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Mucketier, Tontüte & Hörspielfrisör
Sprechprobe
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Die gröbsten Fehler, die du bei einer Hörspielproduktion begehen kannst... oder „Warum wird mein Hörspiel wohl nie fertig werden“ ?
Zeitmangel, Aufwandsunterschätzung und Demotivation sind die häufigsten Ursachen beim Stillstand einer Hörspielproduktion.


ZEIT
Man unterschätzt den Faktor Zeit, welcher ausreichend zur Verfügung stehen muss, um eine Produktion sowohl in Angriff zu nehmen, durchzuhalten, als auch zum Abschluss zu bringen.
Job, Familie und andere unerwartet wie plötzlich eintretende Umstände, wie z.B. ein Krankheitsfall oder technische Defekte etc. können Produktionszeit und beste Pläne über den Haufen werfen.

Es wird mitunter vergessen, einen realistischen Zeitpuffer in seine Planungen mit einfließen zu lassen, welcher einerseits genügend Luft zum produzieren lässt, als auch andererseits einen zu intensiven Druck einer zu knapp bemessenen Deadline rausnimmt, um das Hörspiel auch mit ausreichend Energiereserven abschließend fertigstellen zu können.
Du wirst Energiereserven brauchen, denn ein Hörspiel kann dich z.B. in heißen Sommermonaten unter schwitzenden Kopfhörern an deine physischen, als auch mentalen Leistungsgrenzen bringen.


DEADLINES
Nicht damit wir uns falsch verstehen... man braucht auch eine Deadline !
Die Deadline ist der zu überwindende innere Schweinehund einer rieselnden Sanduhr, um dein Ziel nicht nur erreichen zu wollen, sondern auch am Ball bleiben zu müssen.
Bemesse deine Deadline nicht zu knapp, jedoch auch nicht zu ausgedehnt.

Eine Hörspielproduktion wird mehrere Wochen effektive Arbeitszeit wie Einsatzbereitschaft kosten, diese aber im Vorfeld auf bis sogar vielleicht mehrere Jahre auszudehnen zu wollen, wird eher selten zu einer mit Interesse verfolgten Umsetzung führen und erweckt bei den Beteiligten vielmehr den Eindruck einer „Larifari“-Einstellung zum eigenen Projekt seitens des Producers.

Getreu dem Motto des „Schnee von Gestern“, wird das Resultat etwaige Mitwirkende nach einer gewissen Weile nicht mehr weiter interessieren, bis hin zu spürbar gleichgültig werden, wenn es mit der Produktion nicht erkennbar voran geht, was wiederum zu schleichender Demotivation führt.
Auch für künftige Projekte wirken zu lange Produktionszeiten von Vorgängerprojekten abschreckend auf Beteiligte und weitere Mitwirkungsbereitschaften, denn es liegt in der endorphingesteuerten Natur des Menschen, mit Resultaten absehbar belohnt werden zu wollen.


UNTERSCHÄTZUNG
Organisation ist das „A“ und „O“ einer Hörspielproduktion.

Abgesehen von der Autorenseite, seine Geschichte in ein spielfertiges Skript zu transportieren und einem prüfendem Lektorat mit Korrekturschleifen zu unterziehen, wird der erste große Knackpunkt das Zusammenstellen der zum Hörspiel passenden Mitwirkenden sein (u.a. Sprecher/innen etc.), als auch das Projekt von nun an zum Leben zu erwecken und verwaltend zu managen.

Insbesondere zu Beginn einer Produktion eine äußerst zeitaufwendige Phase, welche recht viel Zeitaufwand, multitaskingfähige Kommunikation und Betreuung benötigt.

Gut 30% einer Produktionszeit geht in die administrative Vorbereitungsphase und Betreuung drauf, in welcher u.a. ein Sanduhr rieselndes Casting gestartet, die Rollenvergabe stattfindet, eine Produktionsgruppe mit allen für das Hörspiel wichtige Informationen zusammengetragen, in angelieferte Aufnahmen/Takes bzgl. Fehleranalysen gegengehört und Korrekturen angefordert, inklusive weiterer Dinge für das Hörspiel zusammengetragen werden... und und und, in welcher allerdings noch nicht eine einzige Sekunde Hörspiel produziert ist.


AUSZEITEN, ABSCHWEIFUNGEN UND DEMOTIVATION
Der zweite große Knackpunkt ist natürlich der Prozess der kreativen Hörspielumsetzung im Projekt (Schnitt, Arrangements, Mix etc.), welcher Energie und Reserven kosten wird.

Selbstverständlich braucht man auch gelegentlich gesunden Abstand zur Produktion und nötige Erholungsphasen, was sich insbesondere in der Mitte und zum Ende einer Hörspielproduktion abzeichnen wird.
Auch eine explizite Jahreszeit macht Auszeiten vom Projekt notwendig, wenn z.B. schweißtreibende Sommertemperaturen das Arbeiten unter einem Kopfhörer und aufgeheizten Räumen teils unerträglich machen, als auch nasskaltes Erkältungswetter krankheitsbedingt zu Zwangspausen führt.
So oder so, sollte man auch aus gesundheitlichen Aspekten Abstand zum Projekt berücksichtigen, denn ein Hörspielprojekt sollte selbstverständlich nicht die eigene Gesundheit beeinträchtigen.

Nicht selten aber, um auch nicht das immer gleiche Lied seines eigenen Hörspiels hören zu wollen, ist es ganz natürlich, dass man Abwechslung sucht und braucht... ein Jeder kennt die Metapher vom „täglichen Vanille-Eis“, bzw. bevorzugter Geschmacksrichtung.
Doch hier ist auch Vorsicht geboten !
Ehe man sich versieht, ist man mit Hinblick des Wunsches nach etwas Abwechslung, außerhalb seiner Produktion mitunter schnell und verhältnismäßig viel wie stark in andere Produktionen eingebunden.

Das kann über kurz oder lang zum Killer des eigenen Hörspiels und der Motivation führen, die Produktion fortzusetzen.
Einerseits kostet die Mitwirkung in anderen Projekten Zeit und Energie, die andererseits im Vorhaben seiner eigenen Projektumsetzung fehlt.
Wer sich schon dabei ertappt, dass er quasi vor seiner eigenen Produktion in andere Produktionen regelrecht „flüchtet“, wird nur wieder schwer den inneren Schweinehund überwinden, sich aufnehmend weiter mit seinen eigenen Sachen beschäftigen zu wollen.
Die Verlockungen außerhalb des eigenen Projekts sind vielfältig wie groß und können vom eigenen Weg und Ziel schnell wegführen.


WIE KANNST DU VIELE FEHLER VERMEIDEN ?
Ganz vereinfacht gesagt, behalte deinen Fokus über den langen Weg deiner Hörspiels zielgerichtet auf dein Projekt und halte auch ein innerlich alarmrot leuchtendes Stoppschild bereit, auf dem „Achtung, du verlierst deinen Fokus !“ steht, damit du dich wieder in Phasen von Auszeiten und Abschweifungen, deinen Aufgaben widmest.
Dieses Stoppschild wird zur rechten Zeit gezogen effektiver sein, als die mühselige Auseinandersetzung mit inneren Schweinehunden !


ZEITMANAGEMENT
Tempus fugit, also setze dieses oft knappe Gut effizient ein.

Ein großer Teil der Produktionszeit kommt administrativen Dingen zugute, in welcher Kreativität auf der Strecke bleibt. Muss sie allerdings nicht !
Insbesondere in dieser Phase, in welcher du z.B. vom Casting über das Einsprechen und Anlieferungen von Aufnahmen wartest, muss auch nicht abwartend Däumchen gedreht werden.

Hast du denn für dein Hörspiel u.a. die Musiken und Sounds etc. zusammen ?
Was kannst du noch während etwaigen Wartezeiten kreativ im Vorfeld erledigen, damit du später produktiv durchstarten kannst ?
Hast du genügend freien Speicherplatz auf deiner Festplatte und muss nicht später, während sich durch ein neues Projekt wiederum Gigabytes an Material ansammeln, andere Dateien erst mit zeitraubenden Backups sichern ?

Organisiere dich !

Viele Dinge die im Vorfeld erledigt werden könnten, werden dich später in der produktiven Phase mitunter nur doppelt und dreifach aufhalten und zurückwerfen.
Also nutze die Zeit im Vorfeld, damit sie dir im Nachhinein nicht zusammen mit der Deadline-Sanduhr unter den Fingern verrinnt.

Egal welchen Zeitplan du dir auch aufstellst, so und so viele Tage für „dies“, so und so viele Wochen für „das“... plane gleich mindestens 4 Wochen mehr Zeit als Puffer ein, um etwaige Erholungsphasen als auch unerwartet kleinere Umstände, wie z.B. das Rasenmähen oder die lange vor sich hergeschobene Fahrradreparatur, fälliger KFZ-Werkstattbesuch etc. berücksichtigen zu können.

Ganz zu schweigen von familiären Aufmerksamkeiten wie der beinahe vergessene Hochzeitstag oder der geplante Wochenendtrip mit Freunden etc.
4 zusätzliche Wochen mehr, solltest du mindestens einplanen... du wirst sie brauchen !


ABSCHWEIFUNGEN UND DEMOTIVATION ENTGEGENWIRKEN
Abwechslung und sich auch mit anderen Dingen außerhalb seines Projekts zu beschäftigen und beschäftigen zu dürfen, muss und darf sein.

Hier sollte dann aber auch rechtzeitig das innere Stoppschild parat liegen und gezogen werden, wenn man bemerkt, dass man eigentlich vielmehr den Symptomen einer „Projektflucht“ zu unterliegen scheint.

Halt ! Das Rollenangebot, die Aufgabe von XYZ ist zwar verlockend, aber ich habe mich um meine eigenen Sachen zu kümmern !“
Das ist eine ganz einfache, wie pragmatische und konsequente Entscheidung, für die man sich weder rechtfertigen, noch entschuldigen muss.

Verliere deinen Fokus nicht aus den Augen, welcher insbesondere auch darauf liegt, dass du gegenüber den Mitwirkenden in deinem Projekt auch eine gewisse (ungeschriebene) Verpflichtung eingegangen bist.
Erinnere dich mit dem Stoppschild rechtzeitig an deine Verpflichtung, bevor du dich vlt. zu abschweifend anderen Aufgaben stellst.
Je mehr du mit einer Projektflucht deinen Fokus verlieren wirst, um so schwerer wird der Kampf mit inneren Schweinehunden sein... vlt. sogar unüberwindbar.


Wie findest du in dein Projekt wieder zielführend(er) zurück und rein ?
Jeder kennt das: Es gibt Phasen und Stellen in der Hörspielarbeit, die erscheinen einem gegenwärtig gerade unliebsam, weil sie vlt. akut zu komplex, zu fordernd oder auch einfach zu langweilig erscheinen.

Eine solche Phase hat jeder einmal in seiner Projektarbeit. Das ist ganz natürlich.
Dann ist es hilfreich, sich mit anderen produktiven Dingen im Hörspiel zu beschäftigen.
Zum Beispiel:

Im nächsten Kapitel habe ich diese Szene mit dieser witzig-skurrilen Atmo drin, auf welche ich mich eigentlich mehr freue, die ich dann aber auch erst noch basteln muss !“
Irgendwie ist mir die Stimme von X und von Y, wie auch von Z, im Hörspiel zu basslastig oder jene Stelle konnte ich nicht vom Sound so gut verstehen. Vielleicht sollte ich da mit dem EQ und den Lautstärken noch einmal ran ?“

Was auch immer im Hörspiel anliegt, gegenwärtig, künftig oder rückwirkend... setze dich einfach dran und mache etwas am Hörspiel.

Wenn dir das Basteln einer Atmo aus dem erst nächsten Kapitel gerade mehr Freude machen würde, dann bastel diese Atmo.
Wenn dir die aktuelle Szene gerade zu fordernd scheint, dann überprüfe ggfls. noch einmal etwaige ungünstige Lautstärkeverhältnisse an einer anderen Stelle und optimiere diese.

Was auch immer du machst, bleibe im Hörspiel irgendwie am Ball und beschäftige dich mit evtl. dir gerade zusagenderen Aufgaben im Hörspiel, als die eigentlich anstehende, vlt. unliebsamere Aufgabe. Das ist okay.
Die Zuwendung hin zum eigenen Projekt, wird dich auch wieder mehr ins Projekt ran und zurückführen und die kleinen Erfolgserlebnisse bewältigter Aufgaben, ob vorgreifend oder rückwirkend, dir neben Routine, auch wieder Kraft für das Wesentliche im Hörspiel geben.
Die Fertigstellung. Das passiert fast schon automatisch.


Ein Wort noch im eigenen Ermessen:
Es gibt Menschen, die sind aus jenem Holz geschnitzt, welche mit den Herausforderungen und Aufgaben wachsen.
Jene, die multitaskend den Druck und Stress vieler Aufgaben regelrecht brauchen und der steinig zu bewältigende Weg vielmehr das eigentliche Ziel ist.

Und es gibt jene Menschen, die unter solcher Last schneller überfordert brechen, was allerdings weder schlimm noch irgendwie verwerflich ist.
Das ist menschlich- und wir alle sind gottseidank (noch) keine Maschinen. Müssen wir auch nicht sein !

Nur musst du auch ehrlich zu dir selbst sein, zu welcher Gruppe du dich eher zugehörig fühlst, denn es ist mit Hinblick der Umsetzung eines Hörspiels auch anderen Mitwirkenden gegenüber nur fair, dass diese sich darauf verlassen können, dass ein Projekt auch zum Abschluss gebracht wird.

Ich sehe es hin und wieder, das Projekte seit Jahren(!) in der Mache, bzw. eher in der Brache liegen und sich dann auch noch simultan mit anderen Projekten beschäftigt wird, die ebenso über die Jahre kaum bis gar nicht vorankommen.
Ein für mich ganz klassisches Paradebeispiel von „Projektflucht“ !

Das eine Projekt ist mir zu anstrengend und mit der Zeit auch zu langweilig geworden und demotiviert mich, also mache ich jetzt doch ein anderes, neues Projekt !“... nur um letztlich wieder vor den gleichen Problemen mit den selben Mustern zu stehen:
  • Zeitmangel
  • Selbstüberschätzung
  • Aufwandsunterschätzung
  • Demotivation
  • Projektflucht
Hier kann ich nur anraten, wenn man eher zur Gruppe von Projektflüchtigen neigt, sich auch wirklich nur um ein einziges akutes Projekt zu kümmern und absehbar auch abzuschließen.

Ein „besser spät als nie“ ist oftmals ein Trugschluss, aus dem vielmehr ein „Niemals“ hervorgeht, weil man in selbe Muster verfällt.
Man beginnt die Dinge, aber bringt sie nicht zu Ende... was bei mehreren Projekten und erhofften Abschlüssen, noch unwahrscheinlicher wird.

Also, bleibt am Ball und sagt euch hin und wieder mit dem Stoppschild in der Hand: „Man muss auch nicht auf jeder oder möglichst vielen Hochzeiten mittanzen. Meine eigene genügt mir gerade !“
 
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