thiloretisch

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Hallo liebe Hörtalker,
ich wäre für einen kurzen Austausch ganz dankbar.
Da ich aus dem Radio komme, hab ich gelernt möglichst alles zu komprimieren, am besten noch mit Limiter und Equalizer sowieso.

Ich wollte mal kurz anfragen, wie andere Cutter von Hörspielen das machen. Die Qualität und auch die Perfomance der Sprecher leidet ja darunter, wenn man alles zu Tode komprimiert. Aber es soll natürlich auch präsent klingen. Wie handhabt ihr denn Equalizer, Kompressor/Limiter? Ich bin dazu noch leicht unentschlossen.

Danke und Grüße
 

Heavy

Sprecher und Cutter
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Ich persönlich nutze nur den Equalizer und Limiter. Den Kompressor halte ich generell für fehl am Platz. Ich möchte das ein natürlicher Ton entsteht und nicht dieser sterile Synchron Ton den man in Filmen/Serien hört. Deshalb versuche ich immer alles, um dem englischen Orignal Ton näher zu kommen.
 

Nonowe

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Super Frage :)! Ich ärgere mich nämlich oft bei Radiosendungen, wenn so komprimiert ist, dass die Sprecherinnen total lispeln - schrecklich! Ich weiß nicht warum, aber komischerweise werden Frauenstimmen stärker komprimiert - mehr Dynamik? Andere Frequenzen? Naja, jedenfalls: Wenn ihr die nächste Radiomoderatorin oder Podcasterin hört, die scheinbar einen S-Fehler hat: Höchstwahrscheinlich hat sie überhaupt keinen, sondern läuft nur durch einen übermäßigen Kompressor :p

Deshalb versuche ich, ohne Kompressor auszukommen, und regele zur Not die Lautstärke der einzelnen Takes. Daher normalisiere ich meistens auch pro Take, nicht die gesamte Spur. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass innerhalb eines Takes die Dynamik so groß war, dass ich zur besseren Verständlichkeit doch komprimieren musste... bleibt aber die Ausnahme ;)
 

Alex

"Sprechen ist Entscheiden" (G. Heidenreich)
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Super Frage :)! Ich ärgere mich nämlich oft bei Radiosendungen, wenn so komprimiert ist, dass die Sprecherinnen total lispeln - schrecklich! Ich weiß nicht warum, aber komischerweise werden Frauenstimmen stärker komprimiert - mehr Dynamik? Andere Frequenzen? Naja, jedenfalls: Wenn ihr die nächste Radiomoderatorin oder Podcasterin hört, die scheinbar einen S-Fehler hat: Höchstwahrscheinlich hat sie überhaupt keinen, sondern läuft nur durch einen übermäßigen Kompressor :p

Deshalb versuche ich, ohne Kompressor auszukommen, und regele zur Not die Lautstärke der einzelnen Takes. Daher normalisiere ich meistens auch pro Take, nicht die gesamte Spur. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass innerhalb eines Takes die Dynamik so groß war, dass ich zur besseren Verständlichkeit doch komprimieren musste... bleibt aber die Ausnahme ;)

Moin, also das lispeln kommt eigentlich eher durch übermäßigen Einsatz vom Deesser.
Soviel ich weiß, kann man den Frikativlauten mit Kompressoren nicht beikommen, wodurch sie
bei starker Kompression noch stärker hervorstechen. Deessing kann dann bisweilen etwas schräg klingen... :)

Ansonsten finde ich das auch nicht toll.
Aber das Augenmerk liegt hier darauf, dass die Stimme im Auto-, oder Küchenradio oder sonstwo immer "Into the face" gut zu hören ist. Betrifft alles was Radio, Podcast oder Werbung ist.
Darum ist Hörspiel und Hörbuch auch so anspruchsvoll.
Sanfte Bearbeitung ist hier wichtig. Es soll weich und natürlich klingen und trotzdem präsent bleiben. Ich mache es wie du, für Hörspiel kein Comp und für Hörbuch nur ganz sanft und fast unmerklich.
 
