• Blut-Tetralogie   Dark Space

SeGreeeen

Kaaaaarakaluuuuuuuhhhh!!!!
Teammitglied
Hab gerade die Geschichte gefunden, die ich vor 1-2 Jahren geschrieben habe. Wollte sie doch teilen, weil ich sie beim nochmal lesen schöner fand als ich sie in Erinnerung hatte.

In den Wolken

Er sah aus dem Fenster, vor dem der Regen aus den Wolken fiel und die Straße benetzte. Gerne wäre er auch hinaus gegangen. Doch er konnte nicht. Es war ihm zwar nicht verboten, die Türe war auch nicht abgesperrt – aber trotzdem. Es ging nicht. So oft schon hatte er versucht die Klinke hinunter zu drücken und die Türe zu öffnen, aber jedes Mal hatte er wieder davon abgelassen und sich wieder gesetzt. Er lag nun auf seinem Sofa und sehnte sich nach dem Regen vor den Fenstern. Den Fenstern, die er nicht öffnen konnte, genau wie die Türen. Eingesperrt. Eingesperrt mit seinen Gedanken.

Er starrte an die Decke. Sie war weiß. Wenn er sich bemühte, konnte er sich vorstellen den Himmel zu sehen, den weißen, wolkenverhangenen Himmel. Und sie darin. Sie war nun dort, wohin er ihr nicht aus freien Stücken folgen würde. In den Wolken. Verteilt in alle Himmelsrichtungen hatte der Wind ihre Asche, als er sie damals, vor auf den Tag genau sieben Jahren auf einem Berg ausgestreut hatte. Natürlich hatte er gewusst, dass das verboten war, aber es war ihm egal gewesen. Sie hatte es so gewollt, das hatte sie ihm stets auf dem Sterbebett gesagt. Lass dich bloß nicht d von irgendwelchen Gesetzen daran hindern, mich in den Wind zu streuen. Oder dir einreden du dürftest es nicht. Der Wind gehört niemanden, und wenn doch, dann uns allen.

Die Decke war weiß. Weiß wie ihre Asche im Wind. Dann war er nach Hause gegangen, allein, hatte sich auf das Sofa gesetzt und nachgedacht. Er fühlte sich gerade, als wäre die Zeit seit damals nicht vergangen. Das Zimmer sah immer noch genau gleich aus, Fotos von ihr hingen an den Wänden, Sie; Sie und er; Sie, Er und die Kinder. Das waren alte Fotos. Er sah sich die Fernseher Fernbedienung an. Sie hatte einen roten Knopf zum an und ausschalten. Er hätte auch gerne so einen Knopf gehabt, hätte sich gerne einfach ausgeschalten. Er fuhr mit den Fingern über die weichen Knöpfe der Fernbedienung. Den Fernseher hatten sie noch miteinander gekauft. Damals. Waren in das Geschäft gegangen und hatten sich alle Modelle angesehen Dieser hatte ihr besonders gefallen, weil die Zeichen auf den Knöpfen der Fernbedienung auch ohne Brille für sie lesbar waren. Er schloss die Augen und stellte sich ihr Gesicht vor. Ihr wunderschönes Gesicht, das für ihn niemals gealtert war. Ihre weichen, sanften, blauen Augen. Die Lachfalten. Was hatten sie nicht gelacht. Ihre strahlendweißen Zähne und ihre im Alter ergrauten, und dennoch wunderschönen, Haare, zu einem Zopf geflochten. All das sah er, als er die Augen schloss.

Als er sie wieder öffnete, merkte er, dass er geweint hatte. Egal wie lange es her war, das Leben ohne sie würde niemals dasselbe sein, nie mehr glücklich sein. Er dachte an die Kinder, die erwachsenen Kinder, die jetzt weit weg wohnten. So weit weg, dass sie zu Weihnachten und Ostern anriefen und beteuerten, wie leid es ihnen täte, dass sie nicht kommen konnten. Dass er ihnen fehlte. Die ganzen altbekannten Lügen. In Wahrheit waren sie doch froh, ihn nicht sehen zu müssen, weil sie nicht wussten, was sie zu ihm hätten sagen sollen. Die Kinder hatten sie immer viel mehr gemocht. Er war immer da gewesen, das schon. Aber anwesend? Tagsüber hatte er arbeiten müssen und abends hatte er meist so schlechte Laune gehabt – wegen der Arbeit – dass er nicht mehr viel mehr schaffte als den Fernseher anzumachen. Irgendwann war er eingeschlafen, wieder aufgewacht und hatte sich zu ihr ins Bett geschleppt – in dem sie meistens bereits schlafend lag. An den Wochenenden hatten sie oft Ausflüge gemacht. Zum Wandern, an Seen, Berge. Die Kinder spielten mit Stöcken und Steinen, die Eltern gingen hinterdrein, mit Wanderstock und Hut, lachten, sangen, freuten sich an der Natur. Oft hatte die ganze Familie gesungen, vor allem wenn es Berg ab ging und man in diesen wunderbaren Marschschritt verfallen konnte.

Es war eine wirklich schöne Zeit gewesen. Und jetzt war er allein. Allein, wie damals, bevor er sie kennengelernt hatte. Ohne einen Menschen, mit dem er sein Leben teilte. Der rote Aus-, Einschalter der Fernbedienung sprang ihm wieder ins Auge. Ausschalten, das wäre schön. So alt war er. Und dennoch fand er sich in Gedanken gefesselt, eingesperrt, nicht völlig frei. Er hatte immer gedacht, das Gefühl würde eines Tages, im Alter, verschwinden, wenn alles egal wäre – jetzt. Aber es war noch immer da. Er wusste nicht einmal, wie er es genau beschreiben hätte sollen. Es war schon sein ganzes Leben so. Jede Entscheidung, jede Tat musste wohlbegründet sein, musste einen, zumindest für ihn ersichtlichen, tieferem Zweck dienlich sein, einen Sinn haben. Immer hatte er Künstler bewundert, die außerhalb der Norm denken konnten, die verrücktes, wahnsinniges greifbar machen konnten. Die es schafften neues zu denken. Er war es so leid von Normen und Zwängen eingesperrt zu sein, sich immer auf die Vernunft zu berufen. Er war es leid, in tief angewohntem Pflichtgefühl ihre Tellersammlung jeden Tag abzustauben, war es leid, den Kindern, denen er egal war, gerecht werden zu wollen. Ihnen etwas hinterlassen zu wollen. Er war wütend. Wütend auf die Welt.

Er stand schwerfällig auf und sah sich zitternd im Wohnzimmer um. Zielstrebig ging er auf das Regal mit den Tellern zu und nahm eines Heraus. Eulen waren darauf zu sehen. Sie hatte Eulen geliebt. Er lächelte und drückte der Teller an sich. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Für einen Moment schien die Welt still zu stehen und er sah sie wieder vor sich. Sie stand vor ihm und sah ihn an. Wissend. Dann lächelte sie und verblasste, gerade als eine einzelne Träne ihre Wange hinunterrollte. Er schlug die Augen auf. Sie war nicht mehr da. Er schmetterte das Teller durch die geschlossene Fensterscheibe, die daraufhin in tausend Splitter zerbarst. Der riss den Fernseher aus dem Regal, sang und sprang darauf herum. Er ging nach draußen und spürte den Regen im Gesicht. Dann setzte er sich auf den Boden, ließ sich zurückfallen auf den kalten, grauen Beton der Straße und sah hinauf in den Himmel, der aussah wie die Decke in seinem Wohnzimmer.
 
Zuletzt bearbeitet:

Telliminator

Sample-Collector
Sprechprobe
Link
Leichte Rechtschreibkorrekturen und in der Grammatik wären noch ganz hilfreich. Das Teller? "Er schmetterte den Teller"... "Regal mit den Tellern und nahm "einen" heraus. - ...und dann noch ein paar fehlende Kommas - richtige Interpunktion kann Leben retten.

Komm wir essen Opa.
Komm, wir essen Opa.
Komm wir essen, Opa.
Komm, wir essen, Opa.

:)
 

SeGreeeen

Kaaaaarakaluuuuuuuhhhh!!!!
Teammitglied
Achso, ja. Österreichisch = das Teller. Aber ich ändere es für dich ;).
Bzgl. Interpunktion wäre hilfreich zu wissen wo die falsch ist :D.
 
Zuletzt bearbeitet:

Nee

Mitglied
Sprechprobe
Link
Wie traurig. Schön geschrieben.

Beim ersten Absatz dachte ich noch, er wäre ein Hund oder ein Kater.
 
Hoerspielprojekt.de

Neu

Discord
Oben