Gates oder Expander sind sicherlich sehr hilfreich, wenn man mit dem arbeiten MUSS; was man hat, die Zeit drängt und ein Re-Take nicht möglich ist.
Doch bin ich ein Freund von "möglichst sauberen Aufnahmen".
Gates und Expander verändern das "Nachklingen" des Raumes, auch wenn es per se in einem gedämpften Raum nicht viel gibt (geben sollte) das nachschwingen kann. Aber diese Atmer und das Nachklingen des menschlichen Resonanzraumes sorgen für einen "natürlichen" oder unseren Hörgewohnheiten entsprechenden Eindruck. Nimmt man das weg istdaswieeinenTextohneLeerzeichenundohenPunktundKommaüberjeweilsmitverschiedenenSatzteilen ....
Das wirkt immer nicht gut.
Bei Live-Mischungen arbeite ich an den Drums recht gerne mit Gates und eine surrende Gitarre kann man mit einem Expander in den leiseren Passagen in den Hintergrund drängen, aber bei Stimmen und besonders Sprache finde ich das immer problematisch. Denn die Sprache lebt von einem schnellen und deutlichen Wechsel der Dynamik. Das am Threshold des Gates immer nach zu regeln .... hmm, ich weiß nicht. Aber vielleicht gibt es da noch ein paar Tricks, die ich noch nicht kenne
Aber was die Klanggestaltung, bzw. die Wahrnehmung von Details betrifft, ist das menschliche Gehör sehr eigen. Man hat versucht, daß zu "normieren" (ISO 226:2003), aber das ist schon fast eine eigenen Wissenschaft.
Als grobe Faustregel kann Folgendes gelten:
Bei
geringer Lautstärke klingen
mittlere Frequenzen prominenter, während die tiefen und hohen Frequenzen eher in den Hintergrund zu treten
scheinen.
Bei
hoher Lautstärke sind die
Tiefen und Höhen prominenter, während die Mitten verhältnismäßig leiser
scheinen.
Hinzu kommt, daß der Raum um die Boxen herum sich bei verschiedenen Lautstärken auch anders verhält, sprich anders klingt! Und die wenigsten von uns hören ihre Aufnahmen über Boxen in einem Raum mit kontrollierter Akustik ab.
In
DIESEM Wikipedia Artikel wird das noch etwas ausführlicher erklärt und auch der große Tonmeister Sengpiel hat dazu ein paar
Informationen zusammengetragen. Oder kurz zusammengefasst: Es ist komplex UND kompliziert.
Davon abgesehen ist für mich die Abhörsituation bei Sprachaufnahmen und Hörspielen noch kritischer als bei Musik.
Denn wie will man die vielen Details eines (originären) Mono Signals über zwei Lautsprecher detailiert abhören können?
Noch dazu, wenn man das zu unterschiedlichen Tageszeiten oder direkt nach oder vor dem Lüften des Raumes macht. (Der Klang ist direkt linear abhängig von der Raumtemperatur.) Der Klang verändert sich, ob ich exakt im SweetSpot sitze oder ein Stückchen daneben, davor oder dahinter.
Außerdem kann ich über Lautsprecher manche Phasing-Effekte nicht wirklich wahrnehmen, die ich über Kopfhörer sofort höre.
Außerdem habe ich beim Kopfhörer eine sehr leicht reproduzierbare Abhörsituation (Kopfhörer aufsetzen, fertig!

) und wenn ich geschlossene oder halboffene Kopfhörer verwende, wird die Umwelt mit ihren Geräuschen stärker ausgeblendet. Was es dem Gehör bzw. dem Gehirn erleichtert die Details wahrzunehmen, weil ich mich leichter und stärker auf die Aufnahme konzentrieren kann.
Dennoch halte ich es für sehr wichtig Hörspiele bzw. Sprachaufnahmen auch über Lautsprecher zu hören, eben weil es so anders klingt und der Klang sich prinzipbedingt so anders bildet. (Intensität und Laufzeit, als Stichworte)
Dazu haben die Niederkrüchtener einen sehr guten "Erklärfilm" gemacht:
HIER. Bitte
nicht als versteckte Werbung verstehen, ich kenne diese Video halt und finde, daß es dieses Problem sehr gut veranschaulicht, bzw. hörbar macht. Auch für "Nicht-Tonmeister"
Wenn ich ein Hörspiel mische dann am liebsten über Kopfhörer.
Das hat einen ganz praktischen Grund, ich mische am liebsten Abends und/oder Nachts. Da schläft meine Frau schon und wenn ich über Boxen mischte, bekäme ich bald keinen Gute-Nacht-Kuss mehr und eine Menge Ärger.

Zum anderen höre ich über Kopfhörer sehr viel präziser und genauer die Details, die ich über Boxen nur schwer oder nicht so gut hören würde.
Ist das Mischen über Kopfhörer durch, folgt das Gegenhören und Nacharbeiten über Boxen. Und immer wieder mal mit Kopfhörern gegenchecken.
Für mich gibt es kein exklusives oder, sondern ein "und".