Zuletzt bearbeitet:

schnitzel

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Es ist immer die Frage was du mit dem Limiter / Compressor / Deesser oder sonstigen Werkzeugen deiner DAW erreichen möchtest. Du hast, gerade beim Compressor, viele Einstellmöglichkeiten (Threshhold, attack, ratio, release,...), die du eben auch sehr sanft benutzen kannst.
Frei nach dem Motto "Hab ich immer so gemacht / Das gehört so" sind nicht der richtige Ausgangspunkt um solche Werkzeuge zu nutzen. Ich lass ja auch nicht den Mann von der Telekom meinen Router mit dem Vorschlaghammer installieren, nur weil er es immer so gemacht hat.
Eine einfache Antwort wie "Nie" oder "Immer" gilt höchstens als Wegweiser und nicht als Richtlinie. Manchmal ist aber auch der Vorschlaghammer notwendig um die gewünschten Effekte zu erzielen. :)
In meinen kleinen Heimproduktionen kommen i.d.R. Gate, EQ, Compressor vor um dem ganzen einen möglichst unauffälligen Feinschliff zu geben und störende Nebengeräusche auf ein vernachlässigbares Minimum zu reduzieren.

Generell bin ich auch der Ansicht: "So wenig wie möglich und soviel wie nötig"
 

Corlanus

Cutter - zur Zeit in Auszeit
(...)Die Qualität und auch die Perfomance der Sprecher leidet ja darunter, wenn man alles zu Tode komprimiert. Aber es soll natürlich auch präsent klingen.(...)
Den Antworten von Gabriel, Nonowe und Alex kann ich mich nur anschliessen. Ich nutze Komprimierung nur dann, wenn der Dynamikumfang einzelner Stimmen nicht zu den anderen passt. Oder wenn es inhaltlich bedingt Sinn macht (z.B. um Geschrei hervorzuheben). So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Und immer nur auf den einzelnen Stimmen, nicht in der Summe.
 

Nonowe

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Moin, also das lispeln kommt eigentlich eher durch übermäßigen Einsatz vom Deesser.
Soviel ich weiß, kann man den Frikativlauten mit Kompressoren nicht beikommen

Das ist ein Irrtum - der Kompressor wird sogar in der Musik als "sanfter" De-Esser benutzt, schau mal hier:

Using the Logic Compressor as a De-Esser

Das ist aber oft nur Leuten bekannt, die tatsächlich Einstellungen am Kompressor selbst vornehmen - wer mit irgendwelchen Standardeinstellungen arbeitet, wundert sich dann häufig, wo das Lispeln auf der Aufnahme herkommt ;)
 

Alex

"Sprechen ist Entscheiden" (G. Heidenreich)
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Also zunächst mal um deine unterschwellige Unterstellung zu revidieren, natürlich habe ich mich mit Verschiedenen Komps befasst und - ja - auch habe ich ohne Ende mit dessen Einstellungen Experimentiert.

Dein Link verweist auf eine Möglichkeit das mittels side chain zu lösen. Aber nicht jeder Komp hat eine Side Chain Möglichkeit.
Auch finde ich das recht kompliziert und macht im Endeffekt nichts anderes als ein gescheiter Deesser.
Im übrigen entstehen derart störende zuschlaute bei mir garicht erst weshalb sich Verwunderung bei mir auch in Grenzen hält... ;)
 

Nonowe

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Sollte keine Unterstellung sein, @Alex - aber mit dem Kompressor-Lispeln warst du halt im Unrecht ;)

Insgesamt hat @schnitzel natürlich Recht: Einstellungen sind nie universell anwendbar - ich habe neulich eine unsägliche Flux-FM Sendung gehört, und da unterstelle ich, dass sie mit denselben Kompressoreinstellungen für sie und für ihn gearbeitet haben - bei ihm war alles wunderbar, aber die Musikexpertin klang wie ein Zeichentrickkuscheltier...
 

7klang

Komponist/ Mixing / Mastering
Ist es nicht eher so, dass man mit dem Kompressor die 's'-Laute nicht leiser bekommt, sondern alles andere drum herum lauter zieht? Und dadurch die scharfen S quasi versteckt? Ansonsten wäre evtl ein Multiband-Compressor sinnvoller??
 

