• Blut-Tetralogie   Dark Space

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Wart ihr schon einmal kurz vor Schließung im Museum? Oder standet ihr unter Leuchtstoffröhren im Parkhaus und es war still? Seid ihr schon einmal nachts spazieren gegangen und die Welt war irgendwie vertraut und doch ganz anders? Habt ihr dabei vielleicht in das beleuchtete Fenster eines Waschsalons geschaut? Oder seid ihr schon einmal durch frischen Schnee gestapft?

Solche Orte und Situationen rufen oft ein komisches Gefühl hervor - so als hätte man gerade eine Zwischenwelt betreten, die ein bisschen anders, ein bisschen mehr ist als unsere vertraute Realität.
Natürlich gibt es dafür auch einen schlauen Begriff - man nennt diese Orte in den Weiten des Internets oft "liminal spaces" (Ein Google Ausflug lohnt sich wirklich sehr, als Einstieg kann ich auch sehr den Wikibeitrag empfehlen zu Liminalität Liminalität – Wikipedia)

>>Was hat das nun alles mit GERÄUSCHEN zu tun?
Wie gesagt, wird im Zusammenhang mit diesem Gefühl oft von ORTEN berichtet, die dieses hervorrufen. Ich glaube aber, dass es prinzipiell bestimmt auch unsere anderen Sinne, besonders den Hörsinn, ansprechen könnte.
Mich interessiert also: Welche Geräusche lösen bei euch dieses Gefühl aus?

Bei mir sind es zum Beispiel klickernde Leuchtstoffröhren oder Alarmsirenen, die zwischen den Häusern hallen, wenn alles andere leise ist, das Summen von elektrischen Leitungen in der Stille auch. Was fällt euch noch ein?

>> WOZU brauchst du diese Infos von uns?

liminal spaces beschäftigen mich schon sehr lange. Sie begegnen mir einfach immer und immer wieder - das Gefühl hat irgendwie einen unbestimmten Sog auf mich. Ich würde mich gerne schriftstellerisch weiter damit beschäftigen, in welcher Form wird wohl der Prozess zeigen. Da wir hier ja ein Hörspielforum sind, dachte ich, euch fallen bestimmt auch tolle Sachen ein, die sich vielleicht auch auf akustischer Ebene abspielen. Mal sehen, wie ich das einbaue (Ein Hörspiel, das dieses Liminalitätsgefühl auslöst wäre zB auch total spannend für mich!)

Ich bin gespannt! :)
(Werde im Folgenden dann hier oben ggf eine Liste machen, sofern sich genug Beiträge ansammeln!)
 

MonacoSteve

Dipl.-Lachfalter - und nicht ganz Dichter
Teammitglied
Ein großer Hörsaal oder eine Aula nach der letzten Vorlesung/dem letzten Vortrag. Alle sind längst hinausgegangen. Zurück bleibt nur ein unbestimmtes wissendes Schweigen; die Schatten der Menschen, die hier versammelt waren...
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Hallo @Chaos

Das finde ich ein SUPER spannendes Thema.
Orte, die durch ihre Stille bzw. das Nicht-Vorhandensein von gewohnten Geräuschen ihre Atmosphäre entwickeln sind spannend.

Das "Nicht-Vorhandensein" von hörbaren Geräuschen wo aber dennoch nicht nichts ist, lässt sich schon recht einfach erfahren. Nimm einen großen, leeren Raum (z.B.: Audimax) und dort spricht jemand ein Gedicht. Mit Ausdruck und mit Kraft. Ein starkes Gedicht.
Das wird von einem Mikrofon-System aufgenommen, daß sehr leistungsfähig ist. Also sehr hohe Pegel verkraftet und dennoch bei hoher Verstärkung NICHT hörbar rauscht.

Nach dem letzten Wort bleibt die vortragende Person noch ein paar Sekunden stehen, bis der hörbare Nachhall verklungen ist und verlässt dann den Raum. Die Aufnahme läuft weiter.

Nach 10 Minuten wird die Aufnahme gestoppt.

Dann hört man sich die Aufnahme über entsprechend leistungsfähige Boxen noch mal in hoher Lautstärke an.
Dann noch mal von vorne und jemand im Nebenraum schaltet das Signal zu den Lautsprechern in längeren Perioden an und aus.

Das etwas geübte Ohr wird es hören bzw. wahrnehmen. Hören können es alle, die ein normales Hörvermögen haben, aber sie nehmen es nicht wahr. Zumindest nicht bewußt.

Das funktioniert am besten mit hochwertigen Bandmaschinen, da sind sie den digitalen Maschinen weit überlegen, denn wenn die Hystherse des ersten Bits nicht erreicht wird, wird auch nichts gewandelt.

Diesen Übergang kann man also wahrnehmen. Es erfordert vielleicht etwas Training, aber das geht.

Um das Prinzip mal zu verdeutlichen kann man auch die "Metzger-Variante" probieren.
Nehmt einen beliebigen Satz auf. Macht eine Kopie der Aufnahme auf eine weitere Spur und dann schneidet ihr am Ende der letzten Silbe einfach alles weg was danach kommt.
Der A/B Vergleich beider Spuren verdeutlicht das Prinzip.
Deswegen schneide ich bei Sprachaufnahmen so spät wie möglich, um das Nachschwingen nicht zu zerstören. Dieses gewisse, Etwas für das ich kein besseres Wort kenne als "Nachschwingen des Raumes".

Zum Einstieg kann man auch mal versuchen in einem großen, leeren und möglichst stillen Raum die Augen zu schließen und nur zu hören. Durch die so ausgeschlossene Reizüberflutung durch die Augen, die rund 80% unserer Wahrnehmung ausmachen, versucht das Gehirn das durch eine Intensivierung der verbleibenden Sinne zu kompensieren.

Wir hatten das mal bei "42nd Street" mit BROADWAY Tänzerinnen und Tänzern. Da kamen die "in-Ear Monitoring" Geräte in Mode.
Am Anfang des Musicals ist die Bühne DUNKEL und die Tänzerinnen und Tänzer haben die In-Ears an.
Auf den In-Ears wird noch kein Signal übertragen, daher rauschen sie ganz, ganz, leise.
Doch dann passierte es immer wieder, daß eine Person (BRAODWAY Tänzer!) umfiel.

WARUM?

Das Gehirn hält uns aufrecht. Dazu verwendet es zumeist optische Informationen. Nun ist es auf der Bühne dunkel, die Optik fällt aus.
Doch das menschliche Gehirn kann das kompensieren. Es verwendet die Ohren, die funktionieren auch im Dunklen. Durch die Geräusche die immer da sind, kann es erkennen, ob wir senkrecht stehen oder nicht.
Durch die In-Ears wurde dieser Sinn mit Rauschen überdeckt. Die Ortung über die Ohren funktionierte nicht mehr!
Wir haben das Problem durch zwei leistungsfähige Mikrofone gelöst, die einfach den Raum der Bühne auf die In-Ears gegeben haben. Schon war das Problem gelöst!

Wenn man also nun den Raum aufnehmen und so dem Gehirn Informationen liefern kann, dann kann man auch stille Orte "klingen" lassen. Man kann das trainieren und durch bewußtes Wahrnehmen noch verstärken. Das Ohr vergisst nichts! So kann man auch hören, wie groß ein Raum ist und wie er beschaffen ist (Leer, voll mit Möbeln, nur eine kleine Sprecherkabine ....)

Wir hatten das mal in einem sehr großen Fernsehstudio. Da konnte man etwas Störendes hören, ohne genau zu hören was es genau ist.
Wir haben LANGE gesucht. Dann auf einmal war es weg.
Als wir am nächsten Tag den Aufbau fortgesetzt haben, war es zunächst nicht da, aber auf einmal haben wir es wieder wahrgenommen.

Erst als wir ein Hochleistungs-Mikrofon System verwendet haben, kamen wir der Sache auf die Schliche: Die Klimaanlage. Die müssen in Fernsehstudios SEHR leise sein. Und da sie nicht immer laufen, sind sie mal wahrnehmbar und mal nicht.

Manchmal verwenden Sound-Designer auch sog. Infraschall, um ein beängstigendes Gefühl beim Publikum zu verwenden. Bei den ersten beiden May-Days haben sie das auch gemacht, um einen fetten Sub-Bass zu haben.

Ich habe mal eine Aufnahme aus einem IBM Labor gehört, wo sie feinste Halbleiter Strukturen testen.
Dieses Labor ist der erschütterungsfreieste Ort der Welt und dadurch auch der stillste.
Wie genau sie das gemacht haben ist Betriebsgeheimnis, aber es funktioniert sehr gut.

Das könnte mal ein spannendes Experiment auf dem nächsten IHW werden, wenn das genügend Anklang findet. Was meint Ihr?
 

