AW: Das Krankenbett (von Robert Frank)
Du hast das wunderbar gelesen, Tim. Sicherlich, über den Schrei kann man reden (Du sagst, Du würdest das jetzt anders machen), aber es ist auch bei Lesungen immer schwierig, die Balance zwischen dem Vorlesen und dem Hörspiel zu halten, sodaß es aus dem Kontext heraus nicht zu arg übertrieben wirkt.
Die Emotionen, die innere Unentschlossenheit, den Konflikt, eine totkranke Person vor sich zu haben, die einem so viel angetan hat, jetzt aber nur noch verletzlich, auf einen angewiesen ist, einen an das Band der Verwandtschaft fesselt, hast Du sehr gut zum Ausdruck gebracht.
Der Text an sich hat das ebenfalls ziemlich gut dargestellt. Das Schäbige an Vergewaltigungen ist allerdings auch, daß sie auf einer Schuldebene stattfinden - Mißbrauchte geben sich nicht selten lange Zeit selbst die Schuld an dem, was ihnen passiert ist. (Selbst bei Kindern, die "nur" häufig verprügelt werden, findet man ähnliche Probleme). Sodaß Betroffene des Öfteren in dieser konkreten Situation vor dem Problem stehen, daß die alten Konflikte wieder zurückkommen - kümmert man sich um den Angehörigen, der Hilfe benötigt, oder aber unterläßt man es? Wenn man es unterläßt, macht man sich dadurch nicht schuldig, versündigt man sich nicht an dem Menschen, mit dem man doch immerhin blutsverwandt ist?
Würde ich einen solchen Text schreiben, würde ich mich darauf fokussieren. Aber das ist keine Kritik, sondern nur eine ergänzende Anmerkung - für das was es ist, ist der Text großartig. Und beim Selbstlesen erscheinen mir die Emotionen deutlich, logisch und nachvollziehbar.
Die Musik verleiht dem Ganzen etwas Surreales. Das ist Geschmackssache. Der Effekt ist sicherlich nicht schlecht, auch bei diesem Thema - aber andererseits fühlte ich mich da etwas "nebenstehend".
Alles in allem: Wirklich sehr gelungen und man merkt, daß Dir die Vorlage sehr gefallen hat, Tim! :thumbsup: