schaldek

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Deichlicht

Mild surrten ein paar Schnaken um meinen Verstand, sie sahen meine Seele leuchten.
Ein Lichtstrahl auf dem Deich hatte mich hierher geführt und wäre Sandy nun hier bei mir, ich hätte ihr eilig gestanden, dass dieses Licht nur eine Lüge war.
Eine Behauptung von mir. Aber wir zwei wären jetzt hier.

Wieso habe ich Sandy nichts von diesem Licht erzählt, das es nicht gab?
Ich hielt an. Ja, die Silhouette der Nacht änderte ihre Form. Ständig. Tausendfach.
Und ich war nun plötzlich ganz in Stille.
Ich drehte mich erneut um. Die Person – etwa 50 Meter hinter mir – war still und ahmte mich nach.
Hier im Nichts des Moores, im Gesang der Natur hatte ich wohl einen Bewunderer.
Wohin ich auch ging, dieser Schatten folgte mir.
Was sollte ich nur tun?

Ich sehnte mich nach Sandy. Nach irgendjemand, der mir ein Du gab.
Ohne alle Fantasie in diesem Dunkel. In diesem Ich.
Längst war ich weiter gegangen und längst war diese Person mir in gleichem Abstand gefolgt.
War das denn möglich? Das konnte einfach gar nicht sein, dachte ich. Und auch, dass die Wirkung der Peyote schon bald nachlassen müsste.

Ich warf meine Jacke auf die Seite des Deiches und folgte den paar flirrenden Glühwürmchen, die dicht vor meinen Augen Buchstaben formten. L und C und wieder zu einem O verschlossen.
Wenn ich Pilze genossen hatte, dann war alles im Fluss und selbst der Deich hob und senkte sich neben mir. Weil ich es wollte.
Ich hielt an und drehte mich um.
Die dunkle Person hielt an. Sie hatte sich nicht verändert. Ihre Umrisse flackerten nicht. Diese Regungslosigkeit erinnerte mich an einen toten Vogel, den ich vor Kurzem in der Hand gehalten hatte.
Ich hatte gedacht, dass sein Herz pochen würde, aber es waren nur die noch angestrengten Venen meiner Hand gewesen.

„Sandy, soll ich Dich begleiten? Ich muss eh zurück ins Dorf.“
„Bist du etwa mit dem Wagen da? Du hast doch vorhin Bier getrunken!“
„Ich gehe zu Fuß.“
„Das ist doch stockdunkel da draußen am Deich.“
„Da sagst Du es. Man geht eh immer nur den Deich lang.“
„Das wäre cool, aber ich habe meinem Papa versprochen, dass ich den letzten Bus nehme.“
„Ach komm schon. Am Deich gibt es ein Licht, weißt Du? Der Moorbrand. Man kann ihn von da aus sehen.“
„Wirklich?“


Sandy.
Ich war erstarrt wie der tote Vogel und die Dunkelheit schien wie die Hand zu sein, die ihn umschloss.
Ich hatte sie doch gefragt, ob sie mitkommt?!
Alles pochte.
Wenn ich Peyote esse, dann wird meine Fantasie auch wahr, dachte ich nun und die Glühwürmchen tanzten über mir; entflammten eine zarte Spur aus Feuer.
Ja, auf einmal: alles brannte! Es war genauso, wie ich es Sandy beschrieben hatte.
Und vor der Flammenwand die Silhouette von uns beiden, die ein erstarrtes Wesen bildeten.

Ich umarme sie.
Ja.

Wir waren aufgebrochen und der Lärm der Party hatte sich schnell in die Farben der Nacht verwandelt.
Stockdunkel war es.
Und was war dann geschehen?

„Da hinten. Siehst Du es nicht, Sandy?“
„Ähm, ich weiß nicht. Also richtig hell ist es nicht. Was machst Du, Tim? Hey!“


Ich sah es vor mir. Alles, was geschehen war.
Nein, ich konnte mich nicht bewegen. Und natürlich kam die Person nun immer näher.
Ihr Körper atmete laut. Ihr Gang schien angestrengt und schwer.
Die Glühwürmchen senkten sich herab und ließen ein zartes Licht auf ihr verschliertes Gesicht fallen.

„Ich habe mich in Dich verliebt, Sandy. Als ich Dich zum ersten Mal sah, war es, als umkreisten Dich Glühwürmchen und ich wollte Dich küssen. Und das wollte ich auch heute. So einfach ist das eben!“

Sandy verzog noch immer ihr Gesicht. Sie sah aus, als wenn sie weinte. Sie sah aus, als wenn sie-
In meinen Gedanken gab ich ihr nun ein Lächeln, denn ich fand, das machen doch Verliebte so!

ENDE
 
Zuletzt bearbeitet:

Skohrpion

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Schön geschrieben. Verstehe ich es recht, dass er im Rausch im Moor versinkt und dass alles ein Resultat aus Liebeskummer ist?
Wer könnte sich da noch über ein blaues Alpaka wundern ;)
 

Skohrpion

Mitglied
Na wegen der Kälte und der verklärten Wahrnehmung. Er könnte auch "unbemerkt" erfrieren oder einfach alles halbwegs traurig vorsich hin träumen... Aber so ist das eben mit interpretierbarer Kunst ;)
 
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