• Blut-Tetralogie   Dark Space

A. Weltenbruch

Mitglied
"Danke, Doktor Klein", sagte Melanie und lächelte.
"Frau Ritter, das ist doch meine Arbeit, Sie müssen sich nicht jedes Mal bedanken." Der Doktor strich Lana, Melanies Tochter, durch die Haare. "Aber seien Sie wirklich vorsichtig."
"Natürlich."
Melanie verließ mit Lana das Krankenhaus. Die Physiotherapie hatte gut angeschlagen, Lana würde bald nicht mal mehr die eine Krücke brauchen. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, hatte der Doktor gemeint. Melanie half Lana in den Wagen. Seit sechs Monaten waren sie hierher gefahren, seit Melanies Exmann Lana im Suff verprügelt hatte und dann verschwunden war. Ein halbes Jahr. Die Zeit war so schnell vorbeigegangen. Sie fuhren den bekannten Weg entlang, die bunten Häuser an der Promenade. Mittlerweile könnte Melanie den Weg sicher im Schlaf fahren. Zu Hause angekommen half Melanie Lana aus dem Wagen und sie gingen in das kleine Häuschen.Melanie machte Abendessen und brachte Lana ins Bett. Danach legte sie sich selbst hin.
Am nächsten Morgen klingelte der Wecker wie üblich um acht Uhr. Sie hatte vergessen ihn auszustellen. Normalerweise wären sie bald losgefahren, zu den Ärzten. Aber heute nicht. Melanie wurde kalt. Ein unbestimmtes, unangenehmes Gefühl kroch langsam in sie herein. Sie dachte an die netten Worte, die Doktor Klein immer für sie gehabt hatte, dachte an die netten Schwestern und sie spürte wie ein leerer Alltag über sie hereinbrach. Sie dachte an ihren Exmann. Die Leere und Kälte war durch Routine und nette Worte gefüllt worden, doch jetzt blieb davon nichts mehr. Wie mechanisch richtete sie sich auf und ging in Lanas Zimmer.

"Oh, das sieht gar nicht gut aus. Wie ist das passiert?"
"Heute morgen ist sie plötzlich hingefallen."
"Das wirft uns um Monate zurück. Wir müssen wieder mit der Physiotherapie anfangen."
"Wie lange diesmal?"
"Schwer zu sagen. Vier Monate? Vielleicht fünf? Wir werden uns so gut es geht um Lana kümmern, damit es ihr bald wieder besser geht."
"Danke, Doktor Klein."
 

Nanami

Es sind heute viele Leute in Versailles
Sprechprobe
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Eine sehr gut geschriebene Geschichte, die ich mehrmals lesen musste, einfach um das alles besser zu "verkraften". Ich finde es sehr gut, dass du einen nüchternen, beinahe nachrichtenartigen Schreibstil gewählt hast, bei dem kein Wort zu viel ist. Hier ist nichts Melodramatisches oder Sensationsheischendes, einfach nur der pure Horror, der leider überall geschehen kann.
 
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