AW: Der erste Schnee
Hallo miteinander,
nachdem ich es nun ein zweites Mal nach der Premiere gehört habe, hat sich vieles, was beim ersten Mal vielleicht nicht so sauber hängen blieb, fester eingebrannt. Und es lohnt sich, denn jedes erneute Hören lässt eine neue Facette erscheinen, ein neues Rätsel und eine neue Interpretation zu.
Das Skript von Franjo ist eigentlich ein typischer Franjo: Sowohl in Death & Salvation, als auch in Parapol - Stolpersteine (um jetzt mal seine bekannten Werke in diesem Forum aufzuführen), präsentieren verletzliche Protagonisten in selbstkritischen Selbstanalysen, die das Geschehen um sie herum kommentieren und bewerten. In dieser Hinsicht bietet "Der erste Schnee" gleich einen doppelten "Franjo".
Aber eben auch etwas neues. Denn obwohl der Hörer Teil hat, an den Gedanken der Protagonisten, so lässt die Erzählweise wie auch das dezente Weglassen bestimmter Informationen, viele Interpretationen zu. Letztendlich bleibt eben durch diesen fehlenden erklärenden Teil dem Hörer etwas hängen, was ihn immer wieder motiviert, sich weiter mit der Geschichte zu beschäftigen. Allein das macht schon ein gutes Skript aus. Nüchtern betrachtet stellt das Hörspiel nur ein paar wenige Fragen: "Was würdest Du tun für die Menschen, die Du liebst? Wie weit würdest Du gehen". Die Antworten finden sich am Ende wieder, wodurch sich der Kreis schließen kann und man dadurch ein fertiges Werk spürt und keine Episode. Unterstrichen wird die Geschichte über die verschiedenen Handlungsebenen, die sich selbst aus der gleichen Ausgangssituation verschiedene Möglichkeiten aufzeigen und sich am Ende wieder zusammenfinden.
Die Sprecher tragen die Szenerie mit. Gefühle wie Angst, Hilflosigkeit, Verwirrung etc. kommen so stark beim Hörer an, dass man sich den Geschichte nicht entziehen kann. Einzig bei Markus bin ich mir nicht so sicher, ob seine Rolle richtig besetzt war. Sicher, die Takes waren allesamt gut. Aber ich hatte immer ein wenig das Gefühl, er würde gleich eine Bluttat begehen. Vielleicht habe ich aber auch zu viele andere Hörspiele in eben dieser Sprechweise gehört.

Besonders gut hat mir Lorraine gefallen. Die Sprechweise bringt genau die Symbiose zwischen Maschine und programmierte Menschlichkeit auf den Punkt. Im Chat war häufig die Rede von "Mutter" aus Alien. Hätte am Ende noch ein "Danke." gefehlt und es wäre perfekt gewesen (oder war das jetzt Douglas Adams? Egal).
Den Schnitt und die Abmischung als Erstlingswerk zu betrachten, ist eigentlich lächerlich. Viel zu homogen wirken die Szenen. Die Übergänge sind sanft platziert, schleichen sich bedächtig ins Ohr und geben noch Eindrücke hinzu, die sich bereits in die Geschichte über die verschiedenen Erzählebenen andeuten. So beginnt man sich schließlich zu fragen: Ist das, was man hört, eine Rückblende, ist diese Szene reell oder gar Fiktion? Alle Geräusche, die Marc hier zum Einsatz gebracht und abgemischt hat, liefern eine beinahe perfekte Komposition mit zwei, drei kleinen Schwächen, die mir beim zweiten Hören aufgefallen waren. Eine wurde bereits erwähnt:
- Die Atmung und die Laufgeräusche waren nicht immer synchron.
- In Szene 10 überlagerte die Musik den letzten Take, dass ich ihn nicht mehr verstehen konnte. Keine Ahnung ob er jetzt so wichtig war.
- In einer anderen Szene unterbricht Erin den Schiffscomputer barsch. Man hört aber eine längere Pause zwischen den beiden Takes.
Sind also nur Kleinigkeiten. Vielleicht sind sie mir auch nur deshalb aufgefallen, da mein letzter Schnitt auch nicht so lange zurück liegt.
Die Musik stammt sowohl aus Marcs Feder als beim ambienten Sound aus diversen Interpreten, von denen mir eigentlich nur ERH aus freesound.org direkt aufgefallen ist. Die Kompositionen von Marc, die oft nur minimalistisch zum Einsatz kommen sind exakt auf die Szene abgemischt und unterstreichen das Hörgefühl um einiges, ohne dabei Aufdringlich zu wirken. Wiederkehrende Themen erhöhen dazu auch den Wiedererkennungswert. Einfach klasse.
Tja, was soll man sagen, außer: Das Ding ist ein Kracher! Aber das hat sich dieses Prädikat eben auch verdient.
Bis dann.