Grissom

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Ein De-Esser ist ja nichts anderes als ein frequenzselektiver Kompressor. Wenn man also beim Kompressor auf die Side-Chain Funktion verzichtet gibt es keine Probleme mit Lispeln.
Ich nutze grundsätzlich das Auto Volume Plug-In von Meldaproduction (also keinen Kompressor im üblichen Sinne) auf den Stimmen und bin damit bisher immer sehr zufrieden gewesen.
 

Nonowe

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Wenn man abstrahiert, ist ein Kompressor irgendein Algorithmus, der das Signal verändert - der niedrige Pegel höher zieht und hohe Pegel drückt. Ich würde sagen, wenn man vielleicht für eine Radiosendung Athmo aufnimmt oder Sprecher vor Straßenlärm, dann ist ein Kompressor vielleicht das beste Mittel.

Aber beim Hörspiel haben wir ja den Luxus, dass mehr oder weniger jedes Geräusch auf einer eigenen Spur liegt, das heißt, wir können genau so, wie wir wollen, die Lautstärkeverhältnisse sogar pro Take regulieren, wir sind nicht auf die Abkürzung über den automatischen Kompressor angewiesen. Gut, wie gesagt, außer bei einzelnen Takes mit großer Dynamik.

Ich kann mir zwar vorstellen, dass man bestimmte Plug-Ins oder Einstellungen findet, die das Lispelproblem und auch andere umgeht, aber für mich ist das eher die Ausnahme.

Was mich mal interessieren würde: Verändert ihr die Stimmen eurer Sprecher mit dem EQ, also so, dass sie schöner werden? Klangvoller?
 

Moè

Die Stimme aus der Dunkelheit
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Ich hatte mich nach einem Auftrag auch selbst versucht diesen übertriebenen Radio-/ Werbesound hinzubekommen...
Vorher:  

Nachher:  
 

jam

Absolut
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Was mich mal interessieren würde: Verändert ihr die Stimmen eurer Sprecher mit dem EQ, also so, dass sie schöner werden? Klangvoller?

Schöner oder klangvoller habe ich bei der Bearbeitung nicht als Ziel. Aber ich versuche alle Stimmen, aufgenommen mit unterschiedlicher Technik, mit dem EQ klanglich aneinander anzupassen. Das macht jeder Cutter hier vermutlich so oder so ähnlich. Dabei entsteht gleichzeitig auch so eine Art subjektiv idealer Klang, der die wesentlichen Bestandteile der Stimmen gut zur Geltung kommen läßt (Ausgewogenheit). Manche Mikros klingen von sich aus schon sehr angenehm für das Ohr, bei anderen muß man dann nachhelfen. Nicht selten erhöht das allein schon die Präsenz der Stimmen, wobei man ja schon an der Lautstärke der verschiedenen Frequenzbänder ändert.
 

Grissom

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@Nonowe : Sorry, aber es ist schlichtweg falsch, dass ein Kompressor, der auf das gesamte Frequenzspektrum einer Stimme angewandt wird, ein Lispeln erzeugt. Außerdem erhöht er nicht den Pegel, sondern schwächt ihn ab. Gerade weil bei der Produktion die Signale auf einzelnen Spuren liegen ist dort eine Anwendung wesentlich sinnvoller als auf der Summe, zumindest wenn man etwas härtere Einstellungen fährt. Da würde man sich bei den gleichen Settings, wenn man sie auf Busse oder den Mixdown anwendet, viel kaputt machen. Wenn man sein Klangbild relativ natürlich beibehalten will bietet sich z.B. Parallelkompres-
sion an.:)

Parallel Compression: Mixing Tutorial - delamar
 

Nonowe

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@Grissom: was heißt sorry, falsch? Dass es Einstellungen gibt, die das Kompressor-Lispeln verhindern, ist genau das, was ich geschrieben habe.

Na, ich sag mal: Wenn sich jetzt wenigstens alle bewusst sind, dass plötzliches Lispeln am Kompressor liegen kann, bin ich zufrieden ;)
 
G

Gelöschtes Mitglied 6038

Sollte jeder für sich selbst einfach das nehmen was dem eigenen subjektivem Höreindruck am besten gefällt.
Das die Stimme bei einem Hörspiel oder Fandub nicht krass dynamisch rausböllern sollte, ist ja klar.
Einem dezent eingesetzten Kompressor hat noch keinem geschadet, warum soll ich mir die Mühe machen und manuell die Dynamik eines Sprechers anpassen wenn man das auch automatisiert per Plugin erledigen kann, deswegen wurde es ja von findigen Leuten erfunden, einfach um den Arbeitsaufwand zu minimieren.

Limiter und Kompressor ist übrigens quasi das gleiche (das wurde aber sicherlich schon von jemandem erwähnt). Interessant ist vielleicht der Einsatz eines Levelers für den, der sich gegen Kompressoren und Limitern verwehrt.
 

jam

Absolut
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@thiloretisch : Wie du siehst, gibt es einige verschiedene Herangehensweisen an das Thema. Prinzipiell könnte man sagen: EQ zum klanglichen Angleichen der unterschiedlichen Sprechstimmen, oder zum Ausgleichen verfärbter Klänge. Kompressor/Limiter/Leveler, automatisch oder manuell, zum Ausgleichen unterschiedlicher Dynamiken der Sprechstimmen, bzw. unterschiedlichen Szenen, so daß man nicht immer am Lautstärkeregler fummeln muß. In welchem Maß diese Mittel eingesetzt werden, hängt vermutlich sehr vom persönlichen Geschmack ab. Da wirst du um das Ausprobieren und Bilden einer eigenen Meinung wohl nicht herumkommen.:)
 

Grissom

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@Nonowe : Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich will nur darauf hinaus, das man, wenn man einen Kompressor NICHT frequenzselektiv benutzt, noch so stark komprimieren kann und trotz allem wird man kein Lispeln vernehmen.
 

Alex

"Sprechen ist Entscheiden" (G. Heidenreich)
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So einmal noch möchte ich meinen Senf dazu abgeben.

Grissom liegt schon richtig. Ein Deesser ist ein frequenzselektiver "Spezial"-Kompressor, bei dem man meistens eben nicht Attack und Release etc. manuell einstellen kann, was für natürlichen Klang wesentlich wäre. D.h., bei übermäßigem Einsatz eines Deessers ist das gefürchtete Lispeln deutlich zu hören.
Egal was für ein Plugin, die Lispeln irgendwann alle.
Der Witz ist, sie so einzustellen das es passt (vorher heißt das aber, gute Stimme, richtiges Mikro, richtiger Preamp).
Allerdings ist es so, wenn man heftig komprimiert, und macht bei den Einstellungen Attack und Release noch einiges falsch, dann klingen weder die Frikativlaute noch der Rest.
S-Laute und Sch-Laute können bei heftiger Kompression verwischen, noch lauter als der Rest hervorstechen, und unsauber werden. Kommt auch entscheidend auf den Kompressor an, den man verwendet.
Ein Lispeln könnte man auch wahrnehmen, ich höre ja eher verwischte Fritkativlaute, von mir aus kann man das auch lispeln nennen.;)
Nonowe hat dann Recht, wenn man es heftig übertreibt (Attack bspw. kleiner 1ms).

Kompressoren sind also nicht grundsätzlich böse oder gar nicht einzusetzen.
Wie so oft, ist die Fragestellung eine andere, nämlich, was will ich erreichen und wie soll es klingen?
Man kann sehr gut mit Kompressoren, auch mehrere hintereinander einen tollen Klang ohne eine Anflug von
Lispeln oder irgend etwas anderes hinbekommen.
Der Hinweis mit Volumenautomation ist natürlich der galanteste und natürlichste Weg, aber eine ganz schöne Friemelei, lieber spricht man mit einer guten Binnendynamik ein, das können Profi-Sprecher (ich bin keiner).

Im Radio klingt eh alles schlecht, aber da gehts rein nur um Lautheit, und nix anderes, das ist eh kein Maßstab (eigentlich schrecklich, früher war das deutlich besser):D
So nu reichts auch.
Peace Kollegen!:)
 
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