Poldi

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Vor dem Frost - Ein Wallander-Hörspiel

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Erster Eindruck: Der Apfel und der Stamm...

Linda Wallanders Start ins Berufsleben als Polizistin gestaltet sich äußerst schwierig, nicht zuletzt weil ihr Vater Kurt immer wieder dazwischenfunkt. Zusammen ermitteln sie in einem Fall, in dem Tiere mit Benzin übergossen und angezündet werden. Als außerdem eine Frau bestialisch ermordet wird, sieht Linda einen Zusammenhang - im Gegensatz zum Kommissar...

Generationenwechsel bei Henning Mankell: Nach dem eigensinnigen und etwas sperrigen Kurt Wallander steht in dem Roman "Vor dem Frost" seine gefühlvollere Tochter Linda im Mittelpunkt - was nicht bedeutet, dass der Kommissar nicht eine sehr große Nebenrolle einnehmen würde. Durch den immer wieder aufkeimenden Vater-Tochter-Konflikt, in dem Linda um Anerkennung und Eigenständigkeit ringt, liegt die große Stärke der Erzählung, die von Sven Stricker genial umgesetzt wurde. Sowohl im Privaten wie auch im Beruflichen werden die beiden Charaktere dadurch hell beleuchtet und erstrahlen in all ihren Fehlern und Macken, aber auch in ihrer Liebenswürdigkeit. Dennoch sind einige wenige Längen in der Handlung auszumachen, die sich auf eben diese Szenen beziehen. Geglückt ist auch die Einführung von Stefan Lindmann, der bei "Die Rückkehr des Tanzlehrers" der ermittelnde Kommissar ist. Der Fall hinter dem Roman ist dabei sehr spannend gelungen und dreht sich rund um das Thema religiöser Fanatismus. Ein packender Aspekt, der besonders am Ende wunderbar zur Geltung kommt und den Hörer völlig gefangen hält. Ein Hörspiel, das sich deutlich von den anderen Wallander-Krimis unterscheidet, eine andere Atmosphäre hat, die genaue und umfangreiche Charakterisierung aber aufrecht erhält.

Ulrike C. Tscharre ist in dieser Vertonung als Linda Wallander zu hören und kann die gesamte Gefühlswelt ihres Charakters hörbar machen. Sie geht dabei eigene Wege und kann so den Stil des Hörspieles mitprägen. Axel Milberg spricht ihren Vater Kurt, der mit sehr prägnanter und bestimmender Art den übermächtigen Vater gut darzustellen vermag. Hier wurde sich für einen externen Erzähler entschieden, Andreas Fröhlich kann hier sein Gespür für Dramatik und einen ernsteren Grundton beweisen. Weitere der vielen hervorragenden Sprecher sind Traudel Sperber, Marc Degener und Eva Michaelis.

Die Musik setzt sich aus klassischen Instrumenten zusammen und kann so eine sehr dichte und stimmige Atmosphäre erzeugen. Sowohl die Reibereien zwischen Linda und Kurt Wallander als auch die spannenden Krimiszenen werden dabei intensiv in Szene gesetzt und erhalten eine ganz eigene Note, die sich von den anderen Wallander-Produktionen abzugrenzen vermag.

Auch hier diente das Titelbild des Buches als Covervorlage, die so sofort in Zusammenhang gebracht werden. Die geflügelte Frau steht wie ein alten Portrait vor schwarzem Hintergrund und wirkt sehr anmutig. Die Zusammengehörigkeit zu den Hörspielen mit Kurt Wallander wird auf den ersten Blick klar.

Fazit: Der spannende Fall mit höchst interessantem Thema sowie die glaubwürdigen Streiterein zwischen Vater und Tochter machen dieses Hörspiel aus - sehr zu empfehlen.

VÖ: 30. April 2010
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-86717-439-8
 
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