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Honoré de Balzac – Die große Hörspiel-Edition

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Geizig und eifersüchtig über sein Vermögen wachend verkennt das Oberhaupt der Familie Grandet die Macht der Leidenschaft, die seine weltfremde Tochter Eugenie beim ersten Zusammentreffen mit ihrem Cousin verspürt... (Eugenie Grandet)
Als liebender Vater hat sich Gariot völlig dem Leben seiner Töchter gewidmet. Der ehemalige Nudelfabrikant merkt aber nicht, wie sehr das Geld auch seine privaten Beziehungen durchdrungen hat (Vater Gariot)
Lucien Chardon wird durch seine hübsche Gestalt und sein Talent als Schriftschneller zum Günstling einer Dame aus der besseren Gesellschaft. Doch als die beiden sich verlieben, droht ein Skandal auszubrechen, der ihren Ruf völlig ruinieren könnte... (Verlorene Illusionen)
Ihren angeheirateten Cousin, den Baron von Hulot, zu vernichten, seine gesellschaftliche Stellung zu schwächen und seine sexuelle Gier bloßzustellen, hat Lisbeth zu ihrer Lebensaufgabe gemacht und spinnt dafür einige Intrigen... (Cousine Lisbeth)

Honoré de Balzac hat in seinem Romanzyklus „Die menschliche Komödie“ sein Lebenswerk gesehen und über 90 Romane verfasst, um die damalige Gesellschaft möglichst facettenreich und entlarvend darzustellen. Auch heute noch gehört er damit zu den angesehensten französischen Schriftstellern, zumal seine Werke immer noch gesellschaftliche Relevanz haben. Der Hörverlag hat nun vier Hörspiele nach seinen Romanen in einer Box veröffentlicht, von denen drei vom Deutschlandfunk stammen und aktuelle Produktionen sind, aber auch aus dem Jahr 1971 ist eine Umsetzung zu hören.
„Eugenie Grandet“ widmet sich dabei vor allem der Tochter aus reichem Hause, die von ihrem Vater streng bewacht weltfremd und ohne eigenes Leben aufwacht. Dass sie sich davon nicht erholt und nie so recht ins wahre Leben findet, ist ebenso ein Kernelement wie die Erkenntnis, das Geld allein eben nicht glücklich macht. Die Umsetzung konzentriert sich sehr auf die Sprecher und die meist recht langen Dialoge. So erkennt man bald kleinste Gefühlsregungen an den Charakteren, deren unterschiedliches Auftreten für den Reiz dieser Produktion sorgt.
Diese Themen werden auch bei „Vater Goriot“ aufgegriffen, der gesellschaftliche Kontext aber stärker betont. Dadurch wird das persönliche Schicksal etwas breiter gefächert über verschiedene gesellschaftliche Schichten präsentiert. Moral sowie das Streben nach Erfolg und Ansehen werden in einen gelungenen Kontrast gesetzt. Die Umsetzung aus dem Jahr 2017 hält sich auch sprachlich eng an die Vorlage und wirkt dadurch etwas sperrig, wird in den vermittelten Emotionen aber immer wieder zugänglicher gemacht.
Die Umsetzung von „Verlorene Illusionen“ stammt aus dem Jahr 1971 und fällt deswegen ein bisschen aus dem Rahmen, ist durch die lebendige Handlung aber recht zugänglich und unterhaltsam geraten. Aufstieg und Fall der Personen liegen hier nahe beieinander, sodass sich der Hörer auf immer neue Voraussetzungen einstellen muss. Das braucht einiges an Konzentration, lohnt sich aber wegen der hintergründigen Symbolik des Werkes.
„Cousine Lisbeth“ ist das dynamischste und lebendigste Werk dieser Sammlung, die zahlreichen Eskapaden, die fein gesponnenen Intrigen und die Boshaftigkeit der Hauptfigur sorgen für einen unterhaltsamen Verlauf. Auch die eingebauten psychologischen Aspekte sind sehr reizvoll eingebaut. Die Umsetzung wirkt modern und lässt die damalige Zeit greifbar werden.

Felix von Manteuffel ist als Baron Hulot einer der vielen Sprecher in den vier Hörspielen, seine unverkennbare Stimme und seine scharfe, treffende Sprechweise sorgen für einen intensiven Eindruck seiner Figur und rücken seine Emotionen sehr nahe an den Hörer heran. Astrid Meyerfeld setzt mit ihrer Stimme als Lisbth Fischer eine beachtliche Bandbreite an verschiedenen Stimmungen sehr treffend um und spielt dynamisch mit Unterton, Schnelligkeit und Energie. Auch Peter Weis hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch seine Stimme sticht positiv hervor und sorgt für einen eingängigen Ausdruck. Weitere Sprecher sind Gerd Wameling, Leonie Rainer und Peter Matic.

Der Klang aller vier Produktionen ist sehr klar, auch die Aufnahmen von 1971 kommen ohne störendes Grundrauschen aus. Die akustische Gestaltung ist hier jeweils sehr unterschiedlich, aber immer treffend gelungen. Musik und Geräusche halten sich aber eher zurück und lenken den Fokus immer auf die Sprecher und ihre Dialoge.

Die insgesamt 12 CDs finden sich in einem dicken Schuber wieder, das neben diesen noch ein umfangreiches Booklet beinhaltet. Darin sind nicht nur die Mitwirkenden an den Produktionen aufgelistet, sondern auch ein umfangreicher Begleittext von Barbara Vinken ist vorhanden, der hilft, das Gehörte besser einzuordnen.

Fazit: Eine sehr umfangreiche Sammlung, die vier Umsetzungen des Autors beinhaltet. Die scharfen Beobachtungen und die gesellschaftlichen Themen, die fein gezeichneten Charaktere kommen in jeder der Produktionen gut zur Geltung. Am besten hat mir „Cousine Lisbeth“ gefallen, das mit seinem bissigen Unterton am lebendigsten wirkt.

VÖ: 1. Oktober 2018
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-2975-3
 
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