Ich melde mich hier auch einmal zu Wort, auch und vllt. gerade weil ich kein Sprecher bin. Ich arbeite an einem großen Modprojekt für ein PC-Rollenspiel (Gothic 2) und habe mich ursprünglich hier in diesem Forum registriert, um Sprecherinnen und Sprecher für das Projekt anzuheuern. Besonders in der Modding-Szene ist TTS (Text-To-Speech) mittlerweile ein großes Ding, und das was diese KI leistet ist manchmal schon erschreckend "echt". Dennoch kann das nie und nimmer einen menschlichen Sprecher ersetzen, da KI nunmal immer KI bleibt. Das ist ähnlich wie in der Star Trek TNG Folge wo Mark Twain auftaucht, und zu Data sagt ob eine Zigarre aus dem Replikator das "Gleiche" sein könne wie eine "echte" (oder so, ist eine Weile her). Das wussten die in den 90ern schon gut.
Bei allen Erfahrungen die ich mit TTS gemacht habe (für eigene Testzwecke) würde ich das nie und nimmer für meine "Produktion" benutzen. Dafür habe ich zwei Gründe:
- Es ist mMn. moralisch falsch, die Stimme eines Sprechers oder einer Sprecherin zu stehlen und mittels Programm zu kopieren. Die Stimme eines Menschen sollte sein Eigentum bleiben dürfen, und nur in dessen Einverständnis genutzt werden - zumal, wenn die Person damit ihren Lebensunterhalt verdient. Für die TTS-Programme die es für das Spiel welches ich Modde (Gothic 1 und 2) gibt, sind die Stimmen der Originalsprecher einfach durch eine Trainingsroutine gehauen worden - ohne ihr Einverständnis.
- Ein Programm kann keinen Menschen ersetzen. Bestimmte Emotionen und Nuancen sind von einer KI einfach nicht reproduzierbar. Auch können bestimmte Arbeitsschritte nicht automatisiert werden. Zum Beispiel schneide ich Dialogzeilen von Sprechern oft mit einem Programm, welches Stille erkennt und dann dort schneidet - muss ich trotzdem immer gegenprüfen, weil ich nie zu 100% darauf verlassen kann, dass das Teil das richtig erkennt.
- Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Es gibt schon jetzt Hinweise darauf, dass "KI-Freunde" etc. schädlich sind, da sie bei der Emulation von "Freundschaft" zu "perfekt" sind. Ähnlich Erfahrungen mache ich, wenn ich z.B. Programmierung von einer KI prüfen lasse und diese bei jeder meiner blöden Fragen "geniale Frage" antwortet. Das ist einfach bescheuert.
Auch im Studium ist das mit der KI mittlerweile angekommen. Bei Bewerbungen auf Doktorandenstellen muss man z.B. ankreuzen, ob man Texte mithilfe von KI verfasst, oder verbessert hat. Ich schreibe die Texte daher grundsätzlich selbst, und gebe sie Kollegen zum Gegenlesen. Ähnliches gilt für Verständnisfragen; wobei ich schon öfters erlebt habe, dass Leute vollkommen falsche Informationen erhalten haben, nachdem sie "ChatGPT gefragt" haben. Auf der anderen Seite ist es vor allem wenn man programmiert aber auch verlockend, bei einem Problem KI zur Korrektur zu befragen (spart einfach Zeit). Ich finde aber auch, dass das hier in diesem Feld durchaus nützlich sein kann, wenn man sein Hirn nicht völlig abschaltet und den Code selber schreibt.
Ich gehöre ja mit BJ 1993 zur vermutlich etwas jüngeren Generation hier. Bin aber trotzdem froh, dass es das als ich klein war, noch nicht gab. Und heute benutze ich viele analoge Dinge als Gegenpol. Ich höre Kassetten und Schallplatten anstelle von Spotify, schreibe viel von Hand usw. Dinge, bei denen man sich wirklich Zeit nehmen und haptisch agieren muss. Vielleicht ist das ähnlich bei der Zusammenarbeit mit echten Menschen anstelle von künstlicher Intelligenz. Egal wie gut eine TTS-Maschine wäre, ich würde lieber Profis anheuern, meine Charaktere zu Vertonen. Ich finde, das gehört sich alleine schon aus Respekt.