Ohrwell

Hell-E-Barde
Es gibt für nahezu jede Schreibart eine Art Leitfaden: für Romane, Drehbücher, Theaterstück, Gedichte, Zeitungsberichte, usw.

Nur für Hörspiele habe ich bisher kaum etwas gefunden, vielleicht mal als Anhängsel zu einem der oben genannten Sorten oder als pädagogisches Stilmittel. Das einzige Werk, das ich bisher gefunden habe, womit unsereins sprich Nachwuchs-Hörspielautoren, sich vielleicht Anregungen holen kann, ist Stefan Wachtels Standardbuch "Schreiben fürs Hören", allerdings gehts dabei in erster Linie um journalistische Texte fürs Hören, kann aber auch ganz hilfreich sein, wenns darum geht, Schachtelsätze zu vermeiden.

Ich hab mal vor langer Zeit ein Gespräch geführt mit Konrad Zobel, der war Hörspielleiter beim österreichischen Kulturradiosender Ö1, was genau nun ein Hörspiel ausmachen soll. Er hat innerlich gegrinst, weil offenbar selbst die Profis das immer noch nicht wissen: auf keinen Fall wie ein Theaterstück klingen lassen. Mich läßt das Thema nicht mehr los, obs möglich ist, ein solches Handbuch zu verfassen - vermutlich auch weil ich durch meine Diplomarbeit sehr viel mit Hörspieltheorie befaßt habe.

Wäre so etwas nützlich?
 

Pandialo

P. Zweimann / Paul Conrad
Sprechprobe
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Ich denke schon. Selbst in einigen kommerziellen Produktionen scheinen Autoren nicht zu wissen, worauf es beim Hörscript eigentlich genau ankommt. Noch mehr "Amateur"-projekte sind davon betroffen, also auch einige in der freien Szene. Diejenigen, die sich eigentlich der tendenziell höchsten Stilsicherheit loben lassen können, sind Autoren von Radiohörspielen, die meist auch mit Theater-, Film- oder Medienwissenschaften zu tun gehabt haben. Ist jedenfalls meine Erfahrung. In diesen Kreisen könnte mensch noch einmal nachforschen, ob es da nicht Literatur gibt. Ansonsten wäre es lohnenswert, selber welche zu verfassen. Vorausgesetzt, die Kenntnisse und Erfahrung sind da.
 

Achim

Mitglied
Sprechprobe
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

das klingt interessant. ich denke es gibt nicht wenige die mit einer idee schwanger gehen es aber nicht zu papier bringen können. ich will mich da nicht ausschließen.

Achim
 

Dirk Hardegen

www.Ohrenkneifer.info
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Es gibt ja viele Bücher und Leitfäden... doch frage ich: worauf kommt es am Schluss bei einem gelungenen Hörspielscript (und wir reden nur vom Script und nicht von der Produktion) an? Es ist die Story - und ihr Unterhaltunsgwert - Basta. Ende. Aus.

Ob nun für die "schlauen" Hörer mit den Hornbrillen verfasst oder für die "genügsameren" Gemüter gestrickt - das liegt ganz allein beim Autor und seiner Überlegung: welche Zielgruppe spreche ich an, WEN will ich WOMIT unterhalten.

Und - ich fürchte - eine Antwort auf DIESE Frage, kann einem leider kein noch so schlaues Manual in den Schoss legen.

Es kommt jedenfalls nach meiner Erkenntnis nicht mal auf das "WIE-ist-das-Script" geschrieben an (ich Rede nicht vom Schreibstil des Autors, sondern von Formatfragen).

Ich habe inzwischen schon einige Hörspielscripts "gelesen" - ob kommerziell, unkommerziell sogar öffentlich-rechtlich. JEDES war anders formatiert, mal mit Regieanweisungen gespickt, mal mit fast gar keinen versehen. Die Allermeisten wurden am Schluss tatsächlich zu klingenden Hörspielen - also scheint es DIE Formatierung, die eines speziellen Handbuches bedarf, nicht zu geben. Es kommt m E bloß drauf an, dass der Cutter / produzent das Ding kapiert. Mehr nicht.

WIE ein Hörspiel inhaltlich aussehen SOLL - darüber WILL ich kein Handbuch, denn darauf gibt es nicht DIE Antwort. Sonst gäbe es am Ende nur DAS Hörspiel in der DER und DER Machart? Kann doch keiner wollen.

