Wart ihr schon einmal kurz vor Schließung im Museum? Oder standet ihr unter Leuchtstoffröhren im Parkhaus und es war still? Seid ihr schon einmal nachts spazieren gegangen und die Welt war irgendwie vertraut und doch ganz anders? Habt ihr dabei vielleicht in das beleuchtete Fenster eines Waschsalons geschaut? Oder seid ihr schon einmal durch frischen Schnee gestapft?
Solche Orte und Situationen rufen oft ein komisches Gefühl hervor - so als hätte man gerade eine Zwischenwelt betreten, die ein bisschen anders, ein bisschen mehr ist als unsere vertraute Realität.
Natürlich gibt es dafür auch einen schlauen Begriff - man nennt diese Orte in den Weiten des Internets oft "liminal spaces" (Ein Google Ausflug lohnt sich wirklich sehr, als Einstieg kann ich auch sehr den Wikibeitrag empfehlen zu Liminalität
Liminalität – Wikipedia)
>>Was hat das nun alles mit GERÄUSCHEN zu tun?
Wie gesagt, wird im Zusammenhang mit diesem Gefühl oft von ORTEN berichtet, die dieses hervorrufen. Ich glaube aber, dass es prinzipiell bestimmt auch unsere anderen Sinne, besonders den Hörsinn, ansprechen könnte.
Mich interessiert also: Welche Geräusche lösen bei euch dieses Gefühl aus?
Bei mir sind es zum Beispiel klickernde Leuchtstoffröhren oder Alarmsirenen, die zwischen den Häusern hallen, wenn alles andere leise ist, das Summen von elektrischen Leitungen in der Stille auch.
Was fällt euch noch ein?
>> WOZU brauchst du diese Infos von uns?
liminal spaces beschäftigen mich schon sehr lange. Sie begegnen mir einfach immer und immer wieder - das Gefühl hat irgendwie einen unbestimmten Sog auf mich. Ich würde mich gerne schriftstellerisch weiter damit beschäftigen, in welcher Form wird wohl der Prozess zeigen. Da wir hier ja ein Hörspielforum sind, dachte ich, euch fallen bestimmt auch tolle Sachen ein, die sich vielleicht auch auf akustischer Ebene abspielen. Mal sehen, wie ich das einbaue (Ein Hörspiel, das dieses Liminalitätsgefühl auslöst wäre zB auch total spannend für mich!)
Ich bin gespannt! 
(Werde im Folgenden dann hier oben ggf eine Liste machen, sofern sich genug Beiträge ansammeln!)
Du hast da recht, weil unser Audio-Sinn 3 Mal so meinungsbildend ist wie der visuelle Sinn.
Das heißt - um dir ne feste Meinung zu bilden, brauchst du etwas nur 3 Mal zu hören, aber 10 Mal sehen.
Deswegen ist es logisch, dass Geräusche oder auch Gerüche oder Berührung viel intensiver sind - als reines "sehen".
Wir sind nur im Audio noch nicht so weit - und ich hab da mal drüber nach gedacht, weil - ich bin überhaupt kein Forscher - und ich hab in den letzten Jahren Sachen entdeckt - die waren überhaupt nicht bekannt - und wenn ich dann mit Biologen darüber rede, die selbst Tonaufnahmen machen (Bioakkustik etc.), die sagen auch immer - Vor mir (also denen), hat noch niemand jemals ein Mikro auf Tierart X,Y gerichtet.
Grund ist aber einfach und logisch. Es gibt zwar lange schon Radio und akkustische Aufnahmen - ABER - unsere Mikrophontechnologie ist viel weniger fortgeschritten, dass man überhaupt die Welt aufnehmen kann.
Wie lange gibt es Handyrecorder für die Masse? 10 Jahre?
Die ganzen Leute die quasi da die Frontrunner waren im Field- und Nature-Recording - die leben alle noch.
Im Marketing wird das mitlerweile eingesetzt. Weniger aber bei uns als in Asien.
Also ich mag historische Aufnahmen. Z.B. von der BBC Aufnahmen von deutschen Luftangriffen auf englische Städte.
Weil die Banalität liegt in der Soundkulisse. Ich sage dazu immer - das "erdet" einen. Oder mich.
Weil der ganze "Show-Effekt", den du auch bei ner Bühne hast oder im Film - der ist weg. Selbst die realistischste Dokumentation kann die Realität
nicht wiedergeben und du hast den direkten Zugang dazu.
Also ich hab z.B. jezt auch Aufnahmen während der Flut gemacht (ich komm aus der Gegend). Das war auch so eine Situation - wo du merkst
wie wenig es braucht - um was man so als "normal" annimmt - umzuwerfen und dann hast du auf einmal das, was du sonst nur aus Geschichten,
fernen Ländern hörst.
Ich hab auch mal vor Jahren (das habe ich aber nicht mehr) eine Soundkulisse zusammengestellt von Tierarten die in Deutschland vor 2000 Jahren heimig waren - DAS - war krass. Weil das war genau das was dur als "deutsche" Kunst / "mitteleuropäische" Kunst beschreiben kannst.
"Düster aber schön." Ich wünschte ich hätte diese Aufnhame behalten. So ne Natur findest du heute nirgendwo mehr.
Und ich kann dir wirklich nur empfehlen -wenn du da selbst schon sagt - ich fang an mit dem Handy aufzunehmen - da weiter zu machen, mit nem
Handyrecorder und Kopfhörern.
Weil es ist wirklich so - ich nehme an das gehört dazu: Um so mehr du das machst - um so mehr nimmst du auch wahr - das heißt gerade untypische
Geräusche - oder Geräusche wo du merkst: Da hört keiner zu - da gehst du dann hin.
Das kann plötzlich alles sein. Also z.B. vor 1-2 Jahren - hatten wir so nen starken Jarhundersturm - ich war sofort draußen mit den Mikros im Wald,
weil ich sagte: So gute Windaufnahmen kriegst du nicht mehr so schnell.
Und ich hab so zwei Stellen - das eine ist ein Schild - das klingt wie so ein "altes, rostiges Tor" - dazu hörst du die Blätter über Kopfsteinpflaster etc.
und das zweite sind Vögel - keine Ahnung was das für Vögel waren - auf jeden Fall reagieren die mit Rufen auf den Wind oben in den Bäumen -
ein ganz komischer Ruf. Das sind so die einzigen beiden Soundstellen - die mich daran erinnern.
ODer vor 2-3 Wochen - hatten wir ein Mega-Gewitter, dass genau bei uns drüber zog - und wieder sofort raus.
Wenn du dann da in der Situation bist - weil du konzerntrierst dich auch auf andere Sachen (Regler, Equipment etc. ein falscher Donner und deine Mikros sind Schrott oder bei Regen - bist du dauernd am jonglieren dein Zeug trocken zu halten) - und freust dir nen Ast über die Sounds - aber der Punkt ist - du vergisst total wo du bist. (also von Erinnerung - es gab 3-4 Blitze die sind ziemlich nah um mich herum eingeschlagen - wenn ich die höre - erinnere ich mich noch das Aufleuchten - weil du merkst am aufleuchten wie nah ein Blitz ist und du hast sofort die Bilder der Äster und Blätter um dich herum vor Augen).
Die ganze Welt schrumpft quasi auf entweder deine Location oder dich und dein Motiv (bei so Tieraufnahmen) zusammen, obwohl du voll da bist, weil
- es kann was passieren.^^ Also Kopf schaltest du nicht aus.
Es gibt so ein Phänomen von Kameraleuten - dass die auch oft vergessen, weil die die Welt durch das Objektiv sehen, wo sie sind und dadurch oft
in gefährlichen Situationen sind - über die die sich nicht im klaren sind. Gerade so bei Tieraufnahmen plötzlich attakiert werden.
