Spoony

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Hallo alle zusammen.

Ich habe mal eine Frage, vielleicht sogar speziell an die Fachleute unter euch.
Warum gibt es keine, oder nahezu keine, Hörspiele in DTS 5.1 oder noch höher?
Bis auf ein paar Hinweise auf DTS Hörspiele habe ich nichts gefunden. Und diese sind dann auch nur käuflich zu erwerben.

Denn der Aufwand, solch ein Hörspiel zu cutten, ist ja in etwa der gleiche wie z.B. bei einem Ambisonic-3D-Hörspiel.
Aber DTS 5.1 klingt für meinen Geschmack deutlich authentischer.

Oder liegt es daran, dass vielleicht viele Leute gar nicht im Besitz eines DTS 5.1 Systems sind und somit die Zielgruppe viel zu klein ist?
Vielleicht kann mir jemand diese Frage beantworten.

Lieben Dank.

Gruß
Andreas
 

jam

Absolut
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Ich kann mir da verschiedene Gründe vorstellen. Persönlich würde ich ein Hörspiel eher über Kopfhörer genießen, weil ich dadurch in die Hörwelt besser eintauchen kann. In dem Fall wäre ein binaurales Audioformat wohl besser geeignet, weil Stereokopfhörer weiter verbreitet sind als 5.1-Kopfhörer(?).
Wenn man sich schon die Arbeit macht, ein 3D-Hörspiel zu produzieren, würde man vermutlich nicht nur die diskreten 5.1-Kanäle wollen sondern gleich die ganze 3D-Kugel und das dann in einem passenden Format, z.B. ambisonisch, zur Verfügung stellen. (Aus dem ambisonischen Format ließe sich in der Tat einigermaßen leicht auch 5.1 oder auch 20.x herstellen, wenn man die entsprechend vielkanalige Originaldatei zur Verfügung hat. Aber das ist dann nur über das passende Audiosystem abspielbar, was eventuell etwas umständlich für ein Hörspiel zwischendurch wäre.)
Das Problem mit binauralen Formaten, gewonnen aus einer 3D-Abbildung, ist, daß die 3D-Wahrnehmung von Menschen recht unterschiedlich sein kann. Die Umrechnung müßte also optimalerweise personalisiert sein. Und wenn man eine externe Abhöreinrichtung bevorzugt, kann das kostspielig werden, oder man geht ins Planetarium oder Kino. Aber Kino ohne Bild? Extra für ein Hörspiel irgendwohin?
Die Produktion eines 3D-Hörspiels ist, verglichen mit Stereo, ziemlich aufwendig, selbst wenn man nur diskrete Kanäle bedient. Vielleicht setzen sich neue Formate aber in der Zukunft durch, wenn die Arbeitsmittel vorhanden bzw. erschwinglicher sind. Ich würde mir das jedenfalls anhören, wenngleich nur über Kopfhörer.;)
 

pio

Autor, Audio Engineer (BA), Sprecher und Musiker
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Also, der Aufwand ist schon um einiges höher. Audio im dreidimensionalen Raum zu mischen ist nicht ohne. Grundsätzlich wäre dann aber z.B. jeder Apple Nutzer ein potenzieller "Kunde". Wer ein Apple Device und AirPods nutzt könnte dann Hörspiele in Dolby Atmo hören. Hab das mal testweise gemacht. Klingt schon ziemlich geil.
 

Spoony

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Hallo zusammen.

Vielen Dank für eure Antworten.

Ja, so in etwa hatte ich mir das auch schon gedacht. Sehr schade eigentlich. Denn soundtechnisch ist das über 'ne große Anlage schon super.
Aber selber mache ich das in den meisten Fällen ja auch nicht anders. Abends im Bett höre ich mit Kopfhörern, aber eigentlich auch nur
zum Berieseln. Das Ende des Hörspiels bekomme ich in den meisten Fällen nicht mehr mit.

Und wenn ich bewusst ein Hörspiel höre, dann mache ich das meistens nebenbei, z.B. in der Küche beim Essenkochen.
Und da habe ich dann tatsächlich keine Kopfhörer auf, sondern höre dann meistens über eine Bluetooth-Box.
Selbst ein binaurales 3D-Hörspiel wäre bei mir dann Perlen vor die Säue.

Bislang habe ich zwei binaurale 3D-Hörspiele gecuttet. Ein relativ kleines und einfaches und ein etwas aufwändigeres.
Aber so ganz richtig bin ich von dem binauralen 3D nicht überzeugt.

Rein aus soundtechnischer Sicht hätte ich nochmal Lust, eines in DTS 5.1 ( mehr habe ich nicht zur Verfügung ) zu cutten.
Aber im Prinzip ist die ganze Arbeit, die man da in den Cut reinsteckt, im Grunde für die Katz.
Denn schlussendlich stellt sich ja noch die Frage, wie viele Personen dann überhaupt technisch in der Lage sind, sich das in DTS 5.1 anhören zu können und ob sie es dann, selbst wenn sie technisch entsprechend ausgerüstet sind, überhaupt in DTS 5.1 anhören würden.

Hm, da muss ich echt nochmal in Ruhe drüber nachdenken.
Ich glaube, die Zeit und Arbeit erspare ich mir.

Gruß
Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Wenn man alles in Ambisonic (am besten 3rd order) aufnimmt, dann ist das nicht nur eine enorme Menge Daten, sondern auch ein ziemlicher Aufwand alleine im Schnitt.
Wenn man alleine ein einzelnes Schallereginis in diese "Sphäre" einfügen will, geht es schon los. Wo positionieren und wenn man "nur" DTS 5.1 macht, braucht es dann wirklich Höheninformationen?
Darf es noch ein bißchen Hall sein? ... und schon wird's kompliziert.

Im Grunde genommen ist da noch nicht viel Erfahrung zu diesem Thema zu finden oder diejenigen, die schon Erfahrung haben, veröffentlichen sie nicht.

Aber vielleicht kann Dich folgender Gedankengang doch noch weiter motivieren:

Muss es unbedingt DTS 5.1 sein? Die Renderer dafür sind noch zu bekommen, aber nicht mehr so ganz state-of-the-art. Auch wenn DTS 5.1 wegen seiner Dynamik wirklich großartig klingen kann.

Ich habe mir ein neues Spielzeug gegönnt: Zylia ZM-1. Neulich habe ich ein paar einfache Testaufnahmen im Wald gemacht:
DieHaard_3_Bicycle_rider.flac by Ambisonic-Studio
Bei etwa 2:30 kommt ein Radfahrer vorbei gesaust.
Den vollen Hörgenuß gibt es derzeit "nur" mit Kopfhörer, dafür aber ... :) ... hör selbst. (Ist von 3OA auf binaural gerendert worden)

Auf dem vorletzten IHW habe ich mit verschiedenen Surround Mikrofonen ein Kurz-Hörspiel aufgenommen, mit den vielen lieben Helfenden vor Ort. Das war eindrucksvoll und das war "nur" FOA (First Order Ambisconic)

Von Ambisonic aus, besonders wenn es mind. 3OA, ist es ein finanziell überschaubarer Schritt in Richtung Dolby Atmos. Dem Urenkel von DTS 5.1, wenn man so will.
Als Software würde ich Reaper vorschlagen. Selbst ProTools kann "nur" 16 Spuren gleichzeitig ausspielen, Reaper kann 64. Und für 60 € bekommt man ziemlich großartige Software.

Also, Aufnahmen würde ich mit dem ZM-1 machen. In Reaper einfügen und mit diversen Plug-Ins (IEM Suite, SPARTA o. ä.) mal versuchen meine Vorstellungen umzusetzen. Haken an der Sache ist die ziemlich steile Lernkurve. Da spreche ich aus eigener Erfahrung.

Für mich sieht es derzeit so aus, dass ich denke, wenn man ein Surround (in welchem Format auch immer) Hörspiel macht, muss man "von hinten" aus anfangen. Also, welches Hörerlebnis will ich schaffen? Welche technischen Voraussetzungen müssen die Hörenden haben?
Dann ist zu planen, ob man alle Charaktere gleichzeitig aufnehmen kann. Das ist logistisch eine Herausforderung und wie geht man mit etwaige Versprechern oder späten Einsätzen um?
Ist die Atmo des Aufnahmeortes auch die gewünschte Atmo für das spätere "Sound-Design"?
Können alle Charaktere ihren Text zum Aufnahmezeitpunkt?

