Poldi

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Sartana - Noch warm und schon Sand drauf

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Erster Eindruck: Ein Haudegen ohne Halleluja

Ein kleines, aber wertvolles Stückchen Land gerät in das Interesse einer Bande aus Schurken, die sich zusammentun, um die Nichte des ermordeten Landbesitzers um ihren Besitz zu bringen. Doch dabei haben sie ihre Rechnung ohne Sartana gemacht, der zwar ein ziemlich derber Revolverheld ist, aber auch unerschrocken für Gerechtigkeit kämpft...

Bela B., Gründungsmitglied der Punk-Band Die Ärtze in einem Hörspiel, das auch noch dem fast ausgestorben scheinenden Genre Western zugeordnet ist – der Hörverlag kann mit seiner Veröffentlichung von „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ sein Programm um eine ziemlich ungewöhnliche Produktion erweitern. Dass dann noch Hörspielgrößen wie Stefan Kaminski und Oliver Rohrbeck oder Synchronsprecher Rainer Brandt mitwirken, macht die Sache nur noch interessanter. Und schon nach einigen Momenten wird klar: Hier geht es sogar noch schräger zu als erwartet, denn die Sprecher agieren nicht nur in der Geschichte, sondern auch als sie selbst in Dialogen über das Hörspiel. Das hat natürlich viel Witz und Charme, da Rohrbeck beispielsweise den Stempel eines leicht schnöseligen Sprecher-Stars aufgedrückt bekommt, den die Handlung nur mäßig interessiert, und auch die restlichen Rollen sind humorvoll und überspitzt dargestellt. Das macht richtig Spaß, und auch die eigentliche Handlung bietet viele witzige Momente. Da wird mit Klischees nur so um sich geschmissen, natürlich wird gepoket, geflucht, und gerade die Hauptfigur ist auch nie um einen flotten Spruch verlegen. Das gibt dann natürlich keine tiefgreifenden Erkenntnisse preis (was es auch gar nicht will), sondern sorgt für lockere Unterhaltung im Italowestern-Stil. Eine kleine Steigerung des Tempos wäre allerdings wünschenswert gewesen, da einige Szenen einfach zu langatmig wirken und die Gesamtwirkung etwas trüben.

Man merkt den Beteiligten an diesem ungewöhnlichen Projekt sofort die Begeisterung und das Herzblut an. Besonders Bela B. ist mit seiner tiefen Stimme, dem smarten und coolen Auftreten eine sehr gelungene Hauptfigur, fehlende Routine in dem Sprechen von Hörspielen macht er mit Witz und Charme wieder wett. Peta Devlin versetzt sich in den klassischen Hörspielszenen vollkommen in ihre Rolle, in den Szenen im Gespräch zwischen den Sprechern legt sie aber eine ganz andere Facette an den Tag und überzeugt dabei vor allem mit ihrer Wandlungsfähigkeit. Oliver Rohrbecks unverkennbare Stimme kommt auch hier sehr gut zur Geltung, er lässt sich vollkommen auf die ungewöhnliche Materie ein. Ach Stefan Kaminski und Rainer Brandt machen ihre Sache sehr gut.

Wenn ein Bela B. schon an einem Hörspiel mitwirkt, steuert er natürlich auch etwas Musik bei. Das ist mitten in die Handlung eingebettet, was für mehr Dynamik sorgt und bestens in die Stimmung passt. Zudem sind zahlreiche Geräusche eingefügt, die das Geschehen lebendig halten, und auch hier merkt man jeder Szene die Hingabe für das Projekt an – alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und harmonisiert miteinander.

Dieser Eindruck setzt sich auch in der Gestaltung fort. Denn für die beiden CDs wurde keine einfahe Plastikhülle gewählt, sondern eine kleine Pappbox, die nicht nur witzig im Comicstil gestaltet ist, sondern auch ein ebenso ansehnliches und umfangreiches Booklet mit weiteren Illustrationen im gleichen Stil und einigen Hintergrundinformationen zur Produktion.

Fazit: „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ haucht Hörspielen neues Leben ein und zeigt, wie anders dieses Medium angegangen werden kann: Mit einem ungewöhnlichen Thema, einer Meta-Ebene und viel Witz und Charme. Darauf muss man sich einlassen können, dann verzeiht man aber auch die kleinen aufkommenden Längen.

VÖ: 14. November 2016
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-2475-8
 
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