- #1
Themenstarter/in
Hallo Leute,
nun ist es so weit, mein neues „Spielzimmer“ ist so gut wie fertig und weil es grade hier so Mode ist (und ich etwas stolz), habe ich hier eine kleine Duko für Euch, wie sich akustische Optimierung auf den Klang auswirken können.
Angetrieben von der Neugier nach der Wahrheit im Klang (!), kam nach meinem Umzug in neue Räumlichkeiten der unbändige Wille endlich eine halbwegs akustisch optimierte Abhörumgebung zu schaffen.
In meiner alten Regie mit provisorischen Maßnahmen zur Verbesserung der Akustik bin ich auf Grund von sehr beengten Räumlichkeiten und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Klang häufig beim Mixen an meine Grenzen gestoßen. Das äußerte sich zB. so, dass ich bei dem Angleichen von Sprachtakes einige untere Mitten nicht mit dem EQ entzerren konnten weil Reflexionen von den nahen Seitenwänden mir einen psychoakustischen Strich durch die Rechnung gemacht haben. -> Die Reflexionen waren nämlich in bestimmten Frequenzbereichen schön um 180Grad zum Direktschall phasenverschoben. Damit hört man dann diese Frequenz am Abhörort nicht mehr, selbst wenn man den Frequenzbereich mit einem EQ um +12dB erhöht...
Auch sogenannte Raummoden haben mich gequält doch dazu später...
Hier meine alte Regie in der auch Dr. Ganer III gemischt wurde. Man sieht provisorische Rockwool-Türme und Seitenabsorber, welche den Bass und SIBR etwas besänftigen sollten.
(Ich habe aus klanglicher Frustration erst gar keine Messung angefertigt ;-) )
Sicherlich werden viele von Euch nicht alles verstehen was ich hier so zum Besten gebe, da ich gezwungen bin Fachwörter zu benutzen, die ich aus Zeitgründen nicht alle erläutern kann. Das Thema ist wirklich extrem komplex. Viele Themen umreiße ich auch eher. Wer also mehr wissen will, dem sei das Akustikforum von recording.de empfohlen. Besonders ergiebig sind die ersten fünf Stickys insbesondere das „Basic Akustik FAQ“.
Hier möchte ich keine zusätzliche Akustikforums-Ecke einrichten – dafür ist mein Know-How auch noch einfach zu begrenzt. ;-)
Los geht’s:
Als erstes sollte man der unerträglichen akustischen Wahrheit ins Auge blicken. Nun gut!
Dazu habe ich den nackten Raum ausgemessen. Im Prinzip läuft das so ab, dass man über seine Lautsprecher einen Sinus-Sweep (10-20000Hz) abspielt und diesen mit einem Mikrofon (mit echter Kugelcharakteristik) wieder aufnimmt. Dieses aufgenommene Signal wir von der Software REW (ist Freeware) ausgewertet und bietet tiefreichende Einblicke in die vorhandene Raumakustik.
So sah dann der Messaufbau aus:
1.Boxen nah an der Wand (wegen SBIR / Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenz)
2.Messmikro, ein völlig ausreichendes Behringer ECM-8000 auf 38% der Raumlänge gestellt (entspricht rechnerisch dem günstigsten Modenverhalten)
3.Sinussweep abgefeuert...
So sieht das vernichtende Ergebnis aus! :-(
Und was sieht man da?
Das Bild zeigt ein Spectrogram. Auf der X-Achse verläuft die Frequenz von 20Hz bis 15kHz. Die Y-Achse zeigt den zeitlichen Verlauf von 0 Sekunden bis 1,5 Sekunden bis die entsprechende Frequenz ausklingt. Man sieht also den Raumhall nach Frequenzen aufgeschlüsselt.
Ziel ist es, dass alle Frequenzen möglichst gleichmäßig nach ca. 200/300ms abgeklungen sind. Diese Abklingzeit entspricht in etwa Studiostandart. Davon war ich hier erwartungsgemäß weit entfernt allein die 40Hz Raummode klingt erst nach 2,5Sekunden aus (das passt aber nicht aufs Bild) was sich in einem schönen Dröhnen bemerkbar macht. Raummoden sind übrigens ein reflexionsbedingtes aufschaukeln von Bassfrequenzen, die je nach Standort entweder Überhöhungen (Wellenbauch) oder sogar totale Auslöschungen (Wellenknoten) hervorbringen. Raummoden hängen immer mit den Ausmaßen des Raums zusammen - (siehe oben den Link zum Wiki).
Was nun?
Nach reichlicher Überlegung und ausgiebiger Recherche habe ich mich dazu entschlossen eine vollflächig absorbierende Vorderwand zu bauen, die Raummoden absorbiert, Erstreflexionen unterbindet und gleichzeitig den Nachhall bei höheren Frequenzen nicht zu sehr schluckt.
Ferner musste ein Konzept zur Schimmelprävention her, da meine Absorberwand sich praktisch wie eine Innendämmung verhält - mit all den schönen Nachteilen:
Taupunktverschiebung → Wasserkondensation an kühlen Außenwänden = hohes Schimmelrisiko...
Ebenfalls war es mir wichtig Baustoffe zu finden, die eine geringe Schadstoffbelastung aufweisen um eine möglichst kleine Gesamtemission zu erreichen... Stichwort Formaldehyd!
So siehts dann aus:
Regie mit Dämmung
Zur Funktion:
Die Absorberwand ist komplett modular aufgebaut, ähnlich wie ein Regal in dem einfach die in Folie eingepackte Dämmwolle eingelegt wird. Es ist so möglich jederzeit an die Hinterwand zu gelangen.
Die gesamte Konstruktion ist komplett hinterlüftet und weist einen Abstand zu den umgebenen Außenwänden von 10cm auf. Die Außenwände sind mit schimmelhemmender Silikatfarbe behandelt und auf eine Tapeten/Nährboden wurde verzichtet. All dies und noch andere Maßnahmen dienen nur der Schimmelprävention!
Durch die 10cm Abstand der Dämmung zu den Wänden, verringert sich leider auch die Wirksamkeit der Absorber zum Tiefbass hin, weil sich sehr tiefe Basswellen um Hindernisse einfach herum beugen. Dieser Beugungseffekt muss unterbunden werden, in dem man die Basswellen „zwingt“ den Weg durch den Absorber zu nehmen und nicht an ihnen vorbei - dicke raumhohe Kieferbretter zu den Seiten ermöglicht dies recht gut.
Zum Abschluss habe ich eine mir optisch ansprechende Verkleidung aus blickdichten Bühnenmolton gewählt. Hinter der Verkleidung befinden sich noch (provisorisch) Holzplatten die der Reflexion des Hoch/Mittentonbereichs dienen, um eine Überdämmung der Räumlichkeit entgegenzuwirken. Dazu wurde auch die Dämmwolle in extra dickere Folie luftdicht eingepackt. Bei einer Überdämmung würde man sonst zB. zu viel Hall beim Mischen hinzufügen und auch tendenziell zu hell abmischen - so heißt es jedenfalls in den einschlägigen Foren... Mir persönlich gefallen übrigens 200/250ms Nachhall sehr gut - ich mag es also sehr trocken. ;-)
Was bringt das nun?
Nun kommt der Augenblick der Wahrheit – die Messung!
Was Ihr hier seht ist das Endergebnis. Dazwischen wurden die Boxen/Subwoofer und die Abhörposition in alle Richtungen unzählige male verschoben, bis eine optimale Position gefunden war (Symmetrie zu allen Wänden ist oberstes Gebot und wirkt sich erschreckend stark auf den Klang aus), zusätzliche Beugungseffekte wurden reduziert, zwei zusätzliche mobile Steitenabsorber installiert und ein Deckenabsorber (Cloud) aufgehangen (gegen Deckenreflexionen). Alles begleitet von geschätzten 70 Messungen.
Die fertige Regie:
Nochmal neu:
zum Vergleich ohne Maßnahmen:
Das Wasserfalldiagramm:
Vorher ohne Maßnahmen:
Frequenzgang:
Vorher ohne Maßnahmen:
Der direkte Vergleich:
Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden endlich ist eine perfektes Stereopanorama zu hören, der Bassbereich ist aufgeräumt und im Sweetspot kann ich fast färbungsfrei die Tiefenstaffelung beurteilen. Der Klang wirkt schon fast haptisch!
Leider klingen nun auch alte MP3s in 192 Kbp/s irgendwie „matschig“...
Soweit so gut!
Ganz fertig bin ich noch nicht, die Rückwand im Zimmer muss noch etwas präpariert werden und ein mobiler Absorber ist auch noch geplant...
Bis denn denn...:depp:
nun ist es so weit, mein neues „Spielzimmer“ ist so gut wie fertig und weil es grade hier so Mode ist (und ich etwas stolz), habe ich hier eine kleine Duko für Euch, wie sich akustische Optimierung auf den Klang auswirken können.
Angetrieben von der Neugier nach der Wahrheit im Klang (!), kam nach meinem Umzug in neue Räumlichkeiten der unbändige Wille endlich eine halbwegs akustisch optimierte Abhörumgebung zu schaffen.
In meiner alten Regie mit provisorischen Maßnahmen zur Verbesserung der Akustik bin ich auf Grund von sehr beengten Räumlichkeiten und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Klang häufig beim Mixen an meine Grenzen gestoßen. Das äußerte sich zB. so, dass ich bei dem Angleichen von Sprachtakes einige untere Mitten nicht mit dem EQ entzerren konnten weil Reflexionen von den nahen Seitenwänden mir einen psychoakustischen Strich durch die Rechnung gemacht haben. -> Die Reflexionen waren nämlich in bestimmten Frequenzbereichen schön um 180Grad zum Direktschall phasenverschoben. Damit hört man dann diese Frequenz am Abhörort nicht mehr, selbst wenn man den Frequenzbereich mit einem EQ um +12dB erhöht...
Auch sogenannte Raummoden haben mich gequält doch dazu später...
Hier meine alte Regie in der auch Dr. Ganer III gemischt wurde. Man sieht provisorische Rockwool-Türme und Seitenabsorber, welche den Bass und SIBR etwas besänftigen sollten.
(Ich habe aus klanglicher Frustration erst gar keine Messung angefertigt ;-) )
Sicherlich werden viele von Euch nicht alles verstehen was ich hier so zum Besten gebe, da ich gezwungen bin Fachwörter zu benutzen, die ich aus Zeitgründen nicht alle erläutern kann. Das Thema ist wirklich extrem komplex. Viele Themen umreiße ich auch eher. Wer also mehr wissen will, dem sei das Akustikforum von recording.de empfohlen. Besonders ergiebig sind die ersten fünf Stickys insbesondere das „Basic Akustik FAQ“.
Hier möchte ich keine zusätzliche Akustikforums-Ecke einrichten – dafür ist mein Know-How auch noch einfach zu begrenzt. ;-)
Los geht’s:
Als erstes sollte man der unerträglichen akustischen Wahrheit ins Auge blicken. Nun gut!
Dazu habe ich den nackten Raum ausgemessen. Im Prinzip läuft das so ab, dass man über seine Lautsprecher einen Sinus-Sweep (10-20000Hz) abspielt und diesen mit einem Mikrofon (mit echter Kugelcharakteristik) wieder aufnimmt. Dieses aufgenommene Signal wir von der Software REW (ist Freeware) ausgewertet und bietet tiefreichende Einblicke in die vorhandene Raumakustik.
So sah dann der Messaufbau aus:
1.Boxen nah an der Wand (wegen SBIR / Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenz)
2.Messmikro, ein völlig ausreichendes Behringer ECM-8000 auf 38% der Raumlänge gestellt (entspricht rechnerisch dem günstigsten Modenverhalten)
3.Sinussweep abgefeuert...
So sieht das vernichtende Ergebnis aus! :-(
Und was sieht man da?
Das Bild zeigt ein Spectrogram. Auf der X-Achse verläuft die Frequenz von 20Hz bis 15kHz. Die Y-Achse zeigt den zeitlichen Verlauf von 0 Sekunden bis 1,5 Sekunden bis die entsprechende Frequenz ausklingt. Man sieht also den Raumhall nach Frequenzen aufgeschlüsselt.
Ziel ist es, dass alle Frequenzen möglichst gleichmäßig nach ca. 200/300ms abgeklungen sind. Diese Abklingzeit entspricht in etwa Studiostandart. Davon war ich hier erwartungsgemäß weit entfernt allein die 40Hz Raummode klingt erst nach 2,5Sekunden aus (das passt aber nicht aufs Bild) was sich in einem schönen Dröhnen bemerkbar macht. Raummoden sind übrigens ein reflexionsbedingtes aufschaukeln von Bassfrequenzen, die je nach Standort entweder Überhöhungen (Wellenbauch) oder sogar totale Auslöschungen (Wellenknoten) hervorbringen. Raummoden hängen immer mit den Ausmaßen des Raums zusammen - (siehe oben den Link zum Wiki).
