AW: Von der Idee zum Hörspiel
Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall wichtig, sich vorher Gedanken zu machen. Auch bekannte Autoren schreiben nicht einfach drauf los, sie erarbeiten vorher ihre Geschichte, machen sich etliche Notizen und tragen das dann zusammen. Die Ideen sollten dann nochmals geordnet werden und es kann ein sogenanntes "Exposé" zustande kommen. Das heißt, alle Szenen, die mal entstehen sollen, werden kurz mit ein, zwei Sätzen umrissen. Der Feinschliff kommt dann im nächsten Schritt: dem Treatment. Das wird auch im Film verwendet und beinhaltet da im Allgemeinen "etwas weniger als ein Drittel der anvisierten Gesamtlänge" laut Wikipedia. :lach:
In dem Treatment wird es schon ausführlicher. Teils sind auch schon Schlüsseldialoge enthalten, da gibt es keine Regelung. Ins Treatment kann eigentlich alles rein, was dir so im Kopf herum spukt. Das macht natürlich im Vorfeld sehr viel Arbeit, aber du hast den Vorteil (und das kann ich aus eigener Erfahrung nur betonen), dass du bereits im Vorfeld merkst, wenn etwas innerhalb der Geschichte nicht funktioniert. Du kannst das bereits jetzt erkennen und entsprechend umbauen. Hättest du das erst gemerkt, wenn du bereits mit dem Dialogskript angefangen hast, wäre das Umschreiben weitaus mühseliger und auch frustrierend.
Auch der Aufbau der Geschichte ist sehr wichtig. Da kann man sich im Allgemeinen an dem eines klassischen Dramas orientieren:
- Exposition (Die Charaktere und die Ausgangssituation werden dem Hörer vorgestellt – muss möglichst kurz gehalten werden)
- Steigende Handlung (ein nahender Konflikt deutet sich an, die Spannung steigt)
- Erregendes Moment (die Lage spitzt sich zu – die Spannung steigt weiter)
- Klimax (Spannendster Punkt der gesamten Geschichte – der weitere Verlauf steht hier gefährlich auf der Kippe; bei einer Tragödie z.B. entscheidet sich hier der Untergang des Helden)
- Fallende Handlung (die Spannung flaut langsam wieder ab)
- Retardierendes Moment (Verzögert noch die Handlung - in einer Tragödie gibt es da noch einen schwachen Lichtblick, der Hoffnung gibt - um die Spannung für das Finale ein letztes Mal zu steigern)
- Katastrophe (Hier werden alle Konflikte der Geschichte gelöst. In einer Tragödie geschieht das im Allgemeinen durch den Tod des Hauptcharakters. Bei z.B. einer Komödie lösen sich die Konflikte in Wohlgefallen auf, das „Böse“ wird besiegt)
Das ist natürlich alles sehr theoretisch, aber nach diesem Grundprinzip funktionieren die meisten Geschichten und es bietet einen schönen Leitfaden. Man kann anhand dieser „Anleitung“ auch gut seine bisherige Geschichte analysieren und sehen, wo es eventuell hakt.
Aber es gilt immer: Eine allgemeine Regelung gibt es nicht, es ist also nicht von Grund auf falsch, wenn man es anders macht. :laechel:
Ebenfalls sehr wichtig ist der Ausarbeitung der Charaktere. Da ist es auch wie mit jeder Geschichte: Sie können zwar auch immer zum Teil sozusagen „Standardtypen“ sein. Das Rad neu erfinden kann da ja auch niemand mehr, wir Menschen sind, wie wir sind. :zwinker: Aber aus solchen Standardtypen müssen eigenständige Charaktere entstehen. Es ist wichtig, dass sich die Charaktere stets weiterentwickeln, dazu lernen, Fehler machen, nicht perfekt sind. Niemand will etwas über perfekte Menschen lesen. Das ist ja langweilig. :zwinker:
Stattdessen müssen sie Ecken und Kanten haben. Stärken und Schwächen. Das sollte im Vorfeld gut überlegt sein. Dazu hilft es oft auch, wenn man sich die Mal-wieder-viel-mehr-Arbeit macht und sich Gedanken zu den Charakteren macht. Manch einer erstellt Lebensläufe zu ihnen, denkt sich ihre Lieblingsspeisen, -filme usw. aus, um sie besser „kennen zu lernen“. Das kann man alles ganz unterschiedlich machen, da muss jeder seinen eigenen Weg finden.
Vieles, was dabei entsteht, wird voraussichtlich niemals direkt mit in die Geschichte einfließen, z.B. ein Schicksalsschlag, der kann auch für den Charakter persönlich schlimm gewesen sein, muss also nicht gleich die Auslöschung der gesamten Familie sein. :zwinker: So etwas ist zwar immer dramatisch, aber wenn der Charakter „nur“ eine Nebenrolle ist, ist dafür kein Platz, diese Thematik einzubauen. Stattdessen äußert er sich dann im generellen Verhalten, im Charakter der Person.
Als Beispiel ein klassisches Motiv, das oft genommen wird: Die Person wurde früher von einem nahestehenden Menschen schlimm betrogen und kann deswegen heute nur schwer Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen. Deswegen ist sie misstrauisch, zurückgezogen und handelt dementsprechend.
Ich hoffe, das konnte ein wenig helfen, auch wenn es hauptsächlich reine Theorie ist. Beispielskripte und –ideensammlungen hast du ja von Kadomann bekommen.
Auf jeden Fall viel Erfolg schon mal beim Schreiben! :laechel: