingt, aber eben das letzte Quentchen Authentizität vermissen lässt.
Ich denk es ist auch sauschwer als Regie wirklich diesen letzten Funken "authentisch" rauszukitzeln wenn die Leute alle einzeln und ohne Dialogpartner im Studio stehen. Bzw. klappt es dann bei einzelnen Rollen, aber nicht bei allen. Bei manchen audible-Originals z.B. ist mir das auch aufgefallen. Es gibt ein paar Sprecher, die es schaffen mega authentisch und "beiläufig" zu klingen, und andere spielen auch gut, aber klingen eben nach Synchronspur von nem Film. Alles sind aber langjährige Profis.

Neben den Sprechern fällt mir das auch bei der Soundgestaltung auf. Es ist halt möglich jedes noch so winzige Kleiderrascheln usw. zu vertonen, jede Explosion noch mehr aufzupusten etc... Manchmal fühl ich mich dann regelrecht von den Sounds erdrückt, mir ist das alles zu viel, zu perfekt, zu gewaltig. Als würde man mir jede eigene Fantasie nehmen wollen. Mir reicht es wenn ich in den Stimmen höre, dass die Leute sich bewegen. Vielleicht mal paar Schrittgeräusche. Aber ich muss nich noch 200 Vögel, die Autobahn, das Geraschel der 80%Viskose, 20% Elasthan-Jacke auf linksgeklöppeltem Angoraschal und das Vibrieren eines Handys von dem für die Handlung völlig irrelevanten Joggers im Hintergrund haben, wenn sich eigentlich nur 2 Leute über irgendwas Spanenndes unterhalten. Mir wäre da viel wichtiger dass der Dialog flüssig und "realistisch" ist, dass vielleicht auch mal ein ähm oder ein Atmer an der "falschen", weil authentischen Stelle gesetzt ist, dass ich die zuhörende Person auch noch als präsent wahrnehme weil sie mal atmet etc.

Aber das ist wohl auch Geschmackssache... andere Hörer stehen grade auf so bombastische Soundkulissen.

Edit: grade den Beitrag von @derFlüsterer gelesen: 100% genau meine Meinung! Die Paul Temples sind ein wunderschönes Beispiel.
 
Oben