@BurgerBob
Herzlich willkommen im Forum und schön, daß Du dabei sein möchtest.
Zu Deiner Frage nach Fachliteratur. Tja, da bin ich nicht sonderlich belesen. Wenn ich Details final verstehen oder mir Klarheit verschaffen will, dann gehe ich immer zu
www.sengpielaudio.com.
Eine großartige Seite des großen Tonmeisters Eduard Sengpiel. Was da steht stimmt.
Aber eine Anleitung für den Einstieg gibt es da auch nicht.
Den weit überwiegenden Teil meines Wissens und Könnens habe ich NICHT durch Bücher gelernt, sondern durch ... einfach mal machen.
Dabei helfen Tutorials und Bücher, aber wenn Du es nicht spürst, nicht vor Deinem geistigen Ohr hörst, wird das nicht so richtig gut.
Also, probieren, probieren, probieren.
Dabei hilft, das ist meine Erfahrung, gutes (nicht High-End Equipment gemeint) Equipment, die Freude ständig etwas Neues zu lernen und eine hohe Frustrationsgrenze.
Doch bevor Du Dich an Effekten, Dynamikprozessoren und dergleichen austoben möchtest, empfehle ich zunächst ein paar "Basics": Gerätekunde, Aufnahmetechnik, Verständnis für die technischen Zusammenhänge wie etwa symmetrische Signalübertragung oder Trennfrequenzen und was ist Butterworth? Da können Bücher helfen, aber ich kenne keine.
Dann sicherlich wichtig zu wissen, was bedeuten diese Polarpattern und was bedeutet es Mikrofone mit verschiedenen Charakteristiken zu benutzen und vor allem warum.
Bitte (!) nicht falschverstehen. Tontechnik ist komplex und kompliziert, aber selbst ich habe es verstanden.

Also, immer eins nach dem anderen.
Mach einfach mal ein paar Aufnahmen. Ein Mikro, ein Kabel, ein Rekorder und "REC" drücken.
Jetzt sprichst Du ein paar Texte in das Mikrofon und bewegst Dich in allen (!) Richtungen darum herum.
Dann hörst Du Dir den KLANG an und ignorierst die Texte. Wie verändert sich der KLANG der Stimme, wenn Du von der Seite, von oben, von hinten oder von ganz, ganz nah besprichst?
Das Schöne ist, daß Ohr "vergisst" nichts. Was Du einmal bewußt wahrgenommen hast, wirst Du immer wieder abrufen können.
Und wenn Du mal unterwegs bist, in der Straßenbahn, im Supermarkt, in einem fast leeren, bzw. sehr belebten Bahnhof oder alleine und still in einem Raum. .... wie hört sich das an?
Dann kommen wir schnell zu den Dingen, die Dich weiterbringen. Wie klingt ein Raum in dem Stille ist? Wie klingt es, wenn darin jemand herumgeht und seine Brille sucht? Wie klingt es, wenn die U-Bahn in eine Station einfährt? Was hörst Du zuerst, was kommt sehr kurz dahinter, welchen Einfluß haben Personen auf den Klang? ....
Kurz Hörerfahrungen sind nur durch noch mehr Hörerfahrungen zu ersetzen.
Wenn Dich dann bei einer Aufnahme ein zischendes SSSS stört, dann weißt Du, daß hier ein De-Esser mit ca. 6,5 kHz und einer Reduktion von 4 dB hingehört.
Wie ein De-Esser funktioniert und wie man ihn am besten einsetzt und warum, das kann man erst dann so richtig verstehen, wenn man weiß wie etwas klingen SOLL und WARUM es noch nicht so klingt. DANN weißt Du welches Gerät / Plugin zum Einsatz gebracht werden sollte.
Wie die Plugins funktionieren kann man schnell lernen. Sie sind in aller Regel von überschaubarer Komplexität. Und die kannst Du am schnellsten erfassen, wenn Du weißt wie Dinge klingen.
Aber was nützt Dir das Wissen, wie ein De-Esser funktioniert, wenn Du nicht weißt, wie man eine Stimme aus einem Mix herausheben kann, aber so, daß es noch natürlich klingt? Dafür kann auch mal ein De-Esser zu Einsatz kommen, aber häufig reicht etwas EQ und ein sensibler Kompressor und zuweilen auch nur noch ein Re-Take, weil die Sprecherin einfach zu dezent betont hat.
Wenn Du aber nicht hörst bzw. bewußt wahrnimmst, was da auf der Aufnahme passiert und wie es EIGENTLICH klingen sollte, ist das wie ein Bild mit verbundenen Augen malen.
Aber eins kann ich Dir versprechen: Es macht unglaublich viel Spaß. Du kannst täglich etwas Neues lernen, entdeckst neue Wege und es ist so kreativ, daß man Raum und Zeit vergisst.
Es ist ein ganz großes, aufregendes Abenteuer.
Mach den ersten Schritt und fang irgendwo an. Am besten dort, wo Du gerade bist und was Dich am meisten interessiert. Es gibt so Vieles zu entdecken, da spielt es keine Rolle wo Du anfängst.
Ich mache jetzt seit gut 40 Jahren Tontechnik mit wechselnden Intensitäten und es war noch NIE langweilig.
Willkommen bei Deinem großen Abenteuer.