Es ist eins der Dinge, die mich an manchen Produktionen ein wenig stören: Es wird viel Bewährtes wiederholt und wiederholt. Das ist wie jeden Tag Lieblingsessen.
Warum macht man das? Will man sich damit Lieb-Kind machen? Mehr Klicks produzieren? Das eigene Werk gemein-gefällig gestalten?
Das ist wie mit den 102.528 sog. "Top-40 Bands". Sie spielen alle, mit wenigen Ausnahmen, immer wieder dieselben Songs. Leider die aller wenigsten gut, weil sie an ihrem Anspruch scheitern so zu klingen wie das Original - anstatt etwas Eigenes zu erschaffen, das so ähnlich klingt oder daran erinnert, aber eben nicht identisch sein will.
Ich werde es mein Leben nicht vergessen, wie eine Band mal als Zugabe "Highway to hell" als Western und Country Version gespielt hat. Das Publikum war außer sich. Und dann war er da. Dieser Zauber, dieser kurze, vergängliche Moment der glückseligen Ewigkeit.
Es ist ein wichtiges Element von Kunst, sich immer wieder neu zu erfinden, Neues zu wagen, Ausprobieren, Scheitern um danach furiose Erfolge zu feiern und beim nächsten Mal von der Kritik zerrissen zu werden.
Man könnte es als Teil einer Definition von "Was ist Kunst?" verstehen.
Ich mag Hörspiele, die etwas "Unerhörtes" haben und/oder bieten. Etwas bringen, das es so noch nicht gegeben hat oder Bewährtes transformiert und in einen neuen Kontext stellt. Wobei mir zu abgehobene Sounds und Zwischenmusiken auf den Keks gehen, die eher nur wie gewollt und leider nicht wie gekonnt klingen.
Von mir aus auch ein Wilhelmsschrei, aber wie wäre es das mal rückwärts abzuspielen, eine Quint tiefer oder durch einen "Tube-Screamer" gedreht oder als arythmisches Staccato, ...
So kann ich es schon fast nicht mehr ertragen, das "Klack, klack, klack" von harten Lederabsätzen auf Asphalt, wobei ein leichtes Knirschen den "Staub der Straße" andeuten soll.
Hand auf's Herz, wann habt Ihr das in der realen Welt das letzte Mal so gehört? Und meistens liegt dann noch ein langes Delay und/oder Hall drauf, daß man meint in einer Kathedrale zu stehen. Das hat alles mit Hörgewohnheiten zu tun, aber so klingt es in der realen Welt zumeist nicht.
Die Arbeit hier im Forum hat mich immer wieder genau darauf zurückgeführt; unsere Hörgewohnheiten.
Dieses MP3-Jedöhns, klingt nicht. Eine digitale Aufnahme klingt auch nicht wie das Original. Das hört man besonders bei komplexen Schallereignissen wie einem gut bedienten Konzert-Flügel, einem symphonischen Orchester oder einer unglaublich atmosphärisch dichten Aufnahme einer guten Jazz-Kapelle, wo die Lautstärke des Klapperns der Klappen des Saxosphons wichtig wird.
Aber wir haben uns daran gewöhnt, daß man das nicht mehr hört, weil die Kompression, Quantisierung oder das Dithering uns dieser Ereignisse beraubt. Schade eigentlich.
Der Schrei eines im Schmerz sterbenden Menschen oder anderen Lebewesen ist so individuell wie es nur sein kann. Wenn alle so klingen, wie der eine, kultige Schmerzschrei ...
Ja, warum also nicht die Sprechenden einen individuellen Sterbensschrei ausstoßen lassen? Die Stimme ist höchst individuell, warum kann es nicht auch ein Sterbensschrei sein? Das hängt doch von der Szene ab, von der Rolle, vom gespielten und spielenden Charakter, von der Empathie der sprechenden Person, der Dramaturgie ... mir würden noch viele Aspekte einfallen.
Liebe und Kunst werden aus Mut gemacht.
Dem Mut alles zu riskieren. dem Mut zu scheitern, dem Mut alles zu geben für den Moment in dem dieser Zauber entsteht, den viele profan als "Kunst" bezeichnen, dem Mut den Moment zu erschaffen, der eine Ewigkeit dauert und doch so schnell vergeht, dem Mut Neues zu kreieren und uns in eine neue Dimension mitzunehmen und unser Leben zu bereichern.
Da holt mich der Wilhelmsschrei nicht ab. Kult hin oder her.