• Blut-Tetralogie   Dark Space
Hallo ihr Hörspiel-Häschen,

Corona-Wahnsinn hat mich im Griff und ich bin in der "Text: Geschichte, Gedichte und mehr" Kategorie" etwas eskaliert. Ich würde mich über ein wenig soziale Kontakte... Kommentare freuen. Hier habe ich etwas für euch, dass bei einem Poetry Workshop meiner Slam Mami Maron Fuchs entstanden ist. Wir sind gute Freundinnen und ich freue mich immer wenn ich neuen Input bekomme.

Der Titel ist Thema und ich bin gespannt was ichr so dazu zu sagen habt.

Freiheit, Rassismus, Toleranz

Zur einmaligen Erklärung und auch nur zu diesem Zwecke, das früher verwendete und in allerhöchstem Maße rassistische und verletzende Wort „Neger“, von dem ich mich mit allen mir bekannten Möglichkeiten distanzieren möchte wird als N-Wort abgekürzt. Ich habe gelernt höflich und elegant ist es, wenn man Person oder People of Colour sagt.

Freiheit ist ein Wort, über das ich eigentlich gar nicht nachdenke. Ich bin weiß, in einem Land geboren, wo das als „normal“ gilt. Freiheit ist für mich so „normal“, dass ich mich kaum privilegiert fühle. Nicht weil ich es nicht bin, sondern weil es ach so „normal“ ist. Und da ist es wieder, dieses Wort: normal.
Ich, weiß, deutsch, meinetwegen christlich, bin normal und du?
Du bist es nicht, weil Krausehaar und Person of Colour?
Ist es das, was Rassismus ausmacht?
Zwischen „normal“ und „anders“ zu unterscheiden?
Zwischen mir, der weißen Europäerin und dem Menschen für den früher das N-Wort verwendet wurde?
Ich finde, es gibt kein „normal“ oder „anders“ und wenn doch, sind wir alle normal und anders zugleich. Und ich frage mich so oft, wie kann man das ändern?
Weil da ist sie wieder, diese Freiheit. Wir leben doch in einem Land, in dem die Würde des Menschen unantastbar ist und doch sind wir frei in Gedanken und Worten.
In meinem Kopf kollidiert die unantastbare Würde mit der Rede- und Meinungsfreiheit, wie zum Beispiel das N-Wort zu sagen.
Für mich, die eine unglaubliche Affinität für Sprache hat passiert so viel über Worte.
Heißt es nicht, achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte, achte auf deine Worte, denn sie werden Taten?
Heute denke ich das N-Wort in seiner ganzen Pracht und morgen töte ich die, deren Haut eine andere Farbe hat als meine? Ein bisschen übertrieben, oder etwa nicht?
Und dann passieren in meinem Leben plötzlich solche Unterhaltungen.
Ich entschuldige mich für folgenden Aussagen, die ich zitiere. In ihnen wurde das N-Wort nicht zensiert:
„Ach, jetzt du halt ned so rum, wos is denn scho dabei? Wenn aner schwaz is, no soch ich halt N zu dem. Wenn ich onständig zu dem bin, dann is do doch nix dabei“
„Aber, das kannst du doch nicht machen. Weißt du denn, dass das N-Wort politisch völlig inkorrekt ist. Man sagt doch auch nicht mehr Mohrenkopf, sondern Schaumkuss!“
„Ach komm, Mohrnkupf hob ich a scho in meiner Kindheit gsogt“, schallte es zurück, „wieso soll ich denn etzt wos annersch song?“
„Na weil es alles nur nicht anständig und höflich ist und das ist dir doch immer so wichtig!“
„Wieso soll des denn net onständig sa?“
„Weil das ein Wort für rassistische Unterdrückung ist!“
„Wenn ich ansonsten nett und onständig bin, dann wissen die scho wie ich des mahn!“
Es war genug, ich gab es auf. Ich hatte das Gefühl als spräche ich gegen eine Wand.
„Dann wissen die schon, wie ich das meine!“ Die! Wer waren denn „die“?
In diesem Fall wohl People of Colour.
Und dann war da die Wut, die mich packte wenn ich Sätze hörte wie diese:
„Wenn mer mol so drüber nochdenkt, dann sinn des [Anmerkung der Autorin: „des“ im Sinne von People von Colour] ja eigentlich ja alles herzensguta Menschen und meistn könna singa wie die Hadllerchn.“
All das hatte mich so wütend gemacht, so verzweifelt.
Ja, wegen mir, war dieser letzte Satz positiver Rassismus, aber im Endeffekt ist es genauso schlimm, denn er fördert die Kluft zwischen…. Himmel, Herrgott… uns. Zwischen Menschen. Zwischen dir und mir. Nicht nur zwischen uns und euch.
Und doch rutschen wir doch so leicht ab und geraten selbst in die Position zu differenzieren. Ich spreche mich nicht frei, dass mein Kopf politisch und zwischenmenschlich schon einmal sehr inkorrekt dachte:
„Manchmal wünschte ich, ich wäre schwarz, dann könnte ich singen und ganz nebenbei würde mich niemand schief anschauen, wich ich furchtbar wild-wuselige Locken habe. Ich wäre exotisch und schön“
Oder dass mir schwarze Menschen grundsätzlich suspekter waren, wenn ich sie zu mehrt auf der Straße, vor allem nachts getroffen habe.
Entschuldigung mir wird an dieser Stelle schlecht vor mir selbst und ich stelle fest, wie wenig ich scheinbar verstanden habe. Ich schäme mich.
Und mir tun diese Gedanken ich gleichen Moment leid, in dem ich sie denke.
Ich weiß wie viel Leid hinter dem N-Wort steckt.
Ich weiß, dass es für Versklavung und Kolonisierung steht.
Ich weiß, dass es mit Verwundung, Brutalität und Schmerz einher geht.
Und ich weiß, dass Rassismus sich nicht nur auf diejenigen beschränkt, die früher mit dem N-Wort tituliert wurden.
People of Colour. Das sind alle Menschen. Alle! Nur eben nicht die Weißen.
Aber woher denn die Toleranz nehmen?
Und zum Henker, was ist denn Toleranz?
Laut Wikipedia ist es auch Duldsamkeit, gelten lassen, gewähren lassen, umgangssprachlich soll es aber über die Duldung hinausgehen.
Also ist Toleranz mehr als dulden?
Nein, ich persönlich finde, dass Toleranz so verdammt viel mehr sein sollte.
Ich frage mich, wie wird man tolerant?
Heißt es akzeptieren?
So ganz passiv?
Ach verdammt, wenn man diesen ominösen Wikipedia Artikel weiterliest, dann ist Toleranz ein sehr verzwickter Begriff.
Ich habe ein Zitat gelesen, bei der verzweifelten Suche herauszufinden, wie das nun geht, das mit dem toleranten Verhalten.
„Nur wer glücklich ist, kann tolerant sein!“ Von Unbekannt.
Also können Menschen nur dann tolerieren, wenn sie selbst glücklich sind?
Wenn es mir gut geht, nur dann akzeptiere, dulde, toleriere ich dich? Erst wenn ich meine Bedürfnisse befriedigt habe, darf, kann, soll ich an dich denken?
Aber wie wäre es denn, wenn ich mich freue, dich zu sehen, dich kennen zu lernen? Und Freude macht glücklich, oder?
Wie könnte ich dann etwas anderes sehen als dich, einen Menschen, einen Menschen wie mich, jemanden mit Ecken und Kanten? Ecken und Kanten, die ich auch habe, jemanden der genauso wie ich lächelt und weint, der genau wie ich Gutes tun und hoffentlich Schlechtes unterlassen kann?
Und ich bin dankbar und frei, genau das von dir denken zu dürfen. Egal wer du bist, egal wie du aussiehst und wie man dich früher genannt ober eben auch nicht genannt hätte. Du und ich, wir alle, wir sind Menschen. Nicht mehr, aber auch niemals weniger.

Ich bin gespannt auf euer Feedback.
 
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