aurelin
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Themenstarter/in
Liebes Forum. Zum Bereich Sprechen ist ja schon so einiges geschrieben worden. Zum reinen Stimmklang und wie man mit diesem Arbeiten kann hingegen wenig. Und so werde ich versuchen, diese Lücke zu schließen. Denn der reine Klang der Stimme vermittelt neben der Artikulation oder dem Duktus ebenfalls Emotionen. Da wir hier im Forum ja so einige dabeihaben, die beruflich viel mit Stimme zu tun haben, würde ich mich über einen regen Austausch freuen. Zudem werde ich immer einige Klangbeispiele anfügen, um das Ganze nicht so dröge zu gestalten. Ich werde allerdings nur auf Wunsch bei einigen Bereichen mehr in die Tiefe gehen und die physiologischen Grundlagen erstmal nur anreißen. Die Stimmspezialisten unter euch bitte ich deshalb, über vereinfachte Begrifflichkeiten hinwegzusehen, da meine Ausführungen möglichst von jedem verstanden werden können sollten.
Ich vertrete generell die Ansicht, dass es sinnvoller ist, den Klang möglichst stark in der „Eigenproduktion“ zu manipulieren, als bestimmte Effekte NUR über Software zu erreichen, sprich ein gesundes Mischungsverhältnis aus beiden ist wohl die optimale Lösung (man denke da z.B. an die Stimmen von Auserdirdischen in Science-Fiction Rollenspielen).
Unser Stimmklang wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Zum ersten ist da der individuelle Aufbau der an der Stimmerzeugung beteiligten Organe. Dazu kommen regionale Sprechgewohnheiten (der „durchschnittliche“ Bayer hat einen anderen Stimmklang als der „durchschnittliche“ Friese), Sprechgewohnheiten des sozialen Umfelds und eigene Angewohnheiten. Wichtig dabei ist, dass man seinem Stimmklang nicht einfach „ausgeliefert“ oder durch ihn „privilegiert“ ist. Nach aktuellen Forschungen kann davon ausgegangen werden, dass wir uns unseren Stimmklang auch zu einem gewissen Teil unterbewusst oder bewusst aussuchen. Wir können also, gerade im Hörspielbereich viel mit unserem Stimmklang variieren.
Generell können wir den Klang der Stimme in der Produktion im Kehlkopf bestimmen und dann im Folgenden durch die Resonanzräume, die wir haben, noch weiter variieren.
Ich werde in diesem Teil auf die verschiedenen Möglichkeiten eingehen, den Klang im Kehlkopf zu gestalten. Und hierbei wird es explizit nur um die reine Klangerzeugung, noch nicht um die Manipulation dieses so genannten „Primärtones“ gehen.
In der tiefsten Lage, dem so genannten Strohbassregister , kann ein Ton erzeugt werden, der keine durchgängig sauberen Schwingungseigenschaften hat. Wenn man diesen Klang mit nicht zuviel Luftdruck erzeugt, ist er als tiefe, brummige Effektstimme unbedenklich einsetzbar und kann nach meiner Ansicht nach sehr gut vor allem in Science-Fiction- und Fantasy-Hörspielen eingesetzt werden.

Die normale Sprechstimme die wir benutzen, wird auch gerne als Bruststimme bezeichnet (wie sinnvoll verschiedene Bezeichnungen sind, werde ich hier nicht thematisieren). Bei ihr schwingt im Verhältnis zu sog. Kopfstimme mehr Masse. Mehr schwingende Masse bedeutet, dass der Ton eine stärkere Eigencharakteristik bekommt, weshalb unsere Sprechstimmen auch alle ihren wunderbaren individuellen Klangcharakter ausprägen.
Bei der Kopfstimme, die normalerweise sozusagen eine Lage über der Bruststimme liegt, schwingt weniger Stimmlippenmasse, der Ton hat weniger Eigencharakteristik, wirkt leichter. Es gibt einige Menschen, die in der Kopfstimme sprechen, was oft als eher unangenehm empfunden wird. Aber wir nutzen die Kopfstimme teils um Emotionen, wie Erstaunen oder Erschrecken darzustellen, also dann wenn uns die Stimme sozusagen „entgleitet“. Deshalb ist es teils auch nicht einfach die Kopfstimme im Sprecherbereich gut rüberzubringen, da man ja eine unbewusste Nutzung der Stimme bewusst darstellen will.

Wer ohne Bruch zwischen Brust- und Kopfstimme hin- und herwechseln kann, nutzt die so genannte Mischstimme (oder auch Miststimme :O). Sie hat mehr Eigencharakteristik als die Kopfstimme, weniger als die Bruststimme und ist beim Sprechen gar nicht so leicht anzusteuern. Da ich in der Mischstimme nicht wirklich gut bin, entfällt hier ein Soundbeispiel.
An die Kopfstimme schließt sich die Pfeifstimme an, die tatsächlich ein wenig wie ein Pfeifen klingt. Sie sprecherisch zu nutzen erfordert viel Fingerspitzengefühl. Sie lässt sich in ihrer Reinform gut für Effekte wie z.B. Wolfsgeheul benutzen. Wenn ich sie mit anderen Stimmlagen mische, kann sie sehr vielfältig eingesetzt werden und man kann damit auch als Mann solche Sprechrollen wie die einer Hexe darstellen.

Das waren bist jetzt die direkten Einflußmöglichkeiten auf den unseren Kehlkopf bei der Klangproduktion.
Weiterhin kann ich einen Ton mit sehr viel Nebenluft sprechen, der Klang bekommt eine sanfte bis heisere Note. Bei einigen Sprechern führt die Nebenluft schnell Art zu Austrocknungserscheinungen – man sollte also immer schauen, dass man bei dieser Art der Stimmnutzung keine Reizung verspürt.

Eine andere Form der Manipulation ist das künstliche Absenken des Kehlkopfes, was im Extremfall wie das so genannte „Knödeln“ klingt. Wird der Kehlkopf abgesenkt, werden einer Reihe anderer Mechanismen in Gang gesetzt und da ist man auch schon im Bereich des klassischen Gesangs, so dass ich hier nicht weiter darauf eingehen möchte. Aber nutzen kann man diese Stimme vor allem, wenn’s ein bisschen vornehmer klingen soll, z.B. wenn man einen Butler spricht.

Als vorletzte Möglichkeit kommt nun das so genannte Stimmknarren, bei dem wieder keine „sauberen“ Schwingungen entstehen. Kann man nach meinem Empfinden gut für gruselige Stimmeffekte einsetzen aber auch um z.B. Erschöpfung zu verdeutlichen.

Die letzte (mir bekannte) Möglichkeit den Primärton zu verändern, ist, „asynchrone“ Stimmlippenbewegungen zu erzeugen, was wir als verzerrten, rauhen Ton wahrnehmen. Hier kommt aber auch schon der Luftdruck mit ins Spiel, weshalb ich mich da im zweiten Teil genauer drüber auslassen werde. Durch das asychrone Schwingen kann unser Stimmapparat beschädigt werden, also sollte man bei dieser Art der Klangerzeugung sehr vorsichtig vorgehen. Es gibt Sprecher und Sänger die haben da eine große Robustheit, aber die ist nicht jedem gegeben. Wer sie trotzdem einsetzt: Normalerweise reagiert der Stimmapparat auf die Benutzung rauer Töne, in dem er zum Schutz mehr Schleim erzeugt. Und den sollte man dann tunlichst nicht wegräuspern (Räuspern ist eh eine der stimmschädigensten Angewohnheiten) sondern als eine Schutzschicht nach dem Einsatz der rauen Stimme erst einmal hinnehmen.

Soweit mein erster Teil zum Primärton. Im zweiten Teil wird es um die Resonanzräume und das gezielte Darstellen von Emotionen durch den Stimmklang gehen und der dritte Teil (wenn es dann noch Interesse geben sollte) wird die kombinierte Nutzung und die Wechselwirkungen zwischen Primärton, Resonanzräumen und anderen Einflüssen Thema sein. Wenn irh das wollte kann ich dann auch noch was zum Thema „Warming-Up des Stimmklangs“ schreiben. Ich schließe an dieser Stelle erstmal mit einem lieben Gruß.
Aurelin
PS: und ein dickes Dankeschön an Thuda, der dieses Post für mich editiert hat
Ich vertrete generell die Ansicht, dass es sinnvoller ist, den Klang möglichst stark in der „Eigenproduktion“ zu manipulieren, als bestimmte Effekte NUR über Software zu erreichen, sprich ein gesundes Mischungsverhältnis aus beiden ist wohl die optimale Lösung (man denke da z.B. an die Stimmen von Auserdirdischen in Science-Fiction Rollenspielen).
Unser Stimmklang wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Zum ersten ist da der individuelle Aufbau der an der Stimmerzeugung beteiligten Organe. Dazu kommen regionale Sprechgewohnheiten (der „durchschnittliche“ Bayer hat einen anderen Stimmklang als der „durchschnittliche“ Friese), Sprechgewohnheiten des sozialen Umfelds und eigene Angewohnheiten. Wichtig dabei ist, dass man seinem Stimmklang nicht einfach „ausgeliefert“ oder durch ihn „privilegiert“ ist. Nach aktuellen Forschungen kann davon ausgegangen werden, dass wir uns unseren Stimmklang auch zu einem gewissen Teil unterbewusst oder bewusst aussuchen. Wir können also, gerade im Hörspielbereich viel mit unserem Stimmklang variieren.
Generell können wir den Klang der Stimme in der Produktion im Kehlkopf bestimmen und dann im Folgenden durch die Resonanzräume, die wir haben, noch weiter variieren.
Ich werde in diesem Teil auf die verschiedenen Möglichkeiten eingehen, den Klang im Kehlkopf zu gestalten. Und hierbei wird es explizit nur um die reine Klangerzeugung, noch nicht um die Manipulation dieses so genannten „Primärtones“ gehen.
In der tiefsten Lage, dem so genannten Strohbassregister , kann ein Ton erzeugt werden, der keine durchgängig sauberen Schwingungseigenschaften hat. Wenn man diesen Klang mit nicht zuviel Luftdruck erzeugt, ist er als tiefe, brummige Effektstimme unbedenklich einsetzbar und kann nach meiner Ansicht nach sehr gut vor allem in Science-Fiction- und Fantasy-Hörspielen eingesetzt werden.

Die normale Sprechstimme die wir benutzen, wird auch gerne als Bruststimme bezeichnet (wie sinnvoll verschiedene Bezeichnungen sind, werde ich hier nicht thematisieren). Bei ihr schwingt im Verhältnis zu sog. Kopfstimme mehr Masse. Mehr schwingende Masse bedeutet, dass der Ton eine stärkere Eigencharakteristik bekommt, weshalb unsere Sprechstimmen auch alle ihren wunderbaren individuellen Klangcharakter ausprägen.

Bei der Kopfstimme, die normalerweise sozusagen eine Lage über der Bruststimme liegt, schwingt weniger Stimmlippenmasse, der Ton hat weniger Eigencharakteristik, wirkt leichter. Es gibt einige Menschen, die in der Kopfstimme sprechen, was oft als eher unangenehm empfunden wird. Aber wir nutzen die Kopfstimme teils um Emotionen, wie Erstaunen oder Erschrecken darzustellen, also dann wenn uns die Stimme sozusagen „entgleitet“. Deshalb ist es teils auch nicht einfach die Kopfstimme im Sprecherbereich gut rüberzubringen, da man ja eine unbewusste Nutzung der Stimme bewusst darstellen will.

Wer ohne Bruch zwischen Brust- und Kopfstimme hin- und herwechseln kann, nutzt die so genannte Mischstimme (oder auch Miststimme :O). Sie hat mehr Eigencharakteristik als die Kopfstimme, weniger als die Bruststimme und ist beim Sprechen gar nicht so leicht anzusteuern. Da ich in der Mischstimme nicht wirklich gut bin, entfällt hier ein Soundbeispiel.
An die Kopfstimme schließt sich die Pfeifstimme an, die tatsächlich ein wenig wie ein Pfeifen klingt. Sie sprecherisch zu nutzen erfordert viel Fingerspitzengefühl. Sie lässt sich in ihrer Reinform gut für Effekte wie z.B. Wolfsgeheul benutzen. Wenn ich sie mit anderen Stimmlagen mische, kann sie sehr vielfältig eingesetzt werden und man kann damit auch als Mann solche Sprechrollen wie die einer Hexe darstellen.

Das waren bist jetzt die direkten Einflußmöglichkeiten auf den unseren Kehlkopf bei der Klangproduktion.
Weiterhin kann ich einen Ton mit sehr viel Nebenluft sprechen, der Klang bekommt eine sanfte bis heisere Note. Bei einigen Sprechern führt die Nebenluft schnell Art zu Austrocknungserscheinungen – man sollte also immer schauen, dass man bei dieser Art der Stimmnutzung keine Reizung verspürt.

Eine andere Form der Manipulation ist das künstliche Absenken des Kehlkopfes, was im Extremfall wie das so genannte „Knödeln“ klingt. Wird der Kehlkopf abgesenkt, werden einer Reihe anderer Mechanismen in Gang gesetzt und da ist man auch schon im Bereich des klassischen Gesangs, so dass ich hier nicht weiter darauf eingehen möchte. Aber nutzen kann man diese Stimme vor allem, wenn’s ein bisschen vornehmer klingen soll, z.B. wenn man einen Butler spricht.

Als vorletzte Möglichkeit kommt nun das so genannte Stimmknarren, bei dem wieder keine „sauberen“ Schwingungen entstehen. Kann man nach meinem Empfinden gut für gruselige Stimmeffekte einsetzen aber auch um z.B. Erschöpfung zu verdeutlichen.

Die letzte (mir bekannte) Möglichkeit den Primärton zu verändern, ist, „asynchrone“ Stimmlippenbewegungen zu erzeugen, was wir als verzerrten, rauhen Ton wahrnehmen. Hier kommt aber auch schon der Luftdruck mit ins Spiel, weshalb ich mich da im zweiten Teil genauer drüber auslassen werde. Durch das asychrone Schwingen kann unser Stimmapparat beschädigt werden, also sollte man bei dieser Art der Klangerzeugung sehr vorsichtig vorgehen. Es gibt Sprecher und Sänger die haben da eine große Robustheit, aber die ist nicht jedem gegeben. Wer sie trotzdem einsetzt: Normalerweise reagiert der Stimmapparat auf die Benutzung rauer Töne, in dem er zum Schutz mehr Schleim erzeugt. Und den sollte man dann tunlichst nicht wegräuspern (Räuspern ist eh eine der stimmschädigensten Angewohnheiten) sondern als eine Schutzschicht nach dem Einsatz der rauen Stimme erst einmal hinnehmen.

Soweit mein erster Teil zum Primärton. Im zweiten Teil wird es um die Resonanzräume und das gezielte Darstellen von Emotionen durch den Stimmklang gehen und der dritte Teil (wenn es dann noch Interesse geben sollte) wird die kombinierte Nutzung und die Wechselwirkungen zwischen Primärton, Resonanzräumen und anderen Einflüssen Thema sein. Wenn irh das wollte kann ich dann auch noch was zum Thema „Warming-Up des Stimmklangs“ schreiben. Ich schließe an dieser Stelle erstmal mit einem lieben Gruß.
Aurelin
PS: und ein dickes Dankeschön an Thuda, der dieses Post für mich editiert hat
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