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Themenstarter/in
@Slowfox Nur eine kurze Frage: Was ist das eigentlich für ein Bild, in deinem ersten Post? Sieht interessant aus.![]()
Jo Peter,
das war ein richtig spannendes Theaterprojekt zur Kulturhauptstadt Graz 2003 und eine Tolle Zeit.
Da hab ich mit dem Regisseur und Autor Alex Löblein, eine Woche in einer Fischerhütte in der Steiermark gehockt und wir haben versucht, den erst auf den letzten Drücker fertig gewordenen Text in mein Hirn zu Prügeln, und dabei Karpfen zu angeln.
Einen haben wir sogar herausgezogen, und köstlich zubereitet.
In der Innenstadt von Graz habe ich bei der 1. OpenAir Fussballweltmeisterschaf der Obdachlosen mitgefiebert. (Mein erstes mal im Stadion. War Großartig. Und Österreich wurde auch noch zum ersten mal Fußballweltmeister!!!) Habe bei diesen Architekturstudenten –

– die für eine Weile auf einem Baugerüst wohnten, ganz Oben, in schwindelnder Höhe einen fast dichten Swimmingpool gebaut, in dem wir in der steirischen Sommerhitze gelegen sind und Cocktails geschlürft haben. Ich habe etliche interessante Künstler kennengelernt und nochmehr ungewöhnliche Dinge erleben dürfen. In Acconchi an der Mur bin ich Staats- und beinahe sogar Ehrenbürger geworden. (Aber das ist eine eigene Geschichte.)
Und eine flatterhafte Geliebte von mir war Artist in Residence in einer wunderschönen Galerie – in der Altstadt durch die wir des Nachts flaniert sind – mit einem großen Bett...
Wie gesagt eine tolle Zeit.
Wir haben dann noch Sprachaufnahmen für eine Akustikinstallation, in dem Studio des freien Radios Graz aufgenommen, die bei besagtem Theaterprojekt, wegen dem ich überhaupt in der Europäischen Kulturhauptstadt war, unter den hölzernen Beetbänken der St. Andrä Kirche, in der das Ganze stattgefunden hat, erklungen sind. Der Pfarrer ist ein toller Mensch und Liebhaber moderner Kunst. Er ließ uns sogar jeden auf die Kanzel steigen und den anderen im Vorfeld der Proben eine ernsthafte Predigt halten.
In dieser Kirche haben wir dann jedenfalls gespielt. Ich bewegte mich die ganze Zeit, wie eine Spinne in einer 3 - 12 Meter hohen Netztkonstruktion und habe meinen anderthalbstündigen Orest-Monolog gehalten. Da es uns nicht ganz gelungen war, den mir ins Hirn zu brennen, hatten wir uns dazu entschieden, mir einen Knopf ins Ohr zu stecken, über den mir Alex den Text simultan eingelesen hat. Das hat fantastisch funktioniert. Und es bot uns im Vorfeld des Monologs noch die Möglichkeit – in einer Performance, in der ich durch das Publikum gegangen bin und die Menschen, als messianische Figur, in Gespräche verwickelt habe – mir die unglaublichsten passenden Zitate zu soufflieren, die ich entgegnen konnte, ohne das das Publikum von diesem Trick etwas mitbekommen hat. Alex hat hinten die ganze Zeit in Büchern geblättert und im Internet gesurft.
Das geht mir jetzt echt nahe, da ich all das aufschreibe. Nach sieben Jahren, in denen diese Erinnerungen vollständig verschüttet waren im körperlichen Schmerz und der Dumpfheit der Medikamente, ist es ein so großes Geschenk sie wieder zurück zu bekommen, dass ich darüber bitterlich weinen muss...
...vor Glück.
Danke Peter, dass Du mir mit Deiner Frage den Schlüssel zu ihnen gereicht hast!
Boris

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