• Blut-Tetralogie   Dark Space

uburoi

Mitglied
Habt ihr so was wie einen Richtwert für Pausen zwischen Takes? Im Moment liege ich so bei 1-3 Sekunden, der Schnitt so bei 1,5-2, aber es würde mich sehr interessieren, wie ihr das handhabt. Macht ihr Cutter das immer händisch? Oder guckt ihr bei Standard-Dialogen auf die Bars in eurer DAW?
 

MonacoSteve

Dipl.-Lachfalter - und nicht ganz Dichter
Teammitglied
Ich mache das absolut händisch, denn diese Pausen hängen von der Art des Dialogs ab, sowohl inhaltlich als auch welche Figur mit welcher Emotion spricht, usw. Würde ich hier eine Standardpause drüber legen, wäre das so als würde ich ein Musikstück mit einem Metronom in eine durchgehend unveränderliche Taktgeschwindigkeit pressen.

Wichtig ist, das sich die Dialoge natürlich anhören; da kann nach einer Frage oder einem überraschenden Statement mal durchaus eine längere Pause entstehen, bei einem Streit hingehen kann sie kürzer sein bis hin zum "ins Wort fallen". Ich für mich würde sagen: Bloß nicht rechnen! Lieber einfach hinhören und prüfen, ob es flüssig und an jeder Stelle nachvollziehbar klingt. Da schiebe ich durchaus einen Take mal eine Minute oder länger immer wieder millimeterweise hin und her, bis mein Ohr sagt: Jetzt passt's :)!
 

SeGreeeen

Kaaaaarakaluuuuuuuhhhh!!!!
Teammitglied
Ich bin mir nicht richtig sicher was die Frage betrifft, meinst du den Abstand im Dialogschnitt zwischen den Takes im Dialog oder den Abstand zwischen den Takes in den Aufnahmen die dann dem Cutter geschickt werden?
 

Ellerbrok

Sprecher, Cutter & Fledermaus
Teammitglied
Sprechprobe
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Es gibt auch Momente, wo man beim Dialogschnitt vielleicht auf die Einteilung in der DAW schauen sollte... um einen guten Rhythmus bei den Credits zu halten, oder wenn es einen Countdown gibt... 2....1...Risiko!
 

SeGreeeen

Kaaaaarakaluuuuuuuhhhh!!!!
Teammitglied
Dann schließe ich mich da voll MonacoSteve an, am wichtigsten ist, dass es sich nach einem natürlichen Gespräch anhört. Da kann timing viel bedeuten. Wenn ich mir nicht sicher bin ob die Pause so ok ist schiebe ich den Take meistens einfach mla Probeweise näher und dann weiter weg.

Meistens erkennt man ziemlich schnell was unnatürlich klingt und was natürlich klingt. Einfach bisschen rumprobieren. Und auch wichtig immer noch mal drüber hören, oft fällt eine unpassende Pause erst im Kontext mit dem generellen Tempo auf.
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Timing ist nicht nur in der Musik von entscheidender Bedeutung. :) Das ist gerade für "Einsteigende" immer eine große Herausforderung.

Aber auch beim Sprachschnitt gibt es Timing und das ist wichtig, denn es ist ein zuweilen unterschätztes Gestaltungsmittel:
Beispiele:

"Weißt Du Klaus, ich habe mir schon lange keinen guten Film mehr im Kino angesehen. Kennst Du nicht einen guten Film, den man sich mal ansehen könnte?"

Variante 1:
"Natürlich Herbert! Da läuft dieser neue Blockbuster mit Keanu Reeves im Apollo-Kino. Klasse Film, mußt Du unbedingt sehen. Die Kameraführung und die Special-Effekts ... einfach nur der Hammer."

Variante 2: (Klaus hat kein Bock auf das Thema, will aber nicht unhöflich sein)
"Also ..." < > "... ich bin da nicht so wirklich informiert. Wir können ja mal ins Internet schauen, vielleicht läuft ja gerade ein Film an ..."

Variante 3: (Klaus hat viele Filme in der letzten Zeit gesehen. Einige waren gut, einige ... naja und ein paar wirklich miese)
"Nun, " < > " Da gibt es schon ein paar, die ganz gut waren. Hmm. Der neue von Steven Spielberg ist sehr gut. " < > "Der neue von Clint Eastwood ist auch spannend, aber viel besser fotographiert. Aber ... wenn ich's mir so recht überlege, ist der für Dich vielleicht etwas zu langatmig."

Probier doch einfach mal aus, wie sich die Aussagen dieser Passagen verändern, wenn Du sie mit unterschiedlichen Tempi sprichst und mit bewußt unterschiedlichen Pausen.
Dann hör Dir das am nächsten Tag noch mal an und achte darauf wie sich die Aussage verändert.

Nun schnippsle das mal auseiander und füge mal längere, mal kürzere Pausen ein. Achte auch auf die Sprachmelodie und wie es sich "insgesamt" anhört. Kilngt das noch "natürlich"? Wie verändert sich die Aussage?

Wenn ich mir unsicher bin, schlage ich den Takt mit, wenn jemand spricht. Und wenn ich einen "Schlag" Pause benötige, wegen der Aussage, dann weiß ich, wann der nächste Take einsetzen muß. ;)
 

uburoi

Mitglied
Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen. Die Varianten haben unterschiedliche Texte und vor allem geht es in deiner Aufstellung v.a. um Pausen innerhalb eines Monologs. Da gebe ich dir absolut Recht. Je nachdem, was für ein Gefühl du beim Hörer erzeugen möchtest, wirst du als Cutter da längere oder kürzere Pausen einbauen.
Ich meinte tatsächlich den Abstand zwischen der Frage (Weißt du Klaus...") und der Antwort (Natürlich Herbert...). Wieviel ist da natürlich, so dass es sich wie eine echte Konversation anhört? Reicht 1 Sekunde? 2-3? Ich hatte gehofft, es gibt so ein bisschen Erfahrungswerte, aber das scheint nicht so zu sein.
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Erfahrungswert ist: "It depends" :D

Das ist genau der Teil, der die Aussage macht. Wenn Klaus längere Zeit (ein paar Sekunden; 3-7 etwa) nichts sagt, dann überlegt er und dadurch bekommt die folgende Aussage mehr Gewicht!
Wenn er direkt antwortet, dann ist ihm das Gesagte eher ein Stichwort und er plappert munter drauf los.
Auch das eigentlich Tempo des Sprechens macht in diesem Zusammenhang eine Aussage.

Wie eigentlich immer: Man kann viel lernen, in dem man sich daraufhin fokussierend andere Hörspiele anhört oder auch in live stattfindenden Unterhaltungen auf die Pausen achtet, die gemacht oder auch nicht gemacht werden und wie schnell gesprochen wird und wie das die Aussage des Textes verändert.

Wir haben das mal, zu etwas fortgeschrittener Stunde, auf einer Party gemacht: Text: "Liebe Judith". Versuch doch mal da möglichst viele Aussagen mit diesen beiden Worten zu erzeugen. Ich finde das immer wieder sehr spannend und aufschlußreich.
Genau so auch bei den Zusammenfügen von Sätzen. Im Zweifelsfall, mache ich erst einen Entwurf, höre mir das an und wenn es in den "Flow" des Textes, der Aussage und der zu erschaffende Stimmung passt, bleibt es so und wenn nicht, schiebe ich den folgenden Teil so lange hin und her, bis es passt. Mit der Zeit bekommt man ein immer besseres Gefühl dafür.

Dann passen auch Äpfel zu Birnen oder auch als gemeinsames Kompott! ;)
 

pio

Autor, Audio Engineer (BA), Sprecher und Musiker
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Wie immer gilt auch hier, "lerne von den Besten". Das Timing der Sprache hängt immer sehr von der Situation der Szene ab. Viele Hörspiele haben leider ein sehr gruseliges Timing. Wörter werden immer überdeutlich ausgesprochen, jeder lässt den anderen immer aussprechen, selbst wenn die Fetzen fliegen. Mein Tipp, hört euch gut synchronisierte Serie an. Also erstens keine Deutschen Serien, denn das Genuschel kann kein Schwein ertragen. Zweitens, hochwertige Serien, also Serien mit vernünftigen Dialogen, wo sich nicht ständig irgendwelche Leute gegenseitig anschreien.

Wie @Spirit328 schon ganz richtig geschrieben hat geht es im Dialogschnitt genau wie bei der Musik um gutes Timing. Mit der Zeit entwickelt man (bei ausreichen Übung) ein Gespür dafür wie ein Dialog "grooven" muss.
Bei Dark Space gehe ich in die allermeisten Dialoge rein und arbeite am Timing. Allerdings gibt es auch Sprecher/Sprecherrinnen die mittlerweile so gut in der Rolle drin sind und die Situation erfassen, da brauche ich so gut wie nie ins Timing eingreifen. Hatte ich erwähnt, dass ich ein absoluter Fan vom Dialogschnitt bin? Kein Scheiß, ich liebe es Dialoge zu schneiden, das ist keine lästige Pflichtaufgabe für mich ;-)
 

uburoi

Mitglied
Hatte ich erwähnt, dass ich ein absoluter Fan vom Dialogschnitt bin? Kein Scheiß, ich liebe es Dialoge zu schneiden, das ist keine lästige Pflichtaufgabe für mich ;-)
Naja, als Fan würde ich mich nicht bezeichnen, aber er ist m.E. die wichtigste oder mit die wichtigste Aufgabe und darum habe ich da schon enorm viel Energie reingesteckt.
 

uburoi

Mitglied
Für mich sind die Soundeffekte der nervige Pflichtteil haha 😂
Da bin ich total deiner Meinung. Gottseidank wird das weniger, wenn ich mal das Grundarsenal habe, weil in DAS RAUMSCHIFF ja mehr oder weniger immer die gleichen Effekte laufen: Atmo, Kommunikator, Bildschirm an/aus, Fahrstuhl, Warp-Antrieb, Beamer etc.
Diese ewige Suche durch tausende Sounds bei Freesound oder in meinen kostenlosen GDC Sounds kostet mich den letzten Nerv. Obwohl bei einer SciFi Serie ja die Sounds das A und O sind. Spaß muss einem das trotzdem nicht machen.
 

pio

Autor, Audio Engineer (BA), Sprecher und Musiker
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Naja, meines Erachtens haben die "Cutter" ja eh immer die meiste Arbeit. Weil mit dem Cut, also dem Dialogschnitt ist es ja nicht getan. Es ist lediglich der Anfang der "Bauphase". Es folgen Effektbearbeitung (und das ist of der aufwendigste Teil), Lautstärken Automation, Pre Mastering, und Mastering.
 

MonacoSteve

Dipl.-Lachfalter - und nicht ganz Dichter
Teammitglied
Da sieht man wie verschieden Menschen sind. Mir bringt das Hineinmischen der Soundeffekte erst den richtigen Spaß am Ganzen. Wobei ich auch den Dialogaufbau sehr liebe. Und ich muss einräumen, dass meine Hörspiele allesamt ohnehin stark "dialoglastig" aufgebaut sind, d.h. die Handlung durch Gespräche vorantreiben, nicht durch "Action". Dadurch ist die Soundkulisse, die ich brauche, meist sehr übersichtlich, und ich kann die Effekte sparsam verwenden. Aber ich nehme sie von Anfang an gleich mit in den Cut und mache inzwischen keine reinen Dialogschnitte mehr. Tatsächlich ist es nämlich auch der Soundhintergrund, der Einfluss auf die Dialoge nimmt, und wenn man den am Anfang nicht dabei hat, schneidet man u.U. etwas zusammen, was später nicht mehr richtig passt und wegen der Soundeffekte nachjustiert werden muss. Wenn ich aber die Umgebungs- und Bewegungsgeräusche meiner Protagonisten bei ihren Takes gleich immer mit im Ohr habe, "sitzen" die Dialoge fast immer von Anfang an gut. :)
 

pio

Autor, Audio Engineer (BA), Sprecher und Musiker
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Interessant, ich gehe da völlig anders ran. Erst die Dialoge (incl. Raumhall Automation), dann die Handlungsgeräusche (Körper), also Schritte, Kleidung. Dann Handlungsgeräusche Aktion, also Gegenstände die bewegt, betätigt werden. Zum Schluss die Geräuschkulisse, also Wind, Verkehr, Natur. Der Grund dafür ist, dass ich die Geräusche erst hinzufüge, wenn ich mit dem Dialogschnitt wirklich zufrieden bin. Allerdings geschieht dass meist innerhalb einer Szene. Also ich bearbeite immer (wenn möglich) eine Szene komplett ab.
 
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