• Blut-Tetralogie   Dark Space

Mr B.

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Obwohl die Mittagssonne grell vom Himmel herabschien, lagen lange Schatten in der Arkham Street. Samuel Walker hielt einen Moment inne, als er an dem Eingang der berüchtigten Straße vorbei kam. Er hatte schon viele Geschichten gehört, wobei die meisten aber ins Land der Träume und Phantastereien verbannt gehörten, aber dennoch ging von ihr ein besonderer Reiz aus. Freunde hatten ihn gewarnt und rieten ihm, nicht mal daran zu denken einen Fuß über die unsichbare Grenze zu setzen, die die verruchte Straße vom Rest der Stadt trennte.

Ein leises Quietschen lies ihn hochschrecken und er lachte über seinen Schrecken, als er sah, dass die Windbö nur ein kleines Holzschild hin und her schwang, dessen Eisenringe quietschten. "Alhazreds Bücherladen" stand dort geschrieben und ein leichter Schauer durchfuhr Samuel. Würde er hier finden wonach er so lange gesucht hatte? War es möglich, dass er hier das sagenumwobene, verbotene, Buch über die Gesetze der Toten, das Necronomicon, finden würde? Er zögerte noch ehe er einen Schritt nach vorne trat und seinen Fuß auf das Pflaster der Arkham Street setzte. Er lachte über sich selbst als nichts geschah, außer dass die Sonne hinter einem Dachgiebel verschwand.


Die kleine Glocke des Bücherladens bimmelte, als er durch die Tür in den verlassenen, nach alten Papier riechenden Raum trat. Samuel sah sich ein paar der Bände an, während er auf den Besitzer des Ladens wartete. Die Titel der Bücher ließen sein Herz höher schlagen, schließlich lagerten hier die meisten, von der Kirche verbotenen Bücher über okkultes Wissen. Von Junzt "Unaussprechliche Kulte" stand direkt neben dem "Buch des Dagon" und anderen Titeln, die in Sprachen geschrieben waren, die längst vergessen waren. Ein regelmäßiges, sich näherndes Klopfen, riss Samuel aus seinem Stöbern. Durch den Perlenvorhang trat ein gebrechlicher, alter Mann mit Orientalischen Gesichtszügen, der sich schwer auf einen Stab aus Ebenholz stützte. "Was kann ich für Sie tun, junger Herr", fragte er Samuel. "Ich...ich würde gerne das Necronomicon sehen", antwortete dieser nach einigem Zögern.

Der Alte fing an heiser zu lachen. "Haben Sie sich es gut überlegt", fragte er, was Samuel mit einem Nicken erwiederte. "Dann kommen Sie", sagte der Alte und bedeutete Samuel ihm zu folgen. Hinter dem Perlenvorhang erstreckte sich ein großer Raum, der mehr Bücher enthielt, als der biliophilie Samuel in seinem Leben gelesen hatte und lesen konnte. Der Alte geleitete Samuel zu einer kleinen Leseecke, bevor er zu einem Regal schlurfte. "Haben Sie all diese Bücher gelesen", fragte Samuel den Alten. "Ja das habe ich", antwortete dieser. "Und manches, was ich aus ihnen erfuhr, sollte verborgen bleiben." Der Alte griff zielsicher in ein Regal und brachte das Buch, das tatsächlich das Necronomicon war, zu Samuel, den er daraufhin allein ließ. Nahezu gierig schlug Samuel das Buch auf und fing an die fast verblassten arabischen Schriftzeichen zu lesen.

Nach mehreren Stunden kam der Alte zurück in die Leseecke, wo die Leblose, steinerne Hülle Samuels noch immer vor dem Buch saß, dessen Schriftzeichen nun nicht mehr blass sondern kräftig und auf eine merkwürdig, abstoßende Art pulsierend, auf dem Papier ruhten. Der Alte Schlug das Buch schnell zu und seufzte schwer, schon wieder war ein Unwissender an den verruchten Schriften, die seinen schwachen Geist und seine Seele vernichteten, zu Grunde gegangen. Er würde das Buch wohl nie loswerden und in Frieden ruhen können.
 
R

Rabenfeder

AW: Der Buchladen

Wieder einmal ein Geiles Stück von dir Georg! Ich feier dich.
 

Mr B.

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AW: Der Buchladen

Danke war eins meiner ersten Werke, als ich in die Welt von Lovecraft und Co eintauchte, daher auch diverse Anspielungen
 

Husky Grey

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AW: Der Buchladen

Ja , der Einfluss von H.P. Lovecraft ist nicht zu übersehen.^^

Die Erwähnung der Arkham Street, erinnert mich ein wenig an die "Fear Street" Romane, R.L. Stine.

Eine Kurzgeschichte, mit guter Atmosphäre, gefällt mir.:thumbsup:
 

Mr B.

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Da wir schon mal dabei sind, altes neu aufzulegen auch hier wieder eine überarbeitete Version. Mehr Wörter, mehr Bogen, einfach ein bisschen Mehr bei allem



Der Buchladen

Die grelle Mittagssonne schien auf das Dächermeer der kleinen Stadt herab. Die Hitze des Sommers sorgte für leere Straßen, denn die meisten Menschen hielten sich lieber in ihren kühleren Häusern auf. Die wenigen, die durch die Hitze mussten versuchten so gut es geht in den Schatten der Dachvorsprünge zu gehen um nicht das volle Ausmaß der Hitze ertragen zu müssen. Nur an einer Straßenecke wichen die Passanten in die Sonne aus, denn jedem lief es kalt den Rücken herunter, wenn er an ihr vorüber ging. Arkham Street stand auf einem kleinen, rostzerfressenen Schild, das an einer Hauswand montiert war.
Samuel Walker merkte nicht, wie lange er schon mitten in der prallen Sonne auf der Straße stand und das Schild verzückt anstarrte. Endlich hatte er sie gefunden. Nach all den Jahren des Suchens und all den Enttäuschungen hatte er die größte Hürde genommen. Obwohl er es kaum erwarten konnte in diese berühmt berüchtigte Straße zu gehen zögerte er noch einen Moment. Die Warnungen seiner Freunde und die unzähligen Gerüchte, die sich um diese Straße rankten, kamen ihm in den Sinn. Besonders in letzteren musste ja ein Funken Wahrheit stecken, sonst würden sie sich nicht so hartnäckig halten. Mit tiefen Atemzügen sammelte er all seinen Mut zusammen und trat über die unsichtbare Grenze, die die Straße vom Rest der Stadt trennte. Nichts geschah. Weder befand er sich in einer anderen Dimension, noch fühlte er sich irgendwie anders als sonst. Langsam atmete er wieder aus und fing an laut loszulachen. Hatte er wirklich an all diesen Humbug geglaubt, der sich erzählt wurde? Kopfschüttelnd ging er weiter, länger konnte er nicht warten. Seine Schuhsohlen klackten leise auf dem Kopfsteinpflaster der Straße, als er seines Weges zog. Die Häuser, an denen er vorbei kam, waren zwar Baufällig, aber bei weitem nicht so schlimm und verwahrlost, wie gemunkelt wurde. Zugegeben, in ein paar Häusern waren Geschäfte beheimatet, die man instinktiv mied, aber das machte ja gerade den Charme dieser Gegend aus. Fast hätte er sein Ziel verfehlt, wäre er nicht stehen geblieben um zu sehen was die Ursache des Quietschens über seinen Kopf war.
Der Wind hatte aufgefrischt und bot der Stadt eine kleine Abkühlung in dem er durch die Straßen und die Gassen wehte. Dabei hatte er auch ein paar Schilder in Schwingung versetzt, unter anderem das, unter dem Samuel stand. Die Farbe war zum großen Teil abgeblättert und er musste sich anstrengen den Schriftzug darauf zu erkennen. Al Hazreds Bücherladen. Diese drei einfachen, fast verblassten Worte ließen sein Herz sofort höher schlagen. Heute war wirklich sein Glückstag. Nervös leckte er sich über seine Lippen, würde er hier finden wonach er suchte? Oder war das Buch der Toten nur eine Legende, der er zu lange nachgejagt hatte? Wenn er weiter hier stehen würde, würde er es nie eine Antwort bekommen, dachte er sich und betrat den Bücherladen.
Die Luft, die ihn im Innern des Raumes empfing war angenehm Kühl und erfüllt von dem Duft alten Papiers. Auf das Bimmeln der kleinen Ladenglocke hatte noch niemand reagiert und so nutzte Samuel die Möglichkeit etwas zu stöbern. Überall befanden sich Bücher. Sie füllten Regale aus oder standen auf alten Kommoden, deren Lack längst verblasst war. Die Titel waren wie auch die Bücher in unterschiedlichen Sprachen und Schriften verfasst. Die Titel, die er kannte brachten sein Blut in Wallung. Allein hier in diesem kleinen Abschnitt befand sich nicht ein Werk, das nicht von der Kirche verboten worden war. Dieser Laden war ein Hort verbotenen Wissens. Er unterdrückte das Bedürfnis laut zu jubeln. Eher würde die Hölle zufrieren, als dass er hier nicht das fand, was er suchte. Das Rascheln des Perlenvorhangs, der den hinteren Bereich des Ladens verbarg, lies Samuel herumdrehen. Ein alter Mann, der sich auf einen kunstvoll verzierten Stab aus Ebenholz stützte, war hereingekommen. Erwartungsvoll sah er seinen neuen Besucher an.
„Ähm.. ich suche…ein Buch“, brachte Samuel stotternd hervor. Der Alte fing an zu lachen und hörte erst auf, als sein Atem anfing zu rasseln. „Verzeihen Sie, aber das hier ist ein Buchladen. Sie müssen schon präziser werden, junger Mann“, sagte der alte. Samuel sah betreten zu Boden. „Natürlich. Ich suche ein besonderes Buch. Übersetzt heißt es Das Buch der Toten, der richtige Titel lautet aber Necronomicon“, beantwortete er die unausgesprochene Frage des Alten. Misstrauisch zog der Alte seine buschigen Brauen zusammen. „Was wissen Sie darüber?“ Samuel lachte verlegen und hob die Schultern. „Nun, ich vermute mal mehr als die meisten. Warum fragen Sie?“ „Wie haben Sie hierher gefunden“, wollte der Alte an Stelle einer Antwort wissen. „Ich glaube nicht, dass das für Sie relevant ist wie…“ setzte Samuel an, wurde aber von einer Geste des Ladenbesitzers unterbrochen. „Ja ich habe das Necronomicon, aber nicht jeder kann einfach so einen Blick hineinwerfen. Erzählen Sie mir was Sie wissen und wie Sie hierhergefunden haben oder gehen Sie wieder.“ Samuel atmete mehrmals tief durch. Er hatte keine Wahl, wenn er nicht mit leeren Händen zurückkehren wollte. Er schilderte mit knappen Worten den Alten, seine Erlebnisse. Angefangen mit seinem Studium, wo er über den Namen stolperte, über seine eigenen Nachforschungen bis hin zu seiner Odyssee in diese Stadt.
„Und Sie wollen das Necronomicon kaufen“, fragte der Alte, als Samuel mit seine Erzählung beendete. Samuel nickte und blickte den Alten Hoffnungsvoll an. Seufzend schüttelte dieser den Kopf. „Das Necronomicon ist nicht verkäuflich, aber Sie können gerne darin lesen, wenn Sie es möchten.“ Samuel nickte daraufhin heftig. Es war immerhin besser als nichts. Der Alte gab ihm mit einem Wink zu verstehen, ihm zu folgen.
Ihr Weg führte durch die spartanisch eingerichteten Privatgemächer des Ladenbesitzers zu einer Treppe, die sie hinab in eine Höhle führte, die tief unterhalb der Straße lag. Auch hier waren überall Bücher. Wo oben im Laden Regale standen, waren hier in den Wänden kleine Fächer eingearbeitet, die ihnen Platz boten. Unzählige Kerzenständer hüllten die Höhle in ein sanftes, warmes Licht. In einer kleinen Ecke der Höhle war eine Leseecke mitsamt einem kleinen Pult eingerichtet. Samuel konnte sein Glück nicht fassen. Was für Schätze sich hier unten wohl befanden? Was würden Sie ihm sagen können? Dürfte er den Alten fragen sich ein paar Bücher anzusehen? Der Alte sah ihn an und lächelte wissend. „Ich habe Sie alle gelesen, aber glauben Sie mir, ich bereue es.“ „Warum das“, fragte Samuel verwirrt. Der alte zögerte mit seiner Antwort. „Es gibt Wissen, das nicht für den menschlichen Verstand geeignet ist. Es kann ihn aus den Angeln heben und zerschmettern.“ Schweigend gingen Sie weiter. Samuel setzte sich auf einen Wink des Alten vor das Lesepult in der Ecke und wartete bis der Alte mit einem Buch unter dem Arm wieder kam. „Noch können Sie gehen“, sagte der Alte, ging aber wieder als Samuel energisch den Kopf schüttelte. Hektisch schlug Samuel das Buch auf. Endlich war er am Ziel angelangt, er würde das Wissen wie ein Schwamm aufsaugen und damit den Narren in der Heimat zeigen, was sie verpassten.
Es vergingen mehrere Stunden und die Nacht hatte sich bereits übers Land gelegt, als der Alte wieder kam. Vor dem Lesepult saß immer noch der junge Mann, der in seinen Laden gekommen war um in einem Buch zu lesen. Vorsichtig berührte er ihn an der Schulter, aber er bemerkte den Alten nicht. Dieser warf einen kurzen Blick auf das Necronomicon und schlug es schnell zu. Die Buchstaben waren nicht verblasst sondern pulsierten in einem dunklen Rot und wirkten unnatürlich Lebendig. Mit schlurfenden Schritten brachte der Alte das Buch zurück an seinen angestammten Platz. Schon wieder war ein schwacher Geist Opfer dieses verfluchten Buches geworden. Seufzend ging der Alte zu der Leseecke zurück, wo die leblose, steinerne Hülle des Samuel Walkers saß. Traurig schüttelte der Alte den Kopf. Er wusste nicht mehr wie lange er schon ein Sklave dieses dämonischen Buches war und wie oft er schon versuchte aus seiner Knechtschaft zu entkommen. Vielleicht würde ja eines Tages ein würdiger Nachfolger kommen und den Buchladen übernehmen, sodass er endlich seinen Frieden finden konnte, aber bis dahin musste er es weiter füttern.
 
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PeBu34

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Hallo Mr.B,

die erste Version war schon gut und mit der Zweiten ist dir nochmal eine deutliche Steigerung gelungen. Herzlichen Dank fürs Teilen!

Liebe Grüße von

Peter :)
 
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