@Pandolino
Natürlich ist der öffentlich-rechtliche Produktionsapparat nicht per se - besser oder stilistisch (Du meinst offenbar den Schreib-Stil) versierter. Der öffentlich.rechtliche Rundfunk ist aber stark und wird m E zu Recht gelobt für aufwändige Hörspielfassungen von literarischen Vorlagen (gerne Bestseller oder Kritiker-gepriesene Bücher). Etwas, dass sich kommerzielle Label vielfach nicht leisten können/mögen (es geht um teure Verlagsrechte). Stilistisches Lob ist also dem BUCHautor zu zollen, weniger dem Bearbeiter, der die Vorlage fürs Hörspiel zusammenschnurrt. Natürlich gibt es auch lustige Samstag-morgen-Krimis zB auf dem wdr, die originär fürs Radio gesxchrieben wurden... aber besondere stilistische Raffinessen - die die Produktionen weit über kommerzielle / freie Produkte stellen - wären mir auf DA noch nicht aufgefallen, kann ich nicht ausmachen. Bitte Beispiele zu nennen, wenn Du so Sachen raushaust.

Also nochmal: ein Script ist m E "gut" - wenn es seine Zielgruppe packt. Wenn es gelänge DAFÜR einen Leitfaden zu erstellen - dann: Schreiben. Aber:: KAnn es den geben?
 

Civok

Drück mein Bäuchlein!
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Für das "WIE" gibt es ja schon allerlei Liteartur, die man sich zu Gemüte führen kann. Alle Fachrichtugnen die sich mit szenischem Schreiben beschäftigen, egal ob Theater oder Film, sind in den Grundzügen absolut passend.
Dazu kommen ja noch allerlei kostenlose Skriptprogramme und Formatvorlagen, die dem Autor die Formatierung ja schon abnehmen, deswegen fehlt da auch nicht wirklich ein Leitfaden. Ganz abgesehen davon, dass die Formatierungsregeln ohnehin nicht so streng sind, wie bspw. im Bereich Film.

Der Inhalt ist der eigentliche Knackpunkt und da wird es nie einen zehn Punkte Plan geben, deswegen gehe ich da absolut mit Dirk konform.
 

Ohrwell

Hell-E-Barde
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Vielleicht habe ich mich ungelenk ausgedrückt. Ich meinte eigentlich nicht ein Handbuch zu inhaltlichen Fragen, über diesen Scheideweg trennen sich die Geschmäcker (gottlob). Mir schwebte mehr etwas vor, wie man den Inhalt ins Hörspiel transportiert oder um eine bildhauerische Metapher zu bemühen - das Hörspiel ist der Steinbrocken, aus dem die Skulptur herausgeschlagen wird. Unbestritten und in Erz geschrieben, zumindestens für mich, der Hörspielautor hat nur drei Elemente zur Verfügung: Sprache, Geräusch und Musik. Diese drei Komponenten zu komponieren, in Einklang zu bringen, macht das ganze doch erst zum Hör-Spiel.
 

Dirk Hardegen

www.Ohrenkneifer.info
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Ich glaube, Dich schon richtig verstanden zu haben. Da man über Inhaltliches (Die Story, um WAS geht es) wenig Allgemeingültiges verlieren können wird, bleibt über das Formale (was hat der Scipt-Autor für VORGABE-Möglichkeiten) nicht viel zu sagen (siehe meine Bemerkungen über die völlige Verschiedenheit von Scripts). Und wenn Du MUsik nicht selber machst, wird Dir wohl kaum mehr zukommen (als Autor), als in Dien Script zu schreiben: "Hier, Musik", oder meinetwegen: "Hier: Spannende Musik). Dafür braucht es aber kein Handbuch. - Gleiches gilt für Geräusche, ebenfalls in hohem Masse KEINER GEsetzmäßigkeit unterworfen, sondern eine rein eGeschmackssache. Manche sind explizit vom Auotr vorgegeben, manche (nicht vorgegebenen) werden bei der Abhöre der fertigen Produktion als Lücke wahrgenommen und vermisst und dann einfach gesetzt (ob sie im Script standen oder nicht). Also auch hier: kein oder nur ein sehr dünner Leitfaden... Nicht falsch verstehen: Ich will Dich ja nicht bremsen, in deinem Elan. Aber Du hast ja hier um Einschätzungen für den Bedarf gebeten. :) Dirk
 

Frederic Brake

Berufspessimist
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Hallo Ohrwell,

wenn du die Technik des Script meinst, dann hat Dirk recht. Wenn du die Technik des Shreibens meinst, dann hat Civok recht.
Grundsätzlich denke ich, dass das Schreiben eines Skripts sich vom Schreiben einer Kurzgeschichte nicht wesentlich unterscheidet und die selben Regeln angewendet werden können.
Also:
Wie ist das Setting? Wie riecht es? Wie fühlt es sich an? Wie riecht/spricht/fühlt der Charakter? Und das vielzitierte Show, don´t tell. Man kann zwar einen Erzähler in einem Hörspiel viel sagen lassen, effektvoller ist aber, den Hörer alles selbst herausfinden zu lassen.
Beispiel: Ich kann sagen :Frau M. hat bei uns im Viertel den Spitznamen "Blockwart". Sie sieht alles, weiß alles ... und alles besser.
Das ist tell.
Show wäre: Frau M. trifft Frau B. vor dem Haus. "Hallo Frau M. Haben Sie schon gehört? Die Maiersche aus 7b hat wohl was mit dem Ernst aus 8c. Ich habe ihn heute ganz früh heimlich aus 7b schleichen sehen."

Ich hoffe, der Input ist nützlich.
 

Dion

Autor
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Wie bei allem, was der Mensch macht, ist auch bei Hörspielen alles wichtig: Das Was und das Wie. Das zweite kann man lernen, das erste nicht. Und das Was nutzt nicht, wenn das Wie miserabel ist. Und umgekehrt.

Oder: Eine Idee zu haben, ist zu wenig, man muss sie auch umsetzen können. Nur für diese Umsetzung kann es Bücher und Kurse geben. Da wird das eigentliche Handwerk gelehrt, da kann man erfahren, wie man Dialoge schreibt, jedem einzelnen Akteur zu Unverwechselbarkeit verhilft, Spannung aufbaut und/oder Leser/Zuhörer bei der Stange hält. Das muss man einfach wissen, sonst nutzt der beste Stoff nichts.
 

Mad

Marcus Micksch
Sprechprobe
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Es bleibt immer ein spannendes Thema, wie man ein weißes Blatt Papier mit Sinn füllt.

Ich komme ja aus der visuellen Ecke und denke aber, dass dem Anfänger beim Hörspiel-Schreiben auch das Standardwerk aus der Film-Branche "Screenplay" (Syd Field) nützliche Tipps an die Hand gibt, wie man am frustfreiesten loslegt.
Syd erklärt sogar, wie man seinen inneren Schweinehund lahmlegt, der einem immer alles miesreden will. :depp: :)

Es fehlt darin nur eine Sache, die mich auch gerade beschäftigt, da ich ein Drehbuch für einen Spielfilm in ein Buch für ein Hörspiel ummünzen will:
Wieviel von dem, was ich visuell im Film zeigen würde, sollte ich vom Erzähler beschreiben lassen?
 

Vetter Balin

Martin Beyerling
AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Der Trend geht zu: gar keinem Erzähler. In den 80ern und tlw. 90ern wurde alles mögliche vom omnipräsenten Erzähler geschildert (ich denke da z.B. an John Sinclair, die hatten es auf die Spitze getrieben), wenn du dann heutzutage bspw. Dorian Hunter hörst, da gibt es gar keinen Erzähler. Dennoch ist das Skript so angelegt, dass immer mal wieder gewisse Szenen "erzählt" werden vom Protagonist.

Beispiel: Dorian Hunter ruft seinen Wiener Freund Norbert Helnwein an und erzählt diesem, wie sein Überfall auf die Familie Zamis gelaufen ist. Da gibt es dann also eine erzählerische Klammer und die tatsächliche Szene.

Wenn man Hörspiele so anlegt, benötigt man eigentlich keinen gesonderten Erzähler mehr. Am Ende bleibt es aber Geschmackssache. Ich persönlich finde beide Varianten, wenn sie gut umgesetzt sind, gut - je nach Anwendungsfall. Eine literarische Hörspieladaption oder ein Märchen hat für mich viel mehr Wirkung mit einem starken Erzähler. Bei anderen Genres gefällt es mir mehr, wenn es keinen Erzähler gibt, weil dadurch ein gewisses Mitten-drin-Gefühl erzeugt wird - so als ob man daneben stünde, während die Szene läuft. Irgendwie erscheint mir diese Variante ohne Erzähler dann auch "eleganter". ;) Dem kann man aber wieder entgegensetzen, dass ein Erzähler in einem Hörspiel hin und wieder kleine Zuhörpausen schafft und ordnend wirkt. Es fällt dann leichter, dem Hörspiel zu folgen.

Wie auch immer: ausprobieren, selbst entscheiden. :)
 

Phollux

Robert Kerick
Sprechprobe
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Naja das ist so ne Sache mit dem Erzähler. Wenn er übermässig eingesetzt wird, "kann" das Hörspiel schnell an Dynamik verlieren. Es gilt quasi nen gesunden Mittelweg zu finden ;) Ohne jetzt den Erklärbär von der Leine lassen zu wollen, kann man die Infos, die man geben möchte, auch in Dialoge verpacken. Das sollte natürlich so geschickt wie möglich gemacht werden, sonst werden die Dialoge schnell unnatürlich (Der Bär ist stark und die Kette extrem dünn ;)).
Soweit ich mich erinnern kann, schreibt Syd Field ja auch, daß eine Adaption keine simple Übertragung einer Story von einem Medium zu einem anderen ist, sondern letzten Endes etwas Eigenständiges. Also wieso nicht das Fleisch im Hörspiel hörbar brutzeln lassen, wenn im visuellen Pendant jemand von einem Laser gegrillt wird ? :D (Ok, schlechtes Beispiel! ;) ) Aber ich denke, der Sinn dahinter müsste klar sein :D
 

Nightblack

Meinhard Schulte
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Ich glaube das Dirk, Dave und Frank sehr erfahren auf diesem Gebiet sind und stimme ihnen zu. Es wird nicht den "Leitfaden für das perfekte Hörspiel" geben.
Wenn ich mir aber vorstelle, dass jemand, der bisher nur Hörspiele gehört hat, dieses Forum gefunden hat und sich nun evtl. auch für die Produktion von Hörspielen interessiert jemanden sucht, der ihn an die Hand nimmt und ihm sagt: "Hey, schön, dass du da bist und schau mal hier: Wenn du selbst mal ein Hörspiel "basteln" willst solltest du dieses und jenes beachten - tja dann wäre es vllt. sinnvoll so eine Hilfestellung zu formulieren. Ich würde sogar soweit gehen, dass es unserem Forum sehr gut anstünde dieses in mehr oder weniger umfangreicher oder kompakter Form anzubieten.
Es gibt schon Literatur zu solchen Themen, sie sind aber oft auf "Schulerziehung / Pädagogik " ausgelegt. Auch hier im Forum gibt es viele verteilte Tips, aber eben nicht im kompletten Zusammenhang. Für einen Einsteiger ins Thema wäre also vllt. ein "Grundlagenwerk", eine "Einstiegshilfe" durchaus von Nutzen.
 
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Mad

Marcus Micksch
Sprechprobe
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AW: Handbuch für HörspielautorInnen (?)

Jep, Nightblack, dem kann ich nur beipflichten. Dann muss man sich auch nicht immer wieder wiederholen, sondern könnte mit gutem Gewissen zum Grundlagen-Thread verweisen.
Tja, nur müsste sich irgendwer mit viel Überblick die Arbeit machen, mal so ein kleines, feines Werk zu verfassen. Klar, WIE man es anstellen soll, kann man nicht erklären, aber WAS
zu tun ist schon. Syd Field schreibt es auch zu Anfang:

"Dies ist kein "Gewusst-wie"-Buch. Ich kann niemandem beibringen, WIE man ein Drehbuch schreibt; das Handwerk bringt man sich gewöhnlich selbst bei.
Ich kann nur zeigen, WAS Sie tun müssen, um ein erfolgreiches Drehbuch zu schreiben. Insofern möchte ich dies als "Gewusst-was"-Buch bezeichnen;
wenn Sie eine Idee für ein Drehbuch haben und nicht wissen, WAS zu tun ist, dann kann ich es Ihnen erklären."
 
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