MewMew

Christoph
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Hallo Zusammen,

ich habe da mal eine grundlegende Frage für die Verarbeitung in Hörspielen. Manchmal kommt es ja vor, dass ein Autor von real existierenden Geschehnissen oder Personen inspiriert wird. Ich selbst habe es schon erlebt, dass gewisse Dinge im Lektorat durchgefallen sind, weil diese Orte/Marken oder anderes nicht genutzt werden dürfen. Gibt es dazu tatsächlich Richtlinien?

Geben wir mal spontane Beispiele:
# Angenommen man möchte ein historisches/geschichtliches Hörspiel machen. Und da kommen dann Namen wie Marie Antonette, König Ludwig, Queen Elizabeth, Churchill, Stauffenberg oder was auch immer für historische Namen vor. Dürfen diese genutzt werden oder müsste es immer wieder umschrieben werden bzw. auf Grund der Nachfahren vielleicht einfach nur die Namen abgeändert werden?

# Angenommen man schreibt ein Märchen und wählt Schloss Neuschwanstein für diesen Ort aus oder eine Prinzessinnen-Geschichte auf Windsor Castle aus England. Wäre dies eigentlich ein großes Problem? Klaro, wenn die Figuren ausgedacht sind, könnte man auch den Handlungsort als fiktiv darstellen. Aber Gesetz dem Fall, dass es sich um eine Anlehnung an eine frühere Person handelt, müsste man dies auch umschiffen?

Nützliche Tipps oder auch einfach Gedanken dazu, würden mich interessieren. :)
 

Noir

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Das Problem mit solchen Fragen - und sie tauchen immer wieder auf (auch ich selbst habe mal eine ähnliche Frage gestellt - ich wollte wissen, ob es okay ist, wenn man real existierende Marken auftauchen lässt. Kann dein Charakter eine Coke trinken? Oder sollte er nur eine Cola trinken. Kann er Spongebob gucken? Oder sollte er lieber "Die Abenteuer von Schwammfischmann" gucken?) - ist ganz einfach:

Niemand kann sie dir beantworten, sofern dieser jemand nicht zufällig Jurist ist und mit genau solchen Fällen vertraut. Und selbst dann wäre das nur eine Meinung von vermutlich sehr vielen und im Streitfalle müsste so etwas vor Gericht gehen (was dann natürlich vollkommen die Verhältnismässigkeit sprengt).
 
G

Gelöschtes Mitglied 1980

Aye, alles, was @Noir sagt.

Trotzdem noch ein Nachtrag:
Angenommen man schreibt ein Märchen und wählt Schloss Neuschwanstein für diesen Ort aus

Witzigerweise hatte ich in einem meiner ersten Lektorate genau solche eine Situation, nur mit dem Unterschied, dass das hier benutzte Schloss seit Jahrhunderten verlassen war. Und das passte halt vorne und hinten nicht.
In eine solchen Situation wirken solche Änderungen dann einfach nur von seltsam bis albern.

Ich denke aber, wenn Du Deine Geschichte in Osnabrück, Köln und Bad Salzufflen spielen lässt spricht per se nichts dagegen, auf die Geopgraphie der jeweiligen Städte einzugehen.
Sicherheit bekommst Du da aber tatsächlich vom Anwalt.
 

MewMew

Christoph
Sprechprobe
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Danke euch, dass hilft mir ja schon einmal etwas weiter. :)

Lg Christoph
 

Noir

Mitglied
@pierre_horn : Aber selbst das ist ja "nur" eine Meinung einer Person im Internet. Völlig egal, was das für eine Person ist. Wenn sich dann eine dicke Firma beschwert hast du erst einmal den Stress auf deiner Seite. Ganz egal ob du am Ende im Recht bist. Das ist ja das Problem mit solchen Sachen. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich ein namhafter Softdrinkhersteller falsch repräsentiert fühlt, wenn ein Serienkiller, der grausame Dinge tut, das immer bei einem Glas kühler *setze hier Markenname ein* tut. Selbst wenns am Ende auf ein "Doch, doch ... das ist in Ordnung!" hinauslaufen würde, gäb es da erst einmal jede Menge Papierkram und vermutlich sogar die konsultation eines Anwalts und co.
 

OldNick

Mitglied
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# Angenommen man möchte ein historisches/geschichtliches Hörspiel machen. Und da kommen dann Namen wie Marie Antonette, König Ludwig, Queen Elizabeth, Churchill, Stauffenberg oder was auch immer für historische Namen vor. Dürfen diese genutzt werden oder müsste es immer wieder umschrieben werden bzw. auf Grund der Nachfahren vielleicht einfach nur die Namen abgeändert werden?

Grundsätzlich: Nein, Du musst die Namen nicht abändern. Du kannst auch Marie Antoinette oder Churchill zu einer Figur in Deiner Geschichte machen, da gibt es keine Probleme. Im englischsprachigen Raum gehört zu dem Passus übler Nachrede ("defamation of character") die physische Existenz des Betroffenen - schwieriger wird es, wenn der oder die Betreffende bis heute eine Marke ist, wie bsplw. Walt Disney oder Jim Henson, da wäre ich demzufolge um Einiges vorsichtiger.
In Deutschland gibt es zwar den Passus der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, aber mir ist bis dato kein Fall bekannt, wo dieser bei einem fiktiven Werk in Bezug auf eine historische Person zur Anwendung kam. Die Hürde scheint da auch recht hoch zu sein, sodass ich glaube, dass Du da schon eine grausame, furchtbare Figur zeichnen müsstest, für die es in den historischen Quellen keinen Beleg gibt und die weit über das historische Erbe hinausgeht. Bei Personen aus dem englischsprachigen Raum ist diese deutsche Gesetzgebung in der Praxis sowieso eher uninteressant.
Wichtig wäre für mich, historisch so korrekt wie möglich zu bleiben. Wenn Du bsplw. über eine korrupte, mordsüchtige Person der Historie schreibst, dann kannst Du natürlich die Figur ganz genauso auch zeichnen, weil sie es, der historischen Forschung nach, auch war. Also: Kein Sugar-coating. Aber natürlich sollte man aus einer pazifistischen, stets um Konsens und Freundschaft bemühten historischen Person keinen Kriegstreiber machen.
Auch würde ich explizit recherchieren, ob es über die jeweilige historische Person bereits viele fiktionale Stoffe gibt und ggf., wenn Du ganz auf Nummer sicher gehen willst, den deutschsprachigen Raum meiden.
Man muss aber auch sagen, dass es sich bei den von Dir erwähnten Personen um solche A-Promis der Historie handelt, dass ich mir da wirklich wenig Sorgen machen würde. Es gab allerdings mal einen Fall, von dem ich vor Jahren gehört habe, dass sich ein Verwalter einer kleinen, völlig unbekannten Adelsfamilie bei einem Autor gemeldet hat, der sie zum Gegenstand eines Romans machte. Da kam es aber zu keiner rechtlichen Aufarbeitung, der betreffende Autor fand das nur etwas gruselig. Nur war das, wie gesagt, eine Familie, in der niemand eine Person der historischen Zeitgeschichte war. Da wäre ich, auch was lebende Personen angeht, sehr vorsichtig.

# Angenommen man schreibt ein Märchen und wählt Schloss Neuschwanstein für diesen Ort aus oder eine Prinzessinnen-Geschichte auf Windsor Castle aus England. Wäre dies eigentlich ein großes Problem? Klaro, wenn die Figuren ausgedacht sind, könnte man auch den Handlungsort als fiktiv darstellen. Aber Gesetz dem Fall, dass es sich um eine Anlehnung an eine frühere Person handelt, müsste man dies auch umschiffen?

Ruf’ bei der bayerischen Schlösserverwaltung an und frag’ einfach kurz nach. Ich glaube, wenn Du sagst, dass Du ein fiktives, non-kommerzielles Hörspiel schreibst, wird die Antwort, die Du bekommst, ungefähr in die Richtung gehen: "Brauchen Sie noch Kartenmaterial?" Davon abgesehen, wird gerade Neuschwanstein in unzähligen Medien rezipiert: Es gab einen Film in den 50ern "Ludwig II: Glanz und Ende eines Königs", Neuschwanstein ist DAS Disney-Motiv für ein Schloß, die Schlösser in Disneyland sind ganz eindeutig diesem Vorbild nachempfunden, bsplw. spielte auch "Gabriel Knight 2", die alte Werwolfsgeschichte aus den 90ern, in diesem Umfeld und da gab es meines Wissens auch reichlich Bildmaterial.
Also bei diesem Thema hilft "common sense" und normale Recherche sehr gut weiter. (Natürlich könnte man sogar auch Windsor Castle als Nazi-Hideout verwenden, wenn man eine alternative-Welt-Geschichte erzählt, in der die Nazis 1942 den Krieg gewonnen haben und weite Teile der USA und ganz Großbritannien regieren - Wolfenstein-style -, dazu bräuchte es aber eben jenen fiktiven Rahmen, der keinen Bezug mehr zur realen Geschichte hat).
Bei Marken wäre ich hingegen sehr viel vorsichtiger - größere Marken machen da keine Gefangenen, wenn es um die Kontrolle ihres Images geht.
 
Zuletzt bearbeitet:

pierre_horn

Autor und Produzent
Völlig egal, was das für eine Person ist. Wenn sich dann eine dicke Firma beschwert hast du erst einmal den Stress auf deiner Seite. Ganz egal ob du am Ende im Recht bist. Das ist ja das Problem mit solchen Sachen.

Genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Wenn es um die rechtliche Bewertung, ist klar: Man kann die Marken, Personen des öffentlichen Interesses und Orte in seinen Schriftstücken nennen. Aber: man darf keine geschäftsschädigende Behauptungen aufstellen. Und in einen Titel gehören zumindest Marken auch nicht hinein.

Wird es Ärger mit den Rechtsabteilungen der Unternehmen geben? In klaren Fällen eher nicht, denn auch die Rechtsabteilungen von Unternehmen der größeren Kategorie haben anderes zu tun, als aussichtslose Kämpfe zu führen, die für das Unternehmen völlig belanglos sind.

Hinzu kommt, dass - Achtung: nur eine persönliche Schätzung - 75% der erscheinenden Bücher gleich wieder eingestampft werden müssten, wenn die reine Nennung ein Problem darstellen würde.

Ich habe übrigens eine weitere fundierte Quelle für dieses Problem ausfindig gemacht:
https://hproentgen.wordpress.com/2017/05/27/marken-und-namen-in-romanen/

Abschließend würde ich sagen, jeder Autor muss selbst abschätzen, ob und wann die Markennennung für Ihn Sinn macht. Immerhin möchte man ja auch nicht als Werbesäule durchs Land laufen, oder?
 

Lupin Wolf

Klaus S. - The Evil Master of Deasaster
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Genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Wenn es um die rechtliche Bewertung, ist klar: Man kann die Marken, Personen des öffentlichen Interesses und Orte in seinen Schriftstücken nennen. Aber: man darf keine geschäftsschädigende Behauptungen aufstellen. Und in einen Titel gehören zumindest Marken auch nicht hinein.

Ich bin jetzt auch kein Anwalt. Aber ungefähr danach kann man sich schon richten. Dazu kommt noch: ist "Die Marke" Kernstück der Handlung, also mehr Omnipresent udn wichtig für den Stoff oder wird sie, wie meistens, eben nur Beiläufig erwähnt (auch wenn bestimmte Getränke durchaus zu regelmäßigen Ritualen gehören)? Und dann gäbe es da noch - ich nehm einfach mal das Szenario hier:

Ich kann mir schon vorstellen, dass sich ein namhafter Softdrinkhersteller falsch repräsentiert fühlt, wenn ein Serienkiller, der grausame Dinge tut, das immer bei einem Glas kühler Cola tut. Selbst wenns am Ende auf ein "Doch, doch ... das ist in Ordnung!" hinauslaufen würde, gäb es da erst einmal jede Menge Papierkram und vermutlich sogar die konsultation eines Anwalts und co.

Ich habs getan, und Cola eingesetzt :)
  1. Der Serienkiller ist nicht Angestellter der Firma dieses Getränkes, nicht der Erfinder und auch sonst nicht darin involviert. Auch ist die Cola niht daran schuld, das er Leute killt - und als Waffe nutzt er sie vermutlich auch nciht (obwohl Waterboarding oder richtig ertränken, mit der Flasche erschlagen - ja OK, da wirds Grenzwertig). Also bleibt hier erstmal nur Konsument, der nur ein Ritual vollführt. Das kann er auch mit einem beliebigen Fusel oder Fruchtsaft machen. Hier hat man sich Cola ausgesucht in einem Szenario unserer aktuellen Welt - gehört also auch zum Leben. DAS ist Wertfrei...denn beliebige Getränke kann absolut jeder zu sich nehmen.
  2. Ich hab speziell den Begriff Cola genommen. Dieser ist ein "FREIES Markenzeichen" - das kann man beliebig verwenden. Im Verbund als Doppelwort einer eingetragenen Marke hingegen (Coca Cola, Afri Cola, Pepsi Cola etc. pp.) geht das allerdings nicht mehr so einfach. Anders schaut es übrigens mit dem Bgriff Coke aus. Die Getränkesorte gab es wirklich von Coca Cola und ist eingetragenes Markenzeichen.
    Also MArkenzeichen ist nciht immer gleich geschütztes Markenzeichen.
  3. Ein Aspekt, der hier nciht genannt wurde - aber auch kein Freibrief ist: viele Firmen drücken gern ein Auge zu, wenn plötzlich in irgendeinem Medium ihr Markenzeichen vorkommt. Solange es nciht Rufschädigend etc. ist - ist es vor allem eines für sie: Werbung, die sie nicht bezahlen müssen!
  4. Gut, Bücher habens da einfacher. Bei Hörspielen ist es ähnlich. Aber Film - da kommt entsprechende MArke auch mit Originalverpackung = Schleichwerbung. Das ist so ebenfalls nciht immer gestattet, außer die MArkenfirmen schließen für diese Verwendung bestimmte Werbeverträge ab. Das ist schon seit Ewigkeiten Praxis (ist jetzt niht wichtig für uns, wollte es nur der vollständigkeit halber erwähnen).
  5. Eingetragene Warenzeichen handhaben sich ähnlich kompliziert wie Patente. Es gibt erstmal Urheber, dann Land/Staats Patente und dann in weiteren Staaten/Ländern Patentieren lassen oder gleich Weltweit. Ab hier wirds kompliziert und das ist auch der Grund warum in verschiednenen Ländern Sachen unterschiedlich heißen (Raider/Twix Riegel zum Beispiel). Gut, das wird dann ein Vermarktungs und Übersetzungsproblem, aber da könnte man unwissentlich auch mit auflaufen. Hier entscheidet man aber auch oft: wo und in weochem Land das Werk wann veröffentlicht wurde.
Ich glaube, Pierres Links decken so ziemlich alles ab, was man dazu Wissen sollte. Und im Bedarfsfall hilft nur fragen und forschen, inwieweit das eingetragene Marke, oder Teilnamen als freie MArkenzeichen gelten.

Personen haben wir schon abgefrühstückt. Vorsicht bei Real Existierenden - wobei man Sicherheitshalber auch irgendwo am Anfang oder Ende einfügen kann, das zufällig Namensgleichheiten mit Personen rein Zufälliger Natur sind. Oder eben: beruiht auf wahren Begebenheiten - findet sich beides recht häufig.
Und real existierende Orte? JA, wie um Himmels willen soll man das anders machen? Die sind zwar im gewissen Sinne eingetragen, aber sie heißen blöderweise so. Entsprechend darf man das auch so verwenden. Und je Ortsgetreuer die Handlung, umso besser.

(Natürlich könnte man sogar auch Windsor Castle als Nazi-Hideout verwenden, wenn man eine alternative-Welt-Geschichte erzählt, in der die Nazis 1942 den Krieg gewonnen haben und weite Teile der USA und ganz Großbritannien regieren - Wolfenstein-style -, dazu bräuchte es aber eben jenen fiktiven Rahmen, der keinen Bezug mehr zur realen Geschichte hat).
(Klugscheiß-Modus: ON)
Gibt es - sogar mehrfach :D
Allen voran, die bekanntesten: SS-GB (BBC TV Serie) und "The Man in the High Castle" (Roman und TV Serie). Letzteres spielt zwar Hauptsächlich in den Staaten, aber das UK Szenario trifft da auch zu :)
Und sicher auch das letzte große DC Superhelden Crossover mit der Nazi-Parallelwelt sollte man auch erwähnen. etc. pp.
Und was Wolfenstein betrifft: NUR der letzte Teil "The New Order" und seine Add-On's spielt in einer Alternativ Welt. Alles andere findet Geschichtlich im 2ten Weltkrieg dieses Universums statt (trotz einiger SciFi Erweiterungen...) ;)
(Klugscheiß-Modus: OFF)
Die Frag nach dem: Was wäre wenn, oder hätte sich entwickelt - wenn gewisse Dinge nciht passiert wären oder sich völlig anders entwickelt haben.
Künstlerische Freiheit - aber auch genug Historiker und Wissenschaftler und Philosophen, die sich solchen Fragen stellen. Parallelwelten haben schon was feines, mit denen man alles machen kann. Vom komplexem Neuaufbau der Welt bis hin zur Entwicklung wenn nur eine Sache anders war ist da wirklich ALLES drin.
Da fällt mir gerade ein: eine Parallelwelt, in der es Cola gar nicht gibt, hatten wir schon mal sowas? ;) :D
 
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