Natürliche Sprache
Damit die Charaktere glaubwürdig klingen und sich das Hörspiel angenehm hören lässt, ohne Ausschlag an den Ohren zu bekommen, sollten die Figuren im Hörspiel möglichst natürlich sprechen. Hier ist der Autor gefragt. Ohne Frage kann ein guter Sprecher auch unnatürliche Texte noch allein durch seine Aussprache halbwegs glaubwürdig rüberbringen. Aber das ist kein Freibrief für den Autor, sich bei seinen Dialogen keine Mühe zu geben.
Mit ein paar kleinen Kniffen kann man bereits für viel Realismus sorgen.
Grundsätzlich gilt: Alle Regeln haben Ausnahmen.
[size=12pt]1. kurze Sätze, dafür lieber viele [/size]
Ein Skript ist kein Roman! In Büchern kommen lange und verschachtelte Sätze vor, fast jeder Satz hat einen Nebensatz. Und grundsätzlich sind alle Sätze grammatikalisch vollständig und korrekt.
Doch im echten Leben hört man solche Formulierungen fast nie.
Menschen benutzen kurze Sätze. Und dafür lieber viele Sätze. Die beiden vorangehenden Sätze sind bereits ein Beispiel – der zweite Satz passt schon nicht mehr ins „Subjekt-Prädikat-Objekt“-Schema. Und man würde ihn so nie in einem Buch finden. Es klingt unnatürlich, ihn zu lesen. Wird er jedoch von jemandem „gesagt“, so klingt er auf einmal ganz selbstverständlich und natürlich.
Da man die gesprochene Sprache nur „hört“, aber nicht „liest“, wirken zu lange und verschachtelte Sätze nur verwirrend. Lesen funktioniert deutlich schneller als reden – daher kann man den Satzbau besser wahrnehmen. Beim Reden kann man das nicht und ist darauf angewiesen, dass die Sätze einen einfachen, direkten Satzbau haben.
Also: Beim Schreiben nicht darauf achten, wie sich die Sätze „lesen“, sondern wie man sie tatsächlich sprechen würde. Grundsätzlich kurze Sätze benutzen. Einzelne, abgeschlossene Sinneinheiten. Die können dann durch weitere Sätze ergänzt werden. Bereits geschriebene Takes mal nach Nebensätzen durchgehen. In der gesprochenen Sprache kommen allen voran die „.., daß..“-Nebensätze vor. Bei allen anderen Formen („.., welcher..“, „.., dessen…“ usw.) sollte man vielleicht lieber mal versuchen, es in zwei einzelne Sätze zu packen.
Als Trick kann man sich vor jedem einzelnen Take einfach nur überlegen, WAS die Figur inhaltlich sagen möchte – und dann einfach mal drauf losreden und versuchen, mit eigenen Worten diese Infos wiederzugeben. Diese Sätze dann aufschreiben! Es ist überraschend, wie viele Punkte man dann auf einmal auf dem Papier hat, weil der Mensch eben wirklich zu vielen einzelnen, kleinen Sätzen neigt!
Beispiel:
„Ich habe heute Morgen mit Peter Nowak gesprochen, dessen Bruder meiner Schwester schon nachstellt, seit wir kleine Kinder waren.“
Mögliche Verbesserung:
„Ich habe heute Morgen mit Peter Nowak gesprochen. Sein Bruder stellt immer noch meiner Schwester nach. Schon seit wir kleine Kinder waren.“
Statt einem Satz sind es nun drei, dafür deutlich kürzere Sätze. Einem Sprecher wird es leichter fallen, diese zu sprechen und dem Zuhörer wird es leichter fallen, diese Sätze zu hören und die Informationen aufzunehmen. Der letzte Satz ist übrigens wieder unvollständig – aber genau so würde man ihn wahrscheinlich tatsächlich sagen; und es würde ganz natürlich wirken.