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In einer anderen Haut (Alex Ohlin)

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Erster Eindruck: Drei Menschen, eine Frage

Grace, eine New Yorker Psychotherapeutin, findet mitten im Winter einen Mann, der nur knapp einen Selbstmordversuch überlebt hat. Sie begleitet ihn ins Krankenhaus und beginnt langsam, eine Beziehung mit ihm aufzubauen. Ihre ehemalige Patientin Anne, die sich immer wieder selbst verletzt hat, rettet zwei Menschen vor der Obdachlosigkeit und lässt sie bei sich wohnen. Und dann ist da noch Grace‘ Exmann Mitch, der seine zweite Frau verlässt, um für einige Zeit bei den Inuit zu leben und ihnen zu helfen…

Alex Ohlin hat mit „In einer anderen Haut“ einen ganz und gar eindringlichen und gefühlsbetonten Roman verfasst, der von Lesern wie Kritikern sehr positiv aufgenommen wurde. Das dazugehörige Hörbuch ist beim Audio Verlag erschienen. Es werden drei Hauptcharaktere begleitet, die in unterschiedlicher Weise ein und dieselbe Frage aufwerfen: Helfe ich, damit es anderen besser geht – oder helfe ich, weil ich mit damit besser fühle? Bin ich ein gutherziger Mensch oder eben doch nur eigennütziger Egoist? Und so verschieden Grace, Anne und Mitch sind, so unterschiedlich ihre Situationen sind, so eng verbindet Ohlin sie, mit ihrer ganz speziellen Erzählweise und der scharfen, treffenden Sprache, die den Roman völlig durchdringt. Viele Irrungen werden von den Protagonisten durchlebt, sie alle stehen vor folgenschweren Entscheidungen und müssen sich verändern, hinterfragen und ihre angestammten Denkweisen über den Haufen werfen – eine emotionale Fahrt, die der Hörer hautnah mitbekommt. Dabei gerät die Rahmenhandlung fast schon in den Hintergrund, so lebendig sind die Gefühle der drei beschrieben, so sehr nehmen deren Entwicklung gefangen. Die collagenhafte Erzählweise, die nur langsam ein komplettes Bild von Grace, Anne und Mitch zusammensetzt, bringt dann immer wieder kleine Überraschungen mit ein. Ein hervorragender Roman, auch in dieser gelesenen Version.

Gleich zwei Sprecher sind hier zu hören, um den Charakteren sowohl eine männliche als auch eine weibliche Stimme zur Seite zu stellen, was wesentlich organischer klingt und zudem Abwechslung in die Lesung bringt. Maren Eggert übernimmt dabei die Parts aus der Sicht der weiblichen Protagonisten und nimmt sich dabei selbst sehr zurück, spricht klar, deutlich und betont, überlässt den eingängigen Worten aber ihre Wirkung, ohne diese stark zu interpretieren. Heikko Deutschmann spricht dementsprechend die Teile von Mitch und kann seine markante und eindringliche Stimme einsetzen, um die komplexe Gefühlswelt des Mannes deutlich zu machen.

Das Titelbild ist sehr schlicht und erinnert in seiner Wirkung an die klare, einfache und doch so treffende Sprache des Romans: Knapp unter dem Nacken einer Frau sitzt eine Libelle, die Flügel ausgebreitet, von der Frau ist kaum etwas zu erkennen, dazu ein unauffälliger weißer Rahmen und ein schlichter Schriftzug. Im Inneren des aufklappbaren Digipacks gibt es kurze Informationen zu Autorin und Sprechern ebenso wie die üblichen Produktionsinfos.

Fazit: Eine eindringlicher Roman voller Emotionen und der immer im Raum stehenden Frage, die viel Potenzial zum Nachdenken und dem Überprüfen der eigenen Handlungsweisen gibt.

VÖ: 1.März 2013
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-265-8
 
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