Wenn Du einzelne Takes im Raum platzieren willst, geht das natürlich (auch hier gibt es viele unterstützende Plugins), doch da gilt dann Carl Valentins Definition von Kunst "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit".
Das habe ich noch nicht gemacht, aber von den ersten prinzipiellen Versuchen her würde ich vermuten, daß es viele Stunden dauert.
Doch es gibt Hilfe! Hilfe in Form einer Definition: Hyunkook Lee hat mal gesagt, eine räumliche Aufnahme / Szene muss NICHT naturidentisch oder natürlich sein, sondern "nur" PLAUSIBEL. Dazwischen liegen Universen von Aufwänden, wie er sagt.

Doch zurück zu DTS 5.1
DTS 5.1 können sicherlich noch einige AV-Receiver abspielen, ich würde erwarten, dass es nicht mehr all zu viele sind.
Zumal es mittlerweile viele Soundbars gibt, die mit Phasenschweinereien und Verzögerungen einen "plausiblen" Surround Effekt erzielen. Das ist nicht einmal im Ansatz mit DTS 5.1 vergleichbar. Keine Frage.
Aber sie sind wirklich weit verbreitet. Leider!

Kopfhörer sind grandios, denn da bietet sich binaural an. Es klingt für unsere Hörgewohnheiten wie 3D, ist es aber nicht wirklich.

Für den Export von 3OA in ein Surround Format, gibt es die vielen, vielen Plugins, die gute Hilfestellung leisten. Bei einigen muß man nur das gewünschte Export Format auswählen und los geht's.

Ich denke, daß hier noch einiges an Pionierarbeit zu leisten ist. Das ist einerseits sicherlich viel Arbeit, aber auf der anderen Seite auch sicherlich spannend.

Heute habe ich mal zum Spaß eine spezielle Aufnahme gemacht. Ich habe mein ZM-1 mit Reaper verbunden, auf Record gedrückt und bin mit beiden Händen um das ZM-1 herumgefahren. Dann noch ein bißchen FFT, um die Störgeräusche rauszurechnen und dann hört sich das so an (bitte über Kopfhörer):


Das ist mal ebenso aufgenommen. Das geht noch viel besser, aber ich wollte etwas ausprobieren und hatte nicht viel Zeit.
Da ist keinerlei Prozessing dran. Ganz pur.

An Deiner Stelle würde ich den Korn nicht gleich in die Flinte werfen. Da geht noch einiges. Und vielleicht ist es sinnvoll über einen oder zwei "Zwischenschritte" nach zu denken? Und vielleicht erst einmal ein paar kleine Schorties umzusetzen, bevor man sich an die Epen macht?

Just my 2 cents.
 

Melle Teich

Fledermaus-Azubi | spricht, schnippselt, kalauert
Teammitglied
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Ist das schön, Waldurlaub für die Ohren 🥰 auch wenn man ja wirklich jedes noch so kleine Zivilisationsgeräusch in einem gefühlten Kilometer Entfernung mit hören kann, Wahnsinn!

Bei der zweiten Aufnahme musste ich von der Beschreibung irgendwie an ein Theremin denken 😂
 

Spirit328

Everything - STOP!
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Hallo @Melle Teich!

Das waren nur mal erste Testaufnahmen, um ein Gefühl für mein neues "Spielzeug" zu bekommen. :)

Ich hoffe, daß nach unserem Urlaub (nächste Woche), endlich mal wieder etwas mehr Zeit für "Spökes" ist. Dann schleppe ich das ganze Graff'l wieder in den Wald und suche mir eine noch abgeschiedenere Stelle und dann "Aufnahme!"

... nur mal so im Vorüberreiten: Von wo kam der Radfahrer, wo fuhr er lang und wohin verschwindet er wieder?
Ist nur QS für mich. :D
 

Melle Teich

Fledermaus-Azubi | spricht, schnippselt, kalauert
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... nur mal so im Vorüberreiten: Von wo kam der Radfahrer, wo fuhr er lang und wohin verschwindet er wieder?
Ist nur QS für mich. :D
Also, für mich (und ich hab extra nochmal nach dem "L" und "R" auf meinen Superlux geschaut) kam er von links-oben und verschwand nach rechts-unten und hat seinen Dopplereffekt einfach mitgenommen.
 
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