Poldi

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Herr aller Dinge

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Erster Eindruck: Der Fluch der Wissenschaft

Der zehnjährige Hiroshi freundet sich als Sohn einer Wäscherin mit Charlotte an, die im Nachbarhaus wohnt und Tochter eines Botschafters ist. Der Standesunterschied macht ihm zu schaffen, und er hat die Vision, eines Tages alle Menschen reich zu machen. Tatsächlich entwickelt er als erwachsener Mann erstaunliche Technologien – und stößt auf ein schreckliches Geheimnis...

Spätestens seit seinem Roman „Das Jesus-Video“ ist Andreas Eschbach für seine spannenden Werke bekannt, und was er in „Herr aller Dinge“ darbietet, geht sogar noch einige Schritte weiter. Neben der üblichen Unterhaltung bindet er noch zahlreiche andere Themen ein, die gesellschaftskritischer oder technischer Natur sind. Denn die Visionen von Hiroshi sind sehr detailliert aufgeführt und überraschen immer wieder mit anspruchsvollen, aber nachvollziehbaren Erkenntnissen. Sie sind sehr gut in die Handlung eingebaut und fügen sich dort organisch ein. Doch auch auf anderen Ebenen kann „Herr der Dinge“ überzeugen, beispielsweise bei der Liebesgeschichte zwischen Hrioshi und Charlotte. Hier wird viel Wert auf die Gefühlswelt von Hiroshi gelegt, sein unbedingter Wille, eines Tages mit seiner Angebeteten das Leben teilen zu können, seine Zielstrebigkeit, wie er dies erreichen will. Aber auch Charlotte wird intensiv dargestellt, und zwar als verwöhnte Tochter, die ihr Leben nicht wirklich ernst nimmt. Gerade dieser Kontrast ist interessant. Auch die Nebenfiguren weiß Eschbach gut einzufügen und lebendig zu beschreiben. Leider ist der Anfang arg lang geraten, ohne dass wirklich viel passiert. Vielmehr wird hier die Kindheit der beiden aufgezeigt. Erst im späteren Verlauf, wenn Hiroshis Forschung weiter fortgeschritten ist, kommt die Handlung in Fahrt und formt sich zu einem ungewöhnlichen, aber faszinierenden Werk.

Matthias Koeberlin ist hier der Sprecher des Hörbuchs und kann diese anspruchsvolle Aufgabe sehr gut lösen, indem er eine eher neutrale Sprechweise wählt, die insbesondere den wissenschaftlichen Ausführungen gut steht. Natürlich sind diese trotzdem keine leichte Kost und gerade beim hören recht anspruchsvoll, Koeberlin strukturiert aber gut und lässt durchaus Zeit, über das Gehörte nachzudenken. Auch den Verlauf der Geschichte zeichnet er zurückhaltend nach und überlässt dem Hörer seinen eigenen Gedanken.

Einige wenige Musikstücke sind in das Hörbuch eingebaut, um Kapitelwechsel anzuzeigen und so eine bessere Abtrennung zu erreichen. Die kleinen Melodien von jeweils einigen Sekunden stammen von Andy Martern, der ansprechende und stimmungsvolle Stücke geschaffen hat, die sich gut in die Atmosphäre des Romans einfügen können.

Das Titelbild ist absichtlich abstrakt gehalten und spielt auf die wissenschaftliche Seite des Hörbuchs an. Die gewählten Farben sind Blau und Türkis, die sich auch durch die restliche Aufmachung ziehen. Neben kleinen Texten zu Andreas Eschbach und Matthias Koeberlin findet sich in dem stabilen Digipack vorrangig Werbung für andere Produkte.

Fazit: Spannung gepaart mit einer Liebesgeschichte und Wissenschaft – eine ungewöhnliche, aber hörenswerte Mischung mit hohem Anspruch.

VÖ: 16.September 2011
Label: Lübbe Audio
Bestellnummer: 978-3-7857-4515-1
 
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