Frederic Brake

Berufspessimist
Wer "Gefühlsecht" oder andere meiner Stories kennt weiß, dass ich durchaus nicht immer die Pappnase beim Schreiben aufhabe. Zum Beweis:

Perfekte Hausfrau

Nett. Hartfordshireteller in einem Regal an der Wand. Die Arbeitsplatte fleckenlos steril gescheuert. Es duftet nach Spülmittel. Ein Glas steht auf der Anrichte. Hast du es übersehen? Dabei magst du es hübsch ordentlich, nicht wahr, pflichtbewusste Hausfrau, die du bist ? Wie seltsam. Rechts geht es in einen schmalen Flur. Ein sauberer Geruch nach Bohnerwachs mischt sich mit dem Duft von Lavendel. Blüten liegen in einer Porzellanschale auf dem kleinen Beistelltischchen neben dem Durchgang zum Wohnzimmer, darüber ein praktisches Schlüsselbrett. Man sieht den geblümten Bezug des Sofas in der Sonne leuchten. Das Sonnenlicht fällt kaum gedämpft durch die Gardinen. Vor dem Sofa auf dem weißen Teppich liegt euer Hund. Braver Junge. Er ist so still, jetzt. Die Flecken werden aus dem Teppich nicht wieder herausgehen.
Dem Wohnzimmer gegenüber liegt das Nähzimmer, neben der Treppe zum Obergeschoß. Der Eindruck von emsiger Nettigkeit liegt über dem ganzen Haus, aber hier strahlt sie aus jedem Gegenstand. Der umgestürzte Nähkorb ist ein Fremdkörper in dieser Atmossphäre der Perfektion. Die Schere ist nicht da. Ihr Fehlen fällt fast schmerzhaft ins Auge. Auf der Treppe knirschen Glassplitter unter den Schuhsohlen. Eines der Bilder ist herab gerissen worden. Es liegt auf einer Stufe, eine glückliche Familie lächelt herauf. Du findest die Spritzer an der Wand bestimmt höchst ärgerlich. Am oberen Treppenabsatz liegt ein Blumenständer umgekippt im Weg, das Wasser aus der zerbrochenen Vase hat den Teppichläufer durchtränkt. Ein modriger Hauch schwebt über der Pfütze. Hat dich das verrückt gemacht? Links neben der Treppe liegt ein Badezimmer. Das Heraussprengen des Türschlosses hat dir sicherlich genauso weh getan wie das Splittern des Türrahmens. Ein Schmerz mehr. Die Tür zum angrenzenden Schlafzimmer sieht noch bemitleidenswerter aus. Sie schwingt nicht ganz auf. Ein Fuß behindert sie. Der Geruch der Reinlichkeit des Badezimmers wird zersetzt durch den Eisengeruch von Blut, der aus dem Schlafzimmer dringt. Dein Mann. Unordentlich liegt er dort. Stummer Protest gegen die allgegenwärtige Ordnung hier im Haus, selbst jetzt noch. Da ist die Schere ja. Gut aufgehoben zwischen seinen Rippen. Was war es? Hat er zu oft seine Pfeife ausgeklopft und dabei Asche verstreut? Hat er den Klodeckel nicht mehr herunter geklappt?
Das Zimmer eures Sohnes ist das typische Zimmer eines Teenagers. Kleidungsstücke liegen wie die Opfer einer bizarren Kleiderschrankexplosion im Zimmer herum. Hat er so die trotzige Unordnung in seinem Zimmer erklärt? Poster an den Wänden, von Musikern mit langen, fettigen Haaren. Rote Lachen auf dem bunten Bastteppich. Hier haben sie dich gefunden. Auf dem Boden kniend. Mit einer Bürste gegen die Blutflecken kämpfend, euer Sohn sauber in Plastikfolie verpackt auf dem Bett.
Du hast den Beamten Kekse angeboten.
 

Phollux

Robert Kerick
Sprechprobe
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AW: Statt Humor

Was für eine geile Geschichte. Herrlich skurril, böse und.....einfach nur böööööse :D Der letzte Satz gefällt mir besonders :D :thumbsup:
 

Nightblack

Meinhard Schulte
Sprechprobe
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AW: Statt Humor

Das ist mal ne Kurzgeschichte - so kurz und es fehlt nichts - COOL!
 
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