Ist mir auch schon 2-3 Mal passiert, aber wenn du Tiere mit Mikros aufnimmst - bist du eh anders - weil sonst kommst du gar nicht an die ran bzw. du kriegst von denen nix. Auch in den Situationen - die ganze Welt "schrumpft" und da du natürlich keine Menschen aufnehmen willst - gehst du in der
Regel dahin wo keine Menschen sind. Das heißt du hörst Soundkulissen an Orten - die hört sonst niemand.
Also wenn du schon einen Favel dafür hast - dann mach das. Witz ist - das sagen ganz viele. Deswegen mag ich auch diese Sounddesigner Szene so -
weil die werden dir alle sagen: Du willst aufnehmen? - Ja, dann nimm dein Handy und nimm auf.
Und wenn dir das gefällt - dann grade up. Und du bist DA schon. Du nimmst schon auf.
Weil - du kannst das eh nicht jemanden beschreiben wie das ist - wenn du mit Mikros durch die Gegend läufst - das ist für einige zwar "hoch-interessant" -
aber du musst es selbst machen, dann verstehst du sofort - warum so ein Typ der da quasi DER Nature-Recordits-Guru ist sagt:
"Man muss mal den Bäumen zuhören." - Klingt total esotherisch - wenn du da aber mal drin bist - dann ist das genau DAS - du fängst an Sachen zu
hören - die hört sonst niemand bzw. es hört niemand zu. Dadurch hast du diesen Perpsektivenwechsel.
Und "unheimlich" ist dann eher genau das Gegenteil, immer dann wenn du meinst eine Soundkulisse steht - und plötzlich passiert ein Geräusch - mit
dem du nicht gerechnet hast. Also du stehst z.B. nachts mitten im Wald - und plötzlich hörst du: Da im Busch - das ist ein Wildschwein.
Das reißt dich nicht raus - du bist immer noch in dieser "Zone" - aber du adaptierst und reagierst auch anders.
Also dieses "Gefühl" von "vertrauter/bekannter Ort" verändert sich - hast du eigentlich jedes Mal wenn du die Kopfhörer aufsetzt, weil du auf einmal eine ganz andere Perspektive auf die Location kriegst und wirst da auch rausgerissen wenn störende Geräusche (Wanderer, Flugzeuge - egal) auftauchen.
Und wenn du die Kopfhörer dann abnimmst - ist das jedes mal so wie: Bist zurück.^^
Und - ach so - es ist also nicht Kopfhörer auf und du bist da drin - das ist erst beim ersten Mal so - du kriegst ganz schnell raus - wie du Locations scoutest - weil du willst dahin wo niemand ist. Dann ist das extrem.
Also jetzt wo wir Flut hatten - war ich nachts draußen - weil es war der totale Hammer was die ganze Geräuschkulisse aus Evakuierung etc. die ganze Natur platt-gedrückt hat. Was ein nicht unbekanntes Phänomen aus der Bioakkustik ist. Das ist auch so ein Feld - darüber macht man sich langsam mal
so Gedanken was der Einfluss von Zivlisation akkustisch auf die Natur hat.
Das ist total abusrd - aber es gibt z.B. Froscharten - die müssen rufen zur Balzzeit - die unterdrücken aber ihre Rufe bei lauten Geräuschen - fazit - die fangen an zu schweigen, was natürlich nen Einfluss auf deren Paarung hat. Aber - wie gesagt - ich geb nur Info weiter.
Also wenn du schon jemand bist - der so was schreibt, sich daran faszniert und schon mit nem Handy aufnimmt - und genau dieses Feeling hat -
gerade da ruhig mal dein Equip up. Weil du machst damit ne Tür auf.
Das kann schon ein Heizungstropfen im Nebenzimmer sein und du wirst genau dieses Feeling haben.