AW: WADER WECKER VATERLAND
Ich komme gerade aus dem Kino und hab mir den Film mit ANdy zusammen angeschaut. Jetzt hab ich große Lust hier ein paar Worte fallen zu lassen.
Der Film portraitiert die beiden Liedermacher Hannes Wader und Konstantin Wecker im Kontext ihrer gemeinsamen Tournee von 2010/2011. Er zeigt Szenen aus dem Touraltag, ausführliche Interviews mit den beiden und auch Szenen aus dem Familienaltag sowie reichlich Archivmaterial aus ihrer gesamten künstlerischen und politischen Laufbahn. Meine einzige negative Kritik vorweg, mir 90 Minuten fand ich den Film deutlich zu lang, man hätte das Thema knackig und erschöpfend in 60 bis 70 Minuten darstellen können.
Nichts desto weniger war der Film für mich wunderbar ergreifend. Da ich ja jemand bin, dessen Weltanschaung zu einem wesentlichen Teil durch das linke Gedankengut der 68er beeinflusst ist, war es für mich höchst interessant, diese höchst poetischen Redensführer von ihrer ganz menschlichen Seite und im Rückblick auf ihr eigenes Leben zu sehen. Gerade, dass Wader, dessen Liedgut an Zynismus ja seines gleichen sucht, in seiner ganzen Person so viel Verbitterung ausstrahlt, bestätigt mich in meiner Anschauung, dass wir heute wo anders stehen. Ich finde diese Linse nach Links außen nach wie vor ausgesprochen gut und wichtig, aber auch wenig ganzheitlich und eigentlich im Wiederspruch zu der Utopie einer Herrschaftsfreien Welt, die beide am Ende des Filmes noch mal klar als ihr höchstes gut formulieren. Ich schreibe das hier hin, weil für mich - und ich erwarte jetzt von niemandem hier, dass er meine Ansicht teilt - das, was wir hier tun, ganz stark ein gefühltes Politikum ist. Der anarchistische Informationsfluss im Internet, der aus sich selbst heraus Communitys (<- man beachte dieses Wort) wie unsere hervorbringt, in dem Menschen Kollektiv Schöpferisch tätig sind, die CC-Linzens, das IHW, das alles fühlt sich so Zeitgemäß an, und für mich ist es politisch, weil wir es tun. Nicht das unsere Hörspiele jetzt den Atomasustieg herbeiführen oder die Bänker entmachten würden, aber wir leben hier einen Wertewandel, und wenn wir ein IHW veranstalten holen wir auch ein Tröpfchen der Anarchie aus dem Internet in die richtige Welt. Vermutlich tut es kaum jemand bewust, und vermutlich werden mir auch viele wiedersprechen, aber das ist auch völlig ok. Ich schreibe nur wie es sich für mich anfühlt, was ich wahrneme. Der Film hat mir gezeigt, dass ein Generationenwechsel stattgefunden hat, dass die Saat der 68 Früchte getragen hat, die ganz anderer gestalt sind, als es sich Wader und Wecker vielleicht ausgemalt hätten, aber das wir den nächsten Schritt gehen und das die Alten uns gute vorarbeit geleistet haben.
Danke Frix, für diesen schönen Tip und ich hoffe dass noch einige von euch in die Kinos rennen werden und ihre Eindrücke hier niederschreiben.
Leibe Grüße
Nilson