Xilef

zerfahrener Verdutzter
Hört mal meine neue Signatur an - spontan und aktuell, inspiriert von der SZ, der das Zitat entstammt: das ist zumindest kein Fake, wenn man der Gazette glauben darf.:depp:

Tja, ob das nun offtopic oder Fun ist...Gleichwohl. Eure Meinung würde mich mal interessieren. Tatsächlich aufregen könnte ich mich, wenn ich mir vorstelle, wie von unserem Geld bezahlt der ganze Bundestag sich eine Stunde Zeit nimmt, um den Herrn Dr. Halodriberg zu befragen. Was für eine Augenwischerei. Seit meinem Studium weiss ich, gerade die Juristen (damals schon grösstenteils im RCDS organisiert) durchlaufen zuhauf die Verbindungen, wohlwissen, dass sie entweder richtig gut sein oder richtig gute Beziehungen haben müssen, um Karriere zu machen. Ein peinlicher Umstand, so überrascht und so empört zu tun.
Das ganze vor dem frischangezapften Pisa-Hintergrund, dass in Deutschland Gedeih und Verderb der menschlichen Schulkarriere immer noch sehr wesentlich davon abhängt, welchen Status, und wenns nur die Kohle ist, die Eltern haben...das ist meiner Meinung nach das geschmacklose an dem inkarnierten Beleg dafür à la Guttenberg. Und die Soldaten jubeln ihm zu....??!!
Eine Posse ersten Grades ...
Ruhm und Ehre, Schuld und Sühne, Leben und Tod
armseliges deutsches Politikland
 

Dion

Autor
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Das ganze vor dem frischangezapften Pisa-Hintergrund, dass in Deutschland Gedeih und Verderb der menschlichen Schulkarriere immer noch sehr wesentlich davon abhängt, welchen Status, und wenns nur die Kohle ist, die Eltern haben...das ist meiner Meinung nach das geschmacklose an dem inkarnierten Beleg dafür à la Guttenberg. Und die Soldaten jubeln ihm zu....??!!
Eine Posse ersten Grades ...
Das ist wohl wahr, allerdings sind die Zustände in anderen Ländern auch nicht viel anders – siehe England, wo die Separierung der Gesellschaft eine viel größere ist, oder Italien, wo sich Premierminister Gesetze auf seine Person maßschneidern lässt.

Gleichwohl ist der Guttenbergskandal noch lange nicht zu Ende – der Mann muss abtreten, denn er hat innerhalb weniger Tage mehrmals gelogen: Erst waren die Vorwürfe abstrus, dann hat er kleinere „Fehler“ zugegeben, aber den Doktortitel trotzdem behalten wollen, zuletzt will er doch größere „Fehler“ entdeckt haben. Nun will er durch Täuschung erworbenen Titel zurückgeben – dass ist fast so, als ob man das geklaute Auto, mit dem man jahrelang herumgefahren war, dem Beklauten zurückgäbe und feierlich erklärte, er verzichte darauf, das Auto je wieder zu fahren.
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Das Problem, dass Guttenberg zu Tage fördert hat meiner Meinung nach wenig mit ihm selbst zu tun. Zwar glaube ich inzwischen auch, dass ein Rücktritt die angemessene Geste sein könnte (selbst wenn sich die lebensgefährdeten Soldaten in Afganistan beömmeln werden darüber, was wir hierzulande für Probleme haben, den Gutti war innerhalb von 9 Monaten 5 mal da und hat, O-Ton General, immer gefragt:" was braucht ihr, was können wir für euch tun?..."),
aber wirklich konstruktiv wäre, wenn das Politikum, dass es ja spätestens mit der heutigen Fragestunde wird, den Fokus auf das wesentliche schwenkt: wie kommen hierzulande Menschen, die gut wären, um bestimmte Aufgaben zu lösen denn auch dahin, wenn unser Bildungszirkus so eine Blend- und Nebelmaschine ist.
Unsere Gesellschaft züchtet in ihrer bornierten Leistungsversessenheit förmlich Scheingeister. Was die Gesellschaft angeblich an dem Minister so berückend findet, ist ja gerade sein Auftritt, der quasi im selben Lack daherkommt, wie all die medialen Glanzgestalten, die suggerieren, man könne in unserer Multiinformationsgesellschaft völlig souverän und mit Lächeln und Handschlag das Komplizierte wieder ins Einfache verwandeln. Da steigt der Noch-Doktor schlicht in die Stapfen von Schröder, Fischer, von der Layen (mit Einschränkung weil die ja dann doch den Frauen Angst gemacht hat), Gysi und Konsorten - und hat sich, ein wenig blöd zwar, von einem Ghostwriter möglicherweise noch ein wenig mit Lametta behängt.
Das schwierige ist doch, dass die wirkliche politische Qualität Guttenbergs überhaupt nicht einschätzbar und erlebbar ist, denn gegen elegante Hochstapler habe ich ansich nichts, wenn sie ihren Job gut machen (Waldorfschullehrerprinzip).
Um Deine Autometapher aufzugreifen: wenn einer mit seinem Bulli die Leute aus dem Tunnel wieder an die frische Luft fährt, dann frag ich nicht danach, ob er die Nummernschilder geklaut hat; die Karre fährt - darauf kommt es eigentlich an. Aber wenn sich herausstellt, dass die Karosse nur aufgebockt vor einer Filmleinwand stand, dann war das eben keine Mitfahrgelegenheit sondern Humbug.
 
Zuletzt bearbeitet:

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

herrlich komisch!
 
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Ich zitiere: "Aktuelle Treiber für dieses Modell sollten in allen im akademischen Umfeld gebräuchlichen Betriebssystemen bereits enthalten sein (Windows, Mac OS X, Linux)."

PS: Hier gibt es mein Lieblingsbild der "Eurofighter"
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

das ist jetzt wirklich gehässig, finde ich - wer hoch stapelt wird doch sowieso auch irgendwann hoch fliegen - meistens - kommt vielleicht drauf an, obs hoch genug ist oder hoch genug oben, wo man damit landet.
 

bob7

__________________
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Ich bin schlecht in Politik. Das ist mir alles zu schattiert und eben nicht nur schwarz/weiß, das muss man alles sehr differnziert betrachten und abwägen aber:
Ich denke, diesen Makel wird der nie mehr los. Ab jetzt wird es immer heißen "Der Fälscher", da kann er machen und sagen was er will. Ich würde ihm empfehlen den Sack zu zu machen und zurück zu treten. Ich befürchte sonst ernsthaft, dass der sich was antut und das muss nun wirklich nicht sein.
 

Jeln Pueskas

Michael Gerdes
Teammitglied
Sprechprobe
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AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Hi Xilef,

eine sehr schöne und originelle Textpassage, die die ganze Posse um den Skandal herrlich umschreibt. Nach den gestrigen Ereignissen weiß ich nicht, was ich sowohl von dieser Regierung halten soll, als von unserer eigenen Bevölkerung. Angeblich sollen noch 70% der Bevölkerung hinter ihm stehen. Ist halt nicht so schlimm, wenn einer lügt und betrügt. Hauptsache der nette Kerl ist nicht weg vom Fenster. Da muss man ja mal über den Fehlern stehen. Komisch nur, dass man ganz andere Wertvorstellungen hat, wenn man selbst beklaut wird.
Und die geschätzte Uni Bayreuth? Schnell wird das Verfahren eingeleitet und über die Bühne gebracht. Hauptsache schnell aus dem Schussfeld und den Doktorvater noch in einen "lang geplanten" Urlaub schicken. Und schon ist alles wieder in Butter. Es soll nur nicht noch mehr aufgewühlt werden. Vielleicht finden sich sonst noch die Plagiate der letzten 30% und dann taucht da vielleicht doch der Ghostwriter auf, in dessen Arbeit zu Guttenberg erst letztes Wochenende mal reingeschaut hat? Wer weiß. Ist aber auch nicht so wichtig. Hauptsache er steht wieder seinen ehrlichen und standhaften Mann als Minister. Schließlich gibt es ja noch genügend Helfer, die sich für ihn lieber die Finger schmutzig machen, als kritische Fragen zu stellen.

Diesen Text habe ich übrigens selbst erfasst... Glaube ich. Ich habe ihn zumindest gelesen.


Viele Grüße.
 

Brandywine

Falko Diekmann
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Komisch nur, dass man ganz andere Wertvorstellungen hat, wenn man selbst beklaut wird.

Den Punkt finde ich so zutreffend das ich ihn zitieren mußte ;)

Ich denke mal das wird aber noch nicht vorbei sein. Er kann ja nicht einfach weitermachen. Da gibt´s ja noch Druck von der Opposition, wenn schon nicht vom Bürger.
Und wenn er doch einfach weitermachen darf, dann darf man eines auf keinen Fall: Die Sache vergessen und sich von der nächsten Sau die durchs Dorf getrieben wird ablenken lassen.
 

Dion

Autor
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Er kann ja nicht einfach weitermachen. Da gibt´s ja noch Druck von der Opposition, wenn schon nicht vom Bürger.
Doch, er kann. Und die Opposition wird sich hüten, gegen die Mehrheit der Bürger zu agieren.

Man muss klar sehen: Die Masse ist doof. Schon immer gewesen. Sie ist wie ein Fußballfan, der auf seinen Verein nichts kommen lässt, egal was passiert. Nimmt man ihm sein Idol weg, hat er im Leben kein Ziel mehr.

Und Guttenberg ist ein Idol par excellence. Ein junger Mann mit Manieren und Charisma, von altem Adel, reich, unabhängig und mit einer schönen Frau gesegnet. Er symbolisiert genau das, was die Masse der Leute nicht hat. Sie projizieren daher ihre Sehnsüchte auf diesen Mann, wünschen sich insgeheim, dass er sie führt, auf das ein bisschen Glanz auch auf sie falle.

Ich bin sprachlos, dachte bis heute, wir wären aufgrund unserer Geschichte immun gegen Personenkult.
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Wie der "Kasperle"theater-Artikel zeigt: Quod erat demonstrandum , um hier auch mal lässig ein Bröckelchen aus meinem Bildungssteinbruch beizukollern. Hach, welch ein Doktor mag wohl an mir verlorengegangen sein - zu schade aber auch. Interessant, Eure klugen Kommentare - und das meine ich so. Ich hab heut morgen eine gute Deutschlandfunk-Radio-diskussion zu diesem Thema gehört, zum Teil zumindest. Was auf jeden Fall stimmt, ist, dass es bizarr wirkt, angesichts der nordafrikanischen Diktatorenmontage, dem Meucheln der Zivilbevölkerung dort, der offenbaren Überforderung, durch plötzliche Flüchtlingsströme evozierte längst gestellte Fragen an EU-Solidarität etc. - ja dass der eigentliche Nerv hier in Deutschland mit Guttenberg getroffen zu sein scheint. Es geht alle irgendwie was an, weil sich für Demokratieverständnis in unserer Republik hier anscheinend Kardinalsfragen kristallisieren.
Nach normalmenschlichen Maßstäben hat sich der Baron ja bereits im Umgang mit dem Thema selbst demontiert; der Lack ist doch ab - er ist eben keiner, der für das steht, was er sagt. Als Person biegt er in üblicher Politikermanier die Wahrheit nach Salamischeibchenart. Auch sein klares Wort, dass so überzeugend für die Bevolkerung mit einemmal die Wehrpflicht abzuschaffen vermochte, ist eben doch kein klares Wort. Es scheint nur so und ist inzwischen durchsichtig geworden. Ich glaube, die rechte Volkspartei wird sich einen Bärendienst damit erweisen, wenn sie wirklich versucht, diese Gallionsfigur von gestern zu refurbishen. Es wird nicht gelingen. Auch wenn dem armen Ex-Doktor kein Vorsatz nachgewiesen wird - er würde sich zukünftig dennoch eher als Icon für das Hohle am Klang der Politikerworte stehen. Mir solls recht sein. Wer weiss das schon - vielleicht entsteht auf diese Weise in unserer Gesellschaft ja erst dadurch ein vitaleres politisches Interesse.
Für uns alle sichtbar bleibt doch nur der Aspekt: Macht muss schon verdammt geil sein, dass man sich so krampfhaft an sie klammert, dass es egal zu sein scheint, wenn die Hosen schon unten sind. Ein Kind wäre es, dass dann wieder schreit:" He, guckt mal, der ist ja ganz nackt!"
 
Zuletzt bearbeitet:

Jeln Pueskas

Michael Gerdes
Teammitglied
Sprechprobe
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AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Hi Xilef.

Ich gebe Dir recht, es gibt wesentlich wichtigere Dinge, die angegangen werden müssen. Das Traurige an diesem Ereignis ist, dass uns allzu deutlich der Spiegel vorgehalten wird, wer in diesem Land sich an die Spitze des Volkes gesetzt hat, um eben für diese schwierigen Fragen nach Lösungen zu suchen. Dabei meine ich nicht, dass man das alles nicht schon kennen würde. Aber hier greifen ja mehrere Instanzen ineinander, um für einen einizigen Mann, sämtliche Prinzipien, die in unserem Land als Qualitätsmerkmal hoch gehalten werden. über Bord zu werfen. Was müssen da an Pressekonferenzen abgehalten, Zeitungsblätter gedruckt und Debatten auf unser aller Kosten geführt werden, um dann offen zu Tage zu führen, dass nur die anderen aus ihrem Handeln die Konsequenz zu ziehen haben. Nicht aber der Mann an der Spitze. Der darf weitermachen. Wenn auch mit einem blauen Auge.

Viele Grüße

PS: Was das weitermachen angeht: Natürlich bekommt der Axel-Springer-Verlag die Hauptaufträge für die Bundeswehrwerbung. Eine Hand wäscht die andere.
 

Dion

Autor
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Das Traurige an diesem Ereignis ist, dass uns allzu deutlich der Spiegel vorgehalten wird, wer in diesem Land sich an die Spitze des Volkes gesetzt hat, um eben für diese schwierigen Fragen nach Lösungen zu suchen. Dabei meine ich nicht, dass man das alles nicht schon kennen würde. Aber hier greifen ja mehrere Instanzen ineinander, um für einen einizigen Mann, sämtliche Prinzipien, die in unserem Land als Qualitätsmerkmal hoch gehalten werden. über Bord zu werfen.
Das ist für meine Begriffe etwas zu einfach gedacht, schließlich ist diese Regierung aus freien Wahlen hervorgegangen - wir sind nicht Libyen.

Bei uns hat sich niemand selbstherrlich an die Spitze des Volkes gesetzt, das Volk selbst wollte diese Regierung – beispielsweise hat der Freiherr, von dem hier die Rede ist, bei den letzten Wahlen das beste Ergebnis aller Bundestagsabgeordneten eingefahren und genießt, wie die letzten Umfragen zeigen, auch jetzt noch, nach all den Lügen und Täuschungen, immer noch ein Ansehen in der Bevölkerung, von dem andere nur träumen können.

Dafür kann es nur eine Erklärung geben: Der Mensch will betrogen werden.
 

Jeln Pueskas

Michael Gerdes
Teammitglied
Sprechprobe
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AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Sicherlich ist das unglücklich ausgedrückt, da ich die Wahl einfach mal als vorausgesetzt habe. Es ist ja nun auch ein Geben und ein Nehmen. Es stellen sich ja nun die Leute zur Wahl, die nach außen hin dazu fähig scheinen. Vielleicht hast Du recht. Und die Leute wollen betrogen werden. Vielleicht wünschen sie aber einfach nur jemand, der oder die sich nicht nur vor die Kameras drängt sondern auch vermitteln kann, dass er/sie Lösungen präsentiert, die vernünftig ausgearbeitet sind und sich auch durchsetzen lassen. Aber das ist natürlich Wunschdenken. :D
 

Xilef

zerfahrener Verdutzter
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Habe eben hier ne Menge geschrieben und es ausversehen gelöscht - vielleicht auch besser so....es wäre viel zu weitschweifig geworden.
Was bitte soll "betrogen werden wollen" in diesem Zusammenhang heissen.
Ich stelle hier mal ein paar Statements hin:
1. Über 80 Mio Menschen, deren stimmberechtigter Anteil meiner Merinung nach viel grösser sein müsste (alle unter 18) sind nicht mehr im Rahmen unserer demokratischen Strukturen so zu verwalten, wie per Akklamation durch die Volksvertretung proklamiert wird !
2. Politische Karrieren einzelner sind zwangsläuf parteigebunden und im utilitaristischen Sinne einer Taktik (Trojapferd) verpflichtet, die musterhaft der kapitalistischen Marktwirtschaft entspricht: Nachfrage muss medial erzeugt werden, um ein Angebot für einen grösseren (Meinungs) Markt gut plazieren zu können!
3. Ein Politiker ist für unsereinen in der Regel nicht anders als nach Massgabe seiner Virtualität einzuschätzen, also garnicht, so lange nicht irgendwelche sich in der Lebenswirklichkeit niederschlagende Wirkungen mit ihm in Verbindung gebracht werden ( Wehrpflichtthema hat da natürlich mehr Zugkraft als GorchFock - wer von uns ist da schon an Bord ) !
4. Wenn ein Arschloch für eine Regierungspartei innerhalb der kurzen Legislaturperioden gute Quote bringt, dann wird ihm dieses Etikett erst aufgeklebt, wenn das nicht mehr der Fall ist !
5. Das statistisch errechenbare Festhalten des Volkes an der populären Projektionsfläche, die ein Poltiker mit seiner Person definiert, ist eher eine Verzweiflungstat im Beharren auf den Glauben an einen Heilsbringer und insofern die Flucht vor einem peinlichen Selbsteingeständnis als der Wille "betrogen zu werden" !
6. Wir alle haben keine Lust, auf den Wohlstandsstatus unserer Industriegesellschaft zu verzichten, obwohl wir wissen, dass er im internationalen Vergleich weder modellhaft geschweige denn beispielgebend ist !
7. Unsere Gesellschaft erzieht sich so ungewollt zu einer quasi schizoiden Denkhaltung, da sie zwar die Dynamik des Kapital- und Wirtschaftsmarktes immer wieder lauthals verabscheut, sich aber gleichzeitig aus Verlustangst daran klammert !
8. Das Beharren auf den Exdoktor hängt also nicht mit der Person G direkt zusammen, sondern mit seinen Umgebungsbedingungen, die keine populäre Alternative aufzeigen - und das weiss Frau M.
9. Der momentane deutsche Politzirkus ist kein gutes Fundament für ein Europaparlament, dessen Institution in vieler Hinsicht fortschrittlicher ist als die Summe der Staaten, die es repräsentiert. Wie schade und - wie gefährlich!
10. Die Gewaltbereitschaft in den sogenannt fortschrittlicheren Zivilisationen erhöht sich zur Zeit zügiger und brutaler als Ihre Phantasie- und Utopiefähigkeit - während sich die marktbestimmenden Weltunternehmen der Wirtschaft versuchen von solchen meist nationenbezogenen Dynamiken abzukoppeln. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Zukunft des Wohlstandserhaltungskampfes zunehmend die Relevanz des Nationalstaates und seiner Politik in den Hintergrund drängt !
11. Obama würde heute vielleicht nicht mehr "Yes, we can do it " sagen.

Empfehlenswert finde ich die Italienanalysen des "Gomorrha"-Autors in der ZEIT
 

Dion

Autor
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Kann schon alles so sein, Xilef,

was du da schreibst, aber das Wesentliche hast du nicht erwähnt: Dies ist ein freies Land, in dem es jedem freisteht, sich politisch zu engagieren. Dass es dennoch so wenige tun, bedeutet nichts anderes, als dass die meisten zufrieden sind mit der politischen Klasse, die uns führt. Nur wenn dem nicht mehr so ist, gibt es Veränderungen, was übrigens auch für Diktaturen gilt: Sie verschwanden und verschwinden binnen weniger Tage oder Wochen – wenn das Volk es so wollte bzw. will.

Mag sein, dass es eine bessere Politik und bessere Politiker gibt als die, die uns jetzt führen, aber sie sind entweder zu schwach oder zu ungeschickt oder zu radikal oder engagieren sich für marginale Themen, die die Mehrheit nicht interessieren. Auf jeden Fall gewinnen sie keine Mehrheiten, aber ohne Mehrheiten geht es nicht, deswegen ist das Buhlen um sie das A und O einer Demokratie. Notfalls werden sie mit Geschenken an das Wahlvolk erreicht, manchmal mit Bluff, spricht mit schönen Reden und nichts dahinter.

Typischer Beispiel für das letztere ist Italien: Berlusconi hat seine erste Partei „Forza Italia“ aus dem Nichts gestampft – die einzige Bedingung, um als Kandidat auf die Wahlliste seiner Partei zu kommen (er hat in seinen Fernsehsendern per Werbespots um sie geworben und die Bewerber wurden hinterher gecastet) war gut auszusehen und gut reden zu können. Im Fernsehen gut auszusehen und zu reden, wohlgemerkt. Berlusconi hat früher als alle anderen begriffen, worauf es im medialen Zeitalter ankommt: Menschen interessieren sich für Menschen und nicht für Programme. Deshalb hat er zwei Mal Wahlen gewonnen, obwohl seine Abgeordneten im Parlament nur völlig von ihm abhängige Marionetten sind, nur dafür da abzusegnen, was er und seine engen Mitarbeiter vorgeben.

Die Situation bei uns ist nicht noch so dramatisch (dank besserer Medienkontrollgesetze), aber auch bei uns fallen Leute auf medial gut wirkende Menschen ein – ob die wirklich was drauf haben, interessiert anscheinend niemand, sonst würden schon längst andere Menschen Parteien und Ministerien führen. Die Abgeordneten bei uns sind auch dem Fraktionszwang unterworfen, müssen also abstimmen, wie die Partei es will. Sicher tun das manche nur zähneknirschend und manchmal regt sich so was wie Widerstand in ihren Reihen, aber im Großen und Ganzen beugen sie sich der Parteidisziplin, andernfalls müssten sie befürchten, das nächste Mal nicht mehr oder ganz am Ende der Wahllisten aufgestellt zu werden.

Dass die Parteien die Politik in diesem Land bestimmen, ist in der Verfassung so vorgesehen, will man das ändern, müsste man erst die Verfassung ändern, was nach Lage der Dinge unmöglich erscheint. Also ist die einzige Möglichkeit, etwas zu verändern, in eine der bestehenden Parteien einzutreten oder mit Gleichgesinnten eine neue Partei zu gründen – alles andere ist nur herummeckern, das zu nichts führt.
 

Brandywine

Falko Diekmann
AW: Die schwimmenden Felle des Doktors

Dies ist ein freies Land, in dem es jedem freisteht, sich politisch zu engagieren. Dass es dennoch so wenige tun, bedeutet nichts anderes, als dass die meisten zufrieden sind mit der politischen Klasse, die uns führt.

Das glaube ich aber gar nicht. Nach meiner Wahrnehmung ist ein nicht unbedeutender Teil der Bevölkerung höchst unzufrieden mit den Bedingungen hier im Lande. Das Problem ist entweder Desillusionierung oder Desinteresse; ich habe noch nie mit jemandem gesprochen der rundherum zufrieden mit der Situation wäre.

Ist natürlich stark polarisiert, aber mein Eindruck ist das die eine Hälfte der Bevölkerung "verstanden" hat das es im Prinzip egal ist wen man wählt und die andere Hälfte sich schlichtweg nicht dafür interessiert...geschweige denn die Parteien auseinanderhalten kann.
 
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