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Themenstarter/in
Wie einige vielleicht mitbekommen haben, habe ich fast ein halbes Jahr in Krakau verbracht. Der folgende Text entstand als Beitrag für eine studentische Literaturzeitschrift und greift diese Zeit in Krakau auf. Ich hoffe, es gefällt euch, auch wenn es diesmal eine etwas andere Art von Text sein mag als sonst. Feedback ist mir immer gerne willkommen!
[Edit: Ich habe außerdem vor, den Text demnächst auch noch einzusprechen. Eine gute Übung für mich und vielleicht auch hilfreich für diejenigen, die sich beim Lesen der kursiven Worte denken: "Hä, was steht da?!" ]
Gedankentaumel
Mein überhitzter Atem kondensiert in der smoggetränkten Nachtluft, die sich klebrig an
Straßenlaternen hängt. Der Regen ergießt sich vom Himmel in meinen Jackenkragen. Als ich im
Krakau ankam, fühlte ich mich willkommen geheißen von dieser feuchten Umarmung, als würde
die Stadt mir sagen wollen: „Ich will ein Teil von dir sein“. Ich habe die Geborgenheit dieser Worte
verstanden, doch nun spüre ich nur diese klamme, fremde Kälte, die bis an meine Haut vordringt.
Seit Tagen schlafe ich schlecht, denn die Nächte sind zu kurz und zu gefüllt von sorglos
tanzenden Körpern, die mich einengen, wenn sie alkoholgeschwängert gegen mich taumeln. Meine
Gedanken taumeln auch, hin und her und auf und ab. Sie versammeln sich in Grüppchen, um hinter
meinem Rücken über mich zu lästern oder sie tanzen Ringelreihen in meinem Hirn, bis mir
schwindelig wird.
Vorhin, da wurde mir alles zu viel und zu laut. Ich fühlte mich krank, als hätte mich der Club
mit seinem Fieber angesteckt. Ich stürzte wortlos Hals über Kopf nach draußen, in der Hoffnung,
doch endlich ein wenig allein und frei zu sein. Nun haste ich an den Betrunkenen vorbei, die in ein
wohliges Glück aus überschwänglichen Begrüßungen, Alkohol, Rauch und inhaltsleeren Worten
gehüllt sind. Ich will nichts als endlich ein wenig allein sein inmitten der 760 Tausend Menschen in
dieser Stadt. Ich will laufen und alle Gedankenwirbel niedertrampeln, bis sie glatt und nichtssagend
sind. Also laufe ich, vorbei am grünen Gürtel der Stadt, durch den auch jetzt noch Paare verliebt
träumend spazieren, vorbei an den wartenden Menschen an der Bushaltestelle des Teatr Bagatela.
Dann schnellen Schrittes über die Karmelicka, vorbei am Supermarkt, der in grüner Neonreklame
seine Rund-um-die-Uhr-Öffnungszeiten bewirbt. Ich weiche den Feierwütigen aus, die sich noch
schnell eine Flasche Soplica gekauft haben, die sie dann heimlich auf dem Weg in die Altstadt
trinken. An der Kreuzung vom Plac Inwalidów verlagere ich mein Gewicht ungeduldig von einem
Fuß auf den anderen, um dann nach kurzem Warten doch bei Rot über die Ampel zu gehen. Als ich
die Schlange vorm U Szwagra sehe, aus dem der fettige Geruch von Kebab und Zapiekanka dringt,
rumort es in mir noch immer, wenn auch nicht vor Hunger.
Dann endlich Menschenleere und ich werde langsamer. Am Ende der Straße kann ich schon
die Dämmerung erahnen. Während ich unter den Laternen vor meinem Wohnheim hindurchgehe,
bemerke ich, dass der Regen Schneeflocken Platz gemacht hat, die durch das schwefelgelbe Licht
schweben. Ich bleibe stehen und beobachte dieses Treiben. Für diesen einen Moment gibt es nur die
Stille zwischen meinen dampfenden Atemzügen und die sanfte Berührung dieser wunderschönen
Stadt, die mir sagen will: „Du bist ein Teil von mir“. Ich spüre, wie sich ein glückseliges Lächeln in
meinem Gesicht breit macht, als ich zu Hause ankomme.
[Edit: Ich habe außerdem vor, den Text demnächst auch noch einzusprechen. Eine gute Übung für mich und vielleicht auch hilfreich für diejenigen, die sich beim Lesen der kursiven Worte denken: "Hä, was steht da?!" ]
Gedankentaumel
Mein überhitzter Atem kondensiert in der smoggetränkten Nachtluft, die sich klebrig an
Straßenlaternen hängt. Der Regen ergießt sich vom Himmel in meinen Jackenkragen. Als ich im
Krakau ankam, fühlte ich mich willkommen geheißen von dieser feuchten Umarmung, als würde
die Stadt mir sagen wollen: „Ich will ein Teil von dir sein“. Ich habe die Geborgenheit dieser Worte
verstanden, doch nun spüre ich nur diese klamme, fremde Kälte, die bis an meine Haut vordringt.
Seit Tagen schlafe ich schlecht, denn die Nächte sind zu kurz und zu gefüllt von sorglos
tanzenden Körpern, die mich einengen, wenn sie alkoholgeschwängert gegen mich taumeln. Meine
Gedanken taumeln auch, hin und her und auf und ab. Sie versammeln sich in Grüppchen, um hinter
meinem Rücken über mich zu lästern oder sie tanzen Ringelreihen in meinem Hirn, bis mir
schwindelig wird.
Vorhin, da wurde mir alles zu viel und zu laut. Ich fühlte mich krank, als hätte mich der Club
mit seinem Fieber angesteckt. Ich stürzte wortlos Hals über Kopf nach draußen, in der Hoffnung,
doch endlich ein wenig allein und frei zu sein. Nun haste ich an den Betrunkenen vorbei, die in ein
wohliges Glück aus überschwänglichen Begrüßungen, Alkohol, Rauch und inhaltsleeren Worten
gehüllt sind. Ich will nichts als endlich ein wenig allein sein inmitten der 760 Tausend Menschen in
dieser Stadt. Ich will laufen und alle Gedankenwirbel niedertrampeln, bis sie glatt und nichtssagend
sind. Also laufe ich, vorbei am grünen Gürtel der Stadt, durch den auch jetzt noch Paare verliebt
träumend spazieren, vorbei an den wartenden Menschen an der Bushaltestelle des Teatr Bagatela.
Dann schnellen Schrittes über die Karmelicka, vorbei am Supermarkt, der in grüner Neonreklame
seine Rund-um-die-Uhr-Öffnungszeiten bewirbt. Ich weiche den Feierwütigen aus, die sich noch
schnell eine Flasche Soplica gekauft haben, die sie dann heimlich auf dem Weg in die Altstadt
trinken. An der Kreuzung vom Plac Inwalidów verlagere ich mein Gewicht ungeduldig von einem
Fuß auf den anderen, um dann nach kurzem Warten doch bei Rot über die Ampel zu gehen. Als ich
die Schlange vorm U Szwagra sehe, aus dem der fettige Geruch von Kebab und Zapiekanka dringt,
rumort es in mir noch immer, wenn auch nicht vor Hunger.
Dann endlich Menschenleere und ich werde langsamer. Am Ende der Straße kann ich schon
die Dämmerung erahnen. Während ich unter den Laternen vor meinem Wohnheim hindurchgehe,
bemerke ich, dass der Regen Schneeflocken Platz gemacht hat, die durch das schwefelgelbe Licht
schweben. Ich bleibe stehen und beobachte dieses Treiben. Für diesen einen Moment gibt es nur die
Stille zwischen meinen dampfenden Atemzügen und die sanfte Berührung dieser wunderschönen
Stadt, die mir sagen will: „Du bist ein Teil von mir“. Ich spüre, wie sich ein glückseliges Lächeln in
meinem Gesicht breit macht, als ich zu Hause ankomme.
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