So, da kommen wir dem Punkt schön näher.
In der beruflichen Praxis vermeide ich den Begriff Register, gerade weil er stimmfunktionale mit klanglichen Eigenschaften mischt und eine Abhängigkeit beider voneinander impliziert. Das ist aber eine eher überkommene und einseitige Sicht auf Stimme.
Die klanglichen Eigenschaften unserer Stimme sind natürlich zum einen abhängig von unserem individuellen Stimmaufbau. Zum anderen von sprachlichen Gewohnheiten, so sind z.B. Formanten u.a. abhängig von der sprachlichen Region, in der man aufwächst. Beides führt zu unserer wunderbar individuellen Stimme. Ist die Artikulation unabhängig von der Tonproduktion, dann ist auch der Übergang der verschiedenen Stimmfunktionen kein Problem. Das kann jedes Kind, viele Frauen und Sänger, die während des Stimmbruchs weiter auch bis in die Kopfstimme singen, ohne Anpassungsprobleme.
Nutze ich nun z.B. klassische Gesangstechnik, erhöhe ich den subglottalen Druck, muss zum energetischen Ausgleich auch den Zungengrund weiter in Richtung Kehlkopf bewegen, senke den Kehlkopf ab und schaffe somit eine Abhängigkeit von Artikulation und Tonproduktion. Dazu muss ich eine Vereinheitlichung hin zu einem Klangideal in Kauf nehmen (da landen wir wieder bei den Formanten und dem Timbre). Bei anderen Gesangstechniken ist das ähnlich.
Du schreibst von feinster Mechanik. Naja, so fein ist die gar nicht. Eher unkompliziert. Wir benutzen sie ständig in der Sprache (weshalb wir ja dort auch, im Gegensatz zu der Artikulation beim klassischen Gesang, eine viel feinere Differenzierung und damit mehr Ausdruck erreichen). Wie gesagt, man muss halt nur Artikulation und Tonproduktion getrennt halten (das wird vielen Sängern aufgrund des Leistungsdrucks und einem dem natürlichen Muskelwachstum entgegenlaufenden Benutzung der Stimme zum Problem).
Deine Unterscheidung zwischen Sing- und Sprechstimme läuft somit auch auf einen höheren Druck hinaus, den Du beim Singen nutzt. Klar, für den zahlst Du auch. Die Währung dafür ist z.B. die Übergangsschwierigkeit zwischen Stimmfunktionen und eine eingeschränkte Artikulation. Du redest von kurzen Schwingungsphasen - ähm, Du kannst auch in der normalen Sprechstimme jeden Vokal lange halten. Dann hast Du Deine lange Schwingungsphase. Die Plosive sind ebenfalls kein Problem, halt so lange nicht, wie ich nicht den subglottalen Druck erhöhe und die Zunge immer mehr zum Druckgeber wird, anstatt ihrer ursprünglichen Aufgabe zu entsprechen und einfach artikulieren. Deswegen kann man ja auch mit klassischer Technik nur schwer rappen. Die Zunge ist dafür dann schlicht und einfach zu lahm und zu ungenau. Das was Du als Ansatzrohrkonfiguration bezeichnest ist also letztlich nichts anderes als eine unnötig komplizierte oder eher einseitige Nutzung einer Mechanik, die Du bei der Sprache von Natur aus in einem viel komplexeren aber energetisch unaufwendigerem Verfahren nutzt.
Du nutzt dieses fein abgestimmte System also seit vielen Jahren mit Deiner Sprache. Letztlich müssen jetzt nur im Kehlkopf die Tonhöhen produziert werden. Ganz einfach, eher ein Handwerk als eine Kunst. Natürlich kann man auch das ganze zu einer Kunst erklären und sich mit unnötigen Muskelspannungen, die wiederum zu weiteren Schwierigkeiten führen, herumplagen. Nur landet man damit meines Erachtens nach bei einer Künstlichkeit, weshalb ich ja auch in dem ersten Post schrieb, dass ich gerne mal Deine ungefilterte Stimme beim Singen hören würde.