Karpatenhund

Karpatenhund
AW: Der heutige Medienkonsum und seine Auswirkungen

War früher alles besser? Werden wir alle immer doofer? Verschlingen uns die bösen Medien?

Irgendwie fehlt mir in der Diskussion ein riesengroßer Aspekt: Die Möglichkeiten, selbst Medien herzustellen und einem Publikum zur Verfügung zu stellen, sind heutzutage so immens gewaltiger als jemals zu vor. Der normale Bürger hat heutzutage eine Medienmacht, von dem frühere Generationen nur träumen konnten.

Als Kind hab ich meine Geschichten noch auf einer mechanischen Schreibmaschine getippt. Dann gab es irgendwann ein Textverarbeitungsprogramm für meinen C64 und ich konnte mir meine Texte mit meinem 8-Nadel-Drucker ausdrucken: Der war schrecklich laut, brauchte ewig, und das Druckbild sah fürchterlich aus. Was war das ein paar Jahre später für eine Offenbarung, als man auf dem Bildschirm "What you see is what you get" hatte und Ausdrucke bekam, die annähernd so aussahen, als könnten sie einem realen Buch entstammen.
Damals sahen sie annähernd so aus. Heutzutage (wenn ich Grundkenntnisse von Layout und Typographie habe) kann ich Seiten erstellen, die von der Qualität her denen in einem professionell hergestellten Buch entsprechen. Und ich kann es mit einer kostenlosen Software wie "Open Office" tun.
Noch besser: Ich kann sogar für wenige hundert Euro ein eigenes Buch herstellen lassen (bei einem Book-On-Demand-Anbieter), eine ISB-Nummer dafür beantragen, und jeder kann es in seiner Buchhandlung bestellen.
(Wer früher sein eigenes Buch haben wollte, musste es selber drucken lassen. Das hat einige tausend DMark gekostet. Und den Versand dann von zu Hause per Post. Oder er ist an einen der Zuschussverlage geraten, die ihm erst viel Geld abgeknöpft haben, und nachdem sich das Buch dann monatelang nicht verkauft hat, ihn die Restauflage für noch mehr Geld haben zurückkaufen lassen.)

Natürlich gehen mit besseren Möglichkeiten nicht zwangsläufig mehr Kreativität und bessere Produkte einher. Wer sich frühe Punk-Fanzines anschaut, die noch mit Schere & Klebstoff gemacht wurden, der staunt häufig nicht schlecht, was für geiles Zeug da entstanden ist.
Und dennoch: die Möglichkeiten!!!

Denkt doch nur daran, was uns heutige Audio- und Videobearbeitungsprogramme alles erlauben.
Denkt doch nur daran, wie problemlos es per YouTube o.ä. möglich ist, weltweit anderen Leuten eigene Produktionen zur Verfügung zu stellen.

Dieses Forum hier und was darin entsteht, ist der beste Beweis dafür, was heute machbar ist und wie geil das ist!

Ihr habt gesagt: "Bringt den Kindern bei, dem Fernsehen zu misstrauen, und stattdessen mal bei Wikipedia das eine oder andere zu überprüfen."
Mit der kleinen Einschränkung, dass man auch Wikipedia nicht alles blind glauben darf, sehe ich das genauso.
Aber: Hatten wir vor 25 Jahren Wikipedia?? Ich kann mich nicht daran erinnern.
An was ich mich stattdessen erinnern kann, ist, dass wir zu Hause "Meyers 3bändiges Konversationslexikon" hatte, und wenn ich mehr wissen wollte, musste ich in die Stadt- oder Schulbibliothek gehen.
Und dass man heute so leicht aufs Fernsehen verzichten kann (ich tue es auch), liegt auch daran, dass es ein Internet gibt, indem man sich innerhalb kürzester Zeit über Neuigkeiten informieren kann und dort auch Bilder oder Videos sehen kann.

Natürlich sehe ich durchaus nicht überall nur Positives. Wie sehr das Radio bespielsweise in den letzten Jahren zu einem hirnlosen Dudelfunk verkommen ist, schmerzt mich gewaltig.

Aber: Die Möglichkeiten sind da! Und sie sind großartig.
Das Fernsehen ist euch zu doof? Dann lasst es aus.
Es gibt da draußen soviel MEHR zu tun!
 
Zuletzt bearbeitet:

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Der heutige Medienkonsum und seine Auswirkungen

Gut gebellt Karpatenhund (a propos:wie sieht es dort denn so aus mit den Medien?)
Du sprichst lässig aus, was in deutschen Schulen seltsamerweise noch nicht längst im Curriculum Einzug gehalten hat. Den digital natives auch tatsächlich die medialen Werkzeuge für ihre mögliche Macht in der realen Welt in die Hand zu geben.
Das Potential ist da, die Lust oft auch, aber was mitunter verschwimmt ist der Kriterienkatalog für die Relevanzen bezogen auf die Welt in der wir leben im verhältnis zu der, in der wir googeln. Und schwuppdiwupp verabschiedet sich die Politisiertheit der Gesellschaft aus dem Elan, mit dem sie vielleicht früher tatsächlich dem Verwaltungsmanagement im Reichstag einen vor den Bug gegeben hätte.
Du hast völlig recht, wenn man am Beispiel China sieht, wie kräftig einzelne mittels Internet die Fönfrisuren des Politbüros in den Sturm stellen, hierzulande halt ichs eher mit Kubi: panem et circenses fürs satte Volk. Wer würde heute noch, wie damals Freunde von mir mit dem RadioDreyecklandRadiosender auf dem Rücken als Sendepirat durch die Wälder huschen.
Lernen müssen wir, das der mediale Rummel als Geschenk an uns eine Herausforderung für die politische Bedeutsamkeit jedes einzelnen von uns ist. Wir machen die Demokratie - wahrscheinlich mehr denn je - als konstruktive Anarchie eigentlich erst möglich, wenn wir's denn machen.
Internetarier aller Länder, vereinigt Euch!
 

Mond

Mitglied
AW: Der heutige Medienkonsum und seine Auswirkungen

@Hundi Es geht ja nicht darum alles mit Wikis zu überprüfen, sonder darum eine andere Quelle für Informationen zu haben mit der man arbeiten kann, Wikipedia war da nur ein Beispiel.

Auch gibt es durchaus noch gute Radiosender (die öffentlich rechtlichen zum Beispiel).

Und seien wir mal realistisch, wer würde so ein Buch ohne Verlagswerbung kaufen? Ich meine hier gibt es auch kostenlose Hörspiele, aber wie viele wissen das schon?

Das Internet ist ja auch nicht interessant weil es dort Informationen zu nur einem Thema gibt, es gibt zu jedem Thema Infos, unzwar ungefiltert! Das ist die wahre Revolution.

Mfg Mond
 
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