Was nun?
Nach reichlicher Überlegung und ausgiebiger Recherche habe ich mich dazu entschlossen eine vollflächig absorbierende Vorderwand zu bauen, die Raummoden absorbiert, Erstreflexionen unterbindet und gleichzeitig den Nachhall bei höheren Frequenzen nicht zu sehr schluckt.
Ferner musste ein Konzept zur Schimmelprävention her, da meine Absorberwand sich praktisch wie eine Innendämmung verhält - mit all den schönen Nachteilen:
Taupunktverschiebung → Wasserkondensation an kühlen Außenwänden = hohes Schimmelrisiko...
Ebenfalls war es mir wichtig Baustoffe zu finden, die eine geringe Schadstoffbelastung aufweisen um eine möglichst kleine Gesamtemission zu erreichen... Stichwort Formaldehyd!
So siehts dann aus:
Regie mit Dämmung
Zur Funktion:
Die Absorberwand ist komplett modular aufgebaut, ähnlich wie ein Regal in dem einfach die in Folie eingepackte Dämmwolle eingelegt wird. Es ist so möglich jederzeit an die Hinterwand zu gelangen.
Die gesamte Konstruktion ist komplett hinterlüftet und weist einen Abstand zu den umgebenen Außenwänden von 10cm auf. Die Außenwände sind mit schimmelhemmender Silikatfarbe behandelt und auf eine Tapeten/Nährboden wurde verzichtet. All dies und noch andere Maßnahmen dienen nur der Schimmelprävention!
Durch die 10cm Abstand der Dämmung zu den Wänden, verringert sich leider auch die Wirksamkeit der Absorber zum Tiefbass hin, weil sich sehr tiefe Basswellen um Hindernisse einfach herum beugen. Dieser Beugungseffekt muss unterbunden werden, in dem man die Basswellen „zwingt“ den Weg durch den Absorber zu nehmen und nicht an ihnen vorbei - dicke raumhohe Kieferbretter zu den Seiten ermöglicht dies recht gut.
Zum Abschluss habe ich eine mir optisch ansprechende Verkleidung aus blickdichten Bühnenmolton gewählt. Hinter der Verkleidung befinden sich noch (provisorisch) Holzplatten die der Reflexion des Hoch/Mittentonbereichs dienen, um eine Überdämmung der Räumlichkeit entgegenzuwirken. Dazu wurde auch die Dämmwolle in extra dickere Folie luftdicht eingepackt. Bei einer Überdämmung würde man sonst zB. zu viel Hall beim Mischen hinzufügen und auch tendenziell zu hell abmischen - so heißt es jedenfalls in den einschlägigen Foren... Mir persönlich gefallen übrigens 200/250ms Nachhall sehr gut - ich mag es also sehr trocken. ;-)
Was bringt das nun?
Nun kommt der Augenblick der Wahrheit – die Messung!
Was Ihr hier seht ist das Endergebnis. Dazwischen wurden die Boxen/Subwoofer und die Abhörposition in alle Richtungen unzählige male verschoben, bis eine optimale Position gefunden war (Symmetrie zu allen Wänden ist oberstes Gebot und wirkt sich erschreckend stark auf den Klang aus), zusätzliche Beugungseffekte wurden reduziert, zwei zusätzliche mobile Steitenabsorber installiert und ein Deckenabsorber (Cloud) aufgehangen (gegen Deckenreflexionen). Alles begleitet von geschätzten 70 Messungen.
Die fertige Regie:
Nochmal neu:
zum Vergleich ohne Maßnahmen:
Das Wasserfalldiagramm:
Vorher ohne Maßnahmen:
Frequenzgang:
Vorher ohne Maßnahmen:
Der direkte Vergleich:
Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden endlich ist eine perfektes Stereopanorama zu hören, der Bassbereich ist aufgeräumt und im Sweetspot kann ich fast färbungsfrei die Tiefenstaffelung beurteilen. Der Klang wirkt schon fast haptisch!
Leider klingen nun auch alte MP3s in 192 Kbp/s irgendwie „matschig“...
Soweit so gut!
Ganz fertig bin ich noch nicht, die Rückwand im Zimmer muss noch etwas präpariert werden und ein mobiler Absorber ist auch noch geplant...
Bis denn denn...:depp: