soundjob

HÖRSPIEL MUSIK AUDIO
Sprechprobe
Link
Ich möchte euch an dieser Stelle gerne meine Methodik des Scripting vorstellen.
Es ist kein allgemein gültiger Leitfaden oder Tutorial, sondern lediglich (m)eine Methodik.

Die Vorarbeit in einem Exposé
Als methodologischer Plotter plane und strukturiere ich eine Geschichte vor der Ausarbeitung eines spielfertigen Skripts.
Figuren und Handlung orientieren sich dabei an definierten Schlüsselmomenten, die über die Akte verteilt werden, um einen ausgewogenen dramaturgischen Spannungsbogen zu gewährleisten.
Zur Vorbereitung wird von mir in der Regel ein mehrseitiges Exposé erstellt, das unter anderem die Vita der Figuren, das Setting sowie die zentralen Handlungsstränge umfasst.
Während der Überarbeitung des Exposés werden Handlung und Charaktere weiter präzisiert.
Im Mittelpunkt meiner (zumeist) Abenteuer- und Actiongeschichten steht vor allem die Entwicklung einer unterhaltsamen und stringenten Handlung mit einfach wie klar gezeichneten Charakteren.

Ziel des Exposés ist es, einen inhaltlichen Gesamteindruck sowie einen plausiblen Überblick über den strukturellen wie stimmigen Ablauf der Geschichte zu vermitteln.
Es wird geprüft, ob die Anzahl und Gewichtung der Schlüsselmomente angemessen sind, Etappenziele erreicht werden und wie sie das Erzähltempo beeinflussen. Bereits im Exposé lässt sich gut ablesen, ob die Geschichte zu rasant oder zu zäh erzählt wird.

Das Skripten
Die Pace spielt bei der Übertragung des Exposés in ein fertiges Skript eine zentrale Rolle.
Während im Exposé die Dialoge noch fehlen, dienen diese dann im Skript als wichtiger Indikator für ein annähernd präzisiertes Timing.
Als methodischer Plotter orientiere ich mich an vordefinierten Mustern und arbeite mit einer theoretischen Timeline, die auf der Analyse verschiedener Modelle populärer Hörspiele basieren.
Die zeitliche Abfolge und die Markierung von Schlüsselmomenten innerhalb dieser Timeline folgen bewährten Akt-Strukturen.
Sie legen nicht nur fest, welche Schlüsselmomente vorhanden sein müssten, sondern auch, zu welchem Zeitpunkt bestimmte Etappenziele erreicht werden sollten.
Dadurch wird gewährleistet, dass die Geschichte – unabhängig vom Erzähltempo, ob rasant oder gemächlich – strukturiert und ausgewogen bleibt.
Im folgenden stelle ich euch meine drei Modelle für ein 45er Hörspiel vor:

Modell A
Kurve 1.jpg


Modell B
Kurve2.jpg


Modell C
Kurve3.jpg

Modell A orientiert sich an der klassischen Drei-Akt-Struktur, die einen kontinuierlichen Aufbau der Geschichte gewährleistet. Dieses Modell bietet die Flexibilität, das Erzähltempo variabel zu gestalten: Je nach Setzung der Zeitmarker als Etappenziele kann die Handlung sowohl dynamisch als auch ruhiger entwickelt werden.

Modell B basiert auf der Einführung einer Geschichte durch ein vorangestelltes Intro, das als Aufhänger dient. Diese Einleitung verläuft zunächst in einem gemächlichen Tempo, beispielsweise durch eine einführende Erzählpassage. Erst im Anschluss beginnt das eigentliche Hörspiel, das dann deutlich an Tempo gewinnt und die Handlung beschleunigt fortführt.

Modell C zeichnet sich durch einen sehr dramatischen Einstieg aus, etwa in Form eines vorgreifenden Prequels oder eines vorangestellten Finales. Im Anschluss daran folgt eine ausgedehnte Phase der Exposition, die Raum für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Figuren und der Handlung bietet.

