• Blut-Tetralogie   Dark Space
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radiojoerg

Hallo zusammen,

Immer wieder gibt es beim Produzieren den einen oder anderen Lacher. Outtakes, Situationskomik oder, wenn man sich einfach in einen fast zufällig entstandenen Running Gag hineinsteigert. Aber ein weiteres Lach-Potential haben doch die Sessions, wo der emsige Hörspielmacher in sämtlichen ihm zur Verfügung stehenden Sound-Libraries nach einem Sound oder einer Atmo sucht und trotz gewissenhafter Recherche nicht fündig wird. Dann gibts nur eins: Selber machen! Dabei kann man sicher so einiges erleben oder sich über die maßen in Sachen Ideen oder körpereinsatz verausgaben. Wenn Ihr so ein Erlebnis habt, dann sagt es doch einfach hier und laßt uns teil haben.

Da ich nun mit gutem Beispiel voran gehen will, fange ich gleich mal an.
Mein Erlebnis stammt aus einer Zeit, wo an VST-Effekte und mächtige editing-Tools noch kaum zu denken war. Es gab diese hauptsächlich nur für den Mac und der war unerschwinglich. Trotzdem bin ich schon immer ein Fan davon, Szenen so zu zeichnen, dass der berühmte [Kino für die Ohren-Effekt] eintritt.
So produzierten wir damals bei Radio Aktiv berlin, einem ehemaligen Arbeitgeber zusammen mit einer Jugendgruppe eines Anti-Drogen-Projekts ein Hörspiel mit dem Titel "IBLUKE", was ausgeschrieben so viel bedeutet wie: Ich bin liebenswert und kann etwas. Dabei ging es in der Hauptsache um ein Mädchen, die versucht, aus der Außenseiterrolle herauszukommen. Eine der Schlüssel-Szenen dieses 18-minüters spielte in einem Stadtbus in Berlin. Wie nun also die Fahrt in einem Bus simulieren? Klar, Fahrtgeräusche, sogar mit authentischen Ansagen, kein Problem. Dazu begab ich mich einige Tage vorher mit meinem damaligen Aufnahmegerät, einem Sony MZB100 MiniDisk-Recorder auf die laaange Reise nach Berlin Pankow. Ich wohnte damals in Berlin Spandau. Na, das war ja einfach. Die Busaufnahmen machte ich mit OKM-Mikrofonen wobei ich darauf verzichtete, sie in die Ohren zu stecken, da ich wußte, ich werde Probleme beim Aufnehmen der Szene bekommen bezüglich eines Binauralen Signals. So baute ich mir ein kleines Drahtgestell als Abstandhalter. War für die damaligen Verhältnisse echt prima und so gut, dass ich, wenn ich auf die Schnelle eine Busfahrt bräuchte, diese Atmo durchaus noch heute einsetzen könnte, vom Resampling von 32 000 KHz mal abgesehen.

Nun kommen wir zum komplizierteren Teil. Die Szene so zu spielen, dass sie sich in die Atmo einfügte. Im Studio trocken einzusprechen und zu bearbeiten war einfach nicht möglich. Es fehlte zum ersten an den Effekten, ein Alesis Midiverb III, das damals zur Verfügung stand, brachte nach viel herumspielen einfach nicht den gewünschten Umgebungsschall eines Busses her. Auch die Tatsache, dass unsere damaligen Studioräume alles andere als schalltod waren, verurteilten dieses Vorhaben zum scheitern. Was tun? Da kam mir die rettende Idee. Tags darauf, als ich eine PA von einer Veranstaltung zusammen mit einem Kollegen zurückholte standen wir im Fahrstuhl. Ich hatte meine Bus-Umgebung gefunden. Kurzer Hand zwängte ich mich mit der ganzen Schauspielertruppe, "9 Leute" irgendwie in den plötzlich viel kleiner gewordenen, und nur für 8 Personen ausgewiesenen Fahrstuhl. Das Ganze wurde daraufhin noch authentischer, weil 1. der Umgebungs-Schall einfach perfekt paßte und 2. auch noch die allmorgentliche Kuschel-Orgie in einem völlig überfüllten Stattbus super simuliert werden konnte. Eine normale Stereo-Mikrofonierung mit 2 Overheads war zwar sicher nicht das Gelbe vom Ei, aber es klang nicht nur brauchbar sondern wirklich gut. Kleiner Wermutstropfen: Die ganze Sache war im Juli und es war drückend heiß. Ich war nie mehr froh, endlich aus einem Fahrstuhl aussteigen zu dürfen und Andere, die ihn benutzen wollten sicher auch, denn nach eingesprochener Szene konnten wir dann auch den Schalter für den Nothalt wieder in normale Position bewegen.
 
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Phollux

Robert Kerick
Sprechprobe
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AW: Kreativität beim Geräusche machen - Euer komischstes Erlebnis beim Aufnehmen

Wie sagt man so schön: Kreativität kennt keine Grenzen! :D Aber das ist ja das Spannende daran. Diese Kuschelorgie bei sengender Hitze kenn ich gut. Ich fuhr mal im Hochsommer mit ner Bahn, in der die Klimaanlage nicht funktionierte (natürlich konnte man die Fenster auch nicht öffnen) Zudem hatte ich einen Stehplatz in einer Meute aus hunderten besoffenen, schwitzenden und grölenden Fußballfans. Als ich am Ende die Bahn verließ war ich nassgeschwitzt bis auf die Knochen und musste zudem erkennen, dass es nicht mein eigener Schweiß war.:eek:[sick]
 

Ellerbrok

Sprecher, Cutter & Fledermaus
Teammitglied
Sprechprobe
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AW: Kreativität beim Geräusche machen - Euer komischstes Erlebnis beim Aufnehmen

Solange es nur SCHWEIß war..... sage ich mal Glück gehabt :D
 
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radiojoerg

AW: Kreativität beim Geräusche machen - Euer komischstes Erlebnis beim Aufnehmen

Oh ja! In der Nähe von München, wo ich mich ja befinde, nimmt das zu Oktoberfest-Zeiten wirklich leckere Formen an.
 
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