Marc Schülert

Sprecher & Cutter
Sprechprobe
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AW: Geht´s noch???

... und 1000 in der dritten Reihe die noch nicht soviel Synchron-Erfahrung haben, trotzdem (oder gerade deshalb) aber jeden auch noch so unterbezahlten Synchronjob annehmen würden.

dachte ich es mir. warum sollte es da anders laufen als überall woanders auch. das sind ja leider oft die situationen, die einen markt kaputt machen (können). oder zumindest die preise...
 

industrialdisease

Neues Mitglied
AW: Geht´s noch???

@Marc Schülert,
ja leider ist das in der Tat in vielen Berufen mittlerweile so. Die absoluten Anfänger arbeiten für wenig bis kein Geld. Allerdings sind das meistens auch Hobbyisten, die dann den Beruf an sich kaputt machen, nicht nur mit einer Minderleistung. Muss man leider drüber stehen und das Beste daraus machen.

@allgemein
Weil ich mir auch das Interview angesehen habe, würde ich gerne mal wissen von wann das ist. Hier sind ja auch einige Erschütterungen aufgetaucht.
Zur Erklärung der Versicherungspflicht und des Steuertums: David Nathan setzt, wie soviele Freiberuflier mit Selbstständigkeit zusammen. Das ist aber völlig verkehrt. Synchronsprecher sind Selbstständig. Freiberufler ist man, wenn der Beruf in einem bestimmten Katalog steht. Hier werden zwar Künstler ... und auch Schauspieler aufgeführt. Aber "neue" Berufe müssen gerichtlich überprüft werden, ob sie in dem Katalog aufgenommen werden. Ein Gericht hat entschieden, dass Synchronsprecher nicht "Selbstschöpferisch" Tätig sind. Sprich ein Maler der ein Bild malt hat aus seinen eigenen Gedanken etwas geschaffen. Sprecher eben nicht. Zur Begründung wird aufgeführt, dass Synchronsprecher eben nur "ablesen". Das zur Wertschätzung. Allerdings musste man sich entscheiden, dass diese nun gewerblich sind, da der Bereich sehr schwammig ist. Bei Musiker z.B. als Problem Covert jemand Lieder hat er nichts eigenes neues geschaffen und wäre gewerblich. Wenn jemand selbst komponiert ist er freiberuflich. Das ist der Unterschied. Da man das aber in der Form nicht überprüfen kann, hat man gesagt Musiker = freiberuflich. Was das mehr an Steuer betrifft stimmt das nur in soweit, dass Gewerbesteuer anfällt, bei einem Freiberufler nicht. Allerdings hat man hier einen Freibetrag von (er lag mal bei ca.) 25000€ wenn ich mich nicht irre. Außerdem wird er mit der Einkommenssteuer angerecht .... Details zu lang ... Der Steuersatz richtet sich allerdings nach dem Einkommen. 25% gewerbliche Steuer = 25% freiberufliche Steuer. Der Satz bleibt ja.

Der Nachteil ist man darf keine vereinfachte Buchhaltung beim Finanzamt einreichen.
Was die Versicherungspflicht betrifft. Ich als Freiberuflicher Künstler bin bei der KSK Krankenversichert und damit auch Rentenversichert. Muss das also auch zahlen, wobei das aber auch Vorteile haben kann. Künstler sollten sowieso die Möglichkeit der Künstlersozialkasse nutzen ;)
Nur als kleine Anmerkung am Rand!

Allerdings finde ich auch die Klassifizierung als Synchronsprecher nicht optimal.
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Geht´s noch???

Was erwartet Ihr ? Der deutschsprachige Raum wickelt seit den 70er Jahren kontinuierlich die weltweit (in diesem Ausmaß) einzigartige Errungenschaft eines D/AUT/CH weiten und aus der Öffentlichen Hand subventionierten Kulturlebens ab und verschiebt die Akzente:
- vom Land in die Städte
- von der inhaltlichen künstlerischen Leitung mit gesellschaftspolitischer Dimension hin zum reinen und quotengebundenen Eventmanagement ohne jede Haltung, Prinzip "Sex Sells"
- vom Kulturauftrag als gesellschaftliche Qualität an und für sich hin zum breitenwirksamen und eher industrieträchtigen Wirtschaftsfaktor.
- von einer Daseinsdimension, die alle etwas angeht, egal ob Produzent oder Konsument hin zur reinen Privatsache eines jeden Individuums, dass so zum manipulierten Quotenvieh auf dem Marktplatz degradiert wird.

Natürlich können wir dem romantischen Bild vom Off, also vom David gegen den Goliath Konzern anhangen - aber, bitteschön: das ist der Kapitalismus. Wir alle verantworten diese Welt mit, in der jeder so schnell wie möglich glaubt, das Stückchen Sahnetorte auf dem Buffet der markttüchtig angepriesenen FastShoot leckereien abkriegen zu müssen.
Schauspieler und erst recht Sprecher müssen sich in unserer Welt damit abfinden, dass die Qualität ihrer Arbeit und ihres Könnens ständig (heute mehr denn je) einem Markt ausgesetzt ist, der sie nicht schützt sondern preisgibt - und zwar nach dem Motto: wer kanns billiger. Diese Art der Wahrnehmung unserer "Talente" wird populär gemacht, so das sich gut ausgebildete und langjährig erfahrene Künstler eigentlich dauernd für Deppen (sofern sie kein inneres Lot mehr haben) halten müssten, wenn sie sich ständig vergleichen würden mit all denen, die links und rechts von ihnen ( und nicht ohne Penetranz ) glauben, weil sie einen Satz geradeaus sagen können, sich Sprecher - und wenn sie einmal ihren Rüssel vor die Kamera gehalten haben, sich Schauspieler nennen zu können. Und davon gibt es enorm viele...

Insofern findet sowieso nur noch ein rudimentärer Diskurs über die Frage "was ist Kunst und wie entsteht sie eigentlich ? " statt - der Hintergrund ist nämlich diffus, illusionär und vor allem - inflationär.

Wenn jetzt ein großer Megamedienkonzern mit einer kleinen Anwältelegion versucht einen Pflock einzuschlagen, dann ist die Erwägung, ob es sich beim Synchronsprechen um eine künstlerische Ausübung handelt (was immerhin ein interessantes und umstreitbares Thema wäre) kein bisschen inhaltlich zu verstehen, sondern nur juristisch im Sinne der Geschäftsinteressen.
Die Frage nach der Macht, von der Nathan spricht, ist genau der Hebel, den Disney und Co. garnicht erst in Bewegung sehen wollen - noch lange vor jeglicher "Machtprobe" - deswegen wurden und werden auch Spitzensynchronsprecher, die mal die Klappe etwas weit auf gemacht haben, einfach - nicht mehr engagiert und landen u.U. ganz flott im Hartz. Dann sind sie quasi von einem Moment auf den anderen mundtot und wirkungslos.
Man möchte fast wieder Brecht spielen, denn die Frage, die sich aufdrängt, ist doch auch die nach der Solidarität zwischen Auftraggebern und den von ihnen beauftragten "Künstlern". Aber was das anbelangt, sind wir eher wieder zwischen Mittelalter und Rennaisance unterwegs.

Also Kopf hoch und - kreative Solidarität im Forum üben - lieber kein Geld als auf seine Stimme verzichten, die ja manchmal auch aus einem Kopf zwischen zwei Schultern nach aussen dringt.
 
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