PeBu34

Mitglied
Sprechprobe
Link
Hallo @Chaos,

an einem kleinen, einsamen Bahnhof mitten in der Nacht, wenn die S-Bahnen nur noch im Vierzig-Minuten-Takt oder gar nicht mehr fahren. Manchmal funktioniert das auch tagsüber, wenn ganz wenig los ist.
An einem Fluss, der leise plätschert und an dem Bäume stehen, deren Blätter leise im Wind rascheln.
In meiner Wohnung, wenn ich gar nichts tue und nur die leisen Geräusche des Kühlschranks zu hören sind.

Liebe Grüße von
Peter :)
 

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Oh stimmt, @PeBu34 - überhaupt das Kreischen der Bahn im Gleisbett. Oder Ansagen am leeren Gleis, mit diesem Hall.
 

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Je mehr ich darüber nachdenke, sind das ja oft Situationen, in denen Geräusche sehr separiert inmitten von Stille auftreten (deshalb auch oft "wenn es leise ist"/"wenn wenig los ist"/"nachts")
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Hihi! Ich habe mal des Nachtens einen Grünspecht-Gesang aufgenommen. Und weil der Vogel recht weit weg war, ein bißchen mehr aufgedreht. Da hörte ich auf einmal "Stimmen". Nur kurz und etwas undeutlich, aber klar erkennbar Stimmen, genauer gesagt, eine Stimme.

Es hat etwas gedauert, bis ich begriffen habe, daß es die Durchsagen vom Bahnhof Haltern waren, der über einen Kilometer Luftlinie und durch ein paar Gebäude und Bäume abgedeckt entfernt liegt.

@Chaos
Wie wäre es mit einer "Sound-Library" mit Liminalität-Sounds?
Auch wenn man das durchaus künstlich generieren könnte, so wären doch Aufnahmen aus der Realität sicherlich authentischer und prägnanter.
 

Hörlili

Katharina Koschel
Sprechprobe
Link
Wie krass. Ich mache ja gerade eine Ausbildung für darstellendes Spiel - da haben wir uns lange mit dem vorher für mich Unbekannten Begriff „Liminalität“ beschäftigt. In der Performance beschreibt der Begriff die Schwellenerfahrung zwischen Alltag und ästhetischer Erfahrung (Performance). (Das ist eine sehr verkürzte Definition).
Natürlich wird er Übergang auch oft durch Geräusche ausgelöst... toll - wie sich überall Verbindungen finden...
Ein für mich liminales Geräusch: Das ganz leichte Schlagen sehr kleiner Wellen gegen einen Steg an einem See bei Nacht.
 

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Uh, ja @Hörlili - gutes Geräusch!
Hast du vielleicht noch Material oder Literatur dazu, was ihr bei der Weiterbildung bearbeitet habt? Würde mich sehr interessieren!

Und @Spirit328, das mit der Durchsage finde ich super stark - magst du die Aufnahme teilen? Würde mich da gerne mal reinhören.
Dazu fällt mich ein: ich hab vor einiger Zeit mal angefangen, in verschiedenen Urlauben auch mal Tonaufnahmen mit meinem Handy zu machen. Und es ist so abgefahren - manchmal katapultiert mich das Hören viel mehr in die Erinnerung zurück als ein Foto es könnte. Spannend!

@Woundwort und ich haben und vorhin auch noch über Gerüche unterhalten und wie diese ja auch super schnell das Gefühl von Ekel oder Gefahr aber auch schöner Erinnerung auslösen können - fragte mich auch da, ob es vielleicht in jeder Modalität dieses Gefühl gibt.
 

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
weitere geräusche; eine offene telefonleitung, in der niemand spricht. freizeichen. geräusche von medizinischen maschinen (pumpen, aber auch so piepser)UND SUPER KLASSISCH der ton bei einer ekg-nulllinie!
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Ich habe es wieder gefunden. ....
Sounds of IBM . Noisefree lab
Und wenn man so will, ist DAS hier auch ein Übergang in eine neue Dimension: IBM Quantum Computer. Mit seinen 56 Qbits kann er fast so viele digitale Informationen speichern wie die Erde Atome hat.
... und ich habe noch ein Video gefunden über den wohl stillsten Raum auf dieser Welt: Video

Okay. Ihr wollte etwas abgespacestes? HIER oder etwas aktueller Wind auf dem Mars und wer eine Mars Playlist möchte: HIER
Und dann noch ein Flug durch die Ringe des Saturns gefällig?

Passen eigentlich Nah-Tod-Erfahrungen ins Thema?
 

Hörlili

Katharina Koschel
Sprechprobe
Link
Ja, @Chaos - ich glaube die meisten dieser Geräusche hört man Nachts oder in Einsamkeit ... oft etwas was vom Wind leicht bewegt wird - Segelleinen, die leicht gegen die Wanten schlagen ... ein klingendes Geräusch in der der Ferne, dass vielleicht ein Windspiel sein könnte, vielleicht aber etwas anderes...

@Chaos - meinst Du zu Liminalität oder allgemein zur Fortbildung?

LG Katha
 

PeBu34

Mitglied
Sprechprobe
Link
das Kreischen der Bahn im Gleisbett.
Also das ist für mich blanker Horror! (Das hängt aber mit meinen überempfindlichen Ohren zusammen.)

über Gerüche unterhalten und wie diese ja auch super schnell das Gefühl von Ekel oder Gefahr aber auch schöner Erinnerung auslösen können
Oder auch Geschmack. Bestimmte Nahrungsmittel erinnern mich bis heute an meine Kindheit und das eine oder andere Mittagessen bei meiner Oma.

Und manche Geräusche und Gerüche führen zu heftigen Flashbacks. Das funktioniert mit bestimmten Kleindungsstücken aber genauso. (Wenn ich z.B. bei einem Covid-Test eine Person gegenüberstehe, die "OP-Kleidung" an hat, baut mein Kopf meine Umgebung sofort in einen Operationssaal um und ich bin live mittendrin, in den "alten Gefühlen". - Sprich: Kindheitserinnerungen.)

Liebe Grüße von
Peter :)
 

Hörlili

Katharina Koschel
Sprechprobe
Link
DIE Literaturangabe für Liminalität in Bezug auf Performance:
Fischer-Lichte. Erika. 2016. Performativität. Eine Einführung. Bielefeld.
 

ROH

Ryan
Wart ihr schon einmal kurz vor Schließung im Museum? Oder standet ihr unter Leuchtstoffröhren im Parkhaus und es war still? Seid ihr schon einmal nachts spazieren gegangen und die Welt war irgendwie vertraut und doch ganz anders? Habt ihr dabei vielleicht in das beleuchtete Fenster eines Waschsalons geschaut? Oder seid ihr schon einmal durch frischen Schnee gestapft?

Solche Orte und Situationen rufen oft ein komisches Gefühl hervor - so als hätte man gerade eine Zwischenwelt betreten, die ein bisschen anders, ein bisschen mehr ist als unsere vertraute Realität.
Natürlich gibt es dafür auch einen schlauen Begriff - man nennt diese Orte in den Weiten des Internets oft "liminal spaces" (Ein Google Ausflug lohnt sich wirklich sehr, als Einstieg kann ich auch sehr den Wikibeitrag empfehlen zu Liminalität Liminalität – Wikipedia)

>>Was hat das nun alles mit GERÄUSCHEN zu tun?
Wie gesagt, wird im Zusammenhang mit diesem Gefühl oft von ORTEN berichtet, die dieses hervorrufen. Ich glaube aber, dass es prinzipiell bestimmt auch unsere anderen Sinne, besonders den Hörsinn, ansprechen könnte.
Mich interessiert also: Welche Geräusche lösen bei euch dieses Gefühl aus?

Bei mir sind es zum Beispiel klickernde Leuchtstoffröhren oder Alarmsirenen, die zwischen den Häusern hallen, wenn alles andere leise ist, das Summen von elektrischen Leitungen in der Stille auch. Was fällt euch noch ein?

>> WOZU brauchst du diese Infos von uns?

liminal spaces beschäftigen mich schon sehr lange. Sie begegnen mir einfach immer und immer wieder - das Gefühl hat irgendwie einen unbestimmten Sog auf mich. Ich würde mich gerne schriftstellerisch weiter damit beschäftigen, in welcher Form wird wohl der Prozess zeigen. Da wir hier ja ein Hörspielforum sind, dachte ich, euch fallen bestimmt auch tolle Sachen ein, die sich vielleicht auch auf akustischer Ebene abspielen. Mal sehen, wie ich das einbaue (Ein Hörspiel, das dieses Liminalitätsgefühl auslöst wäre zB auch total spannend für mich!)

Ich bin gespannt! :)
(Werde im Folgenden dann hier oben ggf eine Liste machen, sofern sich genug Beiträge ansammeln!)

Du hast da recht, weil unser Audio-Sinn 3 Mal so meinungsbildend ist wie der visuelle Sinn.
Das heißt - um dir ne feste Meinung zu bilden, brauchst du etwas nur 3 Mal zu hören, aber 10 Mal sehen.
Deswegen ist es logisch, dass Geräusche oder auch Gerüche oder Berührung viel intensiver sind - als reines "sehen".
Wir sind nur im Audio noch nicht so weit - und ich hab da mal drüber nach gedacht, weil - ich bin überhaupt kein Forscher - und ich hab in den letzten Jahren Sachen entdeckt - die waren überhaupt nicht bekannt - und wenn ich dann mit Biologen darüber rede, die selbst Tonaufnahmen machen (Bioakkustik etc.), die sagen auch immer - Vor mir (also denen), hat noch niemand jemals ein Mikro auf Tierart X,Y gerichtet.
Grund ist aber einfach und logisch. Es gibt zwar lange schon Radio und akkustische Aufnahmen - ABER - unsere Mikrophontechnologie ist viel weniger fortgeschritten, dass man überhaupt die Welt aufnehmen kann.
Wie lange gibt es Handyrecorder für die Masse? 10 Jahre?
Die ganzen Leute die quasi da die Frontrunner waren im Field- und Nature-Recording - die leben alle noch.
Im Marketing wird das mitlerweile eingesetzt. Weniger aber bei uns als in Asien.

Also ich mag historische Aufnahmen. Z.B. von der BBC Aufnahmen von deutschen Luftangriffen auf englische Städte.
Weil die Banalität liegt in der Soundkulisse. Ich sage dazu immer - das "erdet" einen. Oder mich.
Weil der ganze "Show-Effekt", den du auch bei ner Bühne hast oder im Film - der ist weg. Selbst die realistischste Dokumentation kann die Realität
nicht wiedergeben und du hast den direkten Zugang dazu.
Also ich hab z.B. jezt auch Aufnahmen während der Flut gemacht (ich komm aus der Gegend). Das war auch so eine Situation - wo du merkst
wie wenig es braucht - um was man so als "normal" annimmt - umzuwerfen und dann hast du auf einmal das, was du sonst nur aus Geschichten,
fernen Ländern hörst.
Ich hab auch mal vor Jahren (das habe ich aber nicht mehr) eine Soundkulisse zusammengestellt von Tierarten die in Deutschland vor 2000 Jahren heimig waren - DAS - war krass. Weil das war genau das was dur als "deutsche" Kunst / "mitteleuropäische" Kunst beschreiben kannst.
"Düster aber schön." Ich wünschte ich hätte diese Aufnhame behalten. So ne Natur findest du heute nirgendwo mehr.

Und ich kann dir wirklich nur empfehlen -wenn du da selbst schon sagt - ich fang an mit dem Handy aufzunehmen - da weiter zu machen, mit nem
Handyrecorder und Kopfhörern.
Weil es ist wirklich so - ich nehme an das gehört dazu: Um so mehr du das machst - um so mehr nimmst du auch wahr - das heißt gerade untypische
Geräusche - oder Geräusche wo du merkst: Da hört keiner zu - da gehst du dann hin.
Das kann plötzlich alles sein. Also z.B. vor 1-2 Jahren - hatten wir so nen starken Jarhundersturm - ich war sofort draußen mit den Mikros im Wald,
weil ich sagte: So gute Windaufnahmen kriegst du nicht mehr so schnell.
Und ich hab so zwei Stellen - das eine ist ein Schild - das klingt wie so ein "altes, rostiges Tor" - dazu hörst du die Blätter über Kopfsteinpflaster etc.
und das zweite sind Vögel - keine Ahnung was das für Vögel waren - auf jeden Fall reagieren die mit Rufen auf den Wind oben in den Bäumen -
ein ganz komischer Ruf. Das sind so die einzigen beiden Soundstellen - die mich daran erinnern.
ODer vor 2-3 Wochen - hatten wir ein Mega-Gewitter, dass genau bei uns drüber zog - und wieder sofort raus.
Wenn du dann da in der Situation bist - weil du konzerntrierst dich auch auf andere Sachen (Regler, Equipment etc. ein falscher Donner und deine Mikros sind Schrott oder bei Regen - bist du dauernd am jonglieren dein Zeug trocken zu halten) - und freust dir nen Ast über die Sounds - aber der Punkt ist - du vergisst total wo du bist. (also von Erinnerung - es gab 3-4 Blitze die sind ziemlich nah um mich herum eingeschlagen - wenn ich die höre - erinnere ich mich noch das Aufleuchten - weil du merkst am aufleuchten wie nah ein Blitz ist und du hast sofort die Bilder der Äster und Blätter um dich herum vor Augen).
Die ganze Welt schrumpft quasi auf entweder deine Location oder dich und dein Motiv (bei so Tieraufnahmen) zusammen, obwohl du voll da bist, weil
- es kann was passieren.^^ Also Kopf schaltest du nicht aus.
Es gibt so ein Phänomen von Kameraleuten - dass die auch oft vergessen, weil die die Welt durch das Objektiv sehen, wo sie sind und dadurch oft
in gefährlichen Situationen sind - über die die sich nicht im klaren sind. Gerade so bei Tieraufnahmen plötzlich attakiert werden.
Ist mir auch schon 2-3 Mal passiert, aber wenn du Tiere mit Mikros aufnimmst - bist du eh anders - weil sonst kommst du gar nicht an die ran bzw. du kriegst von denen nix. Auch in den Situationen - die ganze Welt "schrumpft" und da du natürlich keine Menschen aufnehmen willst - gehst du in der
Regel dahin wo keine Menschen sind. Das heißt du hörst Soundkulissen an Orten - die hört sonst niemand.
Also wenn du schon einen Favel dafür hast - dann mach das. Witz ist - das sagen ganz viele. Deswegen mag ich auch diese Sounddesigner Szene so -
weil die werden dir alle sagen: Du willst aufnehmen? - Ja, dann nimm dein Handy und nimm auf.
Und wenn dir das gefällt - dann grade up. Und du bist DA schon. Du nimmst schon auf.
Weil - du kannst das eh nicht jemanden beschreiben wie das ist - wenn du mit Mikros durch die Gegend läufst - das ist für einige zwar "hoch-interessant" -
aber du musst es selbst machen, dann verstehst du sofort - warum so ein Typ der da quasi DER Nature-Recordits-Guru ist sagt:
"Man muss mal den Bäumen zuhören." - Klingt total esotherisch - wenn du da aber mal drin bist - dann ist das genau DAS - du fängst an Sachen zu
hören - die hört sonst niemand bzw. es hört niemand zu. Dadurch hast du diesen Perpsektivenwechsel.
Und "unheimlich" ist dann eher genau das Gegenteil, immer dann wenn du meinst eine Soundkulisse steht - und plötzlich passiert ein Geräusch - mit
dem du nicht gerechnet hast. Also du stehst z.B. nachts mitten im Wald - und plötzlich hörst du: Da im Busch - das ist ein Wildschwein.
Das reißt dich nicht raus - du bist immer noch in dieser "Zone" - aber du adaptierst und reagierst auch anders.
Also dieses "Gefühl" von "vertrauter/bekannter Ort" verändert sich - hast du eigentlich jedes Mal wenn du die Kopfhörer aufsetzt, weil du auf einmal eine ganz andere Perspektive auf die Location kriegst und wirst da auch rausgerissen wenn störende Geräusche (Wanderer, Flugzeuge - egal) auftauchen.
Und wenn du die Kopfhörer dann abnimmst - ist das jedes mal so wie: Bist zurück.^^
Und - ach so - es ist also nicht Kopfhörer auf und du bist da drin - das ist erst beim ersten Mal so - du kriegst ganz schnell raus - wie du Locations scoutest - weil du willst dahin wo niemand ist. Dann ist das extrem.
Also jetzt wo wir Flut hatten - war ich nachts draußen - weil es war der totale Hammer was die ganze Geräuschkulisse aus Evakuierung etc. die ganze Natur platt-gedrückt hat. Was ein nicht unbekanntes Phänomen aus der Bioakkustik ist. Das ist auch so ein Feld - darüber macht man sich langsam mal
so Gedanken was der Einfluss von Zivlisation akkustisch auf die Natur hat.
Das ist total abusrd - aber es gibt z.B. Froscharten - die müssen rufen zur Balzzeit - die unterdrücken aber ihre Rufe bei lauten Geräuschen - fazit - die fangen an zu schweigen, was natürlich nen Einfluss auf deren Paarung hat. Aber - wie gesagt - ich geb nur Info weiter.
Also wenn du schon jemand bist - der so was schreibt, sich daran faszniert und schon mit nem Handy aufnimmt - und genau dieses Feeling hat -
gerade da ruhig mal dein Equip up. Weil du machst damit ne Tür auf.
Das kann schon ein Heizungstropfen im Nebenzimmer sein und du wirst genau dieses Feeling haben.
 
Oben