Elminster

Mitglied
Hallo zusammen.

Ich habe für ein anderes Forum eine Kurzübersicht/Kaufhilfestellung für Mikrofone im Sprachbereich für Newbies verfasst - zu technisches habe ich angeritzt, aber nicht zu sehr vertieft. Ich finde hier passt es auch ganz gut rein. Ich verfasse gerade noch weitere Handouts für alle Bereiche der Aufnahme, PreProduktion,Postproduktion - wenn gewünscht kann ich die auch hier posten?


Das Mikrofon ist DAS Instrument für Sprecher – außer dem Sprecher selbst hat keine andere Komponente in der Aufnahmekette mehr Einfluss auf die Qualität der Aufnahme. Daher wird dem Mikrofon in unserer Reihe „Von der Aufnahme bis zum Produkt“ ein eigenes Kapitel gewidmet.
Natürlich gibt es eine Menge verschiedener Mikrofone – in verschiedenen Preisklassen. Dieses Handout geht daher nur auf die Mikrofone ein, die für einen Sprecher wichtig sind.

Entweder ihr habt bereits ein Mikrofon erworben, oder ihr steht kurz davor. Trifft ersteres zu, könnt ihr dieses Kapitel überspringen.

KAPITEL 1 – HILFE ZUM KAUF EINES MIKROFONS
Verschiedene Dinge habt ihr zu bedenken: Wie viel Geld habe ich zur Verfügung? Möchte ich noch mehr mit dem Mikrofon machen? Was bedeuten die ganzen kryptischen Angaben bei der Produktbeschreibung des Mikrofons? Wie schließe ich das Mikrofon an?

1) Kondensator oder Dynamisch? Großmembran oder Kleinmembran?
In dem Genre der Sprecher haben sich sogenannte „Großmembran-Kondensator Mikrofone“ etabliert. Der Vorteil eines Kondensator-Mikrofons gegenüber einem dynamischen Mikrofons liegt in der größeren Empfindlichkeit. Dynamische Mikrofone werden häufig auf der Bühne oder im Proberaum eingesetzt – hier sind Eigenschaften gefragt wie Robustheit und Feedbackunterdrückung bzw. Unterdrückung der Handgeräusche – Dinge die man als Sprecher nicht braucht. Für einen Sprecher muss ein Mikrofon hingegen den vollen Tonumfang über den gesamten Frequenzbereich gut darstellen können. Ebenso sind die meisten Großmembraner besser geeignet als Kleinmembraner – Kleinmembraner werden mehr in dem Bereich der punktuellen Abnahme (z.B. Abnahme einer akustischen Gitarre) eingesetzt.

2) SNR-Ratio? Hä?
Alle elektrischen Instrumente erzeugen bauartbedingt ein eigenes Grundrauschen. Rauschen muss NICHT IMMER schlecht sein, doch es gilt das Rauschen gering zu halten und nach Möglichkeit schon am Anfang einer Aufnahme zu eliminieren. Zudem potenziert sich Rauschen während einer Produktion gerne auf, so dass es zum Schluss oder sogar schon während einer Produktion zu Problemen kommen kann. Die SNR gibt die „Signal-Noise-Ratio“ (Signal-Rausch-Abstand/Verhältnis) an. Je größer der Abstand zwischen Nutzsignal (eure Stimme) und dem Rauschen, desto besser.

3) 48V Phantompower/USB/Mikrofonvorverstärker
Kondensatormikrofone benötigen eine Kapselspannung von 48V. Diese muss entweder ein separater Mikrofonvorverstärker bereitstellen, oder du hast dir ein USB-Mikrofon gekauft, welches die benötigte Spannung über dem USB-Port deines PC erhält. Solltest du kein spezielles Audiointerface besitzen, was dir den Anschluss einen Mikrofons mit XLR-Stecker ermöglicht, brauchst du einen zusätzlichen Mikrofonvorverstärker (Ausnahme: USB-Mikrofone).

4) Frequenzgang
Die menschliche Stimme liegt bei ca. 100Hz – 16Khz (Mann) und bei ca. 240Hz – 16Khz (Frau). Alles darunter/darüber ist für einen Sprecher nicht wichtig und kann (sollte) später vom Cutter ausgeblendet werden. Wollt ihr zusätzlich das Mikrofon für eure Band etc. verwenden, solltet ihr darauf achten, dass das Mikrofon in der Lage ist, Signale ab ca. 40Hz(besser noch 20Hz) bis 20Khz aufnehmen kann.

5) LowCut-Schalter
Der LowCut senkt ab einer gewissen Frequenz (z.B. 100Hz) das Signal um einen bestimmten Wert (z.B. 6 dB) nach UNTEN (Low-Cut) schon bei der Aufnahme ab. Das Resultat ist neben einer subjektiv höheren Lautstärke auch weniger Arbeit für den Cutter.

6) -20dB Pad-Schalter
Damit kann man die Empfindlichkeit des Mikrofons um 20dB herabsetzen, um auch irre laute Signale aufzunehmen, ohne dass die Mikrofonkapsel verzerrt. Für Sprecher wenig interessant – es sei denn ihr könnt so laut schreien wie ein Dampfhammer, Düsenflugzeug oder Bassdrum. Wollt ihr das Mikrofon auch in der Band verwenden, ist es eine Überlegung wert.

6) Sampling Frequenz 44,1, 48 Khz ?
Da USB-Mikrofone eine eigene „Soundkarte“ haben, besitzen sie auch einen eigenen Quarzbaustein für die Abtastung des Signals. Euer Mikrofon sollte in jedem Fall in der Lage sein, mit 44,1 Khz (44.100Hz) das Signal abzutasten. Es gibt auch Mikrofone, die AUSSCHLIEßLICH mit 48Khz abtasten können. Diese VERMEINTLICH bessere Eigenschaft ist jedoch ein Trugschluss – erstens hört den Unterschied kein Mensch und zum anderen ist 48Khz ein Standart, der sich im DVD/Broadcast-Bereich durchgesetzt hat. Wenn ihr also das Mikrofon ebenfalls als Radiosprecher benutzen wollt, sollte das Mikrofon BEIDE Samplings beherrschen. Wenn ihr eine Aufnahme mit 48Khz bei eurem Cutter einreicht, muss dieser verlustbehaftet das Signal auf 44.1 Khz runterdrücken (bei der Tonproduktion ist der Standart weiterhin 44,1 Khz). Ein Quarzkristall, der Signale mit 48Khz abtastet, kann nicht auch Signale mit 41,1Khz abtasten, so dass so ein Mikrofon 2 Kristalle beinhalten muss (was das ganze Produkt wieder teurer macht).

7) Niere, Kugel, Acht, Hyperniere ???
Damit ist die Charakteristik eures Mikrofons gemeint. Wenn ihr um euer Mikrofon herum geht und dabei singt/sprecht, werdet ihr feststellen, dass das Mikrofon mal mehr, mal weniger Empfindlich ist. Würde man diese Charakteristik auf ein Blatt Papier abbilden, würde sie die Form der oben genannten Figuren annehmen. Für den Sprachbereich ist am besten die Niere geeignet. Sie bildet den Frontschall gut ab und blendet gleichzeitig den hinteren Schall gut aus. Möchtet ihr später mal mehrere Sprecher gleichzeitig mit einem Mikrofon aufnehmen, achtet zusätzlich auf die Charakteristik „Kugel“ oder „Acht“.

8) Die Spinne
Hier ist die Spinne kein Krabbeltier, sondern eine Mikrofonhalterung, die aufgrund der elastischen Bändchen das Mikrofon quasi „schweben“ lässt. Der Vorteil ist, dass hier Schwingungen, die durch den Mikrofonständer übertragen werden(Trittschall), minimiert werden. Da Kondensatormikrofone sehr empfindlich sind, empfiehlt sich eine Spinne als Halterung (oftmals bereits im Lieferumfang).

9) Popschutz, Popkiller
Sogenannte „Explosivlaute“ (P,T,K) rufen vor dem Mikrofon ein wahres Donnerwetter an Luftverwirbelungen hervor. Der Popschutz kann diese mildern. Zur Not/Übergang hilft hier auch ein aufgespannter Damenstrumpf weiter.

10) Mikrofonständer
Ein stabiler Ständer für euer Mikrofon.

FAZIT: Meine Empfehlung lautet: Haltet Ausschau nach einem Großmembrankondensator-Mikrofon. Je nach verfügbarem Budget kauft ein USB-Mikro (günstiger, da Audiointerface bereits enthalten, klanglich ein wenig uninteressanter, etwas mehr Rauschen). Bei etwas mehr Anspruch/Budget kauft ein Mikrofon mit separatem Verstärker, mit dem ihr noch mehr Einfluss auf den Klang haben könnt. Je nach Ausstattung des Mikrofons (LowCut, verschiedene Charakteristiken etc) wird es teurer – aber auch interessanter.
 

Searge

Space-Opera ist ein musss!
Sprechprobe
Link
AW: Kurzübersicht Mikrofonkauf/Kaufhilfe

Immer her damit. Vielleicht noch als PDF zum downloaden?
 

Marco Ansing

Autor und Sprecher
AW: Kurzübersicht Mikrofonkauf/Kaufhilfe

Hey, das ist super. Seeeehr hilfreich, auch wenn es für mich zu spät ist, hehe. *hat sein Mikro bereits gekauft und ist sehr zufrieden*
 
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