AW: Was macht der Regisseur beim Hörspiel?
Ich schreibe mal meine Meinung zur Regie im Hörspielprojekt.
Beim Hörspielprojekt wurden schon in verschiedenen Threads die mangelnde Kommunikation mit den Sprechern kritisiert, vor allem in der Hinsicht das zu wenig Regie passiert. Die Kritik kommt häufig von den Profis unter uns, die eine andere Form der Regiearbeit gewohnt sind.
Beim Hörspielprojekt haben wir das Problem das ein Cutter/eine AutorIn die Regie in Personalunion durchführen muss. Einen Regisseur der nur Regie macht, gab es beim Hörspielprojekt meines Wissens nach noch nicht.

Lasse mich aber gerne belehren

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Das hat Vorteile aber auch Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Seite des Cutters oder der Autorin, da nicht noch eine dritte Meinung mitschwingt.
Die Nachteile liegen auf Seiten der Sprecher, dass sie doch häufig sehr wenig Input zu ihrer Rolle bekommen. Und da meine ich jetzt, wie sollen sie die ergatterte Rolle interpretieren.
Das mit dem Interpretieren ist für die Cutter aber auch nicht einfach.
Auch "echte" Regisseure haben ihre liebe Not mit dem Fakt "Wie sage ich es meinen Schauspielern? ".
Wenn ich von den Regisseuren ausgehe, die ich persönlich im Real Life kennen gelernt habe würde ich zwei Extrem-Formen unterscheiden. Der/Die eine Regisseur/Regisseurin hat eine Vision davon wie ein Theaterstück, ein Hörspiel, ein Film klingen, aussehen soll. Hier gibt es relativ konkrete Anweisungen.
Der andere Typ Regisseur/Regisseurin arbeitet mit dem was ihm die Sprecher anbieten. Hier gibt es wenig Vorgaben, dafür eine gespannte Erwartungshaltung. Die Vision des Stücks entsteht während der Proben. Auf diesem Kontinuum zwischen starrer Vorgabe und "biete mir etwas an", kann man fast alle Regisseure meiner Meinung nach einordnen. Sorry für mein vereinfachtes Schubkastendenken
Beim Hörspielprojekt haben wir aber nicht die konkrete Mitgliedertätigkeit Regisseur, sondern wir haben Autoren oder Cutter die entweder alleine oder gemeinsam versuchen das Hörspiel in eine hörbare Form zu gießen und somit liegt hier auch die Regie.
Die Hauptaufgabe eines Regisseurs sollte meinem Verständnis nach die Anleitung und Unterstützung der Darsteller bei der Ausgestaltung ihrer Charaktere sein.
Ich denke, hier kann man auch beim Hörspielprojekt noch vieles verbessern. Auch meine Regieanweisungen sind meist viel zu kurz und bündig bis äußerst mangelhaft. Das beruht auf mehreren Problemen.
0. Es ist ein Hobby was Zeit kostet. Die Aufgabe Sounds zu suchen, Sprecher dezentral zu koordinieren, Takes gegenzuhören zu schneiden, den Musiker erinnern, Cover, Statusmeldung usw. - das alles kostet Zeit, so das die Regiearbeit wohl zu kurz kommt.
1. Die Schauspieler reagieren nicht aufeinander, sondern spielen gegen eine imaginäre Person in Ihrer provisorischen Sprecherkabine. Sie wissen nicht was Ihr Dialogpartner wie ausgesprochen hat. Einfache Action Reaktion wie im Theater klappt so schon mal nicht. Der Cutter merkt auch erst im Dialogschnitt, ob das Spiel beider Dialogpartner halbwegs natürlich miteinander klingt. Für die Sprecher ärgerlich ist dabei, durch das zeitversetzte Einsprechen und den Schnitt kann bis zu einer Take-Nachforderungen sehr viel Zeit vergehen.
2. Man hat als Sprecher so gut wie nie eine Face to Face Situation mit einem Cutter (Regisseur). Der Austausch über die Rolle erfolgt häufig einzig und allein über PN, Emails etc.
Eher selten wird der TS, Skype oder andere fernmündliche Kommunikation genutzt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, die richtigen Worte zu finden, um in den genannten Medien klarzumachen was man eigentlich meint.
3. Cutter und Autor sind zwei unterschiedliche Personen. Ich persönlich finde es immer sehr schwierig Texte zu vertonen, die ich nicht selbst verfasst habe. Das hat für mich mit der Vision, der Vorstellung zu tun. Bei meinen Texten weiß ich was ich will und was nicht. Bei Fremdtexten muss ich mir das erst erarbeiten. Dementsprechend schwer ist es da auch noch Regieanweisungen rauszuhauen. :music:
Ich habe für die genannten Probleme keine wirklichen Lösungen, aber ganz wichtig finde ich Testhörer vor der Veröffentlichung! Sie ersetzen in Teilen die fehlende Regie.
Eine RegisseurIn soll ja die Schauspieler auch vor der TotalBlamage schützen, eben durch die Regiearbeit. Ein guter Regisseur muss mit etwas Abstand auf das Dargebotene blicken und im Notfall einschreiten.
Das kann ein Cutter, ein Autor meist nicht. Hier steckt dann auch zuviel Herzblut drin um mögliche Unzulänglichkeiten selbst zu erkennen. Deswegen Testhörer!
Das es hier trotz aller Schwierigkeiten einer dezentralen Produktion doch so gut klingende Hörspiele gibt, liegt vor allem an dem Enthusiasmus mit dem fast alle hier dabei sind. :wink:
Das mal so meine Gedanken zu dem Thema...


:wink::wink: