• Blut-Tetralogie   Dark Space

Poldi

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Gruselkabinett – 71. Der Eschenbaum

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Erster Eindruck: Stetige Ungewissheit

Gegen Ende des 17.Jahrhunderts residiert Sir Matthew Fell in seinem Anwesen und schätzt die Ruhe seiner Abgeschiedenheit, besonders des Nachts. Doch zum wiederholten Male beobachtet er eine Frau, die sich an dem alten Eschenbaum vor seinem Fenster zu schaffen macht. Der Ruf einer Hexe eilt ihr voraus, und so klagt er sie an. Die Folgen dieser Tat soll jedoch auch sein Enkel viele Jahre später zu spüren bekommen…

M.R. James dürfte wohl nur eingeweihten Literaturkennern ein Begriff sein, der Autor von Geistergeschichten hat es nicht gerade zu Weltruhm gebracht. Titania Medien hat eine seiner Werke nun für das Gruselkabinett ausgesucht, dabei handelt es sich um „Der Eschenbaum“. Zu Beginn gibt es zwar eine unheimliche Szene, doch so recht wird nicht herausgearbeitet, ob die Frau, die dem Eschenbaum nächtliche Besuche abstattet, tatsächlich eine Hexe ist oder zu Unrecht angeklagt wurde. Das ist durchaus reizvoll für den Hörer, die ersten Szenen sind von der Hexenverfolgung und einem anschließenden, übernatürlichen Ereignis geprägt. Nach etwa einem Drittel der Laufzeit macht die Handlung dann einen Zeitsprung und setzt Matthew Fells Enkel in den Mittelpunkt, der dessen Anwesen geerbt hat und nun in seinem alten Schlafzimmer übernachten will. Es folgt eine Kette von gruseligen und spannenden Szenen, und über allem liegt stets der Schleier des Ungewissen. Hier wird nicht alles bis ins kleinste Detail aufgefächert, sondern auch mal etwas offen gelassen, sodass die Fantasie des Hörers gefragt ist. Und ungefragt ist die Hexenszene dieses zweiten Abschnittes richtig gut gelungen und sehr dramatisch umgesetzt worden. Eine gute Folge des Gruselkabinetts, die sehr gut in die Reihe passt.

Frank-Otto Schenk mimt im ersten Teil des Hörspiels den kaltherzigen und berechnenden Sir Matthew Fell und kann mit seiner harten Stimme dessen Antrieb klar herausarbeiten. Sei Enkel Richard wird von Sebastian Schulz gesprochen, der um einigen weicher, aber auch sympathischer klingt und mit dem der Hörer deswegen leichter warm wird und mit ihm mitfiebert. Als Mrs. Mothersole ist Katharina Tomaschewsky eine wunderbare Wahl, kann sie doch stets den richtigen Ton treffen und so trotz kurzen Auftritten einen starken Charakter formen. Weitere Sprecher sind Hans-Jürgen Dittbeiner, Peter Weis und Sonja Deutsch.

Die Auswahl der Musikstücke ist etwas „traditioneller“ als im direkten Vorgänger „Schwarze Krallen“ und ist somit im typischen Stil des Labels gehalten. Atmosphärische Klänge, die die Sprecher über weite Teile des Hörspiels begleiten, prägen das Bild und lassen eine dichte Stimmung entstehen, die durch den geschickten Einsatz verschiedener Geräusche noch verstärkt wird.

Auf dem Cover ist natürlich der berüchtigte Eschenbaum zu sehen, der mit einer hübschen Frau verschmolzen zu sein scheint. Die Äste, die wie ausgestreckte Hände aussehen, sind dabei gut in das Motiv eingebunden. Allerdings steht der Baum im Hörspiel direkt neben dem Haus, während der das Anwesen nur im Hintergrund zu sehen ist - nebst einigen Grabsteinen, die stimmungsvoll und unheimlich wirken, mit der Handlung aber nur am Rande zu tun haben.

Fazit: Das stetig Ungewisse, das viele Fragen offen last, ist die Stärke dieses Hörspiels und wird durch eine spannende Geschichte unterstützt.

VÖ: 16. November 2012
Label: Titania Medien
Bestellnummer: 978-3-7857-4720-9
 
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