Jane Doe

L~*V~*H~*
AW: Pausensekunde

Hey voidwalkr,

mir gefällt Dein Gedicht sehr! Bin eh erklärter Fan der expressionistischen Lyrik. Meine Lieblinge des Expressionismus sind Trakl, Heym und vor allem Gottfried Benn. Hier drei Gedichte, die ich sehr gern mag. Meine eigenen poste ich (lieber) nicht, man sieht ja wo mein Geschmack hingeht. :cool:


Negerbraut
- Gottfried Benn

Dann lag auf Kissen dunklen Bluts gebettet
der blonde Nacken einer weißen Frau.
Die Sonne wütete in ihrem Haar
und leckte ihr die hellen Schenkel lang
und kniete um die bräunlicheren Brüste,
noch unentstellt durch Laster und Geburt.
Ein Nigger nebn ihr: durch Pferdehufschlag
Augen und Stirn zerfetzt. Der bohrte
zwei Zehen seines schmutzigen linken Fußes
ins Innere ihres kleinen weißen Ohrs.
Sie aber lag und schlief wie eine Braut:
am Saume ihres Glücks der ersten Liebe
und wie vorm Aufbruch vieler Himmelfahrten
des jungen warmen Blutes.
Bis man ihr
das Messer in die weiße Kehle senkte
und einen Purpurschurz aus totem Blut
ihr um die Hüften warf.


Mann und Frau gehn durch die Krebsbaracke
- Gottfried Benn

Der Mann:
Hier diese Reihe sind zerfallene Schöße
und diese Reihe ist zerfallene Brust.
Bett stinkt bei Bett. Die Schwestern wechseln stündlich.

Komm, hebe ruhig diese Decke auf.
Sieh, dieser Klumpen Fett und faule Säfte,
das war einst irgendeinem Mann groß
und hieß auch Rausch und Heimat.

Komm, sieh auf diese Narbe an der Brust.
Fühlst du den Rosenkranz von weichen Knoten?
Fühl ruhig hin. Das Fleisch ist weich und schmerzt nicht.

Hier diese blutet wie aus dreißig Leibern.
Kein Mensch hat soviel Blut.
Hier dieser schnitt man
erst noch ein Kind aus dem verkrebsten Schoß.

Man läßt sie schlafen. Tag und Nacht. - Den Neuen
sagt man: hier schläft man sich gesund. - Nur sonntags
für den Besuch läßt man sie etwas wacher.

Nahrung wird wenig noch verzehrt. Die Rücken
sind wund. Du siehst die Fliegen. Manchmal
wäscht sie die Schwester. Wie man Bänke wäscht.

Hier schwillt der Acker schon um jedes Bett.
Fleisch ebnet sich zu Land. Glut gibt sich fort,
Saft schickt sich an zu rinnen. Erde ruft.


RESIGNATION
- Georg Heym


Hoch ragt der Neubau in den Abendwind
Der sacht vom Flusse kommt gezogen.
Welle um Welle vertauschet sind,
In die Dämmerung fließen die Wogen.

Siehe, ein Feuerlein blinkt in die Nacht
Und es drängt sich von bleichen Gestalten
Von Fronden gehetzt, vor der Arbeit verwacht,
Sahst du, wie die Fäuste sich ballten.

Fern gen Süden die Schwäne sich reihn,
Wellen nach, Wogen nach sind sie verschwunden.
Sie fliegen zur Freiheit zum Sonnenschein.
Ach, uns sind ja die Hände gebunden.
 
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