Valravn

Hannah
Sprechprobe
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Moin HoerTalker! :)

Hier habe ich eine Kurzgeschichte aus meiner Feder vertont.

 

Der Text:
Einkaufen

Eigentlich freue ich mich ja darauf, mich etwas zu bewegen. Aber ich bin müde. Müdigkeit wird durch eine Tasse Kaffee bekämpft, die ich auf dem Balkontisch sitzend schlürfe. Erfolglos. Ich habe nur noch eine Stunde. Schönes Wetter draußen, also den Hut aufgesetzt und die Tasche genommen, den Hut wieder abgesetzt und das Haus verlassen. Schneller Schritt, es ist schön, draußen zu sein. Im Schatten kalt, in der Sonne warm. Langsamer Schritt, es ist heiß und ich will nicht hetzen. Ich genieße den Wind, der durch meine Haare wuschelt.
Die feine Gesellschaft versammelt sich vor dem schiefen Betonklotz, den wir Kirche nennen. Im großen Fenster spiegeln sie sich, das sieht künstlerisch aus. Die Eitlen, wie ich, prüfen ihre Erscheinung. Sie versammeln sich zum Fest der Aufnahme in die Kirche, in die Gesellschaft. Konfirmation. Meine war ganz schön. Im Türloch stehen männliche Wesen, in Anzügen, die sie aussehen lassen wie Männer, obwohl sie weder Männer noch Jungen sind.
Die feine Gesellschaft ist parfümiert und schick angezogen. Man sieht reich und vornehm aus und ist gespannt und feierlich gestimmt. Mir wird schlecht von den Duftpartikeln, die durch die Luft diffundieren und in meine Nasen dringen. Aus der Kirche dringen Blasinstrumente.
Daneben ist Markt, aber ich will mein Gemüse im Bioladen kaufen. Was wohl besser ist?
„Du bist kein Badener mehr!“ ruft der eine durch den Laden. Die Bananen sind zu grün. „Bekommen Sie etwas? Ein Brot?“ Nein, ich bekomme kein Brot, ich habe alles und murmle vor mich hin. Der große Schwarze neben mir aber. Er hat sich eigentlich vorgedrängelt, aber das ist okay. „Haben Sie Kartoffelbrot?“ „Nein, das ist nicht im Angebot.“ Mh. „Wer war zu erst? Sie…?“ „Öh… Nein, nein, er…“ Ich bin müde.
„Einen schönen Tag noch“ und Tschüß.
Die feine Gesellschaft wächst und wächst. In Scharen strömen sie zum Gotteshaus. Opas, Omas, Mütter, Väter, die ganze Verwandtschaft. Sicherlich nicht alle gläubige Menschen. Dazwischen die, um die es sich dreht: Die jungen Menschen auf der Schwelle zur Vollwertigkeit. Und ihre Duftwolke wird immer größer. Ich will da weg. Es sitzen Beobachter auf Steinbänken. Ich laufe und sehe mich im schrägen Fenster wieder von oben.
Da stehen ein paar alte Leute. Der alte Herr hält seinen Spazierstock stolz in die Luft. „Bernstein!“ Die alte Frau erzählt etwas über Bernstein, was sie im Fernsehen gesehen hat. Hochinteressant fand sie das. Während die anderen den tollen Spazierstock bewundern und ich mich frage, was das für eine Welt ist.
Mir kommen noch mehr feine Leute entgegen. Ein paar kenne ich, aber ich erkenne sie kaum wieder. Ich weiche lieber aus.
Vor mir zwei coole Typen. Ein langer dünner, der raucht. „Die Deutschen haben euch damals platt gemacht, im Weltkrieg. Genau wie im Fußball. Im Fußball haben sie euch auch platt gemacht“, sagt er so cool zum anderen. Ich schlängle mich zwischen ihm und der Laterne durch und will weg.
Ein Vater, braungebrannt, mit Turnschuhen in sportlicher Freizeithose und kariertem Hemd auf einem Fahrrad. Hinter ihm sein Sohn. Ein anderer Mann mit Fahrrad. „Das ist nicht so meine Preisklasse.“ Der Vater deutet nach hinten, wo ich gerade herkomme.
Noch mehr Konfirmandenfamilien. Östlicher Akzent. Ein Junge mit roten Haaren, die Jeans bis zum Bauchnabel mit einem breiten Gürtel. Das Hemd steckt in der Hose. Darüber ein Frack.
Meine Nachbarn, ganz lässig. Gehen sie etwa auch zur Konfirmation?
Ich will es nicht wissen, ich bin müde.
Meine Blasenpflaster kann ich auch noch am Montag kaufen. Meine Tasche ist eh zu schwer. Und die Welt und ihre Leute zu komisch.

Es besteht weder in literarischer Hinsicht als noch viel weniger in sprecherischer Hinsicht (Anspruch auf) Perfektion. ;) Deswegen nehme ich gerne Kritik und Vorschläge oder alles andere entgegen!
 
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