Eingangslautstärke - Wo ist es wichtig?

[Kaius]

Hallo zusammen,

ich bin ein absoluter Technik-Nobody und habe auch wenig Ambitionen, zu tief in die Materie einzudringen.
Aber eine Sache muss ich jetzt doch mal verstehen, damit meine Aufnahmen nicht zu sehr übersteuern.
Ich habe ein Mikro (Rode NT1 A), damit gehe ich mit XLR in eine kleine Box (Focusrite Solo). An der Box kann ich den Gain aufdrehen, als die Eingangslautstärke. Im Audio-Aufnahmeprogramm (Audacity) bzw. am PC selber kann ich auch noch mal die Eingangslautstärke aufdrehen.
Da kann es natürlich schnell passieren, dass in der Aufnahme viel zu viel Sound ankommt.
Daher jetzt meine Frage: Worauf soll ich hier achten? Soll ich eher an der Box aufdrehen oder am PC? Ich komme da ganz schnell durcheinander.
Denn das Problem ist ja auch später: Wenn ich aus Versehen den Gain ändere oder am PC rumspiele, kommt ein ganz anderes Signal rein, so dass sich dann verschiedene Aufnahmen unterschiedlich laut anhören. Oder verstehe ich das falsch?

Beste Grüße
Kai

 

[Stadtvampir]

Der Gain Regler legt eine Grenze fest. Das lauteste Signal soll nicht verzerren. Hast Du also Deine lauteste Stelle im Text mit dem Gain Regler so eingestellt, dass das Signal nicht verzerrt ( 0db besser -0,1 db), fässt man den Gain Regler nicht mehr an. Lautstärke oder was auch immer macht man mit dem Mixer, dem laustärke Regler der Soundkarte usw, aber nicht mehr mit dem Gain Regler.

 

[Kaius]

Ok, super, das ist schon mal sehr hilfreich. Es ist also am Wichtigsten, was vom Mikro in die Kiste geht. Dann schaue ich, dass ich das richtig einstelle. Danke!

 

[Stadtvampir]

Genau das macht man mit dem Audio Interface, ein möglichst lautes unverzertes Signal in den Computer bekommen. Hier habe ich mal aufgezeigt wie das mit dem Gain Regler geht. 5cm vom Mikrofon schreien? Ja, klar das geht.

 

[soundjob]

Sorry, wenn ich da ein wenig in die Parade fahre, ist aber selbstverständlich keine böse Absicht.
Auch Stadtvampirs Beispiel "5cm vor dem Mikro schreien" ist für viele Gold wert !

Allerdings mal von der Recordingseite:
0db Grenzen stammen noch aus meiner guten alten Zeit des Analogrecordings auf gesättigten Tape etc. und eine möglichst hohe Aussteuerung hinsichtlich Verhältnis Nutzsignal>Rauschen für ein möglichst cleanes Signal erforderlich war etc.

Wir sprechen folgend auch explizit von Vocals- und nicht etwa von Gitarren, Bässen oder Klaviere etc,

Im Zeitalter von digitalen 24-Bit (und somit 144db SPL), braucht es diese liebgewonnen althergebrachte Gewohnheit einer möglichst lauten, hart an der Grenze maximalen Aussteuerung nicht mehr.. ganz im Gegenteil, sie kann sogar auf Basis der digitalen Nachbearbeitung mit einigen PlugIns, insbesondere Kompressoren, einige heftige Probleme verursachen, weswegen auch manches dagegen spricht, so hoch ausgesteuert wie nur irgendmöglich aufzunehmen.
So lässt man heute im digitalen Recording auch stets genügend Headroom (Aussteuerungsreserve) nach oben.

Auf digitaler Ebene ist es hinsichtlich der SPL relativ unerheblich, ob das aufgenommene Signal nun -10db oder -0,1db in der Spitze hat. Klar, die 10ner klingt natürlich erst einmal leiser.
In der digitalen Nachbearbeitung werden die -10db wiederum entsprechend lauter gefahren und um das gewünschte Level verstärkt, ohne dass sich dabei jedoch etwas an der Spanne zum ohnehin bereits aufgenommenen Verhältnis "Nutzsignal>Rauschen" was ändert und dann genauso laut und technisch identisch klingt wie jenes Signal, dass mit z.B. -0,1db recordet wurde,

Der Vorteil bei einem Spitzenpegel für u.a. Vocals von z.B. -10db ist (wir selbst nutzen im Studio max. -9db), dass du nie und unter keinen Umständen in die Nähe eines potentiellen Clippings kommen wirst und da absolut sorglos und entspannt sein und arbeiten kannst, dass dir ein wahnsinnig guter Take durch ein technisches Problemchen wie eine leichte Verzerrung o.ä. ruiniert wird.

Ich kann daher auch immer nur plädieren, insbesondere seine Vocals bitte bitte nicht auf maximal absolut vollste Pulle auszusteuern.
Das ist heute auf digitaler Ebene in den allermeisten Fällen schlicht und einfach nicht mehr notwendig... und ein Jeder in der Nachbearbeitung wird es Danken, wenn er Aufnahmen mit safen Headroom bekommt.
Bitte reduziert euren Gain daher im Input auch ein bisserl auf ein vernünftiges Maß, als da irgendwie hart an der Grenze eines möglichsten Maximums zu werkeln.

Beste Grüße
Markus

 

[Stadtvampir]

OK, danke für die Klarstellung. Ich bin tatsächlich noch etwas oldschool hahaha habe sogar noch Analogpulte zu Hause. Klar mit den Interfaces Heute hat man ja auch keine Rauschprobleme mehr. Mein SSL interface ist ein Traum diesbezüglich und jetzt macht es auch Sinn, das die Gelbe LED schon bei -10 db vor zu viel Pegel warnt. Mit den 0db wollte ich nur Beschreiben das es eine Clipping Grenze gibt, die man nicht überschreiten sollte. Wir geben Songs auch nie mit 0db zum Mastern, sondern Max bis -3db.

 

[soundjob]

Dann sind wir beide noch die guten alten Oldschooler und ich selbst (seit `84 aktiv) bin ja auch noch ganz bewusst und gerne ADD, also über Analogpult in die digitale Welt, unterwegs.

Es gibt ja nach wie vor viele Situationen, in der "analoges Oldschool" diverse Vorteile gegenüber "Volldigital" bietet... insbesondere in Sachen Lautstärken, wo die digitale Null dann die Segel streicht.

Dein Tut zu "5cm-Gaining" finde ich wirklich für viele hier richtig Gold wert und trifft den Nagel auch so richtig auf`n Kopf . Sehr toll und super, dass du das hier mal in deinem Tut "gesagt" und reingestellt hast. Finde ich absolute Spitzenklasse.

Auf digitaler Ebene sind 0db aber auch nicht immer jene 0db hinsichtlich Lautstärke.. aber LUFS und PiPaPo wäre jetzt auch ein Thema, dass an dieser Stelle für den TS auch wohl zu viel des Guten wäre.

 

[Stadtvampir]

Ach ja, die Unendlichkeit von Analog ( seufz). Ich habe sogar noch ein Plugin was mein internes Clipping kontrolliert. Und wenn wir im Tonstudio sind, krame ich sogar meine Vovox Kabel raus. hahaha.

 

[soundjob]

Vovox ist halt für Audio immer `ne sehr verlässlich saubere Sache .
Stell dir mal vor, die würden noch Waschmittel herstellen... oder die legendäre "Klementine" für Audiokabel Werbung macht/gemacht hätte