Hallo Community,

ich suche Hörspieltipps, welche eingehend mit Hilfe des Erzählers romantische Landschaftsbeschreibungen beinhalten. Vielleicht aber auch Beschreibungen von Mimik und Emotion. Wäre für jede Anregung dankbar.
 

PeBu34

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Hallo @Rolemonster [Sascha],

die grundsätzliche Frage beim Hörspiel ist immer: "Was hörst du?" Für das, was du hörbar machen kannst - so dass es die Hörer auch verstehen - brauchst du keinen Erzähler.
Die Gefühle der Protagonisten werden ja durch die Stimmen und die Sätze, die sie sprechen ausgedrückt - und durch Lachen, Weinen oder anderes - außerdem kannst du die jeweilige Stimmung noch mit Musik unterstützen.

Für das, was du nicht hörbar machen kannst, hängt die Art des "Einsatzes des Erzählers" von deinem Ziel - also der Stimmung ab, die du erzeugen willst. (M.E. erzeugt ein Erzähler eine ganz andere Form der Stimmung, als Sprecher/innen. Deshalb gibt es für mich Texte, die ich als Hörspiel besser finde und solche, die ich lieber als Hörbuch oder geschriebenen Text habe. :))

Für Landschaftsbeschreibungen kann ein Erzähleranteil nötig sein. (Aber Vorsicht: Längere Landschaftsbeschreibungen können langweilig werden.) :)
Auch hier wieder die Frage: "Was hörst du?" und zusätzlich "Wie kann das Gehörte deine Landschaftsbeschreibung auflockern oder für den Hörer lebendiger machen?"

Ich habe in meinem Hörspiel "Der Zufluchtsort" eine längere Erzählpassage untergebracht, die in einem Garten spielt. Wenn du magst, hör mal rein. Hier ist der Link dazu. Der Erzähleranteil fängt bei 2:15 an, ab 2:10 läuft die Übergangsmusik aus der vorhergehenden Szene. Vielleicht nimmst du die noch mit (hörst also das Stück von Anfang an), dann sind der Zusammenhang und der Stimmungswechsel besser zu verstehen. - Du kannst dir natürlich auch gerne das ganze Hörspiel anhören. Es dauert ungefähr eine halbe Stunde. :)

Liebe Grüße von
Peter :)
 
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ROH

Ryan
S.o. Ich bin leider kein Fan von Erzählern in Hörspielen - weil ich denke: Erzähl es mir nicht - zeige es mir.
Das muss einen Sinn und Zweck haben.
Wenn dich das aber interessiert - dann lerne vom Meister und das ist Mann.
Es gibt keinen anderen Autor der es schafft Landschaften oder Settings oder Situationen so exakt zu transportieren, dass in der Beschreibung gleichzeitig auch eine Emotion enthalten ist, so dass im Texte eine fotorealistische Beschreibung vorliegt (also nicht nur von dem was du siehst, sondern wie "wirkt" es).
Und das auf den Punkt formuliert.
Also wenn ich das wollte, was du willst - würde ich den Mann lesen. Weil was nicht im Buch ist - passiert auch nicht auf der Bühne.

Und wenn du es mal vergleichst mit Karl May - der sehr wohl auch - sehr viele Beschreibungen hat - die sind neutral.
Der beschreibt dir: Da ist eine Wüste mit Dornenbüschen.
Bei Mann liest du die Hitze, die Einsamkeit und auch das Gefühl des Protagonisten in so einem Satz, so dass wenn du die Situation kennst, wirst du sofort denken: Hab ich schon mal live in ner Doku oder wat auch immer gesehen.
Das ist der Unterschied.
 
Hallo @Rolemonster [Sascha],

die grundsätzliche Frage beim Hörspiel ist immer: "Was hörst du?" Für das, was du hörbar machen kannst - so dass es die Hörer auch verstehen - brauchst du keinen Erzähler.
Das verstehe ich soweit. Es geht mir allerdings eher mehr um eine Verdichtung der Emotionen des Zuhörers außerhalb der Charaktere und ihrer jeweiligen Gefühle. Als Beispiel sei der Regen genannt.Der Erzähler stimmt den Zuhörer in ein düsteres Szenario der 40iger Jahre ein, wolkenverhangen eine Stadt am späten Abend, spiegelnde Asphalt, Häuserschluchten, beschreibende depressiv anmutende Art aus der Totalen, um schlussendlich in ein Büro zu "zoomen" in dem ein Detektiv, eine Zigarette im Mundwinkel, am Schreibtisch sitzt und über einen Fall brütet...
In diesem Fall würde ich es vom Protagonisten in einer Art Selbstgespräch erzählen lassen.
Eine in Fantasy eingebettete Gruppe Abenteurer mitten in der Wildnis zwischen Feld und Flur, des Abends oder des Nächtens, bei sternenklarer Nacht oder sengender Hitze, unterwegs im Sumpf oder Moor würde ich andererseits gern, um den Zuhörer mehr in die fiktive Welt der Protagonisten einzubetten, vom Erzähler an der Hand genommen wissen, um sie besser zu manipulieren und emotional zu binden. Als real bezogenes Beispiel sei mal unsere mehr oder weniger starke Wetterfühligkeit genannt. Oder Dunkelheit und Licht, was auf unser Gemüt Einfluß haben kann, aber auch Kälte oder Hitze...natürlich in diesem Kontext zuforderst in unserer Fantasie entfacht. ;-)
Ich glaube das gute bis einwandfreie Beschreibungen dieser Art auf den Zuhörer Einfluß haben können.
Die Gefühle der Protagonisten werden ja durch die Stimmen und die Sätze, die sie sprechen ausgedrückt - und durch Lachen, Weinen oder anderes - außerdem kannst du die jeweilige Stimmung noch mit Musik unterstützen.
Ja, natürlich.Das sehe ich auch so, obwohl man den Erzähler, wie bereits erwähnt, als Manipulator sehen könnte, der durch seine jeweilige Stimmfarbe (traurig, enthusiastisch/euphorisch, hektisch-dynamisch) zusätzlich, einem schönen Bilderrahmen ähnlich, das emotionale Bild der Protagonisten oder auch der Situation umrahmt und schmückt. Die Musik, von dir treffend erwähnt, würde dann "Fade In" mäßig die Erzählpassage ablösen bzw. aufgreifen oder in umgekehrter Reihenfolge "FadeOut" - mässig an den Erzähler übergeben oder weiterreichen können.
Für das, was du nicht hörbar machen kannst, hängt die Art des "Einsatzes des Erzählers" von deinem Ziel - also der Stimmung ab, die du erzeugen willst. (M.E. erzeugt ein Erzähler eine ganz andere Form der Stimmung, als Sprecher/innen. Deshalb gibt es für mich Texte, die ich als Hörspiel besser finde und solche, die ich lieber als Hörbuch oder geschriebenen Text habe. :))
Nunja, der Erzähler und die jeweiligen Charaktere müssen sich in ihrer Stimmung nicht ausschließen. Sie könnten sich, wenn man es richtig anstellen wollen würde, ergänzen.Sozusagen eine gemeinsame Schwingung der Emotionen beinhalten.Vielleicht liegt dieser Ansatz einem antiquierten technischen Handicap zugrunde: der schwierigen bis keiner Umsetzung von SoundFX in Hörspielen. Damit meine ich in erster Linie Hörspiele in den 70ern, mit denen ich aufgewachsen bin. :)
Für Landschaftsbeschreibungen kann ein Erzähleranteil nötig sein. (Aber Vorsicht: Längere Landschaftsbeschreibungen können langweilig werden.) :)
Auch hier wieder die Frage: "Was hörst du?" und zusätzlich "Wie kann das Gehörte deine Landschaftsbeschreibung auflockern oder für den Hörer lebendiger machen?"
Klarer Fall. :)

Ich habe in meinem Hörspiel "Der Zufluchtsort" eine längere Erzählpassage untergebracht, die in einem Garten spielt. Wenn du magst, hör mal rein. Hier ist der Link dazu. Der Erzähleranteil fängt bei 2:15 an, ab 2:10 läuft die Übergangsmusik aus der vorhergehenden Szene. Vielleicht nimmst du die noch mit (hörst also das Stück von Anfang an), dann sind der Zusammenhang und der Stimmungswechsel besser zu verstehen. - Du kannst dir natürlich auch gerne das ganze Hörspiel anhören. Es dauert ungefähr eine halbe Stunde. :)
Habe mir das ganze Hörspiel angehört. Ein wirklich wichtiges Thema! Und trotz der Ernsthaftigkeit hat es auch süß-verträumte Elemente in der Interaktion mit den Pflanzen.
Dein Erzähler greift flora-behaftete Dinge auf und versucht auf diese Weise den Protagonisten in ein bestimmtes Bild einzubetten, auch wenn es zumal ein wenig zu eilig wirkt, obwohl es am Anfang bezüglich der Flucht angebracht und richtig ist. Aber das ist bekanntlich Geschmackssache mit all diesen Gedanken, wie man sicher weiß. :cool:
Alles in allem meine ich verstanden zu haben, was du meinst.
Nebenbei...wer hat die Gitarre und das Klavier eingespielt, wenn ich fragen darf ?

Mit hörverspieltem Gruße,
Sascha
 
@Rolemonster [Sascha]
Was mich erzählerisch total mitgerissen hat sind die Serien Gabriel Burns und Die schwarze Sonne, ansonsten alle "Säulen der Erde" Hörspiele. :)

"Anfang Februar wurde der Südwesten Kanadas aus dem eisigen Griff des Winters entlassen. Seit einigen Tagen taute der Schnee auf den Straßen und den Parks der Stadt."

"Die Sonne verbarg sich hinter einer dichten Wolkendecke, endlos wandt sich der nasse Asphalt in verschlungenen Kurven.Die Wellen warfen sich dunkelgrün und schäumend gegen das steinige Ufer."

Wirkt auf alle Fälle sehr atmosphärisch. So etwas in der Art schwebte mir unter anderem vor.(y)
 

PeBu34

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obwohl man den Erzähler, wie bereits erwähnt, als Manipulator sehen könnte, der durch seine jeweilige Stimmfarbe (traurig, enthusiastisch/euphorisch, hektisch-dynamisch) zusätzlich, einem schönen Bilderrahmen ähnlich, das emotionale Bild der Protagonisten oder auch der Situation umrahmt und schmückt.
Weil es mir grade aufgefallen ist: Du hast eine unheimlich elegante, und gleichzeitig oft sehr präzise Ausdrucksweise! Ich denke mal, im Kern haben wir die Erzähltakes bei "Der Zufluchtsort" so verwendet, wie du es hier beschreibst.

Nunja, der Erzähler und die jeweiligen Charaktere müssen sich in ihrer Stimmung nicht ausschließen. Sie könnten sich, wenn man es richtig anstellen wollen würde, ergänzen.Sozusagen eine gemeinsame Schwingung der Emotionen beinhalten.
So ist das in der erwähnten "Gartenszene ja auch gelöst. :) Wir sind also grundsätzlich einer Meinung, auch wenn wir unterschiedliche Formulierungen verwendet haben. :)

Nebenbei...wer hat die Gitarre und das Klavier eingespielt, wenn ich fragen darf ?
Natürlich darfst du fragen. :) Das war @Stefan Hartlein. Ob er beide Instrumente gespielt hat, oder ob das evt. ein Synthi war, weiß ich aber nicht. :) Er hat das Hörspiel auch geschnitten.

Liebe Grüße von
Peter :)
 

Phollux

Robert Kerick
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Ich denke, ob man einen Erzähler einsetzt ist sehr kontextabhängig und von vielen Aspekten. Es gibt nicht die eine Lösung. So lese ich hier viele wichtige Aspekte für und gegen einen Erzähler. Man darf sich dann so Fragen stellen wie: Wo liegt der Fokus? In der Erzeugung einer gewissen Stimmung, die sich nicht über Geräusche, Musik, Schauspielerei erzielen lässt sondern nur mithilfe von erzählerischen Stilelementen? Oder liegt der Fokus doch eher in rasanten und dynamischen Wortgefechten im Dialog, ohne Erzähler? Welche Information an einer Geschichte ist überhaupt hörbar, und sollte es sein? (z.B. nervöses Knabbern auf der Unterlippe) Lässt sich sowas im Dialog verdeutlichen, oder verzerrt es den Dialog ins Unnatürliche?
Weiterhin, wenn der Erzähler charaktergebunden ist, lässt sich dieser über seine Art zu erzählen wunderbar selbst charakterisieren.
...just my 2 cents...;)
 

Stefan Hartlein

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Moin
Ich bin jetzt nicht so der Theoretiker aber ich habe nun Hörspiele mit Erzähler und ohne geschrieben.
Ohne Erzähler/Sprecher steht natürlich das Hörspiel bzw das Geschehen viel mehr im Fokus. Es ist eher wie ein Hörfilm, so empfinde ich es, es ist aber auch schwieriger zu schreiben. Für den Cutter und den Musiker sicher auch eine größere Herausforderung.
Bei Hörspielen mit Erzähler muss man halt schauen welchen Part übernimmt der Erzähler. Zum Beispiel bei einer Shortie Reihe hier im Hoer Talk "Speedy Pizza Global" ist der Erzähler (in diesen fall eine Erzählerin) neben den Erzählerjob auch mitwirkender Charakter mit den die anderen Rollen interagieren. Auch eine Variante ist natürlich der Geschichtenerzähler, wie man es von Märchen kennt. Er beschreibt im Prinzip, und das macht es mir als Cutter einfacher, denn ich muss nicht tausend Sounds hinter den Erzähler legen (was man aber auch könnte siehe "Zufluchtsort"). Für viele Hörer ist es mit Erzähler auch mehr authentisches Hörspiel weil wir (ich bin 1980 geboren) auch so aufgewachsen sind. Wir haben alle Bibi Blocksberg oder Benjamin Blümchen oder selbstverständlich die Drei ??? gehört. Wobei sich die Ersten beiden sehr vom Dritten unterscheiden. Ich sag nur Joachim Nottke, ich bin der Meinung dieser Mann hat einen kompletten Erzähler Stile erfunden. Mitwirkend aber nicht Interagierend. Deswegen habe ich auch meine Hörspielserie "Huckepuck - Der Klabautermann" ins Leben gerufen. Ich wollte genau diesen Erzählertypen Tribute zollen und muss sagen das ich mich ganz ganz glücklich schätzen kann, das ich einen so tollen Sprecher in @derFlüsterer gefunden habe, der das mit mir "ich sag ma Entwickelt" hat. Ich glaube das ist gar nicht so einfach, aber er macht es in meinen Ohren brillant.
Natürlich gibt es auch die Variante, dass der Hautcharakter auch der Erzähler ist. Das ist auch eine sehr interessante Variante die ich einmal geskriptet habe, und im Moment Cutte ich auch eine Zukunfts Chronik von @Frank Hammerschmidt , in der das auch so ist. Der in diesen Fall die Erzählerin spricht in Ich Form, aber als Erzähler. Das gibt einem Hörspiel echt tiefe, sehr interessant.

So genug getippt, ich wollte nur die Arten von Erzähler aufzeigen. Letztendlich lasse ich es immer den natürlichen Lauf des Schreibens entscheiden wie die Struktur wird. Ich bin kein Plotter, ich bin drauf los Schreiber (Ok manchmal erarbeite ich auch eine Geschichte, aber das ist eher selten). Witzig ist auch das ich in den letzten 4 Skripten, jeweils eine andere Erzähler , oder keine Erzählerform geschrieben habe. Unbeabsichtigt.

So, guten Start in den Tag.
Lg
Stefan
 
S.o. Ich bin leider kein Fan von Erzählern in Hörspielen - weil ich denke: Erzähl es mir nicht - zeige es mir.
Das muss einen Sinn und Zweck haben.
Wenn dich das aber interessiert - dann lerne vom Meister und das ist Mann.
Es gibt keinen anderen Autor der es schafft Landschaften oder Settings oder Situationen so exakt zu transportieren, dass in der Beschreibung gleichzeitig auch eine Emotion enthalten ist, so dass im Texte eine fotorealistische Beschreibung vorliegt (also nicht nur von dem was du siehst, sondern wie "wirkt" es).
Und das auf den Punkt formuliert.
Also wenn ich das wollte, was du willst - würde ich den Mann lesen. Weil was nicht im Buch ist - passiert auch nicht auf der Bühne.
Habe endlich mal etwas Zeit gefunden und mich ein wenig mit Thomas Manns Beschreibungen von Natur und Physiognomie vertraut gemacht.
Und wenn du es mal vergleichst mit Karl May - der sehr wohl auch - sehr viele Beschreibungen hat - die sind neutral.
Der beschreibt dir: Da ist eine Wüste mit Dornenbüschen.
Bei Mann liest du die Hitze, die Einsamkeit und auch das Gefühl des Protagonisten in so einem Satz, so dass wenn du die Situation kennst, wirst du sofort denken: Hab ich schon mal live in ner Doku oder wat auch immer gesehen.
Das ist der Unterschied.
Dein Beispiel mit Karl May ist wirklich passend, ganz praktisch verfasst, als ob der Leser seine eigene Fantasie "ankurbeln" muss, auch wenn es keine Atmosphäre mit sich bringt.

Viel habe ich zu meiner Schande noch nicht entdeckt, aber hier und da einige wenige Eindrücke gewinnen können, auch wenn es wahrscheinlich weit aus tiefere und verdichtende Textstellen geben mag, auf die ich allerdings ob meiner leichten Unrast noch nicht gekommen bin. ;-)

📗Der Zauberbergan diesem Beispiel eine leichte Mischung aus vorwiegend wetter-bezogenen Aspekten, ein wenig Natur und einer Prise Physiognomie:
„Hans Castorp hatte keinen Kalender auf seinen Ausflug mitgenommen und so fand er sich in Betreff seines Datums nicht immer ganz genau auf dem Laufenden.
So viel war gewiss, dass der September nachgerade ziemlich weit bis gegen seine Mitte hin vorgeschritten war.
Draußen im Tale war es, seitdem Hans Castorp Bettlager eingenommen, das trübe und kalte Wetter, das damals geherrscht hatte, herrlichen Hochsommertagen gewichen, ungezählten solcher Tage, einer ganzen Serie davon, so das Joachim allmorgendlich in weißen Hosen bei seinem Vetter eingetreten war und dieser ein redliches Bedauern, ein Bedauern der Seele unserer jungen Muskeln über den Verlust solcher Prachtzeit, nicht hatte unterdrücken können, aber gegen das Ende der ihm auferlegten Zurückgezogenheit schlug wieder das Wetter um, über Nacht war es neblig, kalt geworden, das Tal hüllte sich in nasses Schneegestöber, und der trockene Hauch der Dampfheizung erfüllte das Zimmer.“



📘Mario und der Zauberer – an diesem Beispiel eine Mischung aus genervt touristisch geprägter Reisebeschreibung mit zwischenmenschlich - gesellschaftsrelevantem Aspekt:

„Torre liegt etwa fünfzehn Kilometer von Portoclemente, einer der beliebtesten Sommerfrischen am Tyrrhenischen Meer, städtisch-elegant und monatelang überfüllt, mit bunter Hotel- und Basarstraße am Meere hin, breitem, von Capannen, bewimpelten Burgen und brauner Menschheit bedecktem Strande und einem geräuschvollen Unterhaltungsbetrieb.
Da der Strand, begleitet von Piniengehölz, auf das aus geringer Entfernung die Berge herniederblicken, diese ganze Küste entlang seine wohnlich-feinsandige Geräumigkeit behält, ist es kein Wunder, dass etwas weiterhin stillere Konkurrenz sich schon zeitig aufgetan hat: Torre di Venere, wo man sich übrigens nach dem Turm, dem es seinen Namen verdankt, längst vergebens umsieht, ist als Fremdenort ein Ableger des benachbarten Großbades und war während einiger Jahre ein Idyll für wenige, Zuflucht für Freunde des unverweltlichten Elementes.
Wie es aber mit solchen Plätzen zu gehen pflegt, so hat sich der Friede längst eine Strecke weiter begeben müssen, der Küste entlang, nach Marina Petriera und Gott weiß wohin; die Welt, man kennt das, sucht ihn und vertreibt ihn, indem sie sich in lächerlicher Sehnsucht auf ihn stürzt, wähnend, sie könne sich mit ihm vermählen, und wo sie ist, da könne er sein; ja, wenn sie an seiner Stelle schon ihren Jahrmarkt aufgeschlagen hat, ist sie imstande zu glauben, er sei noch da.
So ist Torre, wenn auch immer noch beschaulicher und bescheidener als Portoclemente, bei Italienern und Fremden stark in Aufnahme gekommen.
Man geht nicht mehr in das Weltbad, wenn auch nur in dem Maße nicht mehr, dass dieses trotzdem ein lärmend ausverkauftes Weltbad bleibt; man geht nebenan, nach Torre, es ist sogar feiner, es ist außerdem billiger, und die Anziehungskraft dieser Eigenschaften fährt fort, sich zu bewähren, während die Eigenschaften selbst schon nicht mehr bestehen.
Torre hat ein Grand Hôtel bekommen; zahlreiche Pensionen, anspruchsvolle und schlichtere, sind erstanden, die Besitzer und Mieter der Sommerhäuser und Pineta-Gärten oberhalb des Meeres sind am Strande keineswegs mehr ungestört; im Juli, August unterscheidet das Bild sich dort in nichts mehr von dem in Portoclemente: es wimmelt von zeterndem, zankendem, jauchzendem Badevolk, dem eine wie toll herabbrennende Sonne die Haut von den Nacken schält, flachbodige, grell bemalte Boote, von Kindern bemannt, deren tönende Vornamen, ausgestoßen von Ausschau haltenden Müttern, in heiserer Besorgnis die Lüfte erfüllen, schaukeln auf der blitzenden Bläue, und über die Gliedmaßen der Lagernden tretend bieten die Verkäufer von Austern, Getränken, Blumen, Korallenschmuck und Cornetti al burro, auch sie mit der belegten und offenen Stimme des Südens, ihre Ware an.“


( 🗣️Nebenbei ein Hörspiel in englischer Sprache gefunden - "Thomas Mann - The Magic Mountain" )



📕Der Tod in Venedig – ein Ineinander von vorherrschender Natur und Mensch mit psychedelischen Hauch einhergehender Surrealität/Entrücktheit (bedrohlich wirkende Flora & Fauna).

„Er sah nämlich, als Beispiel gleichsam für alle Wunder und Schrecken der mannigfaltigen Erde, die seine Begierde sich auf einmal vorzustellen trachtete, - sah wie mit leiblichem Auge eine ungeheuere Landschaft, ein tropisches Sumpfgebiet unter dickdunstigem Himmel, feucht, üppig und ungesund, eine von Menschen gemiedene Urweltwildnis aus Inseln, Morästen und Schlamm führenden Wasserarmen.
Die flachen Eilande, deren Boden mit Blättern, so dick wie Hände, mit riesigen Farnen, mit fettem, gequollenem und abenteuerlich blühendem Pflanzenwerk überwuchert war, sandten haarige Palmenschäfte empor, und wunderlich ungestalte Bäume, deren Wurzeln dem Stamm entwuchsen und sich durch die Luft in den Boden, ins Wasser senkten, bildeten verworrene Waldungen.
Auf der stockenden, grünschattig spiegelnden Flut schwammen, wie Schüsseln groß, milchweiße Blumen; Vögel von fremder Art, hochschultrig, mit unförmigen Schnäbeln, standen auf hohen Beinen im Seichten und blickten unbeweglich zur Seite, während durch ausgedehnte Schilffelder ein klapperndes Wetzen und Rauschen ging, wie durch Heere von Geharnischten; dem Schauenden war es, als hauchte der laue, mephitische Odem dieser geilen und untauglichen Öde ihn an, die in einem ungeheuerlichen Zustande von Werden oder Vergehen zu schweben schien, zwischen den knotigen Rohrstämmen eines Bambusdickichts glaubte er einen Augenblick die phosphoreszierenden Lichter des Tigers funkeln zu sehen - und fühlte sein Herz pochen vor Entsetzen und rätselhaftem Verlangen.
Dann wich das Gesicht; und mit einem Kopfschütteln nahm Aschenbach seine Promenade an den Zäunen der Grabsteinmetzereien wieder auf.“



🗣️Gerächt - Hörspiel (beinahe eine Art Monolog eines Mannes, welcher innerliche und äußere Beschreibungen einer Frau tätigt, sich geistig von dieser angezogen fühlt, dann aber doch, im Widerspruch zu seiner anfänglichen Äußerung dieser gegenüber, auch körperlich zu interessieren beginnt, und schlussendlich die daraus folgende Reaktion der Frau)

Anbei:
Wie ich erfahren durfte, mochte Thomas Mann den Autor Adalbert Stifter. Man mag eine gewisse Wesensverwandtschaft bemerken:
Der Waldgänger
Adalbert Stifter: Der Waldgänger

Das wars erstmal von meiner Seite.
 

WolfsOhr

Mario Wolf
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Sorry, auch wenn es wohl nicht zum Thema gehört, ich muss es einfach anmerken: wer mal entschieden hat, dass „Gerächt“ ein Hörspiel ist, der hat sich meiner Meinung nach soweit aus dem Fenster gelehnt, dass er sich nicht mehr halten konnte. ;)
 
Moin
Ich bin jetzt nicht so der Theoretiker aber ich habe nun Hörspiele mit Erzähler und ohne geschrieben.
Ohne Erzähler/Sprecher steht natürlich das Hörspiel bzw das Geschehen viel mehr im Fokus. Es ist eher wie ein Hörfilm, so empfinde ich es, es ist aber auch schwieriger zu schreiben. Für den Cutter und den Musiker sicher auch eine größere Herausforderung.
Ja, ist ein guter Vergleich. Hörfilm ist ein passendes Wort hierfür. Habe selbst mal so einen Versuch zu Weihnachten gestartet und bilde mir vielleicht ein, das sich die bildliche Vorstellung anhand der Geräusche in erster Linie im Kopf des Autors manifestiert und nicht garantiert, dass es auch die Zuhörer realisieren können.

Bei Hörspielen mit Erzähler muss man halt schauen welchen Part übernimmt der Erzähler. Zum Beispiel bei einer Shortie Reihe hier im Hoer Talk "Speedy Pizza Global" ist der Erzähler (in diesen fall eine Erzählerin) neben den Erzählerjob auch mitwirkender Charakter mit den die anderen Rollen interagieren.
Ja, habe ich mir angehört. Ist euch gut gelungen und ganz locker zu hören. Schön gemacht. Und gleich 6 Teile, nicht schlecht. Habe etwas gebraucht bis ich es gefunden hatte. Fälschlicherweise habe ich anfangs unter den Internen Hörspielen/Shorties gesucht. 🧐
Ich bin selbst leider manchmal zu doof und träge, um Erzähler & Charakter mit selber Stimme gedanklich zu unterscheiden, nicht unbedingt bei eurem Projekt, aber als Beispiel beim schweizerischen Dunjon-Hörspiel. Da blieb ich nicht lange in hörgefälliger Regung. Musste es mehrmals hören, bis ich es unterscheiden konnte. Ging immer alles viel zu schnell von Erzähler zu Charakter und zurück für meinen Geschmack. *schmunzelt* - gilt natürlich zumindest nur für mich.

Auch eine Variante ist natürlich der Geschichtenerzähler, wie man es von Märchen kennt. Er beschreibt im Prinzip, und das macht es mir als Cutter einfacher, denn ich muss nicht tausend Sounds hinter den Erzähler legen (was man aber auch könnte siehe "Zufluchtsort"). Für viele Hörer ist es mit Erzähler auch mehr authentisches Hörspiel weil wir (ich bin 1980 geboren) auch so aufgewachsen sind. Wir haben alle Bibi Blocksberg oder Benjamin Blümchen oder selbstverständlich die Drei ??? gehört. Wobei sich die Ersten beiden sehr vom Dritten unterscheiden. Ich sag nur Joachim Nottke, ich bin der Meinung dieser Mann hat einen kompletten Erzähler Stile erfunden.
Meine Worte. Dem kann ich nur zustimmen und ist zudem auch mein heimlicher Favorit ein Hörspiel zu gestalten. Irgendwie ist alles überschaubar schön eingebettet. Die Stimme des Erzählers ist wirklich emotional stets dabei - finde das es auch in Hörbücher so in ähnlicher Art sicher seine Verwendung hat und schön ist...

Mitwirkend aber nicht Interagierend.
...wobei ich nicht wirklich 100% weis, was man unter dem Punkt Interagierend verstehen könnte. Oder bezog es sich einfach auf die Mischung Erzähler/Charakter ?

Deswegen habe ich auch meine Hörspielserie "Huckepuck - Der Klabautermann" ins Leben gerufen. Ich wollte genau diesen Erzählertypen Tribute zollen und muss sagen das ich mich ganz ganz glücklich schätzen kann, das ich einen so tollen Sprecher in @derFlüsterer gefunden habe, der das mit mir "ich sag ma Entwickelt" hat. Ich glaube das ist gar nicht so einfach, aber er macht es in meinen Ohren brillant.
Also ich will Dir ja ungern nach dem Mund reden, aber ich kanns nicht anders sagen: "dein" Erzähler ist wahrlich absolute Spitzenklasse.
Gute dynamische Unterschiede in der Stimme, mal etwas lauter, mal leiser, weich oder auch mal etwas härter und auch schöne Innehaltungen bzw. klitzekleine Pausen, naja und diese Dehnungen in einigen Worten nicht zu vergessen.....so, nun aber erstmal genug des Honigs.
Um hierbei schnellstmöglich Schlimmeres vorzubeugen - Sprecher des Klabautermannes & weitere Rollen sind selbstverständlich auch nicht von der Hand zu weisen. Alles gut. (y)

Natürlich gibt es auch die Variante, dass der Hautcharakter auch der Erzähler ist. Das ist auch eine sehr interessante Variante die ich einmal geskriptet habe, und im Moment Cutte ich auch eine Zukunfts Chronik von @Frank Hammerschmidt , in der das auch so ist. Der in diesen Fall die Erzählerin spricht in Ich Form, aber als Erzähler. Das gibt einem Hörspiel echt tiefe, sehr interessant.
Da bin ich mal gespannt.

So genug getippt, ich wollte nur die Arten von Erzähler aufzeigen. Letztendlich lasse ich es immer den natürlichen Lauf des Schreibens entscheiden wie die Struktur wird. Ich bin kein Plotter, ich bin drauf los Schreiber (Ok manchmal erarbeite ich auch eine Geschichte, aber das ist eher selten). Witzig ist auch das ich in den letzten 4 Skripten, jeweils eine andere Erzähler , oder keine Erzählerform geschrieben habe. Unbeabsichtigt.
Ich habe da im Vorfeld eher ein gegenteiliges Gefühl - einmal vorher beschlossen, bleibe ich dabei und pegel mich damit wohl ein. Andereseits...wer weis...wird sich wohl (oder übel) zeigen.

LG Sascha
 
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