Die Marker innerhalb der Timeline sind nicht verbindlich festgelegt, sondern dienen als theoretische Orientierungshilfe für das Storytelling.
Sie ermöglichen es, das Gleichgewicht einer Geschichte gezielter zu steuern.
Durch das theoretische Verschieben dieser Marker kann der Verlauf zwischen den Etappenzielen entweder zu langatmig oder zu abrupt wirken, was Einfluss auf die Dynamik der Szenen hat.
Eher unabhängig von der zeitlichen Platzierung anderer Marker ist es jedoch besonders wichtig, bereits in der Exposition einen ersten Hinweis auf den zentralen Konflikt (Trigger/Überleitung) zu geben und den Mittelpunkt der Handlung mit einem zeitnahen Wendepunkt zu versehen.
Werden diese Ereignisse mitunter zu spät gesetzt, besteht die Gefahr, dass das Interesse des Publikums am Hörspiel tendenziell nachlässt oder gänzlich abreißt.

Es ist aus meiner Sicht wichtig, beim Schreiben des Skripts die einzelnen Szenen stets im Kontext einer Timeline und ihrer Abfolge zu betrachten.
Dies erfordert, Dialoge gezielt zu überarbeiten, zu kürzen oder handlungsorientiert zu ergänzen, um den dramaturgischen Ablauf effizient und ausgewogen zu gestalten.

Es existieren spezielle, auf Timelines ausgerichtete Autorenprogramme, die das Planen und Organisieren von Strukturen erheblich erleichtern können.
Ich persönlich arbeite jedoch mit einem einfachen Office-Schreibprogramm.
Eine exakte Formel zur minutengenauen Bestimmung des Timings anhand von Dialogen gibt es nicht (Wörter/Takes), da Faktoren wie Sprechgeschwindigkeit, Pausen und andere hörspielspezifische Elemente den zeitlichen Ablauf beeinflussen.
Allgemein lässt sich jedoch in etwa sagen, dass eine Skriptseite durchschnittlich etwa 1,5 Minuten Spieldauer entspricht.
Auf Basis dieser Theorie kann das Skript durchaus strukturiert werden.
Eine andere Methodik ist das sich selbst Vorlesen/Spielen einer Szene unter Zuhilfenahme eines Audiorekorders, um die Spieldauer zu ermitteln.

Ich hoffe, euch einen interessanten Einblick in (m)eine Methodik gegeben zu haben, welche natürlich nicht verbindlich ist.
Mir hat diese Form allerdings ganz gut dazu verholfen, intuitiver zu schreiben.
 

Ben Hofmann

Mitglied
Sprechprobe
Link
Mega! Super aufgeschlüsselt – danke für diesen strukturierten Überblick! Mir hilft diese Herangehensweise beim Schreiben auch enorm, weil sie einem einen Rahmen liefert. Eine Kontrolle sozusagen. Oft sprenge ich selbst aber meine selbst gesetzten Grenzen. :D Wie gehst du beim Schreiben mit spontanen Ideen um, die alles auf den Kopf stellen? Neu schreiben? Im Detail überarbeiten? Verrückt werden? :)

Die y-Achse ist die "Spannung"? Das sieht alles so straight aus, was ist mit Rückschlägen? Oder sind das klassischerweise einfach nur Konflikte/Hindernisse, die trotz einer "Sackgasse" für die Protagonisten, die Spannung auch weiter steigern?

Bei meinen Skripten sind es meist eher 1 Minute pro Seite. Was mich interessieren würde, vielleicht hast du gute Erfahrungswerte (auch wenn es sicherlich schwer genau zu sagen ist): Wie viele Wörter brauchts für ein 40-Minuten-Hörspiel?
 

Tinchen

Autorin, Poetry Slammerin, Sprecherin, Lektorin
Teammitglied
Sprechprobe
Link
@soundjob : Da bewundere ich wirklich deine Disziplin und den Ordnungswillen, der einer phantastischen Geschichte vorausgeht. Chapeau. Als Pantser und nicht Plotter arbeite ich genau gegensätzlich und das merke ich auch im Lektorat. Aber egal, Hauptsache das Ergebnis stimmt.
Und hier die Skizze eines Pantsers, der versucht im Lektorat rückwirkend Strukturen im Skript darzustellen, um sein Gehirn zu entlasten. :ROFLMAO:

IMG_20250614_224029.jpg
 

soundjob

HÖRSPIEL MUSIK AUDIO
Sprechprobe
Link
Wie gehst du beim Schreiben mit spontanen Ideen um, die alles auf den Kopf stellen? Neu schreiben? Im Detail überarbeiten? Verrückt werden? :)
Ja, bei z.B. TRIO habe ich die Geschichte und ihre Welt, nach einem ersten schon fast fertigen Skript ("Der leere Koffer"), noch einmal komplett neu geschrieben.
Ursprünglich handelte es sich beim TRIO um drei reine Jugenddetektive.
Dann kam mir ziemlich am Ende des Skripts spontan die Idee, dass es sich hierbei nicht um Detektive im eigentlichen Sinne, sondern um Reporter einer Schülerzeitung handeln könnte, die lediglich im Rahmen ihrer Zeitungsrecherchen detektivisch ermitteln und somit in Fälle stolpern.
Das gab plötzlich so grundsätzlich völlig andere Rahmenbedingungen und ganz andere Ansätze für Geschichten her und war so der Heureka-Moment, aus einer einzigen Geschichte, plötzlich unendlich viel Zündstoff für eine potenzielle Serie zu haben.
Die "Schülerzeitungsidee" stellte alles komplett auf den Kopf und wieder völlig auf Anfang. 🙃
Aus "Der leere Koffer", wurde somit dann "Die Fahrraddiebe" und hier lediglich die drei Hauptprotas und der maritime Ort "Paradise Creek" übernommen wurden.

Sehr oft gehe ich wie folgt vor:
Im Kopf habe ich zumeist die Idee des Mittelteils und des Finales.
Vom Mittelteil aus, denke ich mich quasi erst einmal zurück zum Anfang, von "B" nach "A", und überlege mir, wie die Geschichte und die Protas überhaupt zum Mittelteil gelangen können.

In der Exposition ist mir die 10. Spielminute ein ganz wichtiger Aspekt, da bis hierhin das Setting mit den Protas und der erste auslösende Moment als Etappenziel, dem Zuhörer bereits vermittelt sein wollen.
Ich habe auch nach Ansicht mit anderen Hörern bei vielen anderen Hörspielen festgestellt, dass die 10-13 Spielminute immer so der "Knackpunkt" ist, wo das Hörspiel entweder für interessant oder eher für uninteressant befunden wird.
Die 10 Minuten-Grenze ist daher für mich eine gewisse rote Linie beim Schreiben, in welcher also schon etwas passiert sein sollte (andeutungsweise oder als 1.Hindernis).
Danach hangel ich mich in etwa der "3er Regel" von Hindernis zu Hindernis, um von der Exposition den zentralen Konflikt zu erreichen und von dort aus in das Finale überzuleiten.
Die Gewichtung der jeweiligen Etappenziele können der Geschichte mitunter ja auch ein zu hohes Tempo geben und ich da versucht bin, in der 1.Halbzeit des Hörspiels, die Dinge noch etwas zu entschleunigen.

Manchmal schreiben sich die Geschichten aus ihrem Kontext heraus wie von alleine und als Autor ist man dann eigentlich nur noch bemüht, ob Plotter oder Pantser, strukturelle Plausibilitäten in den Ablauf zu bekommen. Man ordnet die Dinge, verfeinert diese und hier und da ergänzt man noch etwas, tauscht etwas aus oder lässt etwas weg.

Wenn ich allerdings merke, dass der Flow weg ist und es mehr und mehr eine nur noch Kopf qualmende Anstrengung mit insoweit logisch/plausibel nicht zueinanderpassenden Teilen ist, die einfach nicht passend ineinandergreifen können/wollen, verwerfe ich eine Geschichte auch wieder ohne schlechtes Gewissen.
Wenn eine Geschichte nur noch zu sehr hingebogen werden muss und nicht mehr "fließt", dann hat die Geschichte für mich auch kein Potenzial mehr. 🤷‍♂️
Da halte ich mich auch nicht lange auf und schreibe etwas neues.

Die y-Achse ist die "Spannung"? Das sieht alles so straight aus, was ist mit Rückschlägen? Oder sind das klassischerweise einfach nur Konflikte/Hindernisse, die trotz einer "Sackgasse" für die Protagonisten, die Spannung auch weiter steigern?
Die Y-Achse ist in der Illustration einfach nur eine Wegstrecke und weniger ein dargestellter Spannungsbogen.
Der finale Höhepunkt als gewichtigstes Etappenziel bzw. wie in Modell C, ein gewichtig vorgreifendes Ereignis als Rahmen für die darauf folgende Geschichte und die Wegstrecke über die Etappenziele mit den klassischen Hindernissen, wie z.B. bei einer "3er Regel", welche die Protas ja 3xMal scheitern lassen. bevor sie im Finale siegreich sein werden.
Man kann das auch natürlich insoweit als kontinuierlich wachsenden Spannungsbogen betrachten, aber vielmehr ist es eigentlich eine an Bedingungen verknüpfte definierte Zeitlinie, in welcher ich Etappen erreicht haben möchte.

Bei meinen Skripten sind es meist eher 1 Minute pro Seite. Was mich interessieren würde, vielleicht hast du gute Erfahrungswerte (auch wenn es sicherlich schwer genau zu sagen ist): Wie viele Wörter brauchts für ein 40-Minuten-Hörspiel?
Das hängt natürlich von der Komplexität der Geschichte ab.
Manche Geschichten kommen auf Grund einfacher Sätze mit 5000 Wörter aus, manche brauchen weit mehr Wörter, weil dort (zu)viel "Erklärbär" drin steckt.

Ich rechne in meinen Geschichten zumeist auch in Takes mit einfachen Sätzen.
100 Takes= ca. Spielminute 13
200 Takes= ca. Spielminute 26
290 Takes= ca. Spielminute 40
Da ich auch viele Musikstücke in meinen Hörspielen verwende, komme ich so zumeist auf 45 Minuten (+/- 3 Minuten, inkl. Credits.

Und wie gibst du deinen Geschichten Struktur und Timing ?

@soundjob : Da bewundere ich wirklich deine Disziplin und den Ordnungswillen, der einer phantastischen Geschichte vorausgeht. Chapeau. Als Pantser und nicht Plotter arbeite ich genau gegensätzlich und das merke ich auch im Lektorat. Aber egal, Hauptsache das Ergebnis stimmt.
Und hier die Skizze eines Pantsers, der versucht im Lektorat rückwirkend Strukturen im Skript darzustellen, um sein Gehirn zu entlasten. :ROFLMAO:

Anhang anzeigen 35910
Du meine Güte, die Weltreise des Pantser-Sonnensystems kannst ja echt schon in einer Gemäldegalerie ausstellen 😁
Pantst du allerdings mehr intuitiv oder im Bauchgefühl wild drauf los ?
 
Zuletzt bearbeitet:

Tinchen

Autorin, Poetry Slammerin, Sprecherin, Lektorin
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Ich habe nie ein Konzept gehabt. Es beginnt immer mit einem Dialog zwischen zwei Personen oder einem Gedanken-Monolog. Das muss immer witzig sein, weil dann mein Gehirn meint, es wäre unterhaltsam das weiterzuspinnen. Dann haben die Figuren auch ruckizucki Namen und ein entsprechendes Setting, durch das sie sich bewegen. Kopfkino läuft ungefragt, was auch im Alltag schon zu verwirrenden Situationen geführt hat. :ROFLMAO: Und so gehen diese Figuren in meinem Gehirn spazieren, kriegen durch Alltagssituationen Input und laufen manchmal zu weit von einem logischen Weg ab, den ich mitschreibe, dass es auch mal vorgekommen ist, dass ich 150 Romanseiten gestrichen habe, um nicht zu viel rückwirkend an zig Stellen reparieren zu müssen, was immer die Gefahr birgt den Überblick zu verlieren.
So wie du schreibst, verwirfst du dann die ganze Story, aber mich reizt das Potential und mein Herzblut, daran festzuhalten. Im Grunde weiß ja keiner, der später diese Geschichte konsumiert, wie viel Arbeit es war. Es gibt Bücher, die ich so gruselig ungeordnet finde, dass ich schon bei Leseproben abbreche, aber es sind Bestseller (zB Fitzek). Also habe ich gelernt: Nicht ich entscheide, ob die Geschichte es wert ist gelesen / gehört zu werden, sondern die Konsumenten. Und so bleibt der Ehrgeiz, sie hinzustellen, wenn das Potential reicht. Manchmal brauchen sie einen längeren Schlummer in einer Schublade, aber meistens sind sie es wert.
Hätte ich ein strukturierendes Konzept, in das ich die Geschichten packe, würde mir der Spaß fehlen, denn dann können sich meine Kopfkino-Protagonisten nicht frei in meiner Phantasie austoben (und manchmal in die falsche Richtung laufen).
Daher glaube ich auch, dass Plotter sehr effektiv schreiben und produzieren können und Pantser eher nicht. Weiß aber nicht, ob es darüber wahre Ergebnisse gibt.
 

soundjob

HÖRSPIEL MUSIK AUDIO
Sprechprobe
Link
Hätte ich ein strukturierendes Konzept, in das ich die Geschichten packe, würde mir der Spaß fehlen, denn dann können sich meine Kopfkino-Protagonisten nicht frei in meiner Phantasie austoben (und manchmal in die falsche Richtung laufen).
Daher glaube ich auch, dass Plotter sehr effektiv schreiben und produzieren können und Pantser eher nicht. Weiß aber nicht, ob es darüber wahre Ergebnisse gibt.
Ich denke, dass das Plotten auf Grund der strategischen Vorgehensweise, die Geschichte praktisch in ein Line-Up eines vordefinierten Konzepts zu klemmen, zwar schneller zu fertigen Ergebnisse führt, aber im Gegensatz zum Pantser, dafür auch mitunter weniger flexibel ist.
Als Pantser schreibt man ja auch viel dynamisierter und emotionalisiert facettenreicher, was Figuren und ihre Interaktionen betrifft, welche mehr unerwartete Handlungen und Wendungen hervorrufen wird, die dann mit ihren vielen Fäden zu einem funktionierend führend roten Faden verwoben werden müssen.

Während der Plotter quasi eine handlungsgebundene Struktur hat, in der es die Geschichte/Figuren noch zu dynamisieren gilt, hat der Pantser die Dynamik seiner Figuren/Geschichte, welche in eine Struktur untergebracht werden möchte.
Im Grunde hört es sich einfach ganz leicht an und die Frage im Raum steht, warum man denn dann nicht einfach die Welt aus beidem vermengt ?

Weiß natürlich jeder Pantser und Plotter, dass das viel einfacher gesagt als getan wäre 😁, da der eine lieber in intuitiver Freiheit (Chaos) agiert und der andere in methodischer Ordnung.
Es ist aus der inneren Gewohnheiten und Wegen heraus nicht einfach, als würde man nur mal eben nur einen Schalter umlegen müssen... aber man kann sich ein bissl was von beiden Welten aneignen.
Nur meine ich, die Wege und Denke des anderen komplett zu übernehmen, funktioniert nicht so wirklich.

Aber man kann sich recht gut ergänzen und über die Tellerränder hinaus neue Draufsichten erarbeiten.
Mit meinem Kumpel habe ich ja auch schon zusammen Geschichten geschrieben und wir können unterschiedlicher nicht sein 😁
Er, der wild darauf los Schreiber:"Ich hab hier ein paar Interessante Figuren, die dies und das machen... bau´ mal ein Geschichte daraus !"
Und ich, der strukturiert denkt: "Ich hab hier eine nettes Gerüst einer Geschichte, aber mach mir die Figuren in ihrer Handlungsweise und Eigenschaften mal mehr Plemmplemm, bzw. dynamischer !"
Dann entstehen fruchtende Diskussionen von, "hier und dort müsste der Charakter gegen die Erwartung so und so handeln", bis hin zu "aber dort muss die Geschichte soweit fortgeschritten sein, sonst interessiert sie niemanden mehr, wie die Charaktere handeln" !

Sich ergänzen kann wunderbar funktionieren, aber ich denke auch, dass der eine eben nicht die komplette Vorgehensweise des anderen übernehmen kann... ein bissl was mitnehmen, ja, das schon, ein gewisses Mittelding eben... aber es soll sich ja auch niemand völlig verbiegen und der Pantser zum Plotter, sowie der Plotter zum Pantser werden, meine ich... vor allem im Team nicht, da es ja die Kontraste sind, die einander beflügeln, oder ?

@Tinchen Folgst du denn als Pantser gewissermaßen auch einer Outline ?
 

Tinchen

Autorin, Poetry Slammerin, Sprecherin, Lektorin
Teammitglied
Sprechprobe
Link
Es hat eben jeder seine Art seine Kreativität zu nutzen und so soll es ja auch sein.
Ich denke, dass das Plotten auf Grund der strategischen Vorgehensweise, die Geschichte praktisch in ein Line-Up eines vordefinierten Konzepts zu klemmen, zwar schneller zu fertigen Ergebnisse führt, aber im Gegensatz zum Pantser, dafür auch mitunter weniger flexibel ist.
Als Pantser schreibt man ja auch viel dynamisierter und emotionalisiert facettenreicher, was Figuren und ihre Interaktionen betrifft, welche mehr unerwartete Handlungen und Wendungen hervorrufen wird, die dann mit ihren vielen Fäden zu einem funktionierend führend roten Faden verwoben werden müssen.
Das unterschreibe ich gern sofort.
Deshalb fand ich die Shortie Challenges so wichtig zum Lernen, weil ein Thema vorgegeben war und die Laufzeit. Für mich auf die Spitze habe ich es getrieben mit dem letzten Shorty, für den ich mir von den Crazy 5 die zeitliche Einengung genommen habe. Eigentlich für meine Denke und Arbeitsweise konträr. Aber so kam ein Stück heraus, das überhaupt nicht meiner Art und meiner Phantasie entsprach, ich war selbst von mir schockiert. Wahrscheinlich fängt mein Gehirn an dunkel zu denken, wenn ich es unter Druck setze. Also lieber sein lassen! :eek:
Auch sehe ich es als Lektor als meine Pflicht an, mich mit den verschiedenen Schreibprozessen wenigstens etwas zu befassen, um die Denke des Schaffensprozesses anderer Autoren zu verstehen und mich nach denen zu richten. Denn das wäre ja das blödeste, was passieren könnte, wenn man etwas vorgegeben kriegt, was einem nicht entspricht. Trotzdem versuche ich - da es mir als Pantser, wie du es so gut beschrieben hast, eben liegt die Charaktere auch emotional tiefer zu gestalten-, das in andere Skripte mit einzubringen. Wenn der Autor es akzeptiert. Denn man kann Geschichten für sich schreiben, dann ist es egal wie sie da stehen. Aber wenn man sie veröffentlicht, sollte für die größtmögliche Konsumentenzahl ein gutes, rundes Ding angeboten werden.

@Tinchen Folgst du denn als Pantser gewissermaßen auch einer Outline ?

Nein. Wenn ich für mich schreibe und nicht für Anthologien, Challenges, Buchreihen, etc folge ich nichts und niemandem, außer meiner Phantasie. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:

Ben Hofmann

Mitglied
Sprechprobe
Link
Danke euch. Super spannend, wie die verschiedenen Herangehensweisen hier vorgestellt werden. Das zeigt echt, wie vielfältig das Arbeiten an Hörspielen sein kann. Und doch bleibt ja wichtig: das Endergebnis. :D

Ich starte meistens ganz klassisch mit der 3-Akt-Struktur als Grundgerüst. Innerhalb dieser Struktur arbeite ich dann iterativ – ich schiebe, verwerfe, baue um, bis sich alles stimmig anfühlt. Dabei entwickeln sich Figuren, Settings und Orte ganz natürlich mit.
Wenn das grob steht, schreibe ich die einzelnen Szenen. Diese überarbeite ich allerdings immer wieder – und wieder – und wieder. Oft fällt mir erst beim Schreiben des Dialogbuchs auf, was noch fehlt oder wo etwas nicht funktioniert. Man merkt beim Schreiben einfach: Manche Dinge klangen in der Theorie gut, ergeben im Dialog aber plötzlich keinen Sinn mehr. Oder es fehlt etwas Entscheidendes.

Dieser Teil ist für mich gleichzeitig einer der spannendsten, aber auch frustrierendsten. Dialoge schreiben sich fast "automatisch" (naja, schön wäre das, ist verdammt viel Arbeit, aber ihr wisst, was ich meine). Die Figuren und die Geschichte entwickeln sich dadurch immer weiter – manchmal sogar in ganz neue Richtungen. Und ja, manchmal verrenne ich mich dabei auch total. Deshalb bin ich immer extrem dankbar für ehrliches Feedback von außen. Man steckt oft so tief in seinem eigenen Loop, dass man den Blick für das große Ganze verliert. Vor allem weil ich Ideen auch nicht so schnell wieder verwerfe, sondern - wenn ich davon überzeugt bin - so lange schiebe, bis es eine sinnvolle Geschichte zu ergeben scheint. :